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3. Umzug nach München

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In Bay­ern

Im Jahr 1962 war Ro­land nach Mün­chen um­ge­zo­gen. Er ar­beit­ete bei der Fir­ma MTU in Karls­feld-Dach­au. Ich folg­te Ro­land ein hal­bes Jahr spä­ter. Ro­land wohn­te be­reits in ei­nem ge­müt­li­chen Zim­mer in Moos­ach. Nach lan­gem Su­chen fand ich dann end­lich auch ein Zim­mer in der Nä­he bei ei­ner net­ten Fa­mi­lie mit Kin­dern. Sie waren von ei­nem Schloss in Lands­hut in die­ses Rei­hen­haus um­ge­zo­gen. Lei­der war es sehr hell­hö­rig. Immer wenn je­mand von ih­nen im Bad war, konn­te man alles ganz deut­lich hö­ren und das stör­te mich sehr!

Zum Glück fand bald ich ei­ne An­stel­lung als Kin­der­gärt­ne­rin und Hort­ne­rin bei den Städ­ti­schen Kin­der­gär­ten Mün­chen. Das war aller­dings kei­ne ein­fa­che Sa­che für mich ge­we­sen: er­stens, weil ich nicht ka­tho­lisch bin und zwei­tens, weil ich kein baye­ri­sches Kin­der­gar­ten­se­mi­nar für die Aus­bil­dung vor­wei­sen konn­te. Viele Hin­der­nis­se hat­te ich zu über­win­den. Trotz­dem wur­de ich end­lich an­ge­stellt, aber nicht in ei­ner Fes­tans­tel­lung, son­dern als Er­satz­kraft.

Ich wur­de al­so in ei­nem Hort oder Kin­der­gar­ten ein­ge­setzt, wenn je­mand vom Kin­der­gar­ten­per­so­nal krank wur­de oder Ur­laub hat­te. Ich muss­te dann die Kin­der mit al­lem, was da­zu ge­hört, über­neh­men. Das war ei­ne ziem­lich schwie­ri­ge Zeit. Immer wenn ich ir­gend­wo als Aus­hil­fe ein­sprin­gen muss­te, konn­te ich nur schwer in der kur­zen Zeit ei­ne rich­ti­ge Be­zie­hung zu den je­wei­li­gen Kin­dern auf­bauen, was ich je­doch äu­ßerst wich­tig fin­de. Kaum hat­te ich die Kin­der ei­ni­ger­ma­ßen ken­nen­ge­lernt und so­weit mit Na­men ge­kannt, wur­de ich in ei­nem an­de­ren Be­trieb ge­braucht und wie­der ab­be­ru­fen. Die­ser stän­di­ge Wech­sel frus­trier­te mich sehr.

Be­son­ders schwie­rig war es bei den Hort­kin­dern, un­ter de­nen sich viele Aus­län­der be­fan­den. Erst ein­mal ver­such­ten die­se Jugend­li­chen, mich auf ih­re Wei­se ken­nen­zu­ler­nen und zu pro­vo­zie­ren und fan­den dann sehr schnell her­aus, wie man auf ih­re Tricks rea­gier­te. Wenn man da nicht auf­pass­te, ge­wan­nen sie schnell die Ober­hand. So muss­te ich ler­nen, kla­re An­wei­sun­gen zu ge­ben und Gren­zen zu set­zen. Ich durf­te am An­fang nicht zu nach­gie­big zu sein, son­dern streng und kon­se­quent, was mir gar nicht leicht ge­fal­len ist. Nach ei­ner Wei­le konn­te ich aber „die Zü­gel lo­cker las­sen“, wie man so schön sagt. Mit die­ser Hal­tung, aber auch viel Lie­be und in­dem ich ih­nen Zu­wen­dung und auch Lob gab, kam ich dann gut mit ih­nen aus. Und doch es war für mich je­des Mal schmerz­voll und trau­rig, wenn ich von den Kin­dern wie­der Ab­schied neh­men und an ei­ne an­de­re Er­satz­stel­le muss­te. Na­tür­lich war es auch für die Kin­der, die sich ge­ra­de an mich ge­wöhnt hat­ten, schwie­rig.

Ich lern­te da­bei auch Mün­chen ken­nen – ei­ne Rie­sen­stadt, an die die ich mich erst ein­mal ge­wöh­nen muss­te. Aber Bay­ern ist wirk­lich ein schö­nes Land­schafts­ge­biet, be­son­ders die Nä­he zu den Ber­gen, die herr­li­chen Schlös­ser und ver­schie­de­nen Seen mit der be­son­de­ren Hügel­land­schaft. Vieles gab es da neu zu ent­de­cken. Ro­land hat­te hier in­zwi­schen ei­nen neu­en gu­ten Freund, Bo­do, ge­fun­den. So un­ter­nah­men wir vieles zu dritt ge­mein­sam wie Wan­dern, Segeln, Ski­fah­ren und auch Ra­del­tou­ren – dies sind heu­te noch schö­ne Er­in­ne­run­gen für mich.


Hoch­zeit mit Hin­der­nis­sen

Wir ver­lob­ten uns of­fi­ziell noch im sel­ben Jahr im Früh­som­mer in Bern­ried am Starn­ber­ger See. Auch Ro­lands Eltern waren zu die­sem An­lass ge­kom­men. Es war ein schö­nes Fest, lei­der oh­ne mei­ne Eltern, die nicht kom­men konn­ten.

Ein Jahr spä­ter, am 17. August 1963, hei­ra­te­ten wir. Die Hoch­zeit fand in Le­ver­ku­sen im Haus der Eltern von Ro­land statt. Mit da­bei waren auch sein net­ter, äl­te­rer Bru­der Wolf­gang mit des­sen Frau Ma­ri­an­ne. Die Trau­ung war in ei­ner klei­nen evan­ge­li­schen Kir­che, auf ei­nem Berg ge­le­gen. Mei­ne Eltern und mei­ne bei­den Brü­der ka­men mit ei­ner Schwä­ge­rin aus Nord­deutsch­land zu die­sem An­lass, auch weite­re An­ge­hö­ri­ge und Freun­de von uns waren ein­ge­laden. Mei­ne Freun­din Re­na­te, die ich vom Frö­bel­se­mi­nar her kann­te, spiel­te in der Kir­che für uns Or­gel. So­gar mein ehe­ma­li­ger Freund Chris­tian, der in­zwi­schen sei­ne Ingrid ge­hei­ra­tet hat­te, war mit sei­ner Frau zur Trau­ung ge­kom­men. Es tat auch er­staun­li­cher­wei­se nicht mehr weh.

Mei­ne Schwie­ge­rel­tern hat­ten sich mit un­se­rer Hoch­zeit viel Mü­he ge­ge­ben und alles schön de­ko­riert. Das Mit­tages­sen soll­te aller­dings in ei­nem na­he ge­le­ge­nen Hotel ein­ge­nom­men wer­den. Alle Hoch­zeits­gäs­te waren schon an un­se­rem Hoch­zeit­stag an­ge­kom­men und be­reits vor­aus zur Kir­che ge­fah­ren. Wir soll­ten erst zum Schluss von mei­nem Schwie­ger­vater ab­ge­holt wer­den, aber er kam und kam nicht! Er war auf der Rück­fahrt in ei­nen Stau hin­ein­ge­ra­ten, wie er uns spä­ter be­rich­te­te. Die Kir­chen­glo­cken läu­te­ten be­reits, da­bei waren wir noch nicht ein­mal un­ter­wegs!

End­lich kam Schwie­ger­pa­pa, um uns so schnell wie mög­lich zur Kir­che zu fah­ren. Dann muss­ten wir noch die vielen Trep­pen hoch­stei­gen. Je­mand stand mit ei­nem klei­nen Silber-Ta­blett für die Trau­rin­ge in der Kir­chen­tür. Dann pas­sier­te et­was Un­mög­li­ches! Als wir die Trau­rin­ge auf das Ta­blett le­gen woll­ten, hat sich der ei­ne Ring selbst­stän­dig ge­macht und roll­te vom Ta­blett aus­ge­rech­net in das gro­ße Rost­git­ter von der Kir­chen­tür. Von dort muss­te der Ring erst ein­mal her­aus­ge­fischt wer­den, das war ein ganz schwie­ri­ges Un­ter­fan­gen, wel­ches sei­ne Zeit brauch­te! Das muss man sich mal vor­stel­len! Alle wun­der­ten sich, wo wir blie­ben, wäh­rend mei­ne Freun­din Re­na­te die Or­gel spiel­te und spiel­te und spiel­te, bis der Schaden be­ho­ben war. Mit ei­ni­ger Ver­spä­tung konn­ten wir dann end­lich zum Al­tar schrei­ten, wo die Trau­ung voll­zo­gen wur­de. Nach all die­sen Hin­der­nis­sen waren wir wohl nicht so aus­ge­gli­chen, wie es hät­te sein kön­nen, aber der gro­ße Son­nen­blu­men­strauß ne­ben dem Al­tar er­freu­te mein Herz be­son­ders. Seit­dem be­kom­me ich – nicht nur zu un­se­rem Hoch­zeit­stag – Son­nen­blu­men von mei­nem Mann ge­schenkt.

Nach­dem die Trau­ungs­ze­re­mo­nie voll­zo­gen war und wir ein­an­der un­ser „Ja“ zu die­ser Ehe mit Gott ge­ge­ben hat­ten, be­glück­wünsch­ten und alle und wir ver­lie­ßen die Kir­che. Drau­ßen reg­ne­te es! Je­mand hat­te uns ei­nen Re­gen­schirm ge­ge­ben, aber mei­ne Mutter nahm ihn uns weg mit den Wor­ten: „Trau­te, lass den Re­gen auf Dich und das Braut­kleid fal­len, das bringt Glück!“ Nun ich bin nicht ab­er­gläu­bisch, aber mei­ne Mutter war glü­cklich da­rüber. Alles in al­lem war es ein schö­nes Fest mit gu­ter Stim­mung, Tanz und spe­ziel­len Ein­lagen zur Er­hei­te­rung aller. Da­für bin ich bis heu­te dank­bar.

Ro­land hat­te mich noch an die­sem Abend ent­führt nach Al­ten­berg. Da gibt es ein wun­der­schö­nes Hotel, dort woll­te Ro­land mit mir un­se­re Hoch­zeits­nacht ver­brin­gen. Am näch­sten Tag ha­ben mich die wun­der­schö­nen Rosen­sträu­ße auf den Ti­schen be­glückt und wir ge­nos­sen das er­ste ge­mein­sa­me Früh­stück in un­se­rer Ehe nach die­ser Nacht.

Ganz fremd war für mich, mit „Herr und Frau Benz“ an­ge­spro­chen zu wer­den. Wir be­sich­tig­ten noch den Al­ten­ber­ger Dom, be­vor wir ge­gen Mit­tag zu mei­nen Schwie­ge­rel­tern fuh­ren. Dort wur­den wir ent­spre­chend be­grüßt von allen, die noch da waren. Sie frag­ten uns, ob wir denn nichts ge­merkt hät­ten? Was soll­ten wir be­merkt ha­ben, frag­ten wir. Dann kam es doch her­aus: Un­ter La­chen be­rich­te­ten sie uns, dass sie mein Nach­themd zu­ge­näht hät­ten. Zum Glück hat­ten wir nichts da­von ge­merkt, oder et­wa doch? Wo­zu braucht man denn auch ein Nach­themd in der Hoch­zeits­nacht?

Wir ver­ab­schie­de­ten uns am näch­sten Tag von allen un­se­ren Lie­ben. Nun be­ga­ben wir uns auf die Hoch­zeits­rei­se ins ehe­ma­li­ge Ju­gos­la­wien nach Du­brov­nik. Ro­land kennt dort ei­nen gu­ten Freund, der für uns ein Quar­tier be­sorgt hat­te. Es war ei­ne ganz wun­der­ba­re, un­be­schwer­te und fröh­li­che Zeit am Meer, die wir bei schö­nem Wet­ter sehr ge­nie­ßen konn­ten. Le­cker fand ich auch das fri­sche Obst, be­son­ders Me­lo­nen waren ja da­mals für uns ei­ne Sel­ten­heit. Wir ge­nos­sen die vielen neu­en Er­leb­nis­se und Ein­drü­cke. Dann wur­de es wie­der Zeit nach Mün­chen zurück­zu­fah­ren. Die Pflicht rief wie­der!


Un­se­re er­ste ge­mein­sa­me Woh­nung

In­zwi­schen hat­ten wir ei­ne neue Eigen­tums­woh­nung in Mün­chen-Schwa­bing be­kom­men – immer­hin drei Zim­mer mit Kü­che und Bad. Ich fand es traum­haft! Das Pro­blem war an die­sem Neu­bau, dass noch nicht alles fer­tig war und man nur über ein Brett durch ei­ne Fens­ter­öff­nung ins Haus kam. Außer­dem fehl­te in un­se­rer Woh­nung noch die Woh­nungs­tür! Je­der konn­te da her­ein­spa­zie­ren. Ein ein­zi­ges Zim­mer konn­te man zum Glück ab­schlie­ßen, aber alles sah noch recht dürf­tig aus, ab­ge­se­hen von un­se­rer su­per Pog­gen­pohl-Ein­bau­kü­che, über die ich ganz glü­cklich war. Da wir bei­de in ver­schie­de­nen mö­blier­ten Zim­mern zur Mie­te ge­wohnt hat­ten, be­sa­ßen wir fast kei­ne ei­ge­nen Mö­bel. Am An­fang reich­ten uns zwei Luft­ma­trat­zen und ein von Ro­land selbst ge­bas­tel­ter Schrank – so sah es am An­fang in un­se­rer Super­woh­nung aus. Ei­nen be­son­de­ren Luxus hat­ten wir aller­dings, denn in je­dem Zim­mer waren aus­ge­leg­te Tep­pich­bö­den „vom Feins­ten“. Was ich außer­dem toll fand, waren die gro­ßen, hel­len Fens­ter und dass man von je­dem Raum aus auf den Bal­kon ge­hen konn­te.

Die er­sten Mö­bel waren dann zwei be­que­me Schlaf-Lie­gen (zu­sam­men­ge­scho­ben wie ein fran­zö­si­sches Bett), ein Tisch und ei­ne Hän­ge­lam­pe da­zu, in die Ro­land sich ver­liebt hat­te. Wenn er die­se Lam­pe an­mach­te, gab sie ein li­la Licht. Ich moch­te sie gar nicht lei­den mit dem dämm­ri­gen Licht. Ei­nes Mor­gens stand Ro­land sehr schwung­voll auf, stieß mit dem Kopf ge­gen die­se Lam­pe, die den Stoß (lei­der?) nicht über­leb­te und zer­brach. Ich muss­te la­chen und mein Ehe­mann war är­ger­lich. Ja, was nicht alles so pas­siert, wenn man jung ver­hei­ra­tet ist. Nach kur­zer Zeit wur­den die Woh­nungs­tür und auch die an­de­ren Türen ge­lie­fert und so hat­ten wir end­lich un­ser ab­ge­schloss­enes Reich für uns.

Nach und nach füll­ten sich die Räu­me mit Mö­beln. Wie glü­cklich wir über je­des Mö­bel­stück waren, ist kaum zu be­schrei­ben. Die Woh­nung wur­de für uns ein Schmuck­stück. Wir ge­nos­sen un­ser ei­ge­nes Reich und fühl­ten uns dort sehr wohl in der Rü­mann­stra­ße, ei­ner Woh­nung im 1. Stock mit gu­ter Aus­sicht ins Grü­ne und in die Um­ge­bung.

In­zwi­schen fühl­ten wir uns recht hei­misch in Bay­ern und in Mün­chen. Hier gibt es reich­lich kul­tu­rel­le An­ge­bo­te von Theatern, Mu­seen, Kon­zer­ten und vieles mehr. Wir ge­nos­sen die­se Mög­lich­kei­ten. Die Nä­he des Eng­li­schen Gar­tens emp­fan­den wir auch als ein Ge­schenk, oft sind wir mit un­se­ren Fahr­rä­dern dort­hin ge­fah­ren. So lern­ten wir die­sen Be­reich Mün­chens gut ken­nen. Wir wohn­ten in Schwa­bing, da lieb­te ich be­son­ders die Leo­pold­stra­ße, wo am Abend Künst­ler und auch Stu­den­ten ih­re Kunst-Pro­duk­te, die meist selbst an­ge­fer­tigt waren, zum Ver­kauf an­bo­ten, wie z.B. Bil­der, Schmuck, Ba­tik­tü­cher, Spiel­zeug o.ä. Es war immer et­was los, an Ab­wech­slung fehl­te es uns al­so nicht.

Gottes Schutz und Segen in meinem Leben

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