Читать книгу Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet - Timo Handel - Страница 135

3. Bedeutung der Einordnung für die Teilnahmestrafbarkeit

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Angesichts der hier vertretenen Einordnung der Haftungsprivilegierungen als eigenständige und außerhalb der Haftungsnormen zu prüfende Vorfilter bleibt eine Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) für Mitarbeiter und Beauftragte des Diensteanbieters auch im Falle dessen Haftungsprivilegierung möglich.521 Dies hat jedoch nur geringe Bedeutung. Zum einen bleibt wegen § 28 Abs. 2 StGB und § 14 Abs. 3 OWiG auch bei den weiteren Auffassungen – mit Ausnahme einer Qualifizierung als Rechtfertigungsgrund – eine Teilnahme möglich. Zum anderen sind insbesondere Mitarbeiter und sonstige Beauftragte des Diensteanbieters in analoger Anwendung der §§ 8 bis 10 TMG unter den Begriff des Diensteanbieters zu subsumieren, sodass die Haftungsprivilegierung auch auf diejenigen Personen ausgedehnt wird, die unterstützend für den Diensteanbieter tätig sind.522

Zudem ist folgendes zu bedenken: Im Falle einer Gehilfenhandlung durch eine den Diensteanbieter unterstützende bzw. für ihn handelnde Person leistet diese nur dann eine Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) gegenüber dem Diensteanbieter, wenn dieser Täter (§ 25 StGB) ist. Ist der Diensteanbieter hingegen lediglich Gehilfe in Bezug auf eine Haupttat seines Nutzers, fördert die für den Diensteanbieter handelnde Person mit ihrer eigenen Beihilfehandlung nicht die Beihilfe des Diensteanbieters, sondern die Haupttat des Nutzers. Die Beihilfe der handelnden Person zu einer Beihilfe des Diensteanbieters stellt deshalb eine Beihilfe zu der Haupttat des Nutzers dar.523 In diesem Fall ist es für eine Beihilfestrafbarkeit der handelnden Person unerheblich, ob die Beihilfestrafbarkeit des Diensteanbieters aufgrund einer Haftungsprivilegierung nach §§ 8 bis 10 TMG entfällt.524 Denn die Tat des Nutzers als Anknüpfungstat für den Beihilfevorwurf gegenüber der für den Diensteanbieter handelnden Person bleibt hiervon unberührt. Aufgrund der eigenen Privilegierung der handelnden Person durch eine analoge Anwendung der Haftungsprivilegierungen ist dieses Ergebnis auch billigenswert. Anderenfalls wäre die handelnde Person z.B. im Falle des § 10 Satz 1 TMG selbst dann privilegiert, wenn sie positive Kenntnis von der Nutzertat hat und diese durch ihre Tätigkeit für den Diensteanbieter mit dolus directus ersten Grades fördert, der Diensteanbieter selbst aber in seiner Haftung privilegiert ist, da er keine Kenntnis hat oder er trotz Kenntnis die erforderliche Handlung zur Erhaltung seiner Haftungsprivilegierung nur deshalb nicht vornimmt, weil sie ihm unmöglich oder unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Handlung des Diensteanbieters nicht zum Erfolg der Entfernung der Information oder der Sperrung des Zugangs zu der Information führt. Die Lösung über eine analoge Anwendung der Haftungsprivilegierungen führt dann im Fall des § 10 Satz 1 TMG dazu, dass die für den Diensteanbieter handelnde Person selbst tätig werden muss, um ihre Haftungsprivilegierung nicht zu verlieren. Dieses Tätigwerden wird in der Regel in einer Mitteilung an den Diensteanbieter liegen, der dann selbst Kenntnis erlangt und i.S.d. § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG tätig werden muss, um seine Haftungsprivilegierung nicht zu verlieren.

Kommt anstelle einer Beihilfe durch die für den Diensteanbieter handelnde Person eine Anstiftung (§ 26 StGB) in Betracht, ist bereits kein Grund ersichtlich, wieso die handelnde Person privilegiert werden sollte. Die Anstiftung zur Anstiftung (sog. Kettenanstiftung) wird ebenso wie die mittelbare Beihilfe als Anstiftung zur Haupttat bestraft,525 also als Anstiftung zu der Tat des Nutzers. Soweit § 26 StGB eine vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat zur Voraussetzung hat, handelt es sich auch bei dieser – im Falle der sog. Kettenanstiftung – nicht um die Anstiftung des Diensteanbieters, sondern um die Haupttat des Nutzers.526

Im Hinblick auf die Teilnahmestrafbarkeit von Mitarbeitern und anderen Personen, die den Diensteanbieter unterstützen, kann die dogmatische Einordnung demnach nur dann Bedeutung haben, wenn der Diensteanbieter ausnahmsweise Täter ist.527 Aber auch in diesem Fall wäre die Haftungsprivilegierung im Wege einer Analogie auf die unterstützende Person anwendbar, sodass diese bereits hinreichend geschützt ist.528

Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet

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