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2. Meine Zeit in Stuttgart

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Prak­ti­kum als Haus­halts­hil­fe

Eigent­lich woll­te ich Kin­der­kran­ken­schwes­ter wer­den, denn ich dach­te, da­mit auch in an­de­ren Län­dern ar­bei­ten zu kön­nen. In Lü­beck fand ich aber kei­nen Aus­bil­dungs­platz. Spä­ter er­gab sich für mich ei­ne Ge­le­gen­heit, nach Stutt­gart um­zu­sie­deln. Dort gab es das Frö­bel­se­mi­nar, ei­ne Aus­bil­dungs­stät­te für Kin­der­gärt­ne­rin­nen, Hort­ne­rin­nen und Jugend­lei­te­rin­nen. Da­für muss­te ich aber vor­her ein Prak­ti­kum über min­des­tens ein Jahr ge­macht ha­ben. Ich fand ei­ne net­te Fa­mi­lie mit zwei klei­nen Kin­dern und ei­nem Boxer­hund, die ei­ne Hil­fe für ih­re Kin­der Bet­ti­na und Cor­ne­lia so­wie im Haus­halt brauch­ten und mich ein­stell­ten. Die­se Ar­beit hat mir viel Freu­de ge­macht, ob­wohl ich so viel zu ler­nen hat­te. Ich konn­te nicht mal ver­nünf­tig ko­chen.

Nach­dem ich ge­ra­de erst ei­ne Wo­che dort war, be­schloss die­ses Ehe­paar zu mei­nem gro­ßen Er­stau­nen, allein zum Gar­da­see zu fah­ren. Sie über­lie­ßen mir kur­zer­hand die Kin­der, den Hund und das gan­ze Haus. Ich be­kam noch ent­spre­chen­de „Re­gie­an­wei­sun­gen“ und dann ver­ab­schie­de­ten sie sich und fuh­ren los. Was für ei­ne Si­tua­tion! Ei­ner­seits war ich über­rascht, scho­ckiert und un­si­cher, ob ich das schaf­fen kann. Ich hoff­te sehr, dass ja auch alles gut geht. An­de­rer­seits freu­te ich mich über das Ver­trauen, das sie mir in die­ser Si­tua­tion ent­ge­gen­brach­ten. Ich ver­such­te mein Be­stes, um mit die­sen ge­ge­be­nen Um­stän­den best­mög­lichst fer­tig zu wer­den.

Mein größ­tes Pro­blem waren mei­ne man­geln­den Koch­kennt­nis­se. Die Ret­tung war ein Dr. Oet­ker-Koch­buch. So kam ich in Übung und war froh, wenn je­der Tag mit ge­nü­gend Ar­beits­ein­satz und gu­tem Wil­len ge­lang. Die Kin­der lieb­te ich sehr, auch der Hund wur­de immer zu­trau­li­cher. Die täg­li­chen An­ru­fe der Eltern ta­ten mir doch gut. So ha­be ich die­se Zeit mit Got­tes Hil­fe so­gar er­folg­reich ge­schafft und das stärk­te mein Selbst­be­wusst­sein enorm. Weil ich die Kin­der so lieb­te, bin ich län­ger dort­ge­blie­ben als ge­plant – gan­ze vier Jah­re.


Freund­schafts­jah­re wäh­rend mei­ner Aus­bil­dung

So­gar mein gu­ter Freund Chris­tian be­such­te mich in Stutt­gart. Er kam ex­tra die ca. 400 km von Le­ver­ku­sen an­ge­reist. Wir ha­ben schö­ne Aus­flü­ge in die Um­ge­bung ge­macht, die ich in­zwi­schen kann­te. Mit sei­nem Ju­ra­stu­di­um war Chris­tian auch gut vor­an­ge­kom­men, was mich für ihn freu­te. Nun waren auch sei­ne Eltern da­ran in­te­res­siert, mich ken­nen­zu­ler­nen. Ich be­such­te sie bald­mög­lichst in den Se­mes­ter­fe­rien. Ich fühl­te mich gleich in Chris­tians Fa­mi­lie sehr wohl und an­ge­nom­men, lern­te auch den jün­ge­ren Bru­der Rolf ken­nen. Zu ei­nem an­de­ren Zeit­punkt äu­ßer­ten sie mal, dass sie mich ger­ne als ih­re Schwie­ger­tochter se­hen wür­den. Von mei­ner Sei­te aus stand dem nichts ent­ge­gen. Ich woll­te aller­dings noch mei­ne Be­rufs­aus­bil­dung ab­schlie­ßen, das hat­te ich mir je­den­falls vor­ge­nom­men.

1960 ha­be ich mit mei­ner Aus­bil­dung am Frö­bel­se­mi­nar als Kin­der­gärt­ne­rin und Hort­ne­rin be­gon­nen und es war ei­ne gu­te Zeit. Zu mei­ner Freu­de er­hielt ich so­gar ein Sti­pen­di­um für die­se zwei Jah­re. In­zwi­schen hat­te ich viele Freun­de und Freun­din­nen. Als Cli­que ge­nos­sen wir ne­ben den täg­li­chen Lern­pro­zes­sen das Stu­den­ten­le­ben mit den un­ter­schied­lich­sten Ver­an­stal­tun­gen, aber ganz be­son­ders den „Ball der Na­tio­nen“ als Hö­he­punkt des Jah­res. Un­ga­ri­sche Freun­de hat­ten mir Csar­das­tan­zen beige­bracht und da­mit waren wir ei­ne At­trak­tion bei die­sem Ball. Im Max-Ka­de-Stu­den­ten­heim tra­fen wir uns häu­fig, um Fes­te zu fei­ern, es gab Dis­kuss­ions­aben­de oder in­te­res­san­te Un­ter­hal­tung. Wir mach­ten herr­li­che Aus­flü­ge zur „Schwä­bi­schen Alb“, in die wun­der­ba­re Land­schaft die­ses schö­nen Schwa­ben­lan­des.


Lie­bes­kum­mer

In mei­nem Her­zen hat­te mein Freund Chris­tian den er­sten Platz, dies war wohl auch ein gu­ter Schutz für mich, kei­ne lo­sen Be­zie­hun­gen ein­zu­ge­hen. Dann ge­schah aber et­was, was mein Le­ben to­tal er­schüt­tert hat! Es kam ein Brief von mei­nem ge­lieb­ten Chris­tian mit der Aus­sage: Trau­te, ich muss Dir ge­ste­hen, dass ich mich in ein an­de­res Mäd­chen ver­liebt ha­be, die ich auch hei­ra­ten möch­te. Er schrieb, dass es ihm leid­tue für mich, mir Schmer­zen mit die­ser Nach­richt zu­zu­fü­gen usw. Es hat lan­ge ge­dau­ert, bis ich mich an die­sen Ge­dan­ken ge­wöh­nen konn­te. Ich muss­te die­sen Sach­ver­halt nun mal ir­gend­wie ak­zep­tie­ren. Alles schien ganz hoff­nungs­los für mich in die­ser Si­tua­tion.

Es war, als wür­de ich in ein tie­fes Loch der Hoff­nungs­lo­sig­keit vol­ler Schmerz und Ent­täu­schung hin­ein­fal­len. Ich war tief ver­letzt und stand plötz­lich vor ei­nem Trüm­mer­hau­fen. Was mir in die­ser Si­tua­tion half, war der Glau­be an Gott. Be­son­ders die Ver­se in ei­nem Kir­chen­lied von Paul Ge­rhard hal­fen mir sehr:


„Be­fiehl du Dei­ne We­ge und was dein Her­ze kränkt,

der aller­treus­ten Pfle­ge dem, der den Himmel lenkt.

Der Wol­ken, Luft und Win­den gibt We­ge, Lauf und Bahn,

der wird auch We­ge fin­den, wo dein Fuß ge­hen kann.

Dem Herrn musst Du ver­trauen, wenn dir´s soll wohl­er­geh´n,

auf sein Werk (bzw. Wort) musst zu schau­en, wenn dein Werk soll be­steh´n.

Mit Sor­gen und mit Grä­men und mit selbst ei­ge­ner Pein

lässt Gott sich gar nichts neh­men, es muss er­be­ten sein…“.


Trost kam auch immer wie­der durch die Wor­te Got­tes so­wie durch Pre­dig­ten und Bi­bel­le­sen.

Mona­te spä­ter vor den Som­mer­fe­rien plan­te ich, mei­ne Eltern und mei­ne bei­den Brü­der in Nord­deutsch­land zu be­su­chen. Ein Grund zur Freu­de! Zu die­ser Zeit er­hielt ich doch tat­säch­lich auch ei­nen Brief von Chris­tian und sei­nen Eltern, ob ich sie nicht be­su­chen woll­te, ich sei herz­lich ein­ge­laden und wür­de die Ver­lob­te von Chris­tian dann auch ken­nen­ler­nen. Zu­erst war es ein Schock für mich. Aber dann ent­schloss ich mu­tig, mich auf die­se Ein­la­dung und Her­aus­for­de­rung ein­zu­las­sen mit dem Ge­dan­ken: „Ich wer­de es euch zei­gen, dass ich mit die­ser Si­tua­tion fer­tig wer­de!“.

So ge­schah es dann auch. Doch als Chris­tian mich am Bahn­hof in Köln ab­hol­te, war mir ganz mul­mig. Hat­te ich mir mehr zu­ge­mu­tet, als ich tra­gen konn­te? Die Herz­lich­keit und Be­grü­ßung sei­ner Eltern und sei­nes Bru­ders Rolf je­doch ga­ben mir mein Gleich­ge­wicht zurück. Am Abend lern­te ich dann SEI­NE Ingrid ken­nen und er­staun­li­cher­wei­se fand ich sie so­gar ganz nett. Auch am näch­sten Abend kam sie und woll­te den Abend mit uns zu­sam­men ver­brin­gen. Zu­erst hat­ten wir recht gu­te Ge­sprä­che mit­ein­an­der, aber ir­gend­wann konn­te ich es nicht mehr er­tra­gen. Ich merk­te, dass mir die Trä­nen ka­men. Da­mit das ja nie­mand mer­ken soll­te, bin ich raus­ge­gan­gen. Weil die Haus­tür ein Glas­fens­ter hat­te, ha­be ich mich ne­ben die Tür ge­stellt und ließ die Trä­nen flie­ßen. Drau­ßen reg­ne­te es leicht und das pass­te ge­nau zu mei­ner Stim­mung.

Es war schon et­was däm­me­rig ge­wor­den, da kam ein jun­ger Mann die Stra­ße ent­lang. Viel konn­te ich aller­dings nicht von ihm se­hen, er trug ei­nen dunk­len An­orak, die Ka­pu­ze über den Kopf ge­zo­gen, ei­ne Bril­le auf der Na­se und ei­nen schwe­ren Ruck­sack auf dem Rü­cken. Aus­ge­rech­net vor dem Haus ge­gen­über blieb er ste­hen und klin­gel­te. Da flog die Haus­tür auf und ei­ne net­te Da­me rief: „Ro­land, bist Du end­lich wie­der zu Hau­se?!“ Sie gin­gen auf­ein­an­der zu, um­arm­ten und freu­ten sich. Da ha­be ich ge­dacht: „Die sind so glü­cklich! Und ich?“ Nun flos­sen noch mehr Trä­nen. Ich ahn­te nicht, dass ich in die­sem schmerz­vol­len Mo­ment zum er­sten Mal mei­nen zu­künf­ti­gen Ehe­mann Ro­land Benz ge­se­hen hat­te, der wohl nach Got­tes Plan ge­nau zum rich­ti­gen Zeit­punkt kam, aber das wuss­te ich da­mals ja noch nicht.


Er­ste Be­geg­nung mit Ro­land

Chris­tian muss­te am näch­sten Tag nach Pa­ris flie­gen, wäh­rend ich noch ei­nen Tag län­ger in Le­ver­ku­sen bei sei­nen Eltern blieb. Chris­tians Bru­der Rolf er­zähl­te mir, dass sein be­ster Freund Ro­land ge­ra­de von ei­ner Tramp-Nord­land­rei­se zurück­ge­kom­men sei. Er frag­te mich, ob ich Lust hät­te, Ro­land und sei­ne Fa­mi­lie Benz ken­nen­zu­ler­nen. Da ich so­wie­so nichts Bes­se­res zu tun hat­te, ging ich mit Rolf die Nach­barn ge­gen­über be­su­chen.

Wir wur­den herz­lich von die­ser net­ten Da­me, die sich als Ro­lands Mutter her­aus­stell­te, be­grüßt und her­ein­ge­be­ten. Ro­land tele­fo­nier­te ge­ra­de. Er sah sym­pa­thisch aus und hat­te ei­ne net­te Stim­me, fand ich, schon be­vor auch er uns be­grüß­te. Es war ein sehr net­ter Abend und ich war dank­bar für die­se Ab­len­kung. Ich er­fuhr, dass sich Ro­land be­reits ent­schie­den hat­te, für ein Jahr als Gast­hörer an die Tech­ni­sche Hoch­schu­le nach Stutt­gart zu ge­hen. Welch ein Zu­fall!? Er frag­te mich, ob ich ihm für ei­ne Stadt­füh­rung in Stutt­gart zur Ver­fü­gung stün­de, weil ich mich ja dort schon gut aus­ken­ne. La­chend sag­te ich die­sem Wunsch zu. So ver­ab­schie­de­te ich mich von ihm und sei­ner net­ten Fa­mi­lie. Sein Vater war ei­ner der Direkt­oren bei Glöck­ner Hum­boldt Deutz in Köln und wur­de dann spä­ter mein Schwie­ger­vater.


Stu­dien­zeit in Stutt­gart

In Stutt­gart hat­te ich seit dem Stu­di­um im Stadt­zentrum, in der Nä­he von dem Frö­bel­se­mi­nar, ein Zim­mer ge­mie­tet. Mei­ne Wirtin war ei­ne Schwä­bin, die mir von An­fang an klar mach­te, dass Her­ren­be­such ab­so­lut ver­bo­ten ist. Das war auch weiter kein Pro­blem für mich.

Ei­nes Tages aller­dings, als ich ge­ra­de in mei­nem Zim­mer war, hör­te ich, wie mei­ne Wirtin zu je­man­dem auf der Trep­pe sehr ener­gisch und laut in schwä­bi­schem Dia­lekt rief: „Se ver­las­set augen­bli­cklich des Haus, ver­schwin­det Se!“ Dann er­kann­te ich Ro­lands Stim­me, der nach mir ge­fragt hat­te. Ich ging auf den Flur, er­klär­te den Sach­ver­halt und rasch leg­te sich der Är­ger mei­ner Wirtin. Ro­land war­te­te dann drau­ßen auf mich. Es war das er­ste Tref­fen mit Ro­land in Stutt­gart. Ich ha­be ihm na­tür­lich wie ver­spro­chen die Stadt ge­zeigt. Auch sonst ha­ben wir viel ge­mein­sam un­ter­nom­men wie Theater- oder Kon­zert­be­su­che usw. Ro­land sprach immer wie­der da­von, dass er nach Mün­chen ge­hen wol­le, wenn sei­ne Aus­bil­dung ab­ge­schlos­sen sei. Er woll­te dort ar­bei­ten und die­ser Wunsch er­füll­te sich bald.

Ich hat­te in­zwi­schen das Exa­men als Kin­der­gärt­ne­rin und Hort­ne­rin gut be­stan­den und auch ei­ne An­stel­lung in ei­nem städ­ti­schen Kin­der­gar­ten be­kom­men. Ich war glü­cklich da­rüber, be­son­ders in die­sem Be­ruf mit den Kin­dern ar­bei­ten zu dür­fen.

Ro­land hat­te sich in Mün­chen bei der Fir­ma MTU, der Mo­to­ren- und Tur­bi­nen-Uni­on, im Flug­zeug­be­reich für Dü­sen- und An­triebs­mo­to­ren be­wor­ben und war an­ge­nom­men wor­den. So trenn­ten sich un­se­re We­ge. Ich blieb in Stutt­gart und Ro­land zog nach Mün­chen um. Da merk­te ich erst, was er mir be­deu­te­te. Wahr­schein­lich hät­te ich Schwa­ben nie ver­las­sen, aber als er nicht mehr da war, fehl­te er mir sehr. Ro­land be­such­te mich fast je­des Wo­che­nen­de. All­mäh­lich ge­wöhn­te ich mich an den Ge­dan­ken, auch nach Mün­chen um­zu­sie­deln, weil ich merk­te, dass Ro­land mir viel mehr be­deu­te­te als ich mir selbst ein­ge­ste­hen woll­te. Ent­schei­dungs­er­leich­ternd und aus­schlag­ge­bend war dann, dass Ro­land mir ei­nen Heirats­an­trag mach­te und be­reits Plä­ne für ei­ne ge­mein­sa­me Zu­kunft hat­te.

Gottes Schutz und Segen in meinem Leben

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