Читать книгу Gottes Schutz und Segen in meinem Leben - Traute Benz - Страница 3

1. Von Anfang an unter Gottes Schutz

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Wie alles be­gann

Ich wur­de am 13.06.1936 in der Han­ses­tadt Lü­beck ge­bo­ren. Es muss ei­ne schwe­re Ge­burt ge­we­sen sein, weil sich die Na­bel­schnur um mei­nen Hals ge­wi­ckelt hat­te und die Ge­fahr be­stand, dass ich wäh­rend der Ge­burt er­sti­cken wür­de. Zum Glück ist trotz die­ser Um­stän­de alles gut ge­gan­gen.

Ich hat­te ei­ne gu­te Kind­heit, auch wenn es Kriegs­jah­re waren. Ich wuchs be­hü­tet von mei­ner Mutter, mei­ner Groß­mutter und mei­ner Ur­groß­mutter in de­ren Haus auf, trotz vieler und schwe­rer Ar­beit der Er­wachs­enen. Es waren be­son­ders für die Er­wachs­enen schwe­re Zeiten, die wäh­rend die­ser Kriegs­jah­re in je­der Hin­sicht mit viel Not ver­bun­den waren. Väter waren Man­gel­wa­re, viele waren im Krieg an der Front ge­blie­ben und sind nie mehr heim­ge­kom­men – so auch mein Vater.

Mei­ne Groß­mutter be­saß da­mals ei­ne Fisch­fa­brik, in der Fisch­kon­ser­ven her­ge­stellt und ver­kauft wur­den. Wäh­rend des Krie­ges ver­such­te sie, die­se Fir­ma für ih­ren Sohn, der noch an der Front war, auf­recht zu er­hal­ten. Der soll­te den Be­trieb spä­ter ein­mal über­neh­men. Durch die Fisch­fa­brik hat­ten wir kei­ne so gro­ße Not, was die Er­näh­rung an­be­traf. So konn­ten wir auch mal Fi­sche ge­gen an­de­re Lebens­mittel bei den Bau­ern ein­tau­schen, auf die­se Wei­se half man sich ge­gen­sei­tig.


Ret­tung in der Not

Ich er­in­ne­re mich noch ger­ne an mei­ne Kind­heit, be­son­ders an die Ba­de­zeit im Som­mer. Ich hat­te früh­zei­tig Schwim­men ge­lernt, denn mei­ne Mutter hat­te es flei­ßig mit mir ge­übt.

Das Haus mei­ner Groß­mutter be­fand sich in un­mittel­ba­rer Nä­he der Tra­ve­bucht, durch die das Was­ser in die Ost­see fließt. Zum Ba­den brauch­te man nur den Berg her­un­ter zu ge­hen. Dort un­ten be­fand sich ei­ne grö­ße­re, lan­ge Brü­cke, von der aus man ins Was­ser stei­gen oder auch hin­ein­sprin­gen konn­te. Das war immer ein be­son­de­res Ba­de­ver­gnü­gen. Ich war sehr stolz da­rauf, dass auch ich von dort aus ins Was­ser sprin­gen konn­te, um dann gleich wie­der auf die Brü­cke hoch­zu­klet­tern. Ein­mal war ich allein dort und woll­te von der Brü­cke aus Ba­den ge­hen. Da sah ich, wie ein grö­ße­res Mäd­chen vom Ufer aus ins Was­ser ging, immer ein biss­chen tie­fer hin­ein. Da dach­te ich: Jetzt schwim­me ich von der Brü­cke aus ans Ufer. Das tat ich dann auch zum er­sten Mal; es ging auch so­weit ganz gut. Als ich in der Nä­he des grö­ße­ren Mäd­chens war, dach­te ich: Jetzt ha­be ich es ge­schafft, hier kann ich ste­hen. Aber zu mei­nem Schreck spür­te ich kei­nen Boden un­ter mei­nen Fü­ßen! Die­ser Schock ver­setz­te mich in Pa­nik. Die Kraft ver­lies mich, ob­wohl ich weiter­käm­pfte, um zu schwim­men. Aber ich schaff­te es ein­fach nicht mehr und war am Er­trin­ken. Das Mäd­chen dort hat­te wohl mei­ne Not er­kannt. Sie pack­te mich, so schnell sie konn­te, und brach­te mich si­cher ans Ufer. Es dau­er­te wohl ei­ni­ge Zeit, bis ich wie­der zu mir kam und mich bei ihr be­dan­ken konn­te. Durch die Gna­de Got­tes hat sie mir das Le­ben ge­ret­tet. Da­für bin ich heu­te noch so dank­bar. Sie war wohl – wie man so schön sagt – mein Schutz­en­gel.


St. An­dre­as-Ge­mein­de

Wir wohn­ten ganz in der Nä­he ei­ner evan­ge­li­schen Kir­che, der St. An­dre­as-Kir­che. So er­gab es sich, dass ich schon früh im Kin­der­kir­chen­chor mit­ge­sun­gen ha­be. Spä­ter war ich dann auch in der Jugend­grup­pe die­ser Ge­mein­de mit gu­ter Ge­mein­schaft in­te­griert. Wir la­sen in der Bi­bel und un­ter­nah­men viele an­de­re Ak­ti­vi­tä­ten. Das ver­band mich als Jugend­li­che mit den an­de­ren und gab mir auch Halt. Da ist über die Jah­re vieles aus dem Wort Got­tes hän­gen ge­blie­ben, das mich ge­prägt hat: der Glau­be an die Exis­tenz Got­tes und sei­ne Gna­de für die Men­schen so­wie die Tat­sa­che der Lie­be Je­su, „der für die Sün­den der Men­schen starb und wie­der von den To­ten auf­er­stan­den ist, da­mit alle, die an ihn glau­ben ge­ret­tet wer­den und ewi­ges Le­ben ha­ben“ (nach Joh. 3,16). Da­ran glaub­te ich da­mals schon und das gab mir auch Si­cher­heit und je­ne Un­be­küm­mert­heit, die Kin­der ha­ben soll­ten. Ich re­de­te viel mit Gott über alles, was mich be­weg­te und fühl­te mich ge­bor­gen und ver­stan­den. Das war der Gott mei­ner Kind­heit und wie viel Schutz ha­be ich ja auch in mei­nem Le­ben er­fah­ren! Die­ser Glau­be hat mich ge­prägt.


Mei­ne Kind­heit in den Kriegs­jah­ren

Na­tür­lich ha­ben die Kriegs­jah­re auch ih­re Spu­ren hin­ter­las­sen. Ein­mal war ich allein und mit mei­nem Pup­pen­wagen noch nicht ganz den Berg hin­un­ter­ge­gan­gen, da kam ein Flug­zeug an­ge­flo­gen. Plötz­lich gab es ein ko­misch pfei­fen­des Ge­räusch, dann ei­nen Auf­prall und da­nach Ru­he. Ich hat­te zwar nichts ge­se­hen, aber ziem­lich Angst be­kom­men und müh­te mich, so schnell ich konn­te, den Berg hoch zu un­se­rem Haus zurück zu kom­men. Mei­ne Mutter be­rich­te­te spä­ter, dass ei­ne Bom­be ab­ge­wor­fen wor­den war, die aber zum Glück nicht ex­plo­dier­te, weil sie zu na­he am Was­ser ge­lan­det war. Welch ei­ne Be­wah­rung ha­be ich da wohl er­lebt, fra­ge ich mich, denn ich war ganz in der Nä­he ge­we­sen.

Ein an­der­mal ist ein gro­ßer Granat­split­ter durch die Ver­an­da, die sich auf un­se­rer Haus­vor­der­sei­te be­fand und wo ich mich als Kind oft auf­hielt, direkt ins Schlaf­zim­mer da­hin­ter hin­ein­ge­flo­gen, hat­te aber zum Glück nur Sach­schaden an­ge­rich­tet!

Sehr häu­fig heul­ten in die­ser Zeit die Si­re­nen als War­nung vor her­an­na­hen­den feind­li­chen Flug­zeugen! Men­schen, die drau­ßen oder auf den Stra­ßen waren, rann­ten, so schnell sie konn­ten, vol­ler Angst in die Häu­ser oder Kel­ler, oft mit den Wor­ten: „Die Rus­sen kom­men!“ Die­se Angst hat­te sich auch auf mich über­tra­gen. „Rus­sen“ hieß für mich „Angst“ und „Ge­fahr“, da­bei waren es auch die Ame­ri­ka­ner und Eng­län­der, die un­ser Land be­käm­pften. Aber was weiß ein Kind schon über die Ur­sa­chen und Zu­sam­men­hän­ge ei­nes Krie­ges.

In mei­nen Schul­jah­ren freu­te ich mich so­gar manch­mal, be­son­ders vor Klas­sen­ar­bei­ten, wenn Flie­ge­ra­larm war und die Si­re­nen heul­ten. Denn dann wur­de näm­lich der Un­ter­richt un­ter­bro­chen und wir durf­ten auch heim­ge­hen. Wäh­rend die­ser Zeit wur­de un­se­re Schu­le auch zu ei­nem La­za­rett für ver­wun­de­te Men­schen um­funk­tio­niert. Wir muss­ten des­halb außer­halb des Or­tes in ei­nem Wald­ge­biet un­ter­rich­tet wer­den. In die­sem Ge­biet gab es zwei Mu­ni­tions­la­ger­hal­len. Es war ein weiter Schul­weg für uns, es gab aber auch ei­ne Stra­ßen­bahn dort­hin.

Ich er­in­ne­re mich noch an ei­nen Tief­flie­ge­rang­riff, bei dem wir die Schu­le alle fluch­tar­tig ver­las­sen muss­ten. Ei­ni­ge der Schüler ver­steck­ten sich im Stra­ßen­bahn-War­te­häus­chen un­ter den Bän­ken, man­che un­ter Bü­schen. Man hat­te uns ge­sagt, dass die Haus­nä­he ge­fähr­lich sei, denn Häu­ser könn­ten ein­stür­zen. Ich rann­te mit ei­ner Freun­din, so schnell ich konn­te, ei­ne lan­ge Stra­ße ent­lang. Dort wohn­te ein Ehe­paar, die ich als Kun­den mei­ner Groß­mutter kann­te. Ganz auf­ge­löst und vol­ler Furcht ka­men wir dort an. Sie öff­ne­ten die Tür und lie­ßen uns her­ein. Nach die­ser Angst­si­tua­tion war das wie ei­ne Er­lö­sung von aller Furcht und be­deu­te­te Si­cher­heit für uns. Sie je­doch lach­ten uns aus!

Wir wohn­ten in Lü­beck-Schlu­tup, ei­nem Vor­ort der Stadt Lü­beck. In­zwi­schen hat­ten wir ei­ne Woh­nung in ei­ner Sied­lung. Als ich sechs Jah­re alt war, hat­te ich Schar­lach be­kom­men und der Arzt sag­te, es be­stün­de so­gar der Ver­dacht auf Kin­der­läh­mung. Ich soll­te eigent­lich ins Kran­ken­haus nach Lü­beck ge­bracht wer­den, aber da mei­ne Mutter sich wei­ger­te, durf­te ich da­heim bei ihr blei­ben. Ei­nes Nachts hör­ten wir star­ken Lärm durch Bom­ben­ein­schlä­ge in der Ferne. Es war die Nacht, in der 1942 die Stadt Lü­beck bom­bar­diert wur­de. Der Himmel war rot und die Ein­schlä­ge be­äng­sti­gend. Mei­ne Mutter sag­te vol­ler Angst: „Lü­beck brennt, lasst uns be­ten!“ Auch das Kran­ken­haus wur­de bom­bar­diert, wie wir hin­ter­her er­fah­ren ha­ben. Hat­te Gott mich und mein Le­ben wie­der ein­mal gnä­dig be­wahrt?

Die Flücht­lin­ge und Ver­wun­de­ten ka­men zu Scha­ren in un­se­ren Ort, auch viele Kin­der waren da­bei, die zum Teil noch un­ter Schock stan­den. Hier wur­den die Men­schen erst ein­mal not­dürf­tig ver­sorgt und be­ka­men zu es­sen. Mei­ne Mutter war Rot-Kreuz-Schwes­ter und auch un­er­müd­lich mit im Ein­satz, sie hat­te kaum Zeit für mich, aber das konn­te ich ver­ste­hen. Viele Hel­fer und Hel­fe­rin­nen ar­beit­eten Hand in Hand, um in die­ser Not zu hel­fen.


Das Krieg­sen­de

Mei­ne Mutter hat­te noch­mal ge­hei­ra­tet. Auch die­ser Vater muß­te an die Kriegs­front und war so­gar 4 Jah­re in rus­si­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Das konn­te mei­ne Mutter nur ganz schwer er­tra­gen, be­son­ders an Fei­er- und Fest­ta­gen. So emp­fand ich je­den­falls ih­re Sor­gen und Äng­ste, die da­mit ver­bun­den waren. Ich weiß noch, dass wir viel für ihn ge­be­tet hat­ten. Ja und ei­nes Tages er­fuh­ren wir, dass die­ser Vater zurück nach Deutsch­land und nach Hau­se kom­men wird. Na­tür­lich war die Freu­de groß. Als er dann end­lich wie­der bei uns an­kam, war nicht alles so ein­fach für mich, wie ich dach­te. Aber ich be­kam dann noch 2 jün­ge­re Brü­der, Wolf Die­ter und Ger­rit – sie sind bis heu­te zwei rich­ti­ge Schät­ze!

1945 war der Krieg be­en­det. Nach der Schul­zeit ar­beit­ete ich in ei­nem Gäs­te­haus bei Ver­wand­ten an der Ost­see. Mein On­kel hat­te zu der Zeit ge­sund­heit­li­che Pro­ble­me und konn­te sei­nen Arm fast nicht mehr be­we­gen, da wur­de je­de Hil­fe ge­braucht. Das hieß für mich, bei allen Ar­bei­ten im Haus, in der Kü­che, bei der Be­die­nung der Gäs­te usw. mit­zu­hel­fen. Das fand ich in­te­res­sant, ich ha­be viel ge­lernt und das Be­die­nen der Gäs­te mach­te mir gro­ße Freu­de. Gu­te Kon­tak­te sind da­bei ent­stan­den. Auch ei­ne Jugend­grup­pe war zu uns ge­kom­men mit ei­nem sehr net­ten Lei­ter. Als ich ihm zum er­sten Mal be­geg­ne­te, ha­be ich mich doch tat­säch­lich in ihn ver­liebt. Wir wur­den gu­te Freun­de und ich merk­te, dass auch ich ihm et­was be­deu­te­te. Mit die­sem Chris­tian, ei­nem Ju­ra­stu­den­ten, ent­wi­ckel­te sich über die Jah­re ein leb­haf­ter Brief­kon­takt. In grö­ße­ren Ab­stän­den tra­fen wir uns auch mal.

Gottes Schutz und Segen in meinem Leben

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