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Leos Party

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Da Dennis’ Chef ausgerechnet an diesem Abend mit seinen besten Mitarbeitern und deren Partnerinnen hatte essen gehen wollen, konnten Lisa und Dennis erst später zu Leo fahren. Lisa hatte nach dem Essen darauf bestanden, noch einmal kurz nach Hause zu fahren, damit sie aus dem Kostüm in bequemere Kleidung schlüpfen konnte. Sie tauchte in schwarze Jeans und in ein schwarzes Leder-Top, in dem ihr Dekolleté so sexy zur Geltung kam. Dennis knöpfte lediglich sein Hemd ein Stück auf und krempelte die Ärmel hoch, schon sah er gleich etwas legärer aus.

Die Party in Leos Haus war in vollem Gange.

Leo öffnete ihnen auf ihr Klingeln hin höchstpersönlich und ließ sie herein.

Bis Mitternacht war es noch eine gute Stunde.

Lisa - kaum mitten im Geschehen angekommen - wurde urplötzlich von einer seltsamen inneren Unruhe erfasst. Sie konnte sich zunächst jedoch nicht erklären, warum.

Neugierig ließ sie ihren Blick durch die Menge gleiten und entdeckte den Grund für ihre Unruhe – Ralf. Er unterhielt sich gerade mit zwei Mädchen.

Wo war Lara?

Dennis stieß sie sanft an. „Hey, Leo hat gefragt, was du trinken möchtest.“

Sorry“, zwinkerte sie Leo nun zu. „Ich hole mir, was ich brauche.“

Leos Augen leuchteten auf, er lachte sein gemütliches Lachen. „Recht so!“ feixte er.

Wenig später fand Lisa sich an einem Tisch wieder, auf dem Sekt, Wein und Bowle zur Auswahl standen. Sie löffelte sich ein Glas voll mit Bowle und besonders vielen Früchten.

Leos Spezial-Mix“, hörte sie in diesem Moment Ralf neben sich. Sie wandte den Kopf zur Seite und schaute zu ihm auf. „Der verheißt nix Gutes, was?“ meinte sie lächelnd und überspielte damit ihre innere Aufregung. Er schüttelte leicht den Kopf. „Du weißt doch, ihm ist langsam jedes Mittel recht, um sich eine Frau gefügig zu machen.“

Oh mein Gott!“ riss sie die freie Hand theatralisch vor den Mund und tat bestürzt. „Meinst du, ich sollte auf der Hut sein?“

Soll ich auf dich aufpassen?“ fragte er und grinste sie frech an.

Nee, das nimmt auch kein gutes Ende“, winkte sie ab, doch in ihren Gedanken schrie es: Ja, tu es, kümmer dich um mich, genau wie damals…

Darf ich dich dann wenigstens im Auge behalten?“ tat er leicht gekränkt, das Strahlen in seinen Augen verriet ihn allerdings.

Bist du heute hier der Aufpasser vom Dienst?“ blinzelte sie zu ihm auf.

Nein, ich habe heute frei.“

Lisa sah sich suchend um: „In jeder Hinsicht? Oder wo hast du Lara versteckt?“

Sie ist mit Freundinnen im Kino, diese Partys sind ihr zu langweilig, weil sie hier kaum wen kennt.“

Hat sie dich einfach so gehen lassen? Weiß sie nicht, dass hier ein paar hübsche Mädels herumlaufen, die so ein Leckerchen wie dich garantiert nicht von der Sofa-Kante schubsen würden?“ Lisa schüttelte den Kopf, denn diesen Mann ließ man besser nicht ohne Aufsicht. Schließlich war auch sie bereits seinem Charme zum Opfer gefallen…

Leicht ist es ihr nicht gefallen. Sie war schon drauf und dran, einen Streit zu provozieren.“ Ralf war ernst geworden.

Weil du nicht mit ihr ins Kino wolltest?“ hakte Lisa nach.

Weil ich mir dieses heiße Outfit nicht entgehen lassen wollte.“ Dabei musterte er vor allem ihr einladendes Dekolleté, jedoch nur mit seinen Augen, damit es keinem der anderen Anwesenden auffiel. Wie oft hatte er ihre hübschen, festen Brüste schon geküsst, berührt und sanft gestreichelt...

Ach ja?“ fragte sie anzüglich und nippte an ihrem Glas.

Er beugte sich leicht zu ihr und gestand ihr leise: „Ich habe gehofft, dich hier wiederzusehen.“

Lisa wich ein Stück zurück. „Na gut, nun hast du mich gesehen… dann bis zum nächsten Mal.“ Sie drehte sich um und tat, als wollte sie ihn stehen lassen. Prompt griff er nach ihrem Arm. „Bitte bleib“, flehte er leise. Dann raunte er ihr zu: „Du bist die heißeste Person des ganzen Abends.“ Er fächelte sich Luft zu und grinste nun wieder.

Sie trat einen Schritt auf ihn zu, um nicht so laut reden zu müssen: „Wenn dich einer hören würde…“ Sie lächelte verschmitzt.

Dann lass uns mal schnell das Thema wechseln“, tat er ängstlich und sah sich um.

Lisa musste arg aufpassen, dass sie nicht zu offensichtlich mit ihm flirtete. Dennis war hier irgendwo in greifbarer Nähe. Er sollte keinen Grund haben, einen Verdacht zu schöpfen.

Lisa stieß mit ihrem Glas an Ralfs Bierflasche: „Auf unser Wiedersehen!“

Auf uns…er Wiedersehen.“ Er liebte diese Wortspielchen, mit denen er ihr sagen konnte, was er dachte.

Sie stupste ihm mit ihrer anderen Hand vor die Brust: „Mann, jetzt bleib mal sachlich.“

Ach ja? Und dann?“ grinste er verstohlen. Dann flüsterte er dicht an ihrem Ohr. „Würdest du mich echt nicht von der Sofa-Kante schubsen?“

Wer weiß?“ entgegnete sie geheimnisvoll. Allein die Vorstellung, mit ihm auf einem Sofa eins zu werden, weckte Erinnerungen, die sie tief in ihr Innerstes verbannt hatte. Langsam wurde es ihr in seiner Nähe zu heiß. Sie brauchte Abstand, um den Anstand wahren zu können. Suchend schaute sie sich um und checkte, wer alles in diesem Raum war und wen sie davon kannte.

Sie entdeckte eine Freundin und brauchte gar nicht lang nach einer Erklärung zu suchen, da Ralf in diesem Moment verständnisvoll meinte: „Geh ruhig zu ihr, sonst wachsen wir noch zusammen… obwohl... die Vorstellung könnte mir gefallen“, lechzte er leise. Doch als er sah, wie sie seufzend die Augen verdrehte, ließ er sie gehen. „Ich hoffe, wir sehen uns später noch.“

Lisa legte kurz ihre Hand auf seinen Arm: „Ganz bestimmt.“ Jede noch so kurze Berührung seiner Haut tat unheimlich gut, doch im nächsten Moment rissen sie alte Wunden wieder auf.

Sie gesellte sich zu der erspähten Freundin, begrüßte diese herzlich. Schon vertieften sie sich in ein Gespräch über ihre Jobs. Sie arbeiteten beide in der gleichen Anwaltskanzlei, hatten genug Stoff zum Erzählen, Lästern und Feixen.

Es wurde Mitternacht. Alle versammelten sich draußen im Garten und stießen lauthals auf Leo an. Dabei ging im Garten ein kleines Feuerwerk los.

Ein paar Minuten später wurde Leo von drei Mädchen entführt. Wohin, war leicht zu erraten. Leo lebte ziemlich zentral in der Stadt. Nicht weit von seinem Haus war das Rathaus.

Leo musste die extra für ihn hübsch hergerichtete Treppe fegen. Dabei wurde er von vielen seiner Gäste umringt und tatkräftig angefeuert.

Unter den johlenden Zuschauern fanden sich auch Lisa und Ralf wieder. Kräftig feuerten sie den armen Leo mit an, der eine Menge Schutt zusammenzukehren hatte. Er hatte die richtige Frau noch nicht gefunden, das musste er nun ausbaden.

Irgendwie konnte er einem schon leid tun. Doch er nahm es mit Humor und war auch hier um seine üblichen, schlagfertigen Sprüche nicht verlegen.

Lisa war mehr zufällig nach und nach in eine dunkle Ecke neben der Treppe gerückt und beobachtete das Szenario von dort aus, als sie plötzlich an der Hand gefasst und fortgezogen wurde. Weiter ins Dunkel hinein.

Ihre feine Nase erkannte sein Aftershave – es war Ralf.

Was machst du?“ fragte sie leise.

Psst“, bekam sie nur zu hören. Schon folgte sie ihm in eine dunkle Seitengasse. Dort zog sie ihre Hand zurück, als hätte sie sich an ihm verbrannt. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand und seufzte. „Das ist keine gute Idee.“

Er trat zu ihr. „Ich kann nicht anders.“ Aber statt sie zu küssen, stemmte er nur die Hände links und rechts neben sie gegen die Wand und sah sie an. Dicht war sein Gesicht dabei über ihrem. Um sie herum war es stockdunkel, doch Lisa spürte seinen Atem, seine unmittelbare Nähe. Die Luft zwischen ihnen knisterte förmlich.

Leise fragte er: „Bist du glücklich mit ihm?“

Was möchtest du hören? Ein Nein? Soll dann alles wieder von vorn losgehen? Hast du vergessen, auf was wir uns vor knapp zwei Jahren geeinigt haben?“

Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht daran denke.“

Und was ist mit Lara? Ich kann dich genauso fragen – bist du glücklich mit ihr?“ Ihre Stimme hatte einen bitteren Klang.

Sie hat sich verändert, seit das mit dem Baby passiert ist.“ Aus seiner Stimme klang Enttäuschung.

Liebst du sie noch?“ hakte Lisa vorsichtig nach. Vielleicht konnte sie ihn damit von einer Dummheit abhalten.

Erst nach einer Weile meinte er leise: „Ich hab mich an sie gewöhnt, sie gehört irgendwie zu meinem Leben dazu…“

So geht es mir mit Dennis auch“, dachte sie halblaut und senkte den Kopf. Dann hob sie ihn wieder, entschlossen sagte sie nun: „Komm, lass uns zu den anderen zurückgehen.“ Doch kaum hatte sie es ausgesprochen, lag sie auch schon in seinem Arm und fühlte seinen weichen, warmen Mund auf ihrem. Einen Moment lang war sie ihm ergeben, Erinnerungen wurden wach. Erinnerungen an eine Zeit, in der die Schmetterlinge wild in ihrem Bauch herum geflattert waren. An eine Zeit, in der sie sich von einem heimlichen Treffen zum nächsten gefiebert hatten und es kaum erwarten konnten, sich wiederzusehen.

Schlagartig besann sie sich. Es fiel ihr unendlich schwer, doch schließlich schaffte sie es, sich von ihm zu lösen. Noch einmal meinte sie: „Lass uns gehen.“ Zur Bestärkung ihres Satzes ging sie langsam ein paar Schritte voraus.

Ralf holte sie ein. „Sorry.“

Schon gut.“

Für den Rest des Abends ging sie ihm aus dem Weg.

Es war schwer, seine Gegenwart zu ertragen, zu groß war die Sehnsucht nach seiner Nähe, seinen Berührungen, nach mehr.

Also suchte sie bald Dennis auf und sagte ihm, dass sie heimfuhr. Als er nach dem Warum fragte, gab sie vor, dass ihr die Bowle wohl nicht bekommen sei.

Dein Magen ist doch sonst nicht so empfindlich“, versuchte er es mit einem Lächeln, ließ sie dann jedoch gehen. Er selbst wollte noch bleiben.

Wäre sie noch so verliebt wie am ersten Tag in ihn, wäre sie enttäuscht gewesen, dass er so wenig Mitgefühl zeigte und sie sogar allein gehen ließ.

Aber in dieser Nacht war Lisa froh, allein sein zu können.

Sie hatte sich zuerst ein Taxi rufen wollen, überlegte es sich dann allerdings anders und marschierte zu Fuß los.

Plötzlich folgten ihr Schritte. Umschauen oder nicht? Lisa blieb stehen. Mutig drehte sie sich um. Es war Ralf, der nun auf sie zukam.

„Bist du wahnsinnig - so allein hier durch die Nacht zu laufen?“ fuhr er sie besorgt an.

„Mein Kerl hat beschlossen, noch zu bleiben. Was soll ich tun?“

„Ein Taxi nehmen?“

„Und wenn ich etwas frische Luft brauche?“ konterte sie etwas zickig.

„Dann lass mich dich wenigstens ein Stück begleiten“, bat er nun versöhnlich.

„Ralf, das ist nicht gut. Für uns beide nicht“, hielt sie dagegen, doch ihr Widerstand hielt sich auf sehr wackeligen Füßen.

„Ich... ich kann dich nicht einfach gehen lassen, nicht nach diesem Abend. Ich habe mich durch zwei lange Jahre gequält...“

Da legte sie ihm resolut den Zeigefinger auf die Lippen. „Aber immerhin bist du bei ihr geblieben, die ganzen zwei Jahre. Also kannst du mit ihr gar nicht sooo unglücklich sein.“

Er wich zurück. „Hast du eine Ahnung!“

Fragend sah Lisa ihn an.

„Die erste Zeit, nachdem wir unser Baby verloren hatten, war einfach furchtbar. All ihre Launen habe ich ertragen, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie betrogen hatte, während unser Kind unter ihrem Herzen wuchs. Ich brachte es nicht übers Herz, sie allein zu lassen. Ich fühlte mich schuldig. Doch je mehr Zeit vergeht, umso mehr frage ich mich, was für eine Fassade ich da eigentlich noch aufrechterhalte.“

„Das frage ich mich auch“, sagte sie mehr zu sich selbst.

Sanft hob er ihr Kinn an, so dass sie ihn nun ansehen musste. Im Schein der Laterne glitzerten Tränen an ihren Wimpern. Sacht küsste er die kleinen Tröpfchen fort.

„Wir haben es damals nicht geschafft. Sag mir einen Grund, warum wir es heute schaffen sollten“, meinte sie erstickt und wich einen Schritt zurück.

Doch sie wollte nicht erst die Antwort abwarten. Zwischen ihnen würde sich eh nichts ändern. Irgendwann würde er wieder zu Lara zurückkehren – so, wie damals.

Lisa drehte sich um und ließ ihn stehen. Sie nutzte seinen perplexen Zustand und verschwand rasch im Dunkel der Nacht.

Während sie durch die spärlich beleuchteten Straßen lief, kamen ihr erneut die Tränen. Sie ließ ihnen nun freien Lauf.

Dieses Aufeinandertreffen war zuviel für sie gewesen.

Ralf wollte sie vermutlich nur wieder als Gespielin beanspruchen – um sein eigenes Leben etwas aufzupeppen. Doch der Preis dafür war zu hoch. Lisa konnte ihn nicht zahlen. Und dann der Ordnung halber auch noch weiterhin mit Dennis zusammenleben, als wäre alles bestens.

Zu Hause angekommen beschloss sie, dass es so nicht weitergehen konnte.

Ab heute ohne mich

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