Читать книгу Feuersetzen - Tom Wolf - Страница 9

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Der Vollmond überstrahlte die Venus. Heiß war es tagsüber und grell. Auch nachts kühlte es kaum ab. Noch immer drückte die Hitze, eine Stunde vorm Tag. Das Gras auf der schrägen Heidfläche über der Stadt gilbte, alles verblich. Kein Grün mehr sah man, es versiegten die Bäche. Durchs schluchtartige Bett der Wasserbreke, die bloß noch ein Rinnsal war, konnten sie in diesem Juli bergauf über die Braune Heide laufen, ohne gesehen zu werden. Hier oben waren die schütteren Vogelbeerensträucher trocken wie Reisigbesen, die Heidelbeeren am Boden wurden zu braunem Pulver, wenn man auf sie trat. Die Welt ringsum verkümmerte, nur ihre Liebe sprudelte als frischer Springquell – Balsam, die schnöde Welt zu ertragen. Entflammt und vernarrt waren sie, sich so fremd und trotzdem so nah, ganz unterschiedliche Menschen. Und konnten nicht voneinander lassen. Wie Vogelflug, so leicht, so hoch, fühlte die Lust sich an. Sie flogen viel höher, als selbst der gewaltige Trumm von Berg war, an dessen Flanke sie lagen – beieinander, einander bei. Er neckte sie wegen ihrer Heftigkeit, scherzhaft erst. Sie wehrte ab: Da ist keiner! Aber er legte den Finger auf die Lippen. Denn … da ging doch einer den dürren Hang entlang, im fahlen Wald. Sie bemerkte ihn jetzt auch, den Schatten, es gab keinen Zweifel … Sie bedeckte ihre Blöße. Er dagegen lachte nur … trat im Geiste kurz aus sich heraus und sah sich selbst mit ihr am Hang liegen und den Waldgänger sich entfernen. Der war längst weiter abgedriftet. Freilich, der könnte, ja musste sie gehört haben! Ob er sie auch gesehen hatte? Nicht richtig … obwohl … Sie richtete sich auf und blickte zum vollen Mond. Ihr weißer Leib schimmerte in Lunas Licht. Er nahm sie in die Arme. Sie schmiegte sich an ihn und wurde wieder ruhiger.

»Was immer er gehört oder gesehen haben mag, der Nachtwanderer«, flüsterte er ihr ins Ohr , »das hat er mitgenommen ins Zwielicht. Mag auch sein, dass er uns gar nicht bemerkt hat. Ist möglicherweise taub! Dann wird er schwerlich hergesehen haben! Selbst fühllos trunken und berauscht könnte er sein …«

Er drückte sie an sich.

»Ich hoffe es, Liebster … denn, denk nur, wenn …«

Er küsste sie und sagte: »Vielleicht war’s ein Bergmann oder ein Fremder … am ehesten aber noch ein Landstreicher. Konnten wir ihn genau sehen? Nein! Dann hat er uns auch undeutlich gesehen und kann uns nicht beim Namen nennen. Und wenn’s ein Fremder ist, kennt er uns sowieso nicht …«

»Aber er könnte uns morgen in der Stadt sehen, erkennen … und davon erzählen …«, befürchtete sie.

»Was man in der Nacht gesehen, sieht meist am Tag ganz anders aus … Und würdest du einen Nackten, den du in der Nacht sahst, bekleidet bei Tag erkennen?«

Sie lachte. »Dich schon!«

In ihrem Kopf spukten tausend Ängste … Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, besonders in einer kleinen Stadt. Viele, viele Wölfe gab es da, und sie schlichen umeinander herum, zum Biss bereit, im gleichen Zwinger … Was sie taten, war weder gott- noch menschengefällig. Strafen würde man sie und lebenslang ächten, wenn es herauskäme. Die Lust war jetzt noch größer als zuvor, er war wie ein Teufel und sie wie eines Teufels Braut …. Sie hatten sich mit gehauchten Beschwichtigungen die schützende Nacht wieder herbeizitiert … Wenn schon geächtet, dann aus gehörigem Grund … Und nur der Mond hielt sein großes Auge auf sie, der ewig stumme … vergaß sie bestimmt im Abnehmen schnell …

Feuersetzen

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