Читать книгу Survival Guide Norddeutschland - Ulfert Becker - Страница 46

Während sich in den südlichen Ländern Deutschlands im Laufe der letzten 5000 Jahre alle möglichen Völker tummelten, blieb der graue, sumpfige Norden eher unbesucht. Daher wurde der Norddeutsche lange nicht so stark mit anderen Sprachen konfrontiert wie zum Beispiel der Rheinländer (der ja neben Germanisch zunächst Latein, später dann Französisch lernen musste); er hatte also ungestört die Gelegenheit, über eine lange Zeit hinweg sein ureigenes Idiom zu perfektionieren.

Entstanden ist dabei eine überaus ökonomische Kommunikationsform: ein paar Einsilber, die ganz ohne Konjugationen, Deklinationen und anderes Gedöns auskommen. Ortsfremden mag dies wie eine Nichtkommunikation aus Grunzgeräuschen erscheinen. Doch allein die Worte »na«, »jou« und »nee« haben Hunderte von Bedeutungen, die einzig aus der Betonung resultieren! Dazu kommt eine große Anzahl von stummen (also nur: vermuteten, so interpretierten) Ausrufe- oder Fragezeichen, welche die Aussage einer Lautkombination noch einmal kolossal prägen können. Ein paar Laute ersetzen also endloses Geschwätz – das ist tatsächlich weltweit einzigartig!

Lösen wir uns zum Schluss noch einmal von den linguistischen Finessen der Norddeutschen und hören auf das, was sie am besten können: SCHWEIGEN!

Möglicherweise findet sich nämlich genau darin noch etwas viel Profunderes, als es ein simpler Kommunikationscode bieten könnte: ein uraltes Wissen, das nur hier bis in die Gegenwart erhalten werden konnte! Eine Weisheit aus mythischen Zeiten, die überall sonst auf der Welt unter Glauben, Grammatik und Gesabbel begraben wurde. Etwas, das zu einer besseren Welt führen könnte, wenn es denn von allen Menschen gleichermaßen beherzigt würde – egal ob Afrikaner oder Bayer, Chinese oder Chemnitzer.

Eine Philosophie – eine Religion vielleicht gar! Die nur auf einem einzigen Glaubenssatz fußt, den man vielleicht so formulieren könnte:

Im richtigen Moment den Sabbel halten!

Im Zweifelsfall einfach mal nichts sagen!

Dann hast du Freunde. Und dass du die hast, merkst du daran, dass die dir plötzlich auch nicht mehr überall reinreden. Sondern ebenfalls den Sabbel halten.