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Kapitel 2

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Mara gehörte nicht zu der Sorte Mädchen, die leicht zu schocken waren. Es war ihr immer schon wichtig gewesen, auf plötzliche Geräusche, Geschrei oder die Erwähnung von Nagetieren im näheren Umfeld hin einfach cool bleiben zu können.

Ja, Mara hatte sich meistens verdammt gut unter Kontrolle. Nein, sie war kein Mädchen, das kreischend und mit den Armen rudernd auf und ab rannte.

Im Augenblick aber starrte Mara mit einem selten dümmlichen Gesichtsausdruck auf den Zweig in den Haaren ihrer Mutter und die Möglichkeit, kreischend die Straße auf und ab zu laufen und dabei mit den Armen zu rudern, erschien ihr als eine interessante Alternative.

Hatte sie gerade doch wieder einen Tagtraum gehabt? Ein sprechender Zweig, ja, das wäre typisch für sie. Klar, das musste es gewesen sein, sie war einfach nur noch mal kurz rückfällig geworden. Das konnte schon mal passieren, wenn man sich so von jetzt auf gleich total umkrempelte. Und ein Tagtraum musste es auf jeden Fall gewesen sein, denn schließlich sprach der Zweig jetzt kein Wort mehr.

»Was soll ich denn auch sagen?«, antwortete der Zweig und Mara wäre vor Schreck fast gegen eine Laterne gerannt. »Aber falls es dich beruhigt, ich bin auf jeden Fall kein Traum.«

Aha, so ist das also, wenn man durchdreht. Man hört Zweige sprechen!, dachte Mara und eine seltsame Ruhe breitete sich in ihr aus.

Was machte man in so einem Fall? Vielleicht die Situation ausnutzen und irgendwas anstellen, was man immer schon machen wollte, sich aber bisher nie getraut hatte?

Klar, warum nicht, denn jetzt kann ich es ja auf meine Geisteskrankheit schieben! Hey, ich höre Pflanzen sprechen, also bin ich ja wohl ganz eindeutig bekloppt, und solche Leute bekommen doch vor Gericht ganz oft mildernde Umstände!, dachte Mara und bemerkte ihr eigenes merkwürdiges Lächeln nicht.

Ja, das war ein guter Plan: Sie würde völlig durchdrehen, Larissa mit einem Langhaarschneider auflauern, ihr gewaltsam eine Glatze rasieren und sich danach einfach in die Klapse einweisen lassen. Super, dann hatte der Wahnsinn wenigstens noch was Gutes!

»Wenn ich vielleicht etwas vorschlagen dürfte«, kam es nun wieder von dem Zweig. »Ich würde sagen, dass du versuchst, irgendwie an mich ranzukommen, und wir suchen uns ein stilles Eckchen. Ich muss dir nämlich ein paar sehr wichtige Dinge erzählen, Mara Lorbeer. Du bist doch Mara Lorbeer, oder?«

Huii, der sprechende Zweig kannte ihren Namen. Was denn, natürlich kennt er den!, dachte Mara sofort, denn schließlich handelte es sich dabei ja um eine Wahnvorstellung in ihrem eigenen Kopf. Und diese Wahnvorstellung hatte natürlich auch alle Informationen zur Verfügung, die in Maras Kopf gespeichert waren – somit auch Maras Namen.

Ich sollte mich wohl beeilen mit der Glatzen-Idee, überlegte Mara, bevor ich so bekloppt werde, dass ich den Langhaarschneider nicht mehr von einer Zucchini unterscheiden kann und versuche, mit einem Gemüse, das nach nichts schmeckt, Larissa den Kopf zu rasieren!

»Hör auf damit!«, rief der Zweig und Mara schaute wieder zu ihm auf. »Du bist nicht verrückt, das musst du mir jetzt einfach glauben! Ich kann dir später alles erklären, aber jetzt musst du erst einmal aufhören mit diesem Unsinn! Bitte nicke einmal, wenn du einverstanden bist.«

Mara nickte. Was hätte sie auch sonst tun sollen, denn offensichtlich konnte der Zweig ihre Gedanken lesen. War das der Grund, warum sonst niemand seine Stimme zu hören schien? Weil er irgendwie in Maras Kopf sprach? Oder war das noch ein weiterer Beweis dafür, dass Mara jetzt verrückt geworden war? Verrückte Menschen hörten doch auch Stimmen, wo keine waren …

Und während Mara noch darüber nachdachte, was ihre nächsten Schritte sein würden, machten ihre Beine von alleine eben diese und trugen sie hinter Mama her durch die Haustür und die paar Treppen hinauf zu ihrer Wohnung im Erdgeschoss.

»Also, was ist denn das?«, entfuhr es Maras Mutter, als sie sich im Spiegel neben den Garderobenhaken musterte und dann mit vorwurfsvollem Blick den Zweig aus ihrer Frisur zupfte. »Du hättest mir ja mal sagen können, dass ich den ganzen Weg hierher ausgesehen habe wie die Hottentotten!«

Unter normalen Umständen hätte Mara vielleicht mit ihrer Mutter diskutiert, ob man mit nur einem einzigen Zweig im Haar schon aussah wie ein ganzer afrikanischer Volksstamm, der im Übrigen sicher völlig zu Unrecht als Sinnbild für Chaos und Unordnung gilt. Aber im Moment interessierte Mara nur eines: Sie musste unbedingt den Zweig wieder aus dem Müll fischen, ohne dass ihre Mutter es bemerkte.

Nur 52 Sekunden später saß Mara schon an ihrem Schreibtisch und musterte den Zweig, der nun vor ihr in einem Stiftebehälter stand. Von ihrem Platz hatte Mara einen Blick in den Hinterhof und auf die große Esche, die zwar wenig Sonnenlicht in ihr Zimmer ließ, aber dafür vor den Blicken der Nachbarn schützte. Mara schaute auf den Zweig und irgendwie schaute der Zweig auch auf Mara, aber keiner sagte das erste Wort.

Hatte sie sich das Ganze doch nur eingebildet? Oder sah es tatsächlich so aus, als würde der Zweig gerade ihr Zimmer inspizieren?

Von seinem Platz auf dem Schreibtisch konnte er immerhin an ihr vorbei den ganzen Raum überblicken und plötzlich war Mara ihr alter Hello-Kitty-Bettbezug unangenehm. Eigentlich mochte sie den ganz gerne, aber nicht, wenn Besuch da war.

Links neben dem Bett stand Maras klappriger Kleiderschrank, rechts davon ein kurzes Wandregal mit Büchern und neben dem Regal kam auch schon die Tür. Mehr passte in das kleine Zimmer beim besten Willen nicht hinein – zumindest nicht, wenn man irgendwo noch eine Mara unterbringen wollte.

An allen Wänden und sogar an der Decke klebten Poster der Beatles. Mara war ein großer Beatles-Fan. Ganz besonders von Ringo, dem Schlagzeuger, denn der wirkte irgendwie immer gut gelaunt und auch ansonsten so ganz anders als Mara selbst. Außerdem hatte Ringo eine deutlich dickere Nase. Kannten Zweige die Beatles? Konnte man die Beatles nicht kennen? Machten Zweige Musik? Hilfe!

Mara hielt es einfach nicht mehr aus.

»Hast du jetzt gesprochen oder hab ich mir das nur eingebildet?«

Der Zweig blickte sie an, als wolle er sagen: »Das ist eine alberne Frage.«

»Das ist eine alberne Frage«, sagte der Zweig und es passte gut zu seinem Blick.

Seine weiche, volltönende Stimme klang wie die eines erwachsenen Mannes, obwohl er gar nicht so alt wirkte. Aber das war bei Zweigen vermutlich etwas anders. Die bekamen ja auch keine grauen Haare und fanden auch nicht automatisch alles besser, was es seit mindestens zwanzig Jahren nicht mehr gab.

»Entschuldigung«, murmelte Mara.

»Schon in Ordnung«, sagte der Zweig. »Aber du solltest wissen, dass wir für so etwas leider keine Zeit haben. Genau genommen, haben wir höchstens noch vier bis fünf Stunden.«

Mara blickte den Zweig so verständnislos an, wie man einen Zweig nur anblicken konnte, der Dinge sagte, die man nicht verstand.

Der Zweig machte ein Geräusch, das wie ein Seufzer klang, und dabei schienen seine Blätter leise zu flattern.

»Gut, dann stell dir mal einen Zweig vor, der mehr als ein paar Stunden von seinem Baum getrennt ist.«

»Ah! Oh! Äh … soll ich dir vielleicht ein Glas Wasser holen?«, schlug Mara vor.

»Das wäre wirklich nett von dir«, antwortete der Zweig in einem im wahrsten Sinne des Wortes trockenen Tonfall.

Mara sprang so hektisch von ihrem Stuhl auf, dass der fast nach hinten umgefallen wäre, und nur 21 Sekunden später fand sich der Zweig in einem wohltemperierten Wasserglas wieder.

»Ah … schon viel besser!«, sagte er und irgendwie drängte sich Mara der Vergleich zu einer Badewanne auf, als sich ihr Gast in dem Glas wohlig räkelte. Oder war das nur ein Luftzug gewesen?

Aber Mara wollte darüber gar nicht weiter nachdenken, denn sie hatte ganz andere Fragen zu klären: »Was meintest du denn damit, dass wir keine Zeit haben? Für was denn?«

»Nun, ich muss dir ein paar Dinge erklären, und du musst erst mal gar nichts machen, außer gut zuzuhören …«

Mara wollte gerade nachfragen, was der Zweig mit erst mal meinte, als sich überraschend die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.

»Sprichst du mit irgendwem?«, fragte Maras Mutter und sah sich suchend im Zimmer um.

Mara sprang auf und hätte dabei fast das Wasserglas umgeworfen.

»Nein, nein, ich meine … na ja, fast … ich übe für … für das Schultheater!«, stotterte Mara, die nicht im Schultheater war.

Das Gesicht von Maras Mutter erhellte sich schlagartig: »Du bist im Schultheater? Aber das ist ja großartig! Warum hast du mir das denn nicht erzählt?«

»Ämpf«, machte Mara und fragte sich im selben Moment, was sie eigentlich hatte sagen wollen.

Doch ihre Mutter lächelte sie an: »Ach, ist schon gut. Solange es das einzige Geheimnis ist, das du vor mir hast, mache ich mir keine Sorgen, haha!«

»Ja. Haha. Ha«, sprach Mara und wusste, dass man sie so im Schultheater gleich wieder gefeuert hätte.

Aber ihrer Mutter fiel das genauso wenig auf, wie ihr ja auch ansonsten nicht so viel auffiel. Also zog sie sich Mama-mäßig lächelnd zurück und die Tür hinter sich zu.

»Ist ja leicht zu überzeugen, deine Mutter«, bemerkte der Zweig.

»Meine Mama geht dich gar nix an!«, zischte Mara schärfer, als sie beabsichtigt hatte.

Wie sie selbst über ihre Mutter dachte, war ganz allein ihre Sache. Andere hatten gefälligst nicht über Mama herzuziehen, und das galt auch für sprechende Pflanzen.

»Schon gut«, antwortete der Zweig. »Tut mir leid. Setz dich bitte wieder hin.«

Mara, die es hasste, wenn man sie herumkommandierte, setzte sich wieder hin, und der Zweig sprach weiter: »Vielen Dank. Nun ja, eigentlich war das alles ein bisschen anders geplant. Aber dummerweise habe ich den Wind falsch eingeschätzt und bin statt auf deinem Kopf neben deiner Mama auf dem Boden gelandet. Aber dafür haben die anderen sich alle richtig angestrengt und deiner Mutter eingeflüstert, dass sie sich mal eben auf den Kopf stellen soll. Na gut, eingeflüstert trifft es nicht so ganz. Eingeschrien wäre vielleicht eine passendere Umschreibung. Um genau zu sein: Mehrere tausend Zweige haben sich gleichzeitig wundgebrüllt, und nach einer geschlagenen Stunde hat deine Mutter endlich reagiert. Es scheint, als wäre sie nicht gerade die beste Zuhörerin, wenn du verstehst, was ich meine!«

Mara verstand so was von dermaßen gut, dass sie genau deswegen darüber kein Wort verlieren wollte. Trotzdem hakte sie noch einmal nach: »Du willst mir gerade erklären, die anderen Zweige haben meine Mutter … angeschrien, dass sie einen Kopfstand machen soll, weil du auf dem Boden lagst und in ihre Haare wolltest?«

»Ganz genau.« Der Zweig klang belustigt. »Aber keine Sorge, deine Mama denkt natürlich, dass es ganz allein ihre Idee war, und vermutlich ist sie sogar stolz darauf. Hat auf jeden Fall für Aufmerksamkeit gesorgt unter deinen Freundinnen, oder?«

»Kann man so sagen«, murmelte Mara. »Und das sind nicht meine Freundinnen, sondern die von meiner Mutter.«

»Gut, dann wäre das geklärt«, sagte der Zweig in geschäftigem Tonfall und fuhr ebenso zielstrebig fort: »Du bemerkst, ich versuche all deine ersten Fragen möglichst schnell zu beantworten, damit wir bald zum Wesentlichen kommen können. Und somit nehme ich an, dass du dich als Nächstes fragst, warum Pflanzen überhaupt sprechen. Antwort: Pflanzen sprechen nicht. Pflanzen denken. Stell dir einfach vor, wir könnten so laut denken, dass du es in deinem Kopf hören kannst. So, als würdest du in einem See stehen und die Wellen spüren, weil jemand irgendwo weiter weg einen Stein ins Wasser geworfen hat. Du hörst nicht das Platschen, aber du spürst die Wellen, verstehst du?«

Mara nickte stumm. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

»Fein. Weiter«, sagte der Zweig und wirkte zunehmend in Eile. »Jetzt ist deine nächste Frage natürlich, ob Bäume auch sprechen können, und die Antwort ist ebenso natürlich: Ja! Nur sprechen die Bäume so verdammt langsam, dass man davon nicht mehr mitkriegt als eine Art Brummeln. Der Baum, von dem ich stamme, zum Beispiel, der hat vor 34 Jahren angefangen, dem Baum rechts von ihm zum 200-jährigen Geburtstag zu gratulieren. Aber wenn er dann endlich mit der Gratulation fertig ist, kann er gleich wieder von vorne anfangen, weil es dann Zeit ist fürs 450-jährige Jubiläum.«

Mara hatte ein Gesicht aufgesetzt, das man bestenfalls als überforderte Verwirrtheit bezeichnen konnte.

»Und mach ja nicht den Fehler, einen Baum unterbrechen zu wollen!«, sagte der Zweig gerade. »Denn dann dauert es noch länger – weil er zwischendrin noch drum bittet, ihn doch höflicherweise erst mal ausreden zu lassen, bevor er dann genau da weitermacht, wo man ihn unterbrochen hat. Diesen Fehler machst du genau ein einziges Mal!« Der Zweig kicherte und Mara konnte nicht anders, sie musste auch grinsen. »Na ja, irgendwann hat man sich gewöhnt an das dauernde Gebrumme der Bäume, ich hör’s schon gar nicht mehr. Manchmal denk ich mir, es wäre fast angenehmer, ein Mensch zu sein, weil ihr euch das alles nicht mit anhören müsst. Was uns, und hier bitte die elegante Überleitung beachten, zurück zu dir bringt, Mara … vorausgesetzt, du bist jetzt ein bisschen entspannter?«

Aha, das war also der Grund gewesen für den Smalltalk über die Baumsprache!, dachte Mara und fand, dass das den Zweig irgendwie sympathisch machte. Doch bevor sie darüber nachgrübeln konnte, dass sie gerade einen Zweig als sympathisch bezeichnet hatte, sprach dieser weiter und zog das Tempo wieder an: »Also, du bist nicht verrückt und ich bin auch kein Traum oder so was Ähnliches. Du hörst mich, und du verstehst mich, und es gibt nicht mehr viele Menschen von deiner Sorte. Ehrlich gesagt, sieht es ganz danach aus, als wärst du die Letzte, die das kann. War wohl irgendwann bei euch nicht mehr so populär, mit Pflanzen zu sprechen.«

»Aber das verstehe ich nicht!« Mara konnte nicht anders, sie musste den Zweig unterbrechen. »Ich meine, ich verstehe eigentlich das meiste nicht von dem, was du sagst, aber das verstehe ich erst recht nicht! Heute saßen diese ganzen Schreckschrauben aus dem Kurs von der Flatterfrau vor euch, und ihr habt kein Wort gesagt, obwohl die drei Stunden lang drum gebettelt haben!«

Können Zweige grinsen? Wenn ja, dann tat ihr Zweig das jetzt.

»Du meinst, einmal abgesehen davon, dass Menschen wie diese meistens nur sich selbst hören, und das in voller Lautstärke? Nein, Mara, wir Pflanzen sprechen nur zu euch Menschen, wenn wir etwas mitzuteilen haben. Das war schon immer so. Und ich muss mich jetzt trotz Wasserglas mal ein bisschen beeilen, denn man hat mir eine Menge aufgetragen, was ich dir erzählen muss.«

Doch Mara unterbrach ihn schon wieder: »Wer? Wer hat dir das aufgetragen? Und warum erzählt er mir das nicht einfach selbst?«

Der Zweig klang jetzt zum ersten Mal etwas unsicher: »Das weiß ich nicht. Ich kann dir nur sagen, dass uns allen heute Morgen bei Sonnenaufgang plötzlich klar war, was wir zu tun hatten und was ich zu sagen habe.«

Der Zweig schwieg einen Moment, als würde er nachdenken.

»Komisch eigentlich, ich könnte schwören, dass ich mir gestern über kaum mehr Gedanken gemacht habe als über ein paar Blattläuse«, sagte er. »Aber was soll’s, es ist, wie es ist, und wer auch immer wollte, dass ich dir was ausrichte, soll nicht von mir enttäuscht werden. Also, jetzt pass auf, denn nun geht es um dich: Mara, du bist eine Spákona

Mara starrte den Zweig verständnislos an. »Was bin ich?«, fragte sie, und der Zweig wiederholte das Wort noch einmal sehr langsam und überdeutlich: »Spá-ko-na. Eine Spákona

Der Zweig hielt kurz inne.

»Du weißt nicht zufällig, was das bedeutet?«, fragte er, aber Maras Gesichtsausdruck machte eine Antwort überflüssig. Der Zweig seufzte. »Tja, dann sind wir schon zwei. Aber so hat man mir das aufgetragen. Du bist eine Spákona! Was immer es ist – du bist es. Herzlichen Glückwunsch. Oder Beileid. Oder beides. In jedem Fall bitte merken: Spákona

»Äh … ich … ich schreib’s mir auf«, stammelte Mara und schrieb das Wort ebenso gewissenhaft wie verwirrt mit Bleistift auf die vollgekritzelte Unterlage auf ihrem Schreibtisch. Dabei bemerkte sie, dass sie über das a einen kleinen Strich gemacht hatte, obwohl sie dieses ungewöhnliche Detail niemals so aus den Worten des Zweigs hätte heraushören können. Trotzdem hatte sie das seltsame Strichlein ebenso unbewusst mitgeschrieben, wie sie auch einen Punkt über ein i gesetzt hätte.

Dann sah sie wieder den Zweig an, und zwar mit dem Blick eines vier Meter großen, leuchtend rot blinkenden Fragezeichens, das jeden Moment in den schillerndsten Farben platzen und das gesamte Zimmer verwüsten würde, wenn nicht sofort irgendjemand erklärte, wer oder was eine Spákona war!!!

Falls der Zweig Maras fragenden Blick bemerkte, ließ er sich zumindest nichts anmerken. Stattdessen räusperte er sich geräuschvoll, um weiterzusprechen.

Mara ignorierte den Gedanken, dass der richtige Platz für Leute, die Zweige räuspern hörten, die Irrenanstalt war. Wenn dieses Gespräch zu nichts führte, konnte sie ja immer noch ihren Plan mit dem Langhaarschneider in die Tat umsetzen. Larissa würde ihr ja nicht weglaufen. Vorerst.

»Kommen wir jetzt zu dem wichtigsten Teil meiner Botschaft«, sprach der Zweig und Mara bemerkte, dass seine Stimme plötzlich einen sorgenvollen Unterton bekam. »Bitte leg deine Finger auf meine Blätter.«

Kurz dachte Mara darüber nach, was Larissa wohl sagen würde, wenn sie sie dabei erwischte, wie sie Händchen hielt mit einem Zweig. Doch da berührten ihre Finger auch schon seine Blätter, und etwas in Mara explodierte …


Mara und der Feuerbringer

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