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Sonnenhaar und der dreizackige Speer

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In einer einsamen Waldgegend lebte einst ein Mädchen, von deren Stamm während einer kriegerischen Auseinandersetzung die meisten umgekommen und deren Eltern verschleppt worden waren. Es selbst war bei dem Angriff des fremden Volkes noch ein kleines Kind, wurde schwer verletzt und von den Feinden für tot gehalten. Weil die Krieger des anderen Stammes das magische Zeichen, den dreizackigen Speer, nicht finden konnten, brannten sie fast alle Zelte und Hütten nieder. Die wenigen Stammesangehörigen des Mädchens, die flüchten konnten, kehrten nie ins Dorf zurück.

Das Mädchen hieß Sonnenhaar und sie hatte diesen Namen erhalten, weil ihre Haare so golden leuchteten wie die Sonne an ihren besten Tagen.


Sonnenhaar hatte über die Jahre, bis sie wieder ganz gesund war, Frieden mit den wilden Tieren in der Gegend geschlossen, sie taten ihr nichts. So lebte sie in einer ärmlichen Hütte, durch die im Winter der eisige Wind pfiff und die in der Sommerhitze glühte. Sie lernte vieles über die Pflanzen, die wuchsen, und sammelte Beeren, Kräuter, Wurzeln und Pilze, oder sie fing einen Fisch im Silbernen Fluss, der sanft an ihrer Hütte vorüberglitt. Einmal hatte sie, nach einem harten Winter, gar nicht weit von ihrer Hütte entfernt, etwas in der Sonne blinken sehen und einen dreizackigen Speer gefunden. Sie wusste nicht, dass dieser eine große Bedeutung für ihr Volk hatte, aber immer, wenn sie ihn zum Fischfang nutzte, blieb sie treffsicher und erfolgreich.


Stets hatte das Mädchen in der Hoffnung gelebt, dass ihre Leute doch noch zurückkämen, aber niemals mehr hatte sie einen anderen Menschen gesehen. Sich selbst auf den Weg machen wollte sie nicht, denn nirgendwo wartete jemand auf sie. Außerdem hätte sie auch nicht gewusst, in welcher Richtung sie sicher gewesen wäre.

Die Menschen des Stammes, zu welchem Sonnenhaar gehörte, flohen seinerzeit um ihr Leben, wenige genug brachten es auch davon und wurden nicht von den Verfolgern eingeholt. Erst nach einem langen, kräftezehrenden Marsch hielten sie inne und sammelten sich. Weit entfernt vom alten Platz, aber erneut am Ufer des Silbernen Flusses, errichteten sie ihr neues Dorf. Das Leben war hart und voller Entbehrung. Die Stammesältesten erklärten die kargen Ernten damit, dass sie ohne den Schutz ihres magischen dreizackigen Speeres seien, den die Angreifer geraubt hätten.

So gingen etliche Jahre ins Land, bis Sonnenhaar eines Tages endlich beschloss, sich auf die Suche nach ihren Stammesangehörigen zu machen, denn noch immer hatte sie an ihrer Hütte keine Menschenseele getroffen. Mit einem kleinen Bündel und dem dreigezackten Speer ging sie los und schlug, ohne darüber nachzudenken, den Weg flussabwärts ein.

Ihre Reise barg besonders in den Nächten immer wieder Gefahren, denn schon bald hatte sie sich so weit entfernt, dass die Tiere des Waldes sie nicht mehr kannten. Daher wählte sie den Platz für das Nachtlager stets mit Bedacht, fühlte sich wegen des dreizackigen Speeres aber wehrhaft und sicher.

Mehr als einen ganzen Winter und einen Sommer lang wanderte das Mädchen den Silbernen Fluss entlang. Ihre Hoffnung, die eigenen Leute zu finden, war inzwischen geschwunden, sie wollte bleiben, wo sie nur eine Gruppe oder ein Dorf fände und freundlich aufgenommen würde.

An einem hellen Sommertag erspähte sie in der Ferne die Umrisse einiger Hütten. Sonnenhaar überlegte eine Zeit lang, ob es nicht zu gefährlich sein könnte, ging dann jedoch geradewegs auf das kleine Dorf zu und befand sich im nächsten Augenblick mitten darin und umringt von staunenden Kindern.

Das unbekannte Mädchen wurde zum Hohen Rat des Dorfes gebracht und dort erzählte sie, wie weit sie gewandert war und dass sie nicht sicher wisse, wer denn ihr Stamm eigentlich sei, da sie sich an nichts erinnern könne. Da entdeckten sie den dreizackigen Speer in ihrem Bündel und als sie dessen Herkunft beschrieb, wurde allen bewusst, dass sie das ermordet geglaubte Mädchen Sonnenhaar sein musste.

Sie erfuhr, dass ihre Eltern damals verschleppt worden waren, jedoch während eines Feuers im Lager des fremden Stammes fliehen konnten und nach langer Zeit glücklicherweise hierher gefunden hatten. Aber beide starben bereits einige Jahre bevor sie nun selbst hier eintraf. Und ihre Schwester Trutscha, die Sonnenhaar gar nicht kannte, weil sie bei der Trennung noch zu klein war, sei schon vor Langem von hier weggegangen und lebe weit entfernt weiter flussabwärts.

Zu Ehren der wiedergefundenen verlorenen Tochter wurde ein großes Fest gefeiert, und dass das magische Zeichen, der dreizackige Speer, wieder im Dorfe war, erfüllte alle Menschen mit Freude und Hoffnung. Die Ältesten zeigten Sonnenhaar die leerstehende Hütte etwas außerhalb des Dorfes, in welcher einst ihre Eltern gelebt hatten und zu der auch ein Garten mit einem Gartenhaus gehörte. In dieses Gartenhaus brachte Sonnenhaar ihre Sachen, und weil es ihr darin so gefiel, blieb sie dort wohnen und ließ die Hütte erst einmal ungenutzt.


Schon nach kurzer Zeit fühlte sie sich sehr wohl im Dorf und war glücklich darüber, ihre Stammesangehörigen endlich gefunden zu haben.

Sonnenhaar

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