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Zwischen wissenschaftsbezogenem und erfahrungsbezogenem Umgang

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Eine ähnlich hohe Relevanz hat ein zweites, mit dem ersten teilweise korrespondierendes Spannungsverhältnis, das durch die beiden Pole eines wissenschaftsbezogenen versus eines erfahrungsbezogenen Umgangs konstituiert wird (vgl. Haberzeth 2010, S. 222 ff.). Ein wissenschaftsbezogener Umgang zeichnet sich durch einen Zugriff auf kodifiziertes Wissen aus. Thematisiert wird systematisiertes, wissenschaftliches und möglicherweise auch curricularisiertes Wissen hinsichtlich des Lehrinhalts. Zwischen diesem »objektiven« Wissen und den Teilnehmenden besteht eine Kluft, die primär durch eine sachgerechte Vermittlung überbrückt werden soll. Ein eher erfahrungsbezogener Umgang ist durch einen Zugriff auf die alltäglichen, berufs- und lebenspraktischen Erfahrungen der Teilnehmenden gekennzeichnet. Thematisiert wird das bei ihnen bereits vorhandene »subjektive« Wissen. Die Inhaltlichkeit von Lehre speist sich also stärker aus den Erfahrungen, Interessen und Problemen der Lernenden. Argumentationshintergrund des Erfahrungsbezugs ist oft die Vorstellung eines Anschlusslernens: Ohne ein Anknüpfen am Vorwissen der Teilnehmenden gelingt Lernen nicht.

Aus der oben genannten Studie zum Umgang mit dem Thema Lernen (Haberzeth 2010) kann eine Aussage einer Lehrkraft herangezogen werden, die in ihrem Kurs die Frage thematisiert, wie Erwachsene (erfolgreich) lernen. Deutlich wird eine eher erfahrungsbezogene Vermittlungsstrategie:

»Das heißt, wir gehen auch sehr stark an der Stelle in Gruppenarbeit, so nach dem Motto: Überlegt euch mal, was ihr braucht, damit Lernen funktioniert. Weil man daraus ja auch ableiten, oder letztendlich wird man feststellen, das ist immer deckungsgleich mit dem, was viele in der Theorie behaupten, was die Teilnehmer selbst herausfinden. Und das sind ja ganz normale Dinge. (…) wenn jeder für sich selbst überlegt: Was muss ich, oder wie lerne ich selbst? So, und wenn Sie dann eine kleine Gruppe haben, und die alle, wie lernen wir selbst, zusammenfügen, dann haben Sie eigentlich das, was viele Theorien erklären. Woran muss man denken? Der eine sagt, ich brauche Pausen, der andere sagt, ich brauche Wiederholung, ja? Das ist ja nichts anderes als das, was ein Vester oder wie viele Autoren auch immer, unter Lernbiologie dann zusammenfassen.«5

Zugegriffen wird auf die alltäglichen, berufs- und lebenspraktischen Erfahrungen der Teilnehmenden. Es geht um die Frage, welche Bedingungen für das eigene Lernen als förderlich erlebt werden (»Überlegt euch mal…«). Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass die Teilnehmenden zum größten Teil selbst dazu in der Lage sind, das Wissen über erfolgreiche Bedingungen des Lernens zu erzeugen. Wissenschaftliches beziehungsweise wissenschaftlich geprägtes Wissen wird von der Lehrkraft allenfalls dazu herangezogen, die geäußerten Erfahrungen der Teilnehmenden zu systematisieren und etwas zu ergänzen. Das Thema wird größtenteils auf der Grundlage der vorhergehenden Erfahrungen und auch (Vor-)Urteile bearbeitet. Eine Irritation durch Wissenschaft ist nicht gewollt und findet nicht statt.

Erfahrungsorientierung ist zweifellos ein zentrales didaktisches Prinzip der Weiterbildung. Es geht darum, an den Erfahrungen, Deutungen und Einstellungen der Teilnehmenden anzuknüpfen. Eine solche Orientierung kann aber dazu tendieren, dass der Lehrinhalt allein auf der Grundlage der Erfahrungen der Teilnehmenden bearbeitet wird und es dabei in erster Linie auf die situative Stimmigkeit, zum Beispiel im Kurs, ankommt. Dann wird eine Auseinandersetzung mit »objektivem«, wissenschaftsbezogenem Wissen verhindert, die dazu führen kann, dass bereits Gewusstes problematisiert wird und alternative Interpretationen entwickelt werden. Dies wiederum ermöglicht aber erst, dass das lebensweltliche Erfahren der Lernenden überschritten und in ein systematischeres Verstehen überführt werden kann.

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