Читать книгу Trouble für Wild Bill: Wild Bill - Gottes eigenes Land Band 4 - Tomos Forrest - Страница 9

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3. Kapitel


Der Regen hielt drei Tage an. Das Land war danach schwammig und grundlos. Dennoch versah Wild Bill die Pferde mit seinem Brandzeichen und gab einem Frachtwagen, der Ware für den Store brachte, eine Nachricht für den Armeezahlmeister in Fort Bridger mit.

Für Lucy Williams hatte er eine ältere Frau gefunden, die beim Hausputz half, Besorgungen machte und die Kinder hütete.

Bill ließ sich selten in seinem Haus sehen. Oak City war klein, und die Leute hatten sich das Maul schon genug darüber zerrissen, dass eine Frau mit zwei Kindern zu ihm gekommen war. Aber Bill gab von sich aus keine Auskunft, verzehrte schweigend im Hotel seine Mahlzeiten und nahm abends seinen Drink. Die Leute sahen ihn stundenlang ins Glas starren. Zu Anfang grinsten ein paar heimlich, doch als sie Wild Bills Gesicht sahen, gewöhnten sie sich das schnell ab. Der Mann, von dem sie verdammt wenig wussten, wirkte von Tag zu Tag mehr wie ein Pulverfass, an dem die brennende Lunte immer kürzer wurde.

Eine Woche nach Lucy Williams Ankunft kam der Zahlmeister aus Fort Bridger in Begleitung zweier Sergeanten, um die Pferde abzuholen. Vierzig Dollar pro Stück handelte Bill dem Mann ab, der zwar fürchterlich fluchte, schließlich aber bezahlte und sich erkundigte, wann er wieder ein oder zwei Dutzend Tiere bekommen könnte.

Derweil hatte Lucy Williams Kaffee gemacht und bat die Männer ins Haus. Der eine Sergeant, der nur noch ein halbes rechtes Ohr hatte und darunter eine Narbe, wie sie nur ein indianisches Kriegsbeil hinterlässt, freundete sich sehr schnell mit der kleinen Kate an. Zum Entsetzen seines Zahlmeisters ließ er sich sogar Zaumzeug überstreifen und spielte auf Händen und Füßen Pferd.

Bill, der Lucy scharf beobachtete, sah, dass sie zum ersten Mal leicht lächelte. Und das beruhigte und gefiel ihm. Frank war ein guter Mann, aber Frank ist tot. Sergeant Taylor ist auch ein guter Mann – und er lebt.

Dass er mit seiner Vermutung richtig lag, merkte Bill im Verlauf der nächsten Stunde. Taylor hielt Kate auf den Knien, ahmte Tierstimmen nach, erzählte ihr eine unwahrscheinlich verlogene Geschichte von einem mächtigen Bären, der ihm das eine Ohr zur Hälfte abgebissen hätte, und versprach ihr, am nächsten Sonntag wiederzukommen. Dabei wendete sich Taylor zu Wild Bill um und fügte fragend hinzu: „Sie haben doch nichts dagegen, Bill?“

„Kommen Sie, so oft Sie wollen und es Mrs Williams erlaubt“, sagte Bill. „Ich gehe für einige Zeit weg.“

„Bill!“, rief Lucy Williams schrill. „Nicht, Bill! Bitte nicht! Ich weiß, was du vorhast. Du und Frank, ihr seid aus einem Holz. Diese Stadt hat ihn umgebracht, sie wird auch dich umbringen!“

„Als wir noch alle beisammen waren, da hat nie einer gefragt, ob beim nächsten Gang sein Name aufgerufen wird. Mateo machte Pläne, große Pläne. Charly wollte sich verloben. Laramie, hat er gesagt, nur noch Laramie, dann höre ich auf! Und Frank sprach immer von seiner Pferdezucht. Eines Tages sollte es die größte im Westen sein. Ich bin es drei toten Partnern und deinen Kindern schuldig, dieser Stadt einen Besuch abzustatten, die Frank getötet hat. Wenn ich nicht gehe, dann ist er umsonst gestorben. Und Mateo und Charly auch. Dann wäre es das Beste für mich, wenn ich mich irgendwo verkrieche, wo nur alle zwanzig Jahre ein Mensch hinkommt. Ich bin hierhergezogen, weil ich Ruhe haben wollte. Ich war fünf Jahre an der Bahn. Die meisten machten es nur ein Jahr, dann waren sie tot oder mit den Nerven fertig. Ich habe die Bahn überstanden. Ich hoffe, ich überlebe auch Ragstock. Ich werde hier aber alles so regeln, dass für dich und die Kinder gesorgt ist – für alle Fälle.“

Die Ader, die auf seiner Stirn angeschwollen war, ging zurück. Den letzten Satz sprach er ganz ruhig, fast beiläufig. Und dann sagte er noch: „Es wäre wirklich gut, Taylor, wenn ein Mann hier ab und zu nach dem Rechten sieht.“

Der Sergeant nickte. Er war Soldat, er verstand die Dinge wie ein Mann, dem schon Pulverdampf um die Nase geweht war. Nur der Zahlmeister, sicher ein guter Verwalter, aber keine sehr kriegerische Natur, schüttelte den Kopf.

„Das ist ja eine ganze Menge, die man so beiläufig zu hören bekommt, Bill. Verd... – entschuldigen Sie, Madam! – Eh, Bill, Sie sollten sich die Sache besser noch mal überlegen.“

„Dazu hatte ich eine Woche lang Zeit“, erwiderte Wild Bill kühl. „Ich rechnete immer damit, dass eines Tages jemand auftaucht und eine alte Rechnung präsentiert. Als Bahn-Marshal macht man sich kaum Freunde. Nun gut, ich warte nicht, bis jemand auf mich schießt. Vor eineinhalb Jahren machte ich einen Fehler. Es ist Zeit, diesen Fehler zu korrigieren.“

Er machte eine abschließende Handbewegung, die bedeutete, dass alles gesagt war, was zu diesem Thema noch zu bemerken wäre.

Der Zahlmeister klappte den Mund zu und schwieg, und die beiden Sergeanten blickten ohnehin zustimmend. Da fiel dem Offizier noch etwas ein. Er schlug sich an die Stirn und griff in die Uniformjacke, wo er ein ziemlich lädiertes, mehrfach zusammengefaltetes Papier herauszog.

„Hätte ich beinahe vergessen, Bill, bitte um Entschuldigung. Aber es betrifft diesen toten Wells-Fargo-Mann. Es gab Ermittlungen, und ich wollte Ihnen noch das Ergebnis mitteilen.“

Wild Bill blickte ihn gespannt an, und der Offizier fuhr in seiner Schilderung fort.

„Unser Colonel hatte von dem Fall erfahren und wunderte sich nur über den Ort, an dem der Mann durch Sie gefunden wurde.“

„In der kleinen Hügelkette unmittelbar bevor man wieder in Sichtweite der Stadt kommt“, erwiderte Bill.

„Richtig, das ist nördlich von hier aus. Der Mann hätte aber eine südöstliche Richtung einschlagen müssen und wäre dort, wo es ihn erwischt hatte, niemals vorbeigekommen.“

„Ach, das ist ja interessant. Da ist sich der Colonel völlig sicher?“, erkundigte sich Bill erstaunt.

Der Zahlmeister nickte bestätigend.

„So ist es, und ahnen Sie, was das für diesen Fall bedeutet?“

„Nun?“

Jetzt lächelte der Offizier und nickte bedeutungsvoll in seine Richtung.

„Der Kurier, ein gewisser Frederic Taylor, und sein Mörder, Henry Fronwall, den Sie erwischt haben, kannten sich und hatten aller Wahrscheinlichkeit nach den Überfall abgesprochen. Pech nur für Taylor, dass Fronwall dann Ernst machte und ihn erschoss.“

„Oh, das ist wirklich ein Ding!“, antwortete Bill etwas abwesend und las den Bericht durch, den der Colonel über den Vorfall verfasst hatte. Er betraf den Armeestützpunkt nur insofern, dass dort auch die nächste Wells-Fargo-Station war und man gemeinsam um die Aufklärung des Überfalls bemüht war.

„Ein Beispiel mehr, wie gefährlich doch immer noch die Umgebung für einen einzelnen Reiter ist!“, schloss der Zahlmeister und lehnte sich zurück.

„Ich habe keine nennenswerten Geldbeträge bei mir und trage zwei Revolver, mit denen ich recht gut umgehen kann!“, erwiderte Bill gleichgültig. „Wer sollte sich also für mich interessieren?“

Nur Lucy Williams versuchte, Bills längst gefassten Entschluss umzustoßen.

„Bill, es sind zu viele für dich“, sagte sie bekümmert und angstvoll. „Da ist nicht nur die Thompson-Company. Andere sind genau so mächtig. Männer wie Turner und ...“

„... vermutlich Baker“, unterbrach sie Bill und grinste auf eine verwegene Art.

Als sie erschrak, nickte er grimmig. „Das war auch kaum anders zu erwarten. Die hingen früher schon zusammen, diese Halunken.“

Der Zahlmeister räusperte sich.

„Yeah, ich denke, wir reiten dann. – Madam, besten Dank für den Kaffee.“ Er setzte seinen Armeehut auf, streifte sich die gelben Handschuhe über und grüßte respektvoll. Die zwei Sergeanten folgten seinem Beispiel. Als Bill seine Gäste hinausbrachte, trippelte Kate neben Taylor her und hoffte, noch eine Bärengeschichte erzählt zu bekommen.

Der Zahlmeister ließ Taylor keine Zelt dazu. Die drei Soldaten ritten in den Corral, legten den Pferden leichtes Zaumzeug an und banden sie in drei Rudeln an Longen fest.

„Ich werde irgendwann eine Patrouille vorbeischicken, damit sie nachhört, ob man hier noch Pferde bekommen kann“, sagte der Zahlmeister bedeutungsvoll und blickte Bill an wie einen Mann, den er schon im Grab liegen sah. Der eine Sergeant hob grüßend die Hand.

„Viel Glück, Bill. Sie werden es gebrauchen können.“

Taylor gab Bill die Hand.

„Wir haben ein paar Jungens in der Truppe, die kennen Sie von der Bahn her, Bill. Ich hoffe, Sie sind noch so gut, wie man sich erzählt.“

„Keine Sorge“, sagte Wild Bill mit einem Lächeln, das den Sergeanten frieren ließ. Taylor bildete sich ein, den Mann zu kennen, der ihnen seit einem Jahr Pferde lieferte. Jetzt wusste er, dass er Wild Bill immer noch nicht kannte. Er packte die Longe fester, grüßte zum Haus hinüber, wo Lucy Williams mit Emily auf dem Arm in der Hintertür stand, und trieb sein Pferd an.

Bill wartete, bis die Soldaten verschwunden waren, dann nahm er Kate an der Hand und brachte sie zum Haus zurück. Er rückte an seinem Hut herum, als Lucy ihn forschend anblickte.

„Ich will nur etwas von oben holen“, sagte er lahm und wich ihrem Blick aus.

Sie machte ihm Platz, und er ging an ihr vorbei. Fast eine halbe Stunde lang hörte sie ihn oben rumoren. Als er herunterkam, hatte er eine Deckenrolle über dem Arm, einen Kleiderpacken und zwei vollgestopfte Satteltaschen. Damit ging er hinüber ins Hotel.

Am Abend kam er wieder, fütterte im Stall sein Pferd und betrat einige Zeit später das Haus. Aus seinem Waffenschrank wählte er sorgfältig ein Gewehr mit Röhrenmagazin, suchte die Munition dafür zusammen und legte alles auf den Tisch.

„Ich war vorhin bei der Bank“, sagte er zu Lucy. „Ich habe dort etwas Geld. Du kannst darüber verfügen. Und hier“, er holte ein gefaltetes Papier aus der Brusttasche seines verwaschenen Hemdes, „ist eine Vollmacht, mit der ich deine Interessen in Ragstock vertreten kann. Du brauchst nur zu unterschreiben.“

„Wenn ich es nicht tue, Bill?“, fragte sie.

„Ich gehe hin, mit oder ohne Unterschrift. Es wäre vielleicht etwas leichter, wenn ich sie hätte.“ Er glättete das Papier. Sie trat an den Tisch und las, was er aufgeschrieben hatte. Dann unterschrieb sie mit dem Stummel eines Bleistiftes den er noch rasch mit seinem Messer anspitzte.

„Du hörst irgendwann von mir“, sagte er, faltete das Papier und steckte es ein. Anschließend nahm er Gewehr und Munition und ging. Er machte kein Aufhebens. Er wirkte wie ein Mann, der vergessen hatte, etwas zu erledigen, und der nun unterwegs war, das Versäumnis nachzuholen.

Lucy Williams hörte nicht, wann er das Pferd holte. Sie lag die ganze Nacht wach und lauschte, aber sie vernahm kein Geräusch. Als sie am Morgen in den Stall ging, war das Pferd weg. Auch der Sattel mit den Silberbeschlägen.

Trouble für Wild Bill: Wild Bill - Gottes eigenes Land Band 4

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