Читать книгу Schwert und Schild - Sir Morgan, der Löwenritter Band 15: Das Kreuz von Dartmoor - Tomos Forrest - Страница 6
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Auf der Handelsstraße von Dartmoor nach Exeter ritten drei Männer, die kaum unterschiedlicher aussehen konnten. Der erste der Reiter war ein wohl an die sechs Fuß großer, breitschultriger Hüne, unter dessen Helm lange, blonde Haare hervorquollen. Sein Bart war sorgfältig geschnitten und reichte zwei Fingerbreit unter das Kinn. Er trug sowohl einen dunkel brünierten Helm wie auch unter dem schwarzen Waffenrock erkennbar ein Kettenhemd in gleichem Aussehen. Der Waffenrock zeigte einen roten, steigenden Löwen, so, wie er einst von König Richard während des dritten Kreuzzuges getragen wurde (vgl. Schwert und Schild – Sir Morgan, der Löwenritter # Band 1: Blut ist eine seltsame Farbe; Band 2: Das Massaker von Akkon sowie Band 3: Blutmond über Cornwall). Der Ritter saß aufrecht und stolz auf einem edlen Rappen, der bei seinem Zügeln ungeduldig schnaubte.
Der zweite, jüngere Mann war offensichtlich sein Knappe. Auch er war gewappnet, trug den Nasalhelm, ein Kettenhemd und am Pferd den Schild mit dem gleichen Wappen und die Lanze seines Ritters in der Hand.
Einen seltsamen Kontrast bot zu den beiden der dritte Mann auf seinem Esel. Kleinwüchsig, mit dunklen Haaren, bräunlicher Gesichtsfarbe und einem listigen Blick glich er in dem dicken Umhang eher einem Kobold als einem Menschen. Doch wer Shawn einmal auf sein Aussehen hin verspottete, lernte den Zorn des ehemaligen Hofnarren der Launcestons rasch kennen.
Auch die beiden zügelten ihre Reittiere und hielten neben dem Ritter mitten auf der Straße an. Ihnen entgegen kam im leichten Trab ein junger Mann, der offenbar keinerlei Furcht kannte. Obwohl bei ihm keine Waffen erkennbar waren, ritt er unbekümmert durch diese Gegend, von der man schon seit langer Zeit berichtete, dass Straßenräuber ihr Unwesen trieben. Sir Morgan of Launceston, der den einsamen Reiter erwartete, hatte da schon seine eigenen, schmerzhaften Erfahrungen sammeln müssen.
„Sie ist es tatsächlich!“, sagte Boyd halblaut, und Morgan antwortete mit einem unwilligen Knurrlaut.
„Na endlich!“, rief ihnen der einsame Reiter schon aus einiger Entfernung zu. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass es euch zu kalt geworden ist!“
Als das Pferd bei den drei Männern hielt, bemerkte Shawn hinter dem Sattel des Pferdes einen Sack, in dem es heftig zappelte. Gleich darauf verkündete ein lautes Gackern, was sich darin befand.
„Hühnerdieb!“, schimpfte der Zwerg verächtlich und erhielt dafür einen strafenden Blick von seinem Gegenüber.
„Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mich freue, dich hier zu treffen, Meraud!“, begrüßte sie Morgan mit finsterer Miene.
„Morgan, nun verzieh nicht schon wieder dein Gesicht auf diese Weise! Ich bin schon erwachsen und kann mich allein schützen! Außerdem war ich nur in einem Dorf und habe dort ein paar Hühner für uns gekauft.“
Noch einmal musterte Morgan sie mit düsterem Blick, dann nickte er ihr zu und setzte Blane wieder in Bewegung. Meraud schwenkte ihr Pferd herum und schloss sich den drei Reitern an.
„Hast du etwas von Johanns Söldnern gesehen?“
Meraud lachte fröhlich auf.
„Nicht nur gesehen – ich habe Hauptmann Maddox gesprochen. Er war sehr schlecht gelaunt, an diesem frühen Morgen. Und alles nur, weil ein Ochsengespann seinen Weg versperrte.“
Morgan musterte das Gesicht der jungen Frau, die aber fröhlich nach vorn sah und so tat, als würde sie das nicht bemerken.
„Und was war deine Rolle bei dieser Begegnung?“, erkundigte er sich schließlich.
„Meine Rolle? Oh, nichts weiter. Ich habe einem alten Bauernpaar geholfen, ihre Ochsen in Sicherheit zu bringen. Bei der schlechten Bezahlung von Prinz John weiß man ja nie, ob nicht seine Soldaten Lust auf frisches Ochsenfleisch verspürten.“
Morgan knirschte mit den Zähnen. Es war nicht der erste Alleingang der jungen Frau, die er erst kürzlich vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen bewahrt hatte (vgl. Schwert und Schild – Sir Morgan, der Löwenritter # Band 14: Piraten von Saint-Malo). Sie war zäh, flink mit der Klinge, ausdauernd beim Reiten – aber auch vollkommen undiszipliniert.
Allerdings hatte sie sich bei Sir Baldwin für diesen Streifzug abgemeldet. Aber eine Anweisung des Roten Jägers lautete, bei diesen Alleingängen jeden Kontakt mit den Soldaten zu vermeiden. So, wie er Meraud inzwischen einschätzte, hatte sie sich nicht daran gehalten. Aber es war zu spät, ihr jetzt dafür Vorhaltungen zu machen, und so zog er es vor, zu schweigen.
„Hauptmann Maddox hat die Burg mit seinen Männern verlassen“, fuhr die junge Frau nach einer Weile fort.
„Habe ich verstanden“, gab Morgan maulfaul zurück.
„Ich habe seine Gruppe eine Weile beobachtet. Wahrscheinlich sind sie auf dem Weg zu der jetzt verlassenen Dorfkirche von Vater Alun.“
„Wie kommst du darauf?“, erkundigte sich Morgan scharf. Nun war seine Aufmerksamkeit geweckt, denn der Mönch Alun wurde von Johanns Schergen ermordet. Morgan gelang es allerdings, ein besonderes Holzkreuz zu retten und zu verbergen (vgl. Schwert und Schild – Sir Morgan, der Löwenritter # Band 8: Gottes Fluch über Cornwall).
„Nun, sie sind am alten Römerturm in die Straße zum Dorf abgebogen. Und ich habe mich natürlich gefragt, warum sie zu dieser Jahreszeit in das elende Nest reiten, wo doch nichts mehr zu holen ist!“
Ein rascher Blick zu Morgan, und mit zufriedenem Grinsen spornte Meraud ihr Pferd an, sodass es Kopf an Kopf mit Blane lief. Der Ritter war wieder in dumpfes Schweigen versunken und schien sich nur noch auf den Weg zu konzentrieren. Doch den Gefährten wurde es rasch klar, wohin er sein edles Tier lenkte. Am Römerturm angekommen zögerte er keinen Augenblick, sondern folgte sofort der kleinen Straße, die in eine Senke zum Dorf hinunter führte.