Читать книгу Westside Blvd. - Entführung in L.A. - Torsten Hoppe - Страница 29

Kapitel 21 (Heather Simms)

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Ich durchlebte einen Albtraum der besonders fiesen Art – wieder mal. Mein Kopf wandt sich von einer Seite zur anderen, während meine Augen wild unter den geschlossenen Lidern zuckten. Arme und Beine zappelten in unkoordinierten Bewegungen; eine Szene, die wahrscheinlich ziemlich grotesk wirkte. Ein dünner Schweißfilm hatte sich über meine Arme und Beine gelegt und meine Kleidung an mehreren Stellen durchnässt. In meinem Traum kämpfte ich mit dem Unbekannten – ein ungleicher Kampf, bei dem der Verlierer von Anfang an feststand.

Ich war in einer anderen Welt und hörte nicht, wie die Tür aufgeschlossen wurde. Der kleine, untersetzte Mann stand für mehrere Sekunden scheinbar unschlüssig im Lichtkegel und betrat den Raum schließlich mit langsamen Schritten. Er blieb kurz neben mir stehen und betrachtete mich durchdringend, dann setzte er sich neben mich auf das Bett. Seine Augen wanderten über meinen zitternden Körper und verharrten schließlich bei meinen Brüsten. Seine Mundwinkel zuckten leicht, als er die rechte Hand wie in Zeitlupe ausstreckte. Seine fleischigen Finger näherten sich gemächlich meinem Oberkörper, bewegten sich langsam auf meine Brust zu, darüber hinfort und legten sich schließlich auf meine linke Schulter. Mit einem kurzen, brutalen Schütteln holte er mich zurück in die Realität.

Ich stieß einen schrillen Schrei aus und schreckte hoch. Es dauerte noch den Bruchteil einer Sekunde, bis auch mein Bewusstsein die Grenze vom Albtraum zur Wirklichkeit überschritten hatte. Mein Puls raste und mein Atem wirkte wie der eines gehetzten Tieres. Mein Blick fiel auf ‘Psycho Gary’, der ganz ruhig auf der Bettkante saß und mich schweigend betrachtete.

»Du hattest einen Albtraum«, sagte er leise, mit einem fast großväterlich klingenden Tonfall. »Es wird Zeit, deinen Daddy mal wieder anzurufen. In den Nachrichten ist bisher noch nichts von einem Geständnis berichtet worden. Es scheint so, als wäre deinem Vater sein eigenes Leben wichtiger als dein Wohlergehen.«

Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte, mich zu beruhigen. »Haben Sie schon mal an die Möglichkeit gedacht, dass mein Vater unschuldig sein könnte?«

Der Mann stieß ein abruptes Lachen aus und ich zuckte erschrocken zusammen.

»Hör auf, nach irgendwelchen Strohhalmen zu greifen. Ich habe gesehen, wie dein Vater das Mädchen getötet hat. Es geht hier nicht um ‘Hörensagen’, wo Informationen in bester ‘Stille-Post-Manier’ verändert weitergegeben werden. Ich habe den Mord mit meinen eigenen Augen beobachtet.«

Ich blickte zu Boden und schüttelte den Kopf. »Nein,... das glaube ich nicht. Das will ich nicht glauben.«

Der Mann streckte mir das Telefon entgegen. »Du wirst dich der Wahrheit auf Dauer nicht verschließen können. Und wenn du seinen wahren Charakter erst einmal erkannt hast, dann wirst du froh sein, dass du hier bei mir in Sicherheit bist. Ich werde dich vor ihm beschützen.«

Ich sah ihn überrascht an. Ich war eine Gefangene und somit das Druckmittel, um meinen Vater zu einem Geständnis zu bewegen. Falls Dad nicht zugeben wollte, einen Mord begangen zu haben, so hatte er damit gedroht, mich zu töten. Und nun erklärte er mir allen Ernstes, er würde mich nur beschützen? Was ging in diesem kranken Hirn denn vor? Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Für einen Moment waren die Angstgefühle verschwunden.

»Sie sperren mich in einem dunklen Kellerraum ein, halten mich hier wie ein räudiges Tier, das zweimal am Tag etwas zu essen bekommt und erwarten jetzt auch noch, dass ich Ihnen dafür dankbar bin?« Meine Stimme war lauter und energischer geworden, als ich es selbst beabsichtigt hatte.

Der Mann sprang vom Bett hoch und fuchtelte erregt mit der rechten Faust vor meinem Gesicht herum. »Du vergreifst dich im Ton, junge Lady. Es steht dir nicht zu, so mit mir zu reden. Was verstehst du denn schon? Du weißt doch nicht, wie es ist, jede Nacht schweißgebadet aufzuwachen und die Gesichter der Toten vor sich zu sehen. Ihre leeren Augen, ihre hilfesuchenden Blicke. Du kennst doch nicht diesen unerträglichen Schmerz, der dich Tag für Tag zerfrisst. Ich bin kein Ungeheuer; ich habe keinen Spaß daran, andere Menschen zu verletzten. Ich will einzig und allein Gerechtigkeit. Und wenn ich dafür ein Opfer darbringen muss, dann werde ich es tun. Du interessierst mich nicht, Mädchen. Und es ist mir völlig egal, ob du lebst oder stirbst. Ich will meinen Seelenfrieden zurückhaben und den werde ich erst finden, wenn dein Vater hinter Gittern sitzt.«

Seine Augen funkelten bedrohlich und seine Stimme formte die Worte zu einer gefährlichen Waffe, die nur darauf wartete, abgefeuert zu werden und ihr hilfloses Opfer zu vernichten.

Der Klang seiner Stimme und der wahnsinnige Blick seiner dunklen Pupillen ließen mich zum wiederholten Male erschauern. Ich durfte mich von seinem Äußeren nicht täuschen lassen. Auch wenn er in manchen Momenten wie ein unbeholfener Tanzbär wirkte, so war er mir doch in allen Belangen überlegen. Es bedurfte keiner sportlichen Höchstleistung, um eine zierliche Siebzehnjährige zu vergewaltigen oder zu töten, und ich verfluchte mich in diesem Moment selbst dafür, ihn unnötig in Rage gebracht zu haben. Ich konnte es mir nicht leisten, übermütig zu werden oder mich in einer trügerischen Sicherheit zu fühlen, nur weil er mir bisher kein Leid angetan hatte.

»Es ... es tut mir leid.« Meine Stimme zitterte, als ich mühsam versuchte, den Blick vom Boden zu lösen. »Ich wollte nicht unhöflich oder respektlos sein. Aber ... die Situation ist für mich auch nicht gerade einfach.« Ich hob den Kopf und sah ihn mit feuchten Augen an. »Ich ... ich habe schreckliche Angst.«

‘Psycho Gary’ starrte mich einen Moment lang irritiert an, dann ließ er die geballte Faust langsam niedersinken. »Ich habe nicht vor, dir wehzutun.«

Seine Stimme klang noch immer hart und bedrohlich, die Lautstärke war jedoch unvermittelt auf ein normales Niveau zurückgekehrt.

»Es sei denn, man zwingt mich dazu.« Er hielt mir erneut das Telefon hin und musterte mich durchdringend.

Ich trocknete mir mit dem Ärmel die Augen ab und griff nach dem Telefon. Mit zitternden Fingern wählte ich die Nummer meiner Eltern.

Westside Blvd. - Entführung in L.A.

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