Читать книгу ... und Coon zum Dritten - Udo Barsuhn - Страница 6

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Seit ich wieder in meinem Domizil zurück bin, benehmen sich meine Mitbewohner Manfred und Martina doch etwas seltsam. Misstrauisch sehen sie auf alles was ich tue. Verhalte ich mich beispielsweise ganz ruhig, weil ich einfach eingeschlummert bin und Kräfte für meinen Rundgang in der Nacht sammeln muß, erscheinen sie beunruhigt, - fast panikartig - in der Türe und überprüfen ob ich noch daliege. Ob das vielleicht etwas mit ihren elektronischen Terminplanern zu tun hat, die ich als Strafe vor einigen Tagen in einen Eimer mit heißem Wasser geworfen habe? Vielleicht war es auch das Salz, das ebenfalls im Eimer gelandet war. Möglicherweise wurde das Salz ganz dringend zu einem, für Menschen wichtigen Zweck benötigt und hat dann gefehlt? Ich habe mal in einem Buch gelesen, daß Salz vor einigen hundert Jahren sogar mit Gold aufgewogen wurde, weil es ein großes Problem bereitete an die Lagerstätten zu kommen. Wenn dies nach wie vor so sein sollte, dann könnte ich vielleicht einen Schadensausgleich für den Verlust schaffen: Ich könnte dann als besonders großzügige Geste meinerseits, einige erlegte Überraschungsmäuse oder Ratten in die Jackentaschen meiner Mitbewohner stecken. Die wären dann bestimmt „total aus dem Häuschen“ wenn sie in ihre Taschen greifen und so kostbare Nahrungsmittel vorfinden würden. Insgesamt ist es aber schade, daß Menschen oft erst etwas lernen, wenn eine saftige Strafe erfolgt ist.

Seit ich aber zurück bin klappt es immer mit dem Essen, dem Wasser und auch dem Säubern meiner Hinterlassenschaften in der Box. Vielleicht sollte ich als Ersatz für die Terminplaner und das Salz wenigstens eine besonders große Ratte fangen und dann den beiden auf den Küchentisch legen, oder noch besser: Am frühen morgen in ihr Schlafzimmer bringen, noch lebendig und frisch, damit ich der Ratte erst direkt vor Ort, wenn die beiden im Bett aufgewacht sind, das Genick durchbeiße? Die Beute würde so noch die Körperwärme haben und wäre wirklich fangfrisch. Ich habe mal bei einem Gespräch der beiden gehört daß sie es mögen wenn etwas fangfrisch ist und erst dann als Essen verarbeitet wird. Die beiden schwärmen auch immer wieder von guten Restaurants, die zwar teuer sind, aber die Nahrungsmittel erst frisch zubereiten wenn die Gäste im Lokal sitzen und ihre Bestellungen aufgegeben haben. Die Wartezeit darf hierbei nicht als verlorene Zeit angesehen werden, sondern als eine Zeit der Vorfreude, angefangen mit dem Lesen der Speisekarte und erst recht bei der Zusammenstellung der Speisen und der Speisenfolge. Essen, zur Kunstform erhoben, ergänzt durch die dann folgenden Getränkewünsche. Mit Bedacht ausgewählt und mit Sorgfalt zur handwerklichen Meisterschaft gebracht. Noch fangfrisch, sofort auf den Tisch. Die Idee gefällt mir richtig, richtig gut. Falls ich es vergessen sollte, erinnert mich bitte daran, denn manchmal habe ich so viele Gedanken in meinem Kopf, und Ideen über die ich noch nachgrübele, daß leider schon mal was in Vergessenheit geraten kann. Doch normalerweise müsste ich daran denken. Allein schon die überschäumende Freude wenn meine Mitbewohner das Nagetier im Schlafzimmer herumkrabbeln sehen würden. Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie Martina vor purer, ausgelassener Freude, ganz begeistert und mit lauten Anfeuerungsrufen, auf dem Bett tanzen würde. Auch bei Manfred bin ich sicher, daß er nicht etwa schläfrig und teilnahmslos weiter im Bett liegenbleibe würde, sondern auch mit Martina einen ausgelassenen Tanz auf dem Bett vollführen würde. Da herrscht dann Rock n´Roll auf dem Bett! Was noch weiter bestimmt positiv ankommt ist der kolossale Wert von Mäusen und Ratten bei den Menschen. Das sehe ich daran, daß die Menschenkinder kaum einmal die erlegten Fellträger für sich nehmen, sondern immer etwas genant und peinlich berührt, damit umgehen und die Gabe nicht annehmen wollen. Je länger ich daran denke welche Freude ich damit bereiten kann, desto mehr gefällt mir der Gedanke an die Übergabe der noch lebenden Beute im Schlafzimmer. Ich denke, dann wären auch wieder alle Misstöne zwischen meinen beiden Schutzbefohlenen und mir „glattgebügelt“ (Coon: Ausdruck für das Egalisieren von Problemen im zwischenmenschlichen/zwischentierischen Zusammenwirken). Ein weiterer Vorteil ist, daß ich so, von meiner Seite zeige, daß ich nicht nachtragend bin. Also Freunde, die Idee mit der lebenden Ratte im Schlafzimmer meiner Mitbewohner, kommt bei mir auf die „To Do-Liste“ unter der Überschrift: „Rattenfang, lebend, bald“! Zufrieden mit diesen Gedanken, schlummere ich ein wenig vor mich hin.

Nach einiger Zeit durchströmt ein Geruch nach Fleisch das Haus, der mich wach werden lässt. In der Küche werkelt Martina, mit einer Küchenschürze ausgestattet, an einer mit geschmolzenem Fett erhitzten Bratpfanne. Soeben nimmt sie eine Gabel und hebt ein Rindfleischstück in die Pfanne. Dampf steigt auf. Auf dem Herd ist auch noch ein Topf mit heißem Wasser. Manfred sitzt auf einem Stuhl, am Küchentisch und beobachtet wie Martina arbeitet. „Martina, warum hast Du jetzt Salz in das Nudelwasser getan“? Fragt er. Martina schüttelt etwas den Kopf und erklärt: „Es geht nicht um den Geschmack, sondern das Salz erhöht den Siedpunkt des Wassers. Normalerweise bewegen sich die Wassermoleküle bei höherer Temperatur immer schneller bis 100° C erreicht sind. Zusatzenergie sorgt dann dafür, daß ein Verdampfungsprozess stattfindet. Das Salz sorgt dafür, daß der Siedepunkt erst bei einer Temperatur jenseits der 100° C erreicht wird. Die höhere Temperatur lässt Nudeln und Kartoffeln schneller gar werden. Öl gebe ich nicht ins Wasser, weil es die Nudeln umschließt und dann die Fleischsoße nicht mehr so gut aufgenommen wird. Martina werkelt weiter, Manfred deckt den Küchentisch und hat auch nicht vergessen eine Dose von meinem guten Futter aufzumachen und in meine Schüssel zu füllen. Mit meinem Essen warte ich noch ein wenig, bis auch die beiden ihre Nahrung fertig zubreitet haben. Zudem hoffe ich dann auch etwas von dem Fleisch in der Pfanne abzubekommen. Die beiden werden bestimmt auf meine Fachkompetenz in Nahrungsmittelfragen nicht verzichten wollen. Die Würzung des Fleisches erfolgt auch tatsächlich erst, nachdem Martina ein Stück davon für mich kleingeschnitten hat und mir auf ein extra Tellerchen schichtet. Als alle am Essenstisch sitzen, probiere ich die Fleischstücke und miaue begeistert, denn sie sind zart und einfach nur delikat. Als ich mit der Zunge meinen Teller sauber geleckt habe, war Martina mit dieser guten Bewertung ihrer hausfraulichen Tätigkeit sehr zufrieden. Mein normales Essen habe ich mir dann für später aufgehoben.

3.3.: Es schneit, vielleicht die letzte Hoffnung daß sich das weiße Schneekleid erbarmungswürdig über meine Blumen stülpt, und so beschützt. Zu sehen sind noch wie gekochte, dunkle Spinat-Bandnudeln aussehende Blätter, die sich schützend über die Blumenzwiebeln herumlegen. Der Blütenstamm selbst ist schutzlos ausgeliefert. An den obersten Spitzen die Blüten, wie betende Hände aussehend, als wollten sie den Winter um Gnade bitten, damit die kalten Temperaturen endlich ein Ende finden. Das Wetter hindert mich aber nicht daran meinen vielfältigen Aufgaben nachzukommen und auch nach meinen Freunden zu sehen. In der 1. Querstraße, Nummer 17, rufe ich laut vor der Türe und werde nach kurzer Zeit von Mathias eingelassen: „Ah der Herr Kater kommt um uns seine Aufwartung zu machen“, meint er etwas spöttisch und legt sogar eine kleine Verbeugung hin. Mit einer weit ausholenden Armbewegung in Richtung des Flures gibt er mir zusätzlich die formvollendete Aufforderung zum Eintritt. „Blondchen“, ruft er laut von der Eingangstüre aus, „Dein Spielbevollmächtigter ist eingetroffen“. Dann ist nur noch sein Lachen zu hören, das dunkel durch das Haus schallt. Ingrid kommt aus dem Wohnzimmer und wir begrüßen uns sofort. Ich indem ich kurz miaue und um ihre Beine streife, sie indem sie sich bückt und mich erfreut streichelt und mit sanfter Stimme spricht: „Hallo Lieblingskater, willkommen in unserer warmen Stube. Musst nicht frieren“. „Mathias, könntest Du in der Küche bitte den Backofen anmachen und aus dem Kühlschrank den vorbereiteten Topf in den Backofen schieben“? „Natürlich, Herzblättchen“, kommt es aus dem Gang zurück, „Ganz wie mein Schätzelchen will, ganz nach dem Willen meiner Prinzessin“. Dann hört man nur noch das Lachen von Mathias und wie er in der Küche herumwerkelt. Zurück von der Küche sind wir dann im Wohnzimmer um einen Tisch herum gesessen und Mathias hat einen interessanten Forschungsartikel in die Hand genommen: „Hört mal her, ich habe eine Veröffentlichung des Max-Planck-Instituts hier, die sich mit der Gentechnik auseinandersetzt. Demnach stammen nur 60 % der Gene einer Maus aus der Frühzeit der Evolution. Im Laufe der Zeit wird offenbar jedes Gen überprüft ob es noch benötigt wird, oder eine Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten erforderlich ist. Während rund 60 % der Gene fest codiert werden, sind die restlichen immer wieder Veränderungen unterworfen. Besonders nach großen ökologischen Katastrophen, kommt es vermehrt zu Änderungen im Erbgut. Als Beispiel führen die Forscher die Zeit während des Untergangs der Dinosaurier an, in der bei Mäusen besonders viele Gene neu entstehen mussten. Um verschiedene ökologische Nischen zu besetzen bildeten sich Populationen mit unterschiedlichen Eigenschaften aus. Diesen Vorgang bezeichnet man als Radiation“. Zunächst glaubte man die Zeiten für die Anpassung auf die neuen Lebensbedingungen wären ein langsamer Prozess, aber neue Studien weisen nach, dass Tiere manchmal schon nach einigen Dutzend Generationen die neuen Eigenschaften besitzen. Bei Mäusen sind das oft wenige Jahre. Die Mäuse auf Helgoland beispielsweise sind erst vor einigen hundert Jahren durch Schiffe eingeschleppt worden und unterscheiden sich bereits grundlegend von ihren Artgenossen auf dem Festland. Auf dem Festland ernähren sich die Mäuse hauptsächlich von Körner und pflanzlicher Kost. Auf Helgoland gibt es keine Landwirtschaft und praktisch auch keine Menschen, von Ausflüglern einmal abgesehen. Deshalb fressen dort die Mäuse Aas von Fischen oder verendeten Vögeln. Sowohl die Zähne, als auch der Verdauungsapparat hat sich auf die veränderte Nahrung eingestellt. Mit neu eingeschleppten Mäusen paaren sich die „Fleischfresser“ fast nicht mehr. Eine weitere Beeinflussung des Paarungsverhaltens wurde bei Hausmäusen ermittelt, die räumlich entfernt beheimatet sind. Ein Versuch des Instituts hat beim Zusammenführen von Kölner Mäusen mit Artgenossen aus Südfrankreich ergeben, dass sich anfangs die Mäuse untereinander gepaart haben. Die Nachkommen von deutschen und französischen Elternteilen bevorzugen dann aber Partner mit dem Ursprung des Vaters. Die Attraktivität bei einer Partnerwahl hängt von Geruchsstoffen und Lauten im Ultraschallbereich von 50 bis 70 Kilohertz ab. Nachdem zu Beginn der Forschungen vermutet wurde daß vor allen Dingen die männlichen Mäuse mehr sprechen, hat sich gezeigt: Die Weibchen kommunizieren untereinander viel stärker. Das ändert sich sobald das erste Männchen auftaucht. Dann ändern sich sowohl die „Weibchengespräche“ untereinander, als auch die Tonhöhe und Frequenz. Man möchte dem Männchen offensichtlich gefallen. Ist das Männchen dann erfolgreich „erlegt“ – sprich in Beschlag genommen, ändert sich dabei das Verhalten nochmals“.

Ich überlege kurz und stelle verblüffende Ähnlichkeiten mit Euch Menschen fest. Doch über diese, - meine Vermutung – um auch hier den Bogen zum Menschen zu spannen, darüber haben sich die Forscher doch noch nicht getraut detaillierte Untersuchungen vorzunehmen. Aber das Sexualverhalten wurde wenigstens noch untersucht: Es gab bei vielen einen regen Partnertausch, aber es wurden auch partnertreue Paare vorgefunden. Selbst Inzucht wurde festgestellt, wo die eigenen Töchter für künftige Mausgenerationen als Muttertiere herhalten mussten. Gerade aus diesen Besonderheiten können dann rasch neue Arten entstehen, deren Gene kaum noch kompatibel mit den anderen Mäusen sind“.

Ich nicke zustimmend zu den Ausführungen von Mathias und Ingrid spricht meine Gedanken an: „Beim Menschen ist dies doch ähnlich. Ich glaube der Mensch stammt nicht nur vom Affen ab. Unsere Verwandtschaft auch zu anderen Tieren ist größer als man gemeinhin annimmt. Dies betrifft sowohl die sexuelle Seite, als auch das soziale Verhalten und die Wichtigkeit von Gruppenentscheidungen, zum Beispiel die Strafen als Sanktionen für ein Fehlverhalten: Ich habe eine Geschichte aus den USA mitbekommen, die sich bereits im Spätjahr 2012 zugetragen hat: Eine Richterin hat die Autofahrerin Shena Hardin wegen Verkehrsverstössen zum zeitweiligen Entzug des Führerscheins, einer Geldstrafe und noch einer öffentlichen Strafe verurteilt. Bei der öffentlichen Strafe musste sich Shena Hardin, an einer belebten Kreuzung mit einem gut sichtbaren Schild in den Händen aufstellen. Darauf stand: „Nur eine Idiotin fährt auf dem Bürgersteig, um einen Schulbus zu überholen“! Die Richterin hatte sich genau für diese Art der Ehrenbestrafung, die in den USA „shame sanction“ bezeichnet wird ausgesprochen, weil die Verurteilte Hardin mehrfach wirklich den Schulbus durch die Fahrt über den Bürgersteig skrupellos überholt hatte um schneller an ihr Ziel zu gelangen – ohne an die Gefahren für Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer zu denken“.

Mathias lacht spitzbübisch und meint: „Ist doch eine hübsche Idee wenn jemand so ein Schild vor sich halten muß. Püppchen, das wäre doch mal was, Du stellst Dich auf den Marktplatz mit einem Schild auf dem stehen sollte: „Ich darf meinem Herrn und Meister nicht widersprechen, denn er ist das Wissen und die Güte in Person“. Ingrid läuft im Gesicht etwas rot an und kontert dann: „Oder wir drehen den Spies textlich um und schreiben statt „Herrn und Meister“ die „gütigste aller Frauen“ und Du stehst dann einige Stunden am Markttag dort. Damit es gerecht zugeht können wir ja eine Schachpartie austragen. Ich nehme dann meinen Ritter Coon der für mich die Partie ausficht“. Zuerst brummelt Mathias noch etwas, dann lacht er aber mit und meint: „Dann geh ich doch lieber mit meinem liebsten, kleinen Schatz in ein schönes Wellness -Hotel, statt mich am öffentlichen Brett zu blamieren“. Ingrid fragt sofort: „Wann fahren wir“? Mathias trocken: „Wieso wir? Ich muß mich doch nach dem Terminkalender von Coon richten, denn mit dem fahre ich doch, denn er wäre schließlich auch mein Gegner beim Schach gewesen. Er muß mir nur noch zeigen in welches Hotel er mit mir will“. „Du grober Klotz“, meint Ingrid und macht ein wenig auf eingeschnappt, was aber sofort weg ist als sie von Mathias hochgehoben wird und einen herzhaften Kuss erhält. Lachend begeben wir uns alle in die Küche, wo die ganze Zeit etwas im Backofen vor sich hingeschmort hat. Kurze Zeit später ist das helle Fleisch verteilt. Es handelt sich um zerkleinertes Hühnerfleisch, mit etwas heller Soße. Mathias und Ingrid bereiten sich noch einige Spätzle frisch zu und fügen diese zu ihren Portionen, während ich ohne diese Kohlenhydrate auskomme.

Geschmacklich gut gemacht. Mathias meint noch während des Essens: „Sind übrigens nicht unsere Araukaner-Hühner“, die sind für unsere frischen Eier zuständig und werden deshalb gebraucht. Durch den täglichen Umgang mit den Eierlegern würde ich die auch nicht schlachten können. Hängt zu viel Gefühl dran“. Ein Streicheln seines Unterarms durch Ingrid und ein dankbarer Blick in seine Augen zeigen daß Ingrid auch seine sanfte Seite schätzt. Nach dem Essen hat Ingrid rasch abgeräumt, während Mathias dann doch das Schachbrett, mit den Figuren aufstellt und meint: „Jetzt will ich es aber ganz genau wissen“. Während unserer Partie kommt Ingrid zwischenzeitlich kurz aus der Küche um uns zuzusehen. Nach kurzer Zeit ist Mathias „Schach matt“ und geknickt. Ingrid säuselt: „Schade, es ist um nichts gegangen, ich hätte zu gerne meinen großen Bären auf dem Marktplatz mit dem Schild in der Hand stehen sehen wollen. Hätte auch viele Aufnahmen von diesem Ereignis gemacht und ins Internet gestellt. Alle unsere Bekannten wären von mir noch angerufen worden, damit sie in der betreffenden Zeit vorbeigekommen wären um Dich zu bewundern und anzuspornen“. Mathias räumt das Schachspiel weg und meint: „Liebchen, ich glaube das Geschirr hat eben aus der Küche nach Dir und Deiner Anwesenheit gerufen. Husch, husch, zurück an den Herd“. Dann wird Ingrid nochmals hochgehoben, erhält einen noch kräftigeren Kuss als beim ersten Mal und wird fast atemlos wieder auf den Boden gestellt, von wo sie ohne weitere Äußerungen zufrieden in Richtung Küche marschiert. Mit einer Hand winkt sie noch zum Abschied. Als sie zurückkommt kann ich die positive Spannung zwischen den beiden fast körperlich spüren und mache mich an den Abschied, denn ich bin mir sicher, die beiden wollen jetzt allein sein und sich miteinander beschäftigen. Schon ein Unterschied zu meinen beiden Mitbewohnern Obwohl Ingrid und Mathias älter sind, haben sie einen Weg gefunden ein Stück vom Glück beizubehalten. Als ich schon draußen vor der Haustüre stehe, hebt Mathias seine Partnerin wieder nach oben und es gibt noch einen herzhaften Schmatz. Er lässt sie gar nicht mehr los, sondern drückt mit dem Fuß die Türe zu. Ich schmunzele, denn ich kann mir denken was jetzt kommt. Viel Spaß ihr beiden denke ich noch, dann wandere ich wieder durch den Schnee.

Bis 9.3.: die Temperaturen gehen hoch bis auf plus 10° C bei Tag, einige Hüllblätter erheben sich wieder vom „Ko Tau“ und legen sich wieder schützend um Knospen und Blüten, während die Blätter von anderen Pflanzen weiter am Boden verharren, als könnte König Frost, jeden Augenblick zurückkommen. Es ist Zeit nach Horst zu sehen, sonst friert der arme Kerl vielleicht in seinem Haus vor lauter Langeweile noch ein. Fast augenblicklich wird nach meinem Miauen geöffnet und mit freudigen Augen gibt mir Horst den Weg frei: „Bitte gleich ins Wohnzimmer, bin gerade dabei gewesen mal wieder einen meiner selbst angelegten Fotoalben aus dem Regal herauszuholen und mir die Bilder anzusehen. Wenn Du Lust hast, bist zu zum Betrachten gerne willkommen, denn bei den gegenwärtigen Temperaturen gehe ich nicht so gerne nach draußen“. Ich nicke meinem Freund Horst zu und so sehen wir uns wenige Augenblicke später auf seinem Sofa wieder. Langsam beginnt er zu erzählen: „Südamerika-Reise. Dabei waren Peru, dann ein Stückchen von Bolivien, Argentinien und Brasilien. Es war im Januar und Februar 2015: Flug von Frankfurt/Main nach Sao Paulo, um dort nach 12 Stunden Flug umzusteigen nach Peru, 4 Stunden Wartezeit, dann Abflug und 5 Stunden später in Lima gelandet. Zeitverschiebung von 6 Stunden gegenüber der Pfalz. Bei Ankunft lächerliche 28° C, natürlich plus. Lima hat ca. 10 Millionen Einwohner, Gesamt-Peru verfügt über 30 Millionen. In Lima gibt es 44 eigenständige Bürgermeister, aber keinen Oberbürgermeister der die ganzen Aktionen sinnvoll koordiniert, weshalb Chaos an der Tagesordnung ist.

Am Ankunftstag habe ich mich, in Eigenregie, mit einem normalen Taxi zum Gold-Museum von Lima, dem „Museo „Oro el Peru“ fahren lassen. Ampeln zählen wenig, Vorfahrt nimmt sich wer am lautesten hupt und robust auf andere Fahrzeuge losfährt. Die Hupe muß gehen, das Bremssystem hingegen nicht unbedingt und deshalb wirst Du auf keinem meiner Bilder ein einziges, unbeschädigtes Fahrzeug sehen. Doch der Weg zum Museum wurde trotz aller kratzenden Geräusche beim gegenseitigen Berühren der Autokarosserien geschafft.

Schau mal auf diesen Bildern: Goldene Todes-Gesichtsmasken, kunstvoll gearbeitet, manchmal wie geflügelte Götter mit einer Sonnenkorona darum, manchmal mit einer Figur auf der Stirn, die aussieht wie ein eulenartiger Vogel. Die Augen mit Halbedelsteinen ausgefüllt. Mal Jade, manchmal auch türkisfarbene Schmucksteine. Natürlich herrschte absolutes Fotografierverbot“. Horst nickt ernst dazu, aber ich sehe daß nicht alle Bilder von Postkarten herrühren, sondern die meisten direkt aufgenommen worden sein müssen. Ist er nicht ein rechter Schlingel unser Horst? – „Hier kleine Köpfe als Schmuckstücke verarbeitet, dort ein rituelles Beil, Fibeln, Anhänger und Ketten. Eine Vitrine weiter kunstvoll verzierte Goldtrinkbecher, mit Einlegearbeiten aus Jade und anderen Halbedelsteinen. Es gibt daneben aber auch Exponate aus Keramik die Tierdarstellungen haben und für Trinkgelage, oder als Transportkannen hergehalten haben. Diese Trink-Vorratsflasche zeigt beispielsweise zwei Personen, wovon ein Mann in geschmückter Kleidung erhöht stand und von der zweiten mit dem Mund oral befriedigt wird.

In hohen Glassärgen stehen einige Mumien in vollem Ornat, mit glänzendem Schmuck, golddurchwirkter Kleidung und riesigen, bunten Federn von Paradiesvogelmännchen. Derart geschmückt, vermitteln sie immer noch ein eindrucksvolles Bild. Obwohl ich schon halb erledigt von den vielen Ausstellungsstücken und den Informationen gewesen war, bin ich in ein weiteres Gebäude des Museums gegangen, wo Waffen und Gegenstände aus verschieden Ländern und Zeiten ausgestellt waren. Da gab es umfangreiche Ritterrüstungen aus den verschiedenen Jahrhunderten genauso wie Samurai-Ausrüstungen und Rüstungsteile für Pferde. Unter anderem waren sogar einige Orden der Waffen SS hier.

Nach den Besichtigungsstunden dann der Rückweg ins Hotel: Ganz wichtig für alle Reisenden die eine Taxifahrt vornehmen wollen: Vor Fahrteintritt und vor Besteigen des Taxi unbedingt den Preis aushandeln, denn die Taxifahrer kennen nicht alle Straßen und schon gar nicht alle Hotels und müssen dann lange Zeit in der ganzen Stadt herumfragen und suchen. Der Verkehr selbst und die Fahrweise erinnern mich an ein Karnevalslied: „Links, rechts, vor, zurück, das macht Spaß, das bringt Glück. Links, rechts, vor, zurück, das ist der ganze Trick“! Nach einigen Fragerunden sind wir doch im richtigen Hotel gelandet und erschöpft habe ich meine Nacht verbracht.

Am nächsten Tag dann die Stadtrundfahrt durch Lima. Die „Plaza de Armas“ mit dem Regierungspalast und dem Erfurcht gebietenden Rathaus. Dann die auf den Ruinen eines Inka-Palastes erbaute Kathedrale mit dem Grab von Francisco Pizarro, der damals die grausamen Eroberungen durchgeführt hatte. Viel Gold und Silber sind überall verarbeitet und zeigen was man alles aus dem Land herausnehmen konnte. Bei aller Schönheit in der Kathedrale, außerhalb: Müll auf den Straßen, unliebsame Gerüche, Menschen und Hunde die im Müll nach essbarem suchen. Neben alten, abrissreifen, erdbebengeschädigten Gebäuden, immer wieder neue Bauwerke, beispielsweise den „Liebespark“, von einem Kunstprofessor, zusammen mit seinen Studenten, als grüner Punkt in der Stadt erbaut.

Hochhäuser die hoffentlich alle erdbebensicher sind und kunstvoll herausgeputzte Verwaltungsgebäude und Museen bilden einen starken Kontrast zu einigen schrägen Altbaubeständen, die etwas abseits der ausgetretenen Touristenwege liegen. Robuste Dreiräder sind in der ganzen Stadt unterwegs, darauf festgemacht jeweils eine große, gekühlte Transportbox, in der sich Eis und gekühlte Getränke befinden. Zum Meer hin: Schmale Küstenstreifen. An die steil aufsteigenden Berge wurden gemütliche Cafés mit einem gigantischen Kuchen und Tortenangebot gebaut. Die Fernsicht ist berauschend und vor lauter Sichtachsen besteht die Gefahr daß der Kaffee in der Tasse kalt ist, bevor er getrunken werden kann.

Nach einigen Tagen in Lima, Weiterflug nach Cusco, der Hauptstadt des ehemaligen Inkareiches. Praktisch vom Meeres-Niveau auf 3.400 Meter Höhe. Coca-Bonbons (in der Pfalz „Gutsel“ genannt) helfen gegen die Höhenkrankheit, denn es gibt weniger Sauerstoff. Die Luft wird „dünner“, sehr viel dünner. In der Cusco-Kathedrale die auf den Ruinen des alten Sonnentempels Korikancha erbaut wurde, sind einige Inka-Hinterlassenschaften wie ein Sternenhimmel und eine Goldplatte mit Bäumen und Menschenabbildern zu sehen.

Städte müssen oft zu Fuß erkundet werden wenn man etwas erleben will, deshalb bin ich hier allein, mitten in der Stadt“. Miau unterbreche ich höflich und zeige mit meiner Pfote auf zwei Bilder, auf denen eindeutig unser Horst zwischen zwei Indio-Frauen zu sehen ist. Auf dem Arm hält er ein lebendes Lamm, das ihm offensichtlich hilflos ausgeliefert ist. Über die Kleidung von Horst würdet ihr Euch freuen: Robuste Turnschuhe, weiß. Blue-Jeans, lang. Langärmliges Oberhemd, zugeknöpft. Eine khakifarbene Stoff-Tropenmütze mit einem verlängertem Schirm vorne um die Gesichtspartie zu schützen und einem bis auf die Schulter reichenden Baumwoll-Stoffstück die hinten an seiner Mütze angebracht sind. Ich frage mich nur warum die Frauen so viel Zutrauen zu einem Fremden haben und ihm ein Lamm geben. Wenn die wüssten, daß unser Horst auch einmal Metzger gelernt und ausgeübt hat, würden sie sich bestimmt fragen: Was hat denn der liebe Onkel aus Deutschland, mit dem Messer vor? Aber nicht vergessen: Auch Metzger können zärtlich sein und dies demonstriert unser Horstl hier eindrucksvoll. Horst lacht und meint: „Ertappt. Dachte mir das könnte ein tolles Motiv sein. Ein anderer Indio hat übrigens die Aufnehmen gemacht und die beiden Frauen und der Indio haben sich prächtig amüsiert. Dem Lamm habe ich natürlich nichts gemacht – zu viele Zeugen“! Er räuspert sich und fährt fort: „Cusco ist eine relativ sichere und saubere Stadt.

Am nächsten Tag sind wir 3 km entfernt von Cusco in der Festungsruine Sacsayhuaman gewesen, von der man einen tollen Panoramablick auf die Stadt hat. Die Festung selbst zeigt die kunstvoll verarbeiteten Steine, die ohne Metallwerkzeuge und ohne das Rad als Arbeits-Transportgerät, hierher befördert, zusammengebaut und eingefügt wurden. Nach ein Stück höher ging es bis auf 3.765 Meter wie dieses beschriebene Holzschild bestätigt. Jeder Schritt benötigt Überwindung und Kraft. Mit dem Bus zum ehemaligen Bad der Inkas: Tambo Machey, wo kostbares, gutes Wasser aufgefangen und über ausgeklügelte Kanalsysteme verteilt wurde. Hier die kleine Festungsruine „Puca Pucara“, mit den ehemaligen Heiligtümern der Quellen und Brunnen, die selbst heute noch faszinieren, während die Umgebung traumhaft schön ist – nur vielleicht 3.000 Meter zu hoch.

Nächstes Ziel: Ollantaytambo. Jede Stufe ist in 3.400 Meter Höhe eine harte Stufe. Der ehemalige Sonnentempel hat eine fast körperlich fühlbare Energie. Hier soll auch einer der Quellflüsse des Amazonas sein. Doch auch von diesem Ort muß es weitergehen und so fahren wir zum Markt von Pisac. Unterwegs sehen wir auf einem steilen Hang oberhalb der Straße 3 Übernachtungsröhren in 80 Metern Höhe, direkt in die Steilwand angebaut. Die lachhaft preiswerte Übernachtung liegt bei 270 Euro pro Person, - pro Nacht. Ich hoffe kein Schlafwandler ist dabei, oder ein nächtlicher Harntrieb, der vielleicht in die falsche Richtung führt – nämlich nach unten.

Zwischenstopp an einem Stand direkt neben der Straße, wo Fleisch, schon fertig gegrillt auf den hungrigen Käufer wartet. Das Bild zeigt es eindeutig: Bei den gebratenen Tieren handelt es sich um Meerschweinchen. Meerschweinchen sind eine Spezialität und überall zu bekommen. Und auf diesem Bild siehst du ein Meerscheinchen noch mit Fell“. Horst lacht und ich kann auf dem gezeigten Bild nur einen langfelligen Hund ausmachen – aber Metzger können ja auch über einen eigentümlichen Humor verfügen.

Ich schaue auf eine Albumseite mit 3 Fotos. Zwei davon zeigen, kleine, schloßähnliche Bauten mit vielen Türen, übereinander geschichteten Ebenen und Laufgängen, auf denen Meerschweinchen herumlaufen, während auf dem 3. Foto eine junge, schlanke, gutaussehende Dame vor einem großen Denkmal mit einem Inkaherrscher und einer großen Sonnenscheibe zu sehen ist. Untertitelt ist diese Seite mit: „Auch diese Schweinchen sind zum Vernaschen vorgesehen“. Als ich auf das Bild mit der jungen, hübschen Urlauberin tatsche, wird Horst leicht rot und blättert dann ohne weiteren Kommentar die nächste Seite auf. Aha, alter Schwerenöter denke ich mir, mal wieder ertappt.

Horst erzählt: „Fahrt von Cusco nach Machu Picchu, in 225 km Entfernung. Zunächst geht es mit einem klimatisierten, kleinen Bus los. Unterwegs viele dreirädrige motorisierte Kleintransporter, die sowohl den Fahrer, als auch seine Lebensmittel mit der gleichen Kühlung frisch halten. Die Straßen sind in die steilen Berghänge gebaut und unter uns schlängelt sich ein Fluss ruhig durch die Landschaft und fast fühlt man sich wie im Voralpenbereich, nur halt einige Meter höher gelegen. Begegnungen mit Lamas und Alpacas, die von ihren Besitzern geführt werden. Dann geht es in einem peruanischen Zug weiter“. Auf den Fotos hier sind dann zwei seltene, nebeneinander sitzende Vögel aus Peru und Deutschland zu sehen, die sich offensichtlich trotz der Problematik der fehlenden gegenseitigen Sprachkenntnisse, ausnehmend gut verstehen. Horst hat zu Beginn der Zugfahrt noch seine Tropenkappe aufgehabt, wie auf einem Bild zu erkennen ist, diese dann aber gegen eine gestrickte Bommelmütze getauscht, auf der der Name „Horst“ steht. Damit hat er sich pantomimisch mit einem Peruaner ausgetauscht, der eine Mütze seiner Heimat trägt. Dann sitzen auf einem Foto die beiden nebeneinander, einmal Herr Bommelmütze und einmal Herr Perumütze und lachen um die Wette ob ihrer verschiedenen Kopfbekleidungen. Ja, ja, die Mützenträger – und mal wieder der Horst mittendrin, wie soll es auch anders sein?

Auf der nächsten Fotoalbumseite ist dann schon Machu Picchu zu sehen. Horst erläutert dazu: „Wurde 1911 durch den Amerikaner Hiram Bingham wieder entdeckt, denn andere, einheimische Grabräuber waren noch schneller gewesen. Der ganze Gebäudekomplex befindet sich in 2.400 Metern Höhe. Es stellt eines der 7 Weltwunder der Neuzeit dar. Hier, auf dieser Aufnahme ein Opferstein. Selbst 500 Jahre, nachdem die Erbauer die Stadt verlassen haben, funktionieren die Entwässerungssysteme nach wie vor und lassen die große Baukunst der Inka erahnen. Eingeritzte Zeichen von Jaguar und Anakonda, die bei den Inkas besonders verehrt worden waren. Die Wände, Mauern und Torbögen der alten Häuser sind selbst heute, nach einem halben Jahrtausend ohne Pflege – und täglich den Regenfällen, Erdbeben und Temperaturunterschieden ausgesetzt, erhalten. Auf einigen der Steinhäuser wurden mittlerweile Baumstämme und Schilfdächer aufgesetzt um einen noch besseren Eindruck von der Beständigkeit der Anlagen zu bekommen. Wenn ich mir vorstelle wir würden irgendein Gebäude 500 Jahre unbewohnt einfach stehen, was würden wir nach dieser Zeit bei unserer Baukunst vorfinden? Während hier, zwischen fast allen Steinblöcken noch nicht einmal eine Messerspitze Platz findet. Nur an einer einzigen Stelle in der ganzen Anlage wurde ein abrutschender Hang nicht berücksichtigt und an dieser Stelle wird das Gebäude irgendwann einmal auseinanderfallen. Wegen der Höhe habe ich immer mal wieder ein Coca-Bonbon gelutscht und es hat wirklich geholfen leichter zu atmen.

Nach einigen Stunden wurden wir von einem klimatisierten, mit Sauerstoff ausgerüstetem Kleinbus abgeholt, der uns dann noch 370 Kilometer weit, über schlechte Straßen, und 9 Stunden Dauer nach Puno gefahren hat. Dazwischen kurze Abstecher nach „Andahuaylillas“, einem Bau der Inkas, jedoch bei weitem nicht so gut erhalten wie Machu Picchu. Hier die Ruinen von Racchi. Trulli-artige Speicher, früher einmal 150 Stück, die 100.000 Menschen ein Jahr lang mit Nahrung versorgen konnten. Weiterfahrt über einen Pass, mit dem höchsten Punkt der Reise, in 4.335 Metern. Ganz dünne Luft, jeder Schritt im Freien ist eine Qual, fast schleppender Gang und immer der Versuch Luft zu bekommen. Zum Glück geht es nach einer kleinen Pause an diesem Punkt mit unserem besonders ausgerüsteten Kleinbus weiter.

Auf diesem Foto ist eine nach wie vor zuverlässige, alte englische Schmalspurbahn abgebildet, die nur eine Spurbreite von 940 Millimeter aufweist und die ihre Fahrt über die Pässe und das Hochland Perus zieht.

Dazwischen natürlich immer mal eine Übernachtung, bevor wir dann endlich die Stadt Puno erreichen. Dieser Ort liegt am Titicaca-See, dem mit 3.856 Metern höchstgelegenen, schiffbaren See der Erde. 60% des Titicaca-Sees gehören zu Peru, 40% zu Bolivien. Wir müssen Geld umtauschen, weil wir das Gebiet Boliviens betreten müssen. Schwimmende Inseln auf dem See, auf diesen Inseln Schilfhütten in denen Familienverbände leben. Schilf wird zusammengebunden und mit Seilen an denen Steine hängen, am Seeboden an Ort und Stelle gehalten. Die Uros, der dortige Indianerstamm bietet Mitfahrgelegenheiten auf den Schilfbooten um auf verschiedene Inseln zu kommen.

Danach Fahrt mit einem Katamaran auf die Sonneninsel, auf der, nach Legende der Inkas, der Sonnengott zu Hause war. Gelandet auf dieser Insel und nach dem Bewältigen der steilen Wege auf die Spitze der Insel, werde ich mit einem grandiosen Ausblick für meine Mühe belohnt. Die Spitze des Plateaus hat toll angelegte Kräutergärten, dazwischen in Gehegen Lamas und Alpakas, die hier eine Sommerfrische gefunden zu haben scheinen. Ein kleines Museum hat die Insel ebenfalls und zeigt traditionelle Prunkkostüme von Herrschern und hohen Würdenträgern.

Am nächsten Tag weiter zum wichtigsten Wallfahrtsort in Südamerika, nach „Copacabana“, wo nicht nur christliche Riten ihren Einzug gefunden haben, denn an einigen Tagen im Jahr zelebrieren die Indios alte, traditionelle Gebete und dabei werden auch Tiere in der Kirche geschlachtet. Bereits am folgenden Tag sind wir dann mit dem Flugzeug in die Hauptstadt Argentiniens geflogen, doch darüber gerne bei deinem nächsten Besuch, denn ich bekomme Hunger“. Ich nicke ebenfalls, denn auch Kunst und Kultur können hungrig machen und so kann ich unseren Horst gut verstehen. Es hat übrigens gefüllte Kalbsroulade mit getrockneten Tomaten, Basilikum und in der Roulade eingerollten Feta gegeben. Horst hat sich auch noch einige Kartöffelchen dazu gemacht, damit er auch ja satt wird. Meinen Essensanteil hat er dann von einem Großteil der Tomaten und des Feta befreit, sodaß auch ich mit viel Freude an dieser Mahlzeit teilnehmen konnte. Danach durfte er mir noch den Bauch kraulen, was ich auch nicht jedem gestatte. Eingeschlummert bin ich auch und erst wieder durch das Schnarchen von Horst wach geworden, der mich noch immer auf dem Schoß gehabt hatte. Ich habe ihn dann geweckt, damit der Bursche nicht den ganzen Tag verschläft und habe mich angemessen mit einem freudigen Miau, Schnurren und Schwanzwedeln für seine Urlaubserinnerungen und sein Essen bedankt und mich verabschiedet.

Ab 18.3.: Neuer Kälteeinbruch bis minus 8° C. Ich muß wohl alle Hoffnungen für meine Hyazinthen und Narzissen aufgeben. Ein starker Wind drückt mir Schneegestöber ins Gesicht und in den Nacken. Ich kneife meine Augen so weit es geht zu, daß sie fast nur noch kleine Sehschlitze bilden. Wenigstens ein klein wenig will ich doch in meinem Bezirk präsent sein und nach dem Rechten sehen. Bei Jürgen und seinen beiden Boxer-Hunden gehe ich vorbei, denn ich muß meine Duftmarkierungen wieder anbringen, die durch die Temperaturen und den starken Wind nur noch vermindert wahrzunehmen sind. Die Fensterläden sind geschlossen, die Türe zum Garten ist ebenfalls zu und die Geräusche von Jürgen und seinen Hunden kann ich ganz leise hören. – Gut so, die zweibeinigen und vierbeinigen Schurken haben sich in die warmen Zimmer zurückgezogen und so kann ich einige heftige Gebietsmarkierungen in ihrem Garten hinterlassen.

24.3.: Es wird wärmer, Mandelblüten entfalten ihre rosa Pracht, vor allem sind auch die vielen rosa Hyazinthen in meinem Garten auffällig die jetzt überall zu sehen sind, während ausgerechnet meine blauen Exponate eine kleine Minderheit darstellen. Ich stelle mir selbst die Frage ob möglicherweise sind die rosa blühenden Sorten gegenüber Witterungseinflüssen stabiler sind? Die Rosablüher haben zwar weniger Blütenreihen als meine blauen, aber Geruchsunterschiede kann ich derzeit nicht mehr ausmachen. Zusätzlich kommen jetzt auch violette Hyazinthen dazu und bereichern das Farbspiel im Garten.

25.3.: gleichzeitig mit den Mandelblüten kommen die Blätter am Baum hervor. Außergewöhnlich, normalerweise sind erst die Blüten vorhanden und einige Zeit später die Blätter, aber vielleicht versuchen die Bäume so, verlorene Zeit wieder aufzuholen? Clematisblätter treiben aus und die bisher scheinbar vertrockneten, geschlängelten Kletterärmchen haben also tatsächlich wieder Lebenssaft in sich. Es ist nun plus 10° C und somit höchste Zeit für meine Katzendamen frische Nagetiere zu fangen und als kleine Gastgeschenke zu verteilen. – Vielleicht soll ich einige Exemplare mehr fangen und Dir dann auch einige davon abgeben? Bestimmt wärst Du ganz stolz darauf eine solche, fangfrische Lieferung von mir zu erhalten. Wie wär´s? Interesse?

Ende März und es wird täglich wärmer. Im Garten von Elke und ihren Kindern Sven und Silke kann ich die ersten Fluginsekten sehen, die sich durch die wärmenden Sonnenstrahlen in ihrem Element befinden. Ein Exemplar hat es Sven besonders angetan: „Was ist das für ein komisches Vieh, hat einen langen Rüssel, einen mit Pelz besetzten Körper und nur zwei Flügel“? Wir sehen das fast auf der Stelle schwebende Insekt jetzt auch und Silke erklärt ihrem Bruder: „Das ist ein Wollschweber. Ab März schlüpfen die jungen Tiere. Bis in den Juni hinein wird er sich ausschließlich von Blütennektar ernähren. Auch mit seinem Rüssel kann er nicht stechen und ist so für die Menschen völlig harmlos. Jetzt im Frühling, suchen sich die Männchen der Gattung einen möglichst hoch gelegenen Platz, damit sie frühzeitig die Weibchen entdecken können. Kommt aber ein anderes Männchen gibt es einen richtigen Luftkampf, bis das stärkste Männchen wieder auf dem besten Platz sitzt. Nachdem sich das Weibchen gepaart hat, nimmt es ein ausgiebiges Sandbad, damit Sandkörner am Hinterteil haften bleiben. Danach lässt das Weibchen, im Rüttelflug, ihre Eier, zielgerichtet, in unmittelbarer Nähe der Kinderstuben von Solitärbienen und Grabwesepen fallen. Nachdem die Larven der Wollschweber aus ihren Eiern geschlüpft sind, dringen sie aktiv in die Nester der Bienen und Wespen ein und fressen dort die Vorräte auf. Danach fallen sie über die fremden Larven her und vertilgen auch diese. Diese Lebensweise nennt sich Parasitieren, also Schmarotzen. Die Larven überwintern dann im Puppenstadium und schlüpfen dann im März aus, wo sie dann wieder als Fluginsekten Nektar zu sich nehmen, bis sie als neue Generation die Paarungen vornehmen. Bis in den Juni hinein kann der große Wollschweber leben“. Elke ist sichtlich stolz auf ihre Tochter und auch Sven nickt und ist mit den Antworten zufrieden. Er nimmt sich vor beim nächsten Mal auch mehr Bücher aus der Stadtbibliothek zu entleihen und zu lesen, damit er bald in einigen Gebieten mehr Wissen als seine Schwester hat.

Einen Tag später mache ich bei Tag einen Spaziergang und laufe um die Mittagszeit am Marktplatz herum. Heute ist nicht so viel los, aber einige Frauen halten kleine Kinder an den Händen und gehen mit diesen von einem Schaufenster zum nächsten. Was mir besonders auffällt sind die Schuhe einiger Kinder: Sie blinken im Schaft und auch in der Sohle. Ich beobachte ganz genau, sogar ein Farbwechsel ist auf Knopfdruck möglich. Irgendwo habe ich einmal gehört es soll sich um LED-Schuhe handeln, die mit einem USB-Kabel auch aufgeladen werden können. Ganz stolz laufen die kleinen Menschen damit herum, aber der Stolz ihrer Mütter oder Omas scheint ungleich größer zu sein, sie fordern die „Liliputs“ immer wieder auf die Farben an den Schuhen umzuschalten. Besonders wenn sie anderen Müttern mit deren Kindern begegnen und diese nicht solche Schuhe haben, wird der Nachwuchs ganz aktiv getrimmt: „Janine, zeige doch mal Tante Marion wie viele Farben Du in den Schuhen hast. Janine ist jetzt der Mittelpunkt der kleinen Menschengruppe und drückt jetzt an einem Schalter herum. Nach und nach kommen verschiedene Farben und die „Aufsicht“ von Janine ist sichtlich stolz wie schlau die Kleine schon ist, die Technik so gut zu beherrschen. Nach der Verabschiedung von „Tante Marion“ wird weitergegangen.

Als Tante Marion dann außer Sichtweite ist und Janine immer noch auf dem Farbumschaltungsschalter drückt wird sie angeherrscht. „Janine, hör doch endlich auf ständig daran herumzudrücken, davon geht doch alles kaputt“. Weinerlich jammert Janine daß sie kalte Füße hat. Sie hört mit dem Umschalten der Farben trotzdem auf und folgt nun etwas unwilliger ihrer Begleitung. Als ich die beiden weiter beobachte, drückt Janine wieder den Farblichtschalter, stolpert, und fällt auch noch hin. Wegen ihrer Unachtsamkeit wird sie jetzt angeherrscht und ermahnt besser aufzupassen.

Ich überlege und lasse die ganze Szene vor meinem geistigen Auge nochmals abspielen: Ein Erwachsener kauft Schuhe für ein Kind. Diese Schuhe wurden nicht etwa angeschafft weil sie einen sicheren Halt geben, rutschfest sind, das Gehverhalten verbessern, den Untergrund beleuchten oder besonders warm halten, sondern weil sie in den Sohlen und im Schaft in unterschiedlichen Farben blinken. Man zeigt anderen „Kinderbesitzern“ seine technische Kompetenz und macht ihnen „eine lange Nase“(Anmerkung Coon: „Eine lange Nase machen“ besagt: Man erregt Neid bei anderen Menschen. Dies geschieht um zu zeigen wie schlau, fortschrittlich, reich, mächtig, humorvoll man ist. Man will damit aus der „Masse“ herausragen, eigentlich ein Angeberverhalten). Doch wenn ich alle Komponenten zusammenfasse, wären Schuhe für Janine mit anderen Eigenschaften besser gewesen. Mit mehr Halt in den Schuhen und warmen Füssen hätte die Kleine mehr Freude an den neuen Schuhen gehabt. Anderes Beispiel: Stellt Euch nur mal vor wir Katzen würden solche LED-Leuchten benutzen: jede Maus und jede Ratte würde uns von weitem sehen und sich wahrscheinlich totlachen wenn wir sie fangen wollen.

Eine lustige Geschichte habe ich übrigens heute in der Zeitung gelesen: Zuerst glaubte ich es wäre im Vorgriff auf den morgigen 1. April und somit ein verfrühter Aprilscherz, aber es handelt sich um die nackte Realität: In der Stadt Bremen herrscht starke Finanznot. Aus diesem Grund sind auch bei der Polizei wenige und teilweise total veraltete Dienstfahrzeuge vorhanden. Wenn für einen dringenden Einsatz ein Fahrzeug benötigt wird, ist dieses in Reparatur, oder schon mit anderen Beamten unterwegs. Damit wenigstens ab und zu zeitnah reagiert werden kann, ist man jetzt auf einen Carsharing-Anbieter gekommen, der seit 2016 immer wieder seinen Fahrzeugpark zur Verfügung stellt. Es handelt sich natürlich nicht um Blaulicht-Einsätze, aber um trotzdem dringende Dienstfahrten um beispielsweise bei Schlägereien oder auch Einbrüche möglichst zeitnah reagieren zu können. Die Hansestadt Bremen ist extrem verschuldet und so werden die Ersatzfahrzeuge in immer größeren Umfang angefordert. Der Autoanbieter unterhält zum Glück über 100 Stationen über das Stadtgebiet verteilt, sodass die Polizeibeamten in angemessener Zeit zu den Ersatzfahrzeugen gelangen können. Ist ein Fahrzeug gerade frei, lässt es sich mit dem Telefon, Handy-App oder auch mit dem Internet sofort fest buchen. Der Zündschlüssel steckt in einem Stationstresor, oder befindet sich im Handschuhfach des gebuchten Fahrzeuges. Autotüre oder der Tresor lassen sich mit einer Chipkarte und einem PIN-Code öffnen. Wenn dies alles geschehen ist, kann die Polizei ihren Einsatz umsetzten. Behördenrabatt soll es nicht geben, man hat sich lediglich auf den Vielfahrer-Tarif geeinigt. Neben der monatlichen Grundgebühr von 25 Euro sind pro verfügungsberechtigtem Polizisten, weitere 2 Euro fällig. Daneben kommen natürlich noch die Kosten von 20 Cent pro gefahrenem Kilometer und die Stundenmiete in Höhe von 2 Euro hinzu. Das Benzin ist aber bereits im Leihpreis enthalten.

Ich muss jetzt grinsen, denn mir kommen doch dazu einige Gedanken: Vielleicht könnte man mit Dienstfahrrädern ebenfalls helfen das Transportproblem zu lösen. Es wäre doch bestimmt eine Touristenattraktion in Bremen die Polizei auf Dienstfahrrädern, mit Blaulicht zu fotografieren, die gerade zum gerade stattfindenden Banküberfall radeln.

Eine weitere Idee wäre, die Ganoven zu bitten sich abzusprechen und jeweils nur im gleichen Stadtteil tätig zu werden, damit die Polizei Fahrgemeinschaften beim Einsatz machen kann, oder einige Bürger sind bereit die Transporte mit dem privaten Pkw durchzuführen, indem sie die Beamten, quasi als „Anhalter“ mitnimmt. Oder die „Verbrecher rufen nach ihren Taten die Taxizentrale an, nennen den Tatort und lassen dann die Polizisten zum Tatort abholen. Die Bezahlung müsste natürlich von den Tätern bereits im Vorfeld erledigt sein, damit die Taxiunternehmer nicht so lange auf die Bezahlung durch die Stadt Bremen warten müssen. Bestimmt hast Du auch einige tolle Eingebungen wie die Hansestadt Bremen ihre Probleme lösen kann?

Du meinst Polizisten auf Rollschuhen oder auf einem Skateboard im Einsatz, ein Gewehr auf dem Rücken befestigt und Stöcke für die Beschleunigung und das Beherrschen beim Befahren von Kurven und Unterführungen in den Händen würde auch ganz toll aussehen? Wenn es soweit ist: Bitte Fotos machen und mir zuschicken, ich lache auch gerne.

... und Coon zum Dritten

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