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Erik Haberzeth Wissenschaftliches Wissen und berufliche Erfahrung vermitteln Herausforderung einer wissenschaftlichen Weiterbildung
ОглавлениеDie Weiterbildung durch Hochschulen kann als ein besonderer Typ von Weiterbildung begriffen werden, der nicht nur über eine rein formale institutionelle Zuordnung definiert ist (sprich: in Verantwortung der Hochschulen), sondern der sich auch durch ein bestimmtes inhaltliches, wissenschaftliches Anspruchsniveau auszeichnet. Es geht um die Nutzung und Thematisierung wissenschaftlicher Wissensbestände als Inhalte in Lernangeboten. Gleichzeitig zählen Praxisrelevanz und der Problembezug zu den zentralen Leitprinzipien hochschulischer Weiterbildung, also eine Orientierung der Angebote an den (beruflichen) Handlungsproblemen und dem (beruflichen) Erfahrungswissen, den Erwartungen und Interessen ihrer Adressatinnen und Adressaten. Wittpoth (1990, S. 31) bezeichnet das Praxisfeld wissenschaftlicher Weiterbildung als »Nahtstelle« zwischen den beiden Rationalitätsformen des wissenschaftlichen Wissens und der berufspraktischen Erfahrungen und Erwartungen. Während »die Praxis« legitime Ansprüche an konkrete Lösungen für berufliche Herausforderungen stellt, die auch unter Handlungsdruck funktionieren, gehören zur wissenschaftlichen Logik eine kritische Einstellung und Distanz: Grundlegende Handlungsprämissen werden problematisiert, und ihre Gültigkeit wird hinterfragt, naheliegende Lösungen werden nicht unbedingt akzeptiert, sondern alternative Interpretationen gesucht, ein breiterer Erklärungshorizont wird aufgespannt.
Für eine Didaktik wissenschaftlicher Weiterbildung deutet sich in dem Anspruch, wissenschaftliches Wissen und (berufs-)praktisches Erfahrungswissen zu vermitteln, ein Spannungsfeld und eine Herausforderung für die Lehrtätigkeit an: Wie kann der Umgang mit grundsätzlich divergierenden Rationalitätsformen von Wissen von den Lehrkräften gestaltet werden? Wie Lehrkräfte real mit dieser Vermittlungsaufgabe umgehen, ist empirisch bislang kaum untersucht worden – auch nicht in dem dafür eigentlich prädestinierten Feld wissenschaftlicher Weiterbildung (Ausnahme z. B. Heufers & El-Mafaalani 2011).
In diesem Beitrag wird auf der Grundlage einer eigenen empirischen Erhebung im Feld der Weiterbildung für Weiterbildner (vgl. Haberzeth 2009, 2010), in der Lehrkräfte zu ihrer Kurs- und Seminarplanung und im Besonderen zu ihrem Umgang mit Wissen qualitativ interviewt wurden, die Frage diskutiert, wie Lehrkräfte mit dieser Vermittlungsaufgabe angemessen umgehen können und welche Reflexionskategorien hierfür zur Verfügung stehen. Vorgeschlagen wird die Perspektive einer reflexiven Wissensvermittlung, die jenseits einfacher und unterkomplexer Gegenüberstellungen von Theorie und Praxis reflexive Anforderungen an die didaktische Deutungsfähigkeit und das Handeln der Lehrkräfte stellt.