Читать книгу An die kurze Leine gelegt - Tomàs de Torres - Страница 8
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Die Bezeichnung „Haus“ für Francis’ Domizil war eine schamlose Untertreibung. Durch einen gemauerten Torbogen fuhren sie mindestens 500 Meter über eine gewundene, aber gut ausgebaute Privatstraße zu einer Villa, die sich an den Hang schmiegte. Um elf Uhr nachts war die Aussicht beschränkt, aber Francis versicherte, von der großen, halbkreisförmigen Terrasse könne man das Meer sehen, und zwar ohne dass der Blick durch Küstenstädte beeinträchtigt werde.
Angela schätzte die Villa auf mindestens 300 Quadratmeter Wohnfläche. Ihr rückwärtiger Teil schien in den Berg hineingebaut zu sein. Auf der Vorderseite, neben der Terrasse, prangte ein nierenförmiger Swimmingpool mit einer kleinen Palmeninsel. Unterwasserscheinwerfer ließen die windgekräuselte Oberfläche in allen Farben des Regenbogens schillern.
„Das Wasser ist sicher sehr kalt hier oben“, sagte Angela mit einem sehnsüchtigen Blick auf das Farbenspiel.
„Der Pool ist selbstverständlich geheizt. Warum probierst du es nicht aus?“
Angela biss sich auf die Lippen. „Ich habe keinen Bikini dabei.“
Francis lachte und legte die rechte Hand auf sein Herz. „Ich schwöre, die Dienerschaft hat heute Ausgang!“
Er trat an den geschwungenen Rand des Pools, kniete nieder und betätigte einen verborgenen Schalter. Drei Spotstrahler flammten auf und übergossen die Palmeninsel mit weißem Licht, das sich an unzähligen, vom Wind bewegten Spiegelsplittern brach. Es sah aus, als ob die Palme aus flüssigem Silber bestünde.
Angela gab sich einen Ruck. Als sie zugestimmt hatte, Francis zu seiner Villa zu begleiten, hatte sie gewusst, wie dieser Abend enden würde. Sie würde mit ihm schlafen, und sie wollte es auch. Also wäre es kindisch, auf ein wahrscheinlich einzigartiges Schwimmerlebnis zu verzichten, nur um die Kleider ein paar Minuten länger anzubehalten.
Einige Meter abseits standen zwei Liegestühle. Angela stellte ihre Handtasche auf einen davon und zog sich dann aus, ohne sich ein einziges Mal nach Francis umzusehen. Erst als sie völlig nackt dastand, spähte sie über die Schulter hinter sich.
Francis war verschwunden.
Sie nahm sich nicht die Zeit, zu einer der Leitern oder der breiten Treppe auf der gegenüberliegenden Seite des Pools zu laufen, sondern sprang nach kurzem Anlauf in das an dieser Stelle blutrote Wasser. Sie war auf einen Kälteschock gefasst, denn die Lufttemperatur lag immer noch bei mindestens 25 Grad. Aber Francis hatte die Wahrheit gesprochen, das Wasser war beinahe ebenso warm wie die Luft.
Und noch eine Überraschung erlebte sie, sobald das dumpfe Rauschen des durch den Sprung aufgewirbelten Wassers nachgelassen hatte: Musik drang an ihre Ohren, wie Angela sie noch nie gehört hatte. Sphärenklänge, die aus allen Richtungen zu kommen schienen, von einer Intensität, die ihr trotz der Wärme des Wassers eine Gänsehaut verursachte.
Sie tauchte auf und lauschte.
Nichts.
Nach einem tiefen Atemzug ließ sie sich wieder sinken, in ein nun tiefviolett leuchtendes Wasser.
Da war es wieder: Orchestrale, klassische Musik, die ihren ganzen Körper wie eine Antenne schwingen ließ. Es schien, als entstünden die Klänge in Angela selbst.
Unterwasserlautsprecher! Francis muss Unterwasserlautsprecher installiert haben. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt.
Sie lauschte, bis der Luftmangel sie zum Auftauchen zwang. Über Wasser war nichts zu hören als das Rauschen des Windes in der silbernen Palme – und dann ein Platschen hinter ihr. Mit einem Ruderschlag ihres rechten Arms drehte sie sich um. Francis tauchte aus grünen Tiefen empor wie ein Meeresdämon. Er war ebenso nackt wie sie.
„Georg Friedrich Händel“, sagte er wassertretend. Der Pool war hier mehr als zwei Meter tief.
„Natürlich, die Wassermusik!“
„Tatsächlich ist es die Ouvertüre der Feuerwerksmusik.“ Francis lächelte entschuldigend. „Ich finde, sie ist majestätischer und passt besser.
Aber der Komponist hätte sich bestimmt trotzdem gefreut, wenn er sie auf diese Weise hätte hören können.
Und in dieser Umgebung.“
Ein einziger, kraftvoller Stoß seiner Arme brachte ihn zu Angela heran. Die Farbe seine Körpers wechselte von grün zu feuerrot. Aus dem Meerdämon wurde ein Höllenfürst.
Aber ein sympathischer Höllenfürst, dachte Angela und breitete die Arme aus. Ihre Körper berührten sich. Francis schloss seine Arme um Angela, und sie tat es ihm nach. Ihre bloßen Brüste pressten sich an seinen fast haarlosen, aber muskulösen Brustkorb. Ihre Beine, immer noch wassertretend, stießen aneinander, etwas Hartes strich über die Stoppelhaare an Angelas Unterleib und löste Schauer der Erwartung aus. Sie öffnete die Lippen zu einem Kuss, und Francis’ Mund schloss sich um den ihren. Ihre Zungen begegneten sich und spielten miteinander, gleichzeitig pressten sich ihre Körper noch enger zusammen.
Erst als sie gemeinsam untertauchten, zu einem triumphierenden Akkord der Feuerwerksmusik, lösten sie sich voneinander. Francis deutete zum Beckenrand, und gemeinsam schwammen sie in eine Zone azurblauen Wassers. Angela wollte sich aus dem Becken stemmen, doch die Hände des Engländers legten sich um ihre Hüften und drehten sie sanft zu ihm herum. Angela verstand, stützte die ausgebreiteten Arme auf die Terrakotta-Fließen des Beckenrands und legte den Kopf in den Nacken. Der auflandige Wind kühlte ihr erhitztes Gesicht, Wasser rann ihr in die Augen und ließ Francis’ Antlitz zu einem blauen Fleck verschwimmen. Dann trafen sich ihre Münder abermals. Angela spreizte die Beine und reckte ihm den Unterleib entgegen.
Doch Francis hatte es weniger eilig als sie. Sein Mund löste sich von dem ihren und schloss sich um ihre rechte Brustwarze. Angela sog die Nachtluft tief ein und umklammerte mit ihren Beinen einen seiner Schenkel.
Während seine Lippen und seine Zunge mit der Warze spielten, abwechselnd zärtlich darüberstrichen und hart daran zogen, mal unter und mal über Wasser, fuhr eine seiner Hände an ihrem Rückgrat entlang nach unten und glitt durch die Pofurche. Als zwei Finger die Lippen zwischen ihren Beinen teilten und quälend langsam in ihr Innerstes vordrangen, stöhnte Angela auf. Sie glaubte, die mit jedem Herzschlag stärker lodernde Begierde keine Sekunde länger ertragen zu können.
„Jetzt!“, flüsterte sie. „Bitte!“
Wieder streifte sein hartes Glied über ihre Schenkel. Angela drängte sich an ihn, doch er packte ihre Hüften mit beiden Armen und drückte sie gegen die Poolwand. Erneut beschäftigte sein Mund sich abwechselnd mit ihren hochsensiblen Brustwarzen, die beide steif aufgerichtet waren und sich wie kleine, mit purer Lust gefüllte Ballone anfühlten.
Angela löste die rechte Hand vom Poolrand, tauchte sie ins Wasser und tastete nach Francis’ Glied, doch er schob ihren Arm zurück, ohne seinen Mund von ihrer Brust zu lösen. Sie verstand: Er wollte, dass sie passiv blieb und alles ihm überließ. Sie gehorchte mit einem erwartungsvollen Seufzer und schloss die Augen.
Dann tauchte er unter, und gleich darauf spürte sie seine Zunge an ihrem Kitzler. Aufkeuchend drängte sie sich ihm entgegen, er ließ seine Zunge kreisen und schob gleichzeitig einen Finger in ihren Po. Als er dann an ihrem harten Kitzler zu saugen begann, war es um Angelas Selbstbeherrschung geschehen. Der zweite Orgasmus an diesem Tag, viel intensiver als der erste, raste wie eine Bebenwelle durch ihren Körper und ihren Geist und löschte jedes bewusste Denken aus.
Als sie wieder sehen konnte, schwebte Francis’ selbstbewusst lächelndes Gesicht unmittelbar vor ihr. Seine nassen Haare klebten am Kopf, kleine Bäche rannen aus seinem Bart. Mit den Händen umklammerte er den Poolrand zu beiden Seiten ihres Kopfes und zog sich heran. Angela wollte ihre Arme lösen und sie um ihn schlingen, doch er drückte sie mit den Ellbogen zurück.
Sie hob den Unterleib an, in dem das Feuer der Lust bereits wieder aufflackerte, und diesmal erhörte er sie. Quälend langsam glitt er in sie hinein, bis er sie scheinbar zur Gänze ausfüllte. Angela warf den Kopf zurück und stöhnte.
Er begann, sich in ihr zu bewegen. Wellen schlugen im Rhythmus seiner Stöße gegen ihren Oberkörper, ihre Brüste, und Angela ließ sich im wahrsten Sinne des Wortes treiben. Das warme Wasser entfachte in ihr die Illusion einer Karibikinsel, deren einzige Bewohner Francis und sie waren. Sie lagen im blaugrünen Wasser einer Lagune, so klar, dass ihre Körper einen fest umrissenen Schatten auf den Grund warfen. Salziger Meereswind strich über Angelas verschwitztes Gesicht und durch ihre nassen Haare, während Francis’ mächtige Stöße sie unaufhaltsam dem nächsten Höhepunkt entgegentrieben. Es gab nur noch sie beide, bis zum Ende aller Zeiten. Keine anderen Menschen, keine Probleme, keine Rückkehr in ein kaltes, unfreundliches Land, in die Einsamkeit ihrer Einzimmerwohnung, an eine verhasste Arbeitsstelle.
Dann explodierte die tropische Sonne über ihr, in ihr, und ließ Angela in einer traumhaften Lähmung zurück. Sie fühlte sich aus dem Wasser gehoben. Die plötzliche Kühle erzeugte eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper, aber besonders da, wo ein Paar starker Arme sie berührte.
Das Nächste, was sie bewusst wahrnahm, waren ein seidiges Laken, das ihren Körper umschmiegte, und das gedämpfte Licht einer Nachttischlampe, gegen das sich der Schattenriss von Francis’ Kopf abhob. Er packte sie an den Hüften und drehte sie um, so dass sie mit dem Gesicht auf dem Laken zu liegen kam. Automatisch hob sie den Unterleib an, und er schob ein Kissen darunter. Ein Bild entstand vor Angelas geistigem Auge: Sonja auf dem Bett ihres gemeinsamen Appartements, auf allen vieren und mit baumelnden Brüsten, während der spanische Gärtner sie von hinten nahm. War das erst an diesem Nachmittag gewesen oder vor einem Jahrhundert? Und nun machte sie das Gleiche, oder besser gesagt: Francis machte es mit ihr, ohne sie zu fragen, ohne ihr eine Wahl zu lassen. Und sie war glücklich damit, alles ihm zu überlassen, einschließlich ihres Körpers. Er wusste am besten, was dieser Körper brauchte.
Und er bewies es ein weiteres Mal. Während die Spitze seines Gliedes ihre Schamlippen teilte, umschlossen seine kühlenden Hände ihre Brüste, nahmen die bereits wieder steifen Warzen zwischen die Finger und pressten sie sacht. Ein leiser Schmerz mischte sich mit aufkochender Lust und verstärkte sie. Angela vergrub das Gesicht in das feuchte Laken und stöhnte haltlos. Sie überließ sich völlig Francis’ Fingern sowie seinen Lenden, die hart gegen ihre Pobacken schlugen. Der neuerliche Orgasmus ließ nicht lange auf sich warten. Die Muskeln in ihrem Innersten schlossen sich so eng um den stahlharten Schaft, als wollten sie ihn nie wieder loslassen. Seine Hände krampften sich um ihre Brüste, und in einem gemeinsamen Höhepunkt ergoss er sich zuckend in sie. Mit einem Aufschrei sank Angela zusammen, als ob alle Kraft aus ihr herausgeflossen sei und alle Muskeln ihren Dienst versagten.