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ОглавлениеLiebe und Sexualität
Gehören Liebe und Sexualität zusammen?
Für die meisten von uns bestimmt. Rein sachlich gesehen kann aber beides auch durchaus für sich allein bestehen. Es gibt Menschen, die haben großartigen Sex zusammen, ohne dass sie sich lieben. Und es gibt auch Menschen, die sich zwar lieben, die aber keinen schönen Sex miteinander haben, und daher auch darauf verzichten.
Wenn man sich aber die meisten Liebesbeziehungen anschaut, dann ist es oft so, dass zuerst die sexuelle Anziehung nachlässt, bevor dann später auch die Liebe darunter leidet. Nicht umsonst ist in unserer Gesellschaft die Scheidungsrate höher als je zuvor, wenn man den Statistikern glauben mag.
Dazu kommt, dass durch die nachlassende sexuelle Aktivität nicht nur das Selbstbewusstsein der einzelnen Partner leidet, dazu kommen noch der Frust und das Gefühl der Ablehnung.
Mal angenommen unser Auto streikt ständig und macht nur noch Probleme. Wer ist da nicht dazu geneigt, sich nach einem Neuen umzuschauen. Ich weiß, der Vergleich ist vielleicht etwas krass, und doch funktioniert unterbewusst die Entscheidungsfindung aktuell ähnlich.
Ich selbst habe das ebenfalls erlebt. Gerade der Alltag, häufig nur bestimmt durch Beruf und Kinder, nagt schnell an der Beziehung zwischen den Partnern. Die Prioritäten ändern sich und schnell verliert man die eigentliche Basis einer Familie aus den Augen. Dabei wird oft vergessen, dass die Basis einer Familie nicht die Kinder, das Haus, das Haustier, die Schule oder irgendwelche Vereine sind, sondern die Beziehung der Eltern. Ist die hinüber, zerbricht auch alles andere in Folge.
Mir geht es hierbei nicht darum, die Schuldfrage zu diskutieren, sondern lediglich darum, die Situation in vielen Familien aus der Adlerperspektive zu beleuchten.
Dabei gibt es denkbare Möglichkeiten, die Problematik zu vermeiden, oder sie auch, falls bereits nötig, wieder umzukehren, sofern es nicht bereits zu spät ist. Wann ist es denn zu spät, wirst du dich fragen?
Nun, in meinen Augen ist es dann zu spät, wenn einer der beiden das Vertrauen in die Beziehung bereits verloren hat. Denn um eine Kehrtwende zu erreichen, müssen beide Partner es erstens wollen, und zweitens auch bereit sein, ihren Teil dazu beizutragen.
Hier passt eine schöne bildliche Erklärung, die ich vor Jahren in einer Coachingausbildung vermittelt bekam. Zwischen den beiden Partnern steht ein Topf. Jeder will etwas aus diesem Topf bekommen. Wenn aber keiner von beiden bereit ist, zuerst etwas hineinzugeben, wird auch keiner etwas herausbekommen können. Das Entscheidende ist daher, dass man zum Geben bereit sein muss, und dabei nicht immer darauf wartet, dass der andere zuerst etwas gibt. Sogar in der Bibel steht, dass Geben seliger als Nehmen ist, wobei auch dieses Buch durchaus kontrovers diskutiert werden kann.
Wenn man im Bett immer nur nimmt, wird auch irgendwann einer der beiden Partner den Kürzeren ziehen, und schlicht die Lust verlieren.
Kann man mit Sex die Liebe retten?
Das kann man nicht pauschal beantworten. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass eine achtsame, liebevolle und zärtliche Sexualität das Vertrauen und die Bindung zwischen zwei Partnern stärken und revitalisieren kann. Man kann wieder lernen, nicht nur sich selbst zu fühlen, sondern auch die Nähe und die Verbindung zum Partner.
Dazu kommt die ungeheure Motivation, die man empfindet, wenn man sieht, dass sich der Partner bewusst Zeit für einen und die Beziehung nimmt. Wenn man es dann auch noch schafft, das Gegenüber so anzunehmen, wie dieser gerade ist, können bereits verlorengegangenes Selbstbewusstsein und Selbstachtung wieder neu entstehen.
Respekt vor dem anderen und dessen Anderssein ist hierbei ebenfalls ein wichtiger Baustein.
Wenn also der Wille und die Bereitschaft etwas zu verändern da sind, kann die Sexualität in meinen Augen Wunder vollbringen, die sich nur die Wenigsten vorstellen können. Mit Geduld, liebevoller Akzeptanz und Entschlossenheit ist dann sogar zunächst fehlende Lust kein wirkliches Hindernis, und das Wunder kann sich entfalten. Vieles scheint unmöglich, bis es einer tut!
Natürlich darf man hierbei den freien Willen eines jeden nicht vergessen. Das heißt, dass wenn jemand bereits glaubt, dass seine Partnerschaft in seinen Augen keine Chance mehr hat, dann ist es selbstverständlich sein Recht, diese auch zu beenden. Denn eine Partnerschaft, die einem nicht mehr guttut, sollte man nicht um jeden Preis aufrechterhalten. Was einem nicht gut tut, sollte man loslassen. Auch wenn man für andere zusammenbleibt, belügt man letztendlich sich selbst und die anderen.
Hält man krampfhaft daran fest, können beide Partner nicht glücklich werden.
Sieht man allerdings noch ein Fünkchen Hoffnung und das erforderliche Vertrauen ist da, kann man Wunder wahr werden lassen. Ich wünsche es jedem!