Читать книгу Merdensch & Mammalia - Tommy Kwetsch - Страница 3
Letztes Jahr - Januar
ОглавлениеMerdensch und Mammalia freuten sich auf ein tolles Jahr. Hochzeit war angesagt. MiMa und MaMo waren das glückliche Paar, welches im Juli, mit dem Ja-Wort und anschließend geplanter Hochzeitsreise, auf die Pigodiven, ihr Glück abrunden wollten. Einige Babyferkel standen ebenfalls auf der ToDo-List. Pigodiven, da wollte Merdensch auch schon seit Ewigkeiten hin. „Diese dauerhaft warmen Temperaturen, das olivblaue Meer, der schneeweiße Strand, die grasgrünen Palmen, einfach nur göttlich“, stellte Merdensch sich vor. Die lange Reisezeit in einem beengten Flugzeug und die hohen Reisekosten dafür, schreckten ihn bisweilen immer ab.
Mammalia's Ferkel MiMa hatte nach einer Ausbildung zur Hotelfachsau in einer Bäckerei gearbeitet und tut es noch bis heute. Sie ist scheinbar mit ihrem Leben zufrieden und macht neben MaMo einen sehr glücklichen Eindruck. Sie ist vom Wesen her eher explosiv und geht gerne mal schnell in die Luft, bei falsch verstandenen Worten. Alles in allem gesehen ist sie eine äußerst hübsche, liebenswerte Sau. MaMo hatte seine Ausbildung zum Polizisten abgeschlossen und soll in absehbarer Zeit zum Beamten gekrönt werden. Alles rottscher, so zu sagen. Er hat ein entspanntes und abgeklärtes Wesen, betrachtet Angelegenheiten eher nüchtern und reagiert niemals impulsiv, außer vielleicht beim Thema Haxenball. Neuerdings ist er auch Bartträger, das ist derzeit auf „Laurasia“ voll IN bei den jüngeren Ferkeln. Er weiß genau wie er mit MiMa umgehen muss, um unnötigen Stress und Streitigkeiten zu vermeiden. Wie sich Mammalia mit Vorliebe ausdrückt, ein „Traum-Schwiegereber“.
Beide kennen sich schon seit der Schulzeit, konnten sich aber damals überhaupt nicht leiden, waren sich demnach nicht so sympathisch. Liebe kommt nicht immer auf den ersten Blick. Sie haben vor kurzer Zeit einen Stall in Schwallendorf angemietet und sich wohnlich eingerichtet. Geplant ist, sich eine eigene Bretterbude zu kaufen oder sogar neu zu bauen, sobald MaMo in seinem Beruf gefestigt wäre und das Einkommen dafür zur Verfügung steht. Der gemietete Verschlag ist etwa 90 Quadratmeter groß, im Dachgeschoss einer Zweifamilienscheune. Ein Zimmer hatte sich MaMo reserviert, in welchem er einen Schreibtisch und seinen Polizeischrank für die Uniformen platzierte. In der Mitte des Raumes steht noch der TischHaxenball, den er im letzten Jahr von der Sippe zu Weihnachten geschenkt bekam. Dieses Areal darf später das Ferkelzimmer werden.
MaMo's Mutter Frasa wurde im südlichen Teil von Linnaterra geworfen, einer stiefelförmigen Halbinsel in der Mitte des Kontinents. Mit ihrem südländischen Charme und ihrem ruhigen Wesen ist sie eine gern gesehene Zeitgenossin. Vom Durchschnitt her gesehen eher eine sehr kleine und auch schlanke Sau. MaMo's Vater Jureb, Polizist bei der Bundespolizei, hatte es mehrfach, wie er selbst gern erzählte, mit den „Schweren Ebern“ zu tun. Meist merkte man es ihm an, dass er energisch und bestimmend auftreten muss, obwohl auch er eher schmächtig und schlank erschien. In seinem Beruf muss man richtig taff sein.
Merdensch und Mammalia haben sich im Laufe der Zeit mit Jureb und Frasa angefreundet. Sie hatten im Jahr zuvor, im September, gemeinschaftlich einen Kurztrip nach Schwürnberg unternommen, um dort eine Veranstaltung von „Ciso Milano“ zu besuchen, einem Schweinehundflüsterer aus Zentral-Borraterra, den sie aus dem Fernsehen kannten. Er brauchte einen Schweinehund nur überzeugend anzuschauen, und schon akzeptierten sie ihn als Führer und Meister. Die Karten waren jeweils ein Wurftagsgeschenk vom MiMa und MaMo. Abends hatten sie noch bis spät in die Nacht im Hotel gesessen und bei mehreren gemütlichen Bieren einfach über Gott und Laurasia gegrunzt.
Jureb bekam nur einen Tag Urlaub genehmigt, deshalb sind Merdensch und Mammalia bereits einen Tag früher, als Jureb und Frasa, nach Schwürnberg gereist. Sie wollten ein komplettes Wochenende verbringen, um die Stadt etwas genauer auszuspähen. Merdensch überlegte sich, was sie dort anstellen könnten. Nur sinnlos durch die Innenstadt zu rennen, da hatte er nicht die richtige Lust drauf. Zumal es zwischenzeitlich überall dieselben Geschäfte, diverser Ketten gab. „Shoppen ist im Laufe der Jahre uninteressant geworden und Innenstädte verloren dadurch ihren individuellen Charakter“, dachte sich Merdensch. Er fand in einem kleinen Reiseführer heraus, dass es in Schwürnberg das größte 3D-Kino von Linnaterra gab. Es lief im Moment auch ein Film, den ihn interessieren könnte. „Beschützer der Galaxie“ hieß er, das hörte sich vielversprechend an, denn Science-Fiction wirkt erst so richtig in großen Kinos. Besonders wenn bei tiefen Bässen der Sitz wackelt. Mammalia meckerte: „Kino? So ein Mist!“. Merdensch ließ sie meckern und sie zogen los.
Schwürnberg - Ein schönes und ziemlich großes Städtchen. Am Platze gab es auch eine U-Bahn, mit der Merdensch und Mammalia schnell in die City und wieder zurück transportiert werden konnten. Da ein Bahnhof direkt neben dem Hotel gelegen war, nutzten sie die praktische Gelegenheit, damit hin und her zu reisen. Sie stiegen direkt vor dem Kino in der Altstadt aus und sahen, dass ein alljährliches Altstadtfest gefeiert wurde. Weil sie noch zwei Stunden Zeit hatten, bis der Film anfing, wurde dieses umgehend besucht. Sie gingen eine Runde dieses traditionsreiche Fest ab, es gab Weißbier und an fast jeder Ecke diese berühmten Schwürnberger Wurzelknollen. Etwas überteuert, aber ….. lecker lecker. Mit gutem Geschmack hatten Merdensch und Mammalia ihre Erfahrungen.
Der Kinobesuch lohnte sich, auch Mammalia war letztendlich glücklich und schwärmt noch heute von diesem Tag. Die Leinwand war riesig und das 3D Erlebnis einmalig. Dort gab es keine gewöhnlichen Kinositze, das waren richtig breite Kinosessel, auf denen sogar Merdensch mit seinen etwas breiteren Schenkeln, auf beiden Seiten Platz zum Hin- und Her- rutschen hatte. Die Kinoscheune war auch beeindruckend hoch und die Sesselanordnung so steil, dass jeweils das Vorderschwein erst mit seinem Kopf zu den Haxen des Hinterschweins saß. So war der Blick auf die Leinwand nie beeinträchtigt. Zum Glück war der Film auch nicht so gut besucht, nur zwanzig weitere Schweine hatten sich für diese Vorstellung in der Kinoscheune Tickets besorgt. Keiner in der Nähe, der die Soundeffekte durch Trüffeltütengeknietsche oder Schlürf- und Schmatzgeräusche störte. Bevor es losging organisierte Merdensch im Vorraum noch gefrorene Insektenlarven auf Popcorn und Gesöff. Das gehörte einfach dazu, er selbst hörte sich ja nicht.
Im selben Jahr dieses Kurztrips, im November, wurde Jureb die Diagnose Futterkanalkrebs gestellt. Die behandelten Ärzte der Universitätsklinik Schwadeburg fingen bei ihm sofort mit einer Chemotherapie an, um den Tumor erst einmal zu verkleinern. Bei einer geplanten Operation Ende Februar sollte der befallene Teil des Futterkanals entfernt werden. Die Operation sei kompliziert, da man hier nur von der Seite heran käme, meinte Jureb. Rippchen durchschneiden, Lunge zur Seite legen und dann oberhalb des Verdauungsorgans den bösen Tumor raus schneiden. Dann sollte der Magen wieder mit dem Futterkanal verbunden werden. Fehlen täte allerdings der Schließmuskel, der sich aber neu Formen würde, laut Vorhersagen. „So etwas wünscht man nicht mal seinem ärgsten Feind“, urteilten Merdensch und Mammalia.