Читать книгу Hauptkommissar Langhoff - Ulrich Albaum Franz - Страница 6
Оглавление4 Ein Berliner Original
Auch Horst Schlüter wollte sich gerade auf den Rückweg begeben, als er hinter sich Schritte hörte. Er drehte sich um und sah wie ein etwas älterer Mann den Weg entlang auf ihn zu joggte.
„Hallo Sie, guten Tag! Hätten Sie einen Augenblick mal Zeit?“
Anstatt stehen zu bleiben, rief der im Vorbeilaufen: „Nee, keene Zeit, ick muss jleich noch zur Arbeet! Hab Nachtschicht.“
„Warten Sie mal, es ist wichtig, Kripo Berlin! Ich will Sie nur was fragen, geht auch schnell!“
„Dann müssen Se’ schon hinter mir her loofen, Ok.“ Horst blieb nichts anderes übrig, er lief dem Mann hinter her und stoppte den.
„Ich sagte Kripo Berlin, ich bin Oberkommissar Schlüter“, dabei zückte er seinen Ausweis und hielt ihm dem Mann unter die Nase.
„Soso, von de’ Kripo sind’ Se also, watt woll ’n Se’ denn wissen? Aber frang’ Se schnell, ick hab keene Zeit.“
„Waren Sie zufälligerweise auch in den letzten drei, vier Tagen hier am See?“ Der ältere Mann sah Horst Schlüter unwirsch an und blickte flüchtig auf den Ausweis vor seiner Nase.
„Na klar, ick komm doch so oft wie’s jeht hierher, weil de’ hier ja deine Ruhe hast. Sei denn, dit Wetter lockt hier ’n Haufen Badejäste raus.“ Horst inzwischen selbst ein Berliner, musste über diesen Dialekt schmunzeln.
„Na prima, dann können Sie mir ja sicher weiter helfen …?“, wollte Schlüter den alten Herrn mit seinem Dialekt fragen.
„Wee’s ick nich“, unterbrach ihn der Fremde, „aber schießen Se’ mal los!“
„Sind Ihnen in den letzten Tagen ein oder mehrere Motorradfahrer aufgefallen?“ Für einen Moment schwieg der Mann und sah in die Richtung, aus der er eben kam, als würde er verfolgt. Antwortete aber: „Dit find ick jut det Se’ mir det fragen. Wenn Se’ wegen den da sind, hab ick och noch ’n bisschen Zeit. … Da hat mir doch neulich erst son’ fieses Arschloch von enem Motorradkutscher beim vor-beifahren anjerempelt und fuhr weiter. Ick brüllte hinterher, … man kann sich och entschuldigen!’ Wissen Se’ wat der Schweinehund jemacht hat, kann ick Ihnen zeijen, die Jacke hängt noch im Auto.“
„Na, was hat der denn nun Schlimmes gemacht?“, unterbrach ihn Schlüter ungeduldig.
„Na, der is’ zurück jekommen, hat mir ausjelacht und jesacht, hier du Penner, sauf das, und hat mir ne Pulle Tinte übers Jackett jejossen. Dreckschwein det“, man merkte dem Mann seinen berechtigten Zorn an. Nur wie der den vortrug, entlockte Horst erneut ein Schmunzeln.
„Nein, das ist ja kaum zu glauben, waren da noch andere dabei?“, warf der Mann der Spurensicherung schmunzelnd über dessen Art ein. Zwar war er jetzt auch ein Berliner, aber erst seit ein paar Jahren vom Rheinland an die Spree gezogen. Diesen Dialekt aber fand er schon immer spaßig.
Der Jogger antwortete, die Frage von Horst nicht verstehend: „Nee, ick jogge immer alleene.“ Schlüter musterte den Mann und berichtigte: „Nein, ich meinte, ob da noch andere Motorradfahrer dabei waren? Es dürfte Ihnen dann ja daran gelegen sein, dass wir uns den oder die Männer mal etwas näher ansehen.“
„Nee, der und ick waren alleene. Aber wie kann ick Ihnen denn helfen, Meester?“
„Indem Sie mir einfach sagen, was Ihnen an den Mann oder dessen Motorrad aufgefallen ist. Konnten Sie sehen, wie der Mann aussah. War er groß oder klein, dick oder dünn. Welche Haarfarbe, hatte er einen Bart, sprach er vielleicht einen Dialekt?“
„Sachte, sachte junger Mann. Vor so vielen Fragen wird mir ja janz schwindelich. Also, wie der aussah konnt ick nu’ nich seh’n. Der hatte ja nen Helm off ’n Kopp und det Visier war och runter. Aber sein langes dunkles Haar guckte drunter vor. En langen unjeflechten Bart hatte der och, wenn ick mir richtig erinnere.“
„Wissen Sie vielleicht auch, wie das Motorrad aussah und was das für eine Marke war?“
„Na Se sind ja jut, ham‘ Se nich jehört wat ick jesacht habe? Der Mistkerl hat mir mit Tinte bekleckert! Ick bin stinke sauer auf den. Logo wees ick wat det für‘ne Maschine war. Det war ne’ BMW, mit nem riesigen Lenker und verchromten Tank. En schönes starkes Stück, sag ick Ihnen.“
„Dann haben Sie sich bestimmt auch das Kennzeichen gemerkt.“
„Au, da treffen Se mir uffen falschen Been, nee, det hab ick janz verjessen. Mensch, wie war denn det?“ Aber trotz Nachdenken konnte sich der Mann nicht mehr daran erinnern.
„Da Sie bestimmt möchten, dass wir diesen Menschen finden, bitte ich Sie, mich zu unserem Fahrzeug zu begleiten. Ich möchte mir Ihre Aussage notieren. Vielleicht fällt Ihnen auf dem Weg zum Wagen noch etwas ein. Einverstanden?“
„Na ja, eijentlich hab ick ja keene Zeit, aber möchte schon det die Drecksau erwischt wird. Na jut, ick komm uff ’n Sprung mit. Aber det darf nich so lange dauern, Se wissen, ick muss noch arbeeten!“
Inzwischen kehrte Erhardt Langhoff mit Peter etwas mürrisch zurück. Peter Höfft, der ihn zuerst sah, fragte: „Na, hast du Erfolg gehabt Erhardt?“
„Ach was, bei dem Wetter? Habe ein Pärchen getroffen, die sind aber erst heute Morgen angekommen. Hast du mehr Glück gehabt?“
„Ich nicht, aber sieh mal zum Auto“, gab jener zurück und zeigte zum Fahrzeug, in dem Schlüter mit einem älteren Herrn saß.
Die Kommissare ging zum Wagen, wo Langhoff sich von seinem Kollegen informieren ließ. Nachdem man die Personalien und die Aussage des Mannes aufgenommen hatte, entließ Langhoff den Jogger mit den Worten: „Vielen Dank Herr Schulze, Ihre Daten haben wir jetzt ja. Sollte sich noch etwas ergeben, werden wir auf Sie zurückkommen. Sollten Sie aber noch etwas übersehen haben, rufen Sie uns bitte an!“ Langhoff zückte seine Visitenkarte und überreichte die Herrn Schulze, so hieß der Mann mit dem Berliner Dialekt.
„Da ist für den Fall der Fälle meine Telefonnummer.“ Mit allen guten Wünschen verabschiedeten sie Herrn Schulze.
Peter Höfft schwärmte Hauptkommissar Langhoff gerade etwas von einem schönen Lammkotelett vor, welches sie vor ein paar Stunden in lebender Form gesehen hatten. Der raunte Peter zu: „Da vorne ist doch ein Speiselokal, vielleicht bekommst du da dein Lammkotelett Peter und wir erfahren noch etwas Neues.“
„Genau, da könnte doch auch jemand etwas gesehen haben“, ergänzte Horst. An der Gaststätte angekommen, mussten sie verärgert feststellen, alle Türen sind verschlossen. Nur ein kleiner Zettel am Tor wies auf Renovierungsarbeiten hin und das Lokal daher geschlossen sei. Verärgert, durchnässt und mit hungrigen Mägen, ging man zurück zu ihrem Fahrzeug. Als alle es sich bequem gemacht hatten, stieg auch Peter in das Fahrzeug.
Vom Hunger fast zermürbt, meinte der auf seiner humoristischen Art: „Jetzt aber ab in die nächste Kneipe, damit euer Hamburger zu seinem Hamburger kommt. Sonst habt ihr ne Leiche mehr und die Täter seid ihr!“
„Ehrlich gesagt“, pflichtete der Hauptkommissar seinem Kollegen bei, „freu ich mich auch schon auf einen guten Bissen. Vor allem auf eine schöne heiße Tasse Kaffee, ich bin ja fast erfroren. Erst der Regen und dann der kalte Wind? Los Peter, Einsatz mit höchster Dringlichkeit, ab zum nächsten Lokal!“
Erstaunt sah Peter nach hinten: „Ja Erhardt, in Hamburg könnte ich Euch was Gutes zeigen, aber hier musst du mir schon sagen, wo ich hinfahren soll.“
„Ach ja - richtig, hm … Horst, wenn wir nicht bis zur Stadt warten wollen, - kennst du hier was? Aber keinen Imbiss, ich will gemütlich meinen Kaffee genießen.“
„Das wird schwer, hier kenn ich mich auch nicht so gut aus. Aber wart mal, in Schönwalde gibt es eine Speisegaststätte und ein paar Meter weiter in Mühlenbeck kenn ich eine, da hab ich schon mal gegessen. Die war ganz gut und gemütlich war es auch.“
„Also gut, ab nach Mühlenbeck! Erkläre Peter, wie er fahren muss.“ Horst Schlüter beschrieb seinem Hamburger Kollegen den Weg und der silberfarbene Benz setzte sich freudig spurtend in Bewegung. Kurz darauf erreichten sie Schönwalde, wo Peter Berlin ab bog.
„Mist!“, rief Horst Peter zu. „Hätten hier geradeaus weiter fahren müssen. Naja, hab nicht aufgepasst, nun ist es egal. Fahr ruhig weiter bis Schönerlinde, dort biegst du dann rechts ab!“
„Entschuldigt bitte, dachte wir müssen in Richtung Berlin fahren.“
„Kein Problem Peter, war ja meine Schuld.“ Peter lenkte den Benz daraufhin nach Schönerlinde, wo er rechts in Richtung Mühlenbeck abbog. Kurz bevor sie dann auch Schönerlinde verließen, stank es plötzlich fürchterlich. „Pfui Teufel, wo kommt der Gestank her? Da vergeht einem ja das Essen!“, stöhnte Peter und hielt sich die Nase zu. Hauptkommissar Langhoff erklärte lapidar: „Das ist gleich wieder vorbei, hier ist doch das Klärwerk Schönerlinde.“ Hungrig und mit durchnässter Kleidung erreichte man die empfohlene Gaststätte.
„Na das war höchste Eisenbahn! Hoffentlich bekommen wir auch einen gemütlichen Tisch.“ Mit diesen Worten stieg Peter aus und zog sich seine Jacke über. Nachdem seine Insassen das Fahrzeug ebenfalls verlassen hatten, schloss er ab und sie gingen auf die Gaststätte zu. Plötzlich blieb der Hauptkommissar für einen Augenblick stehen, brummte etwas vor sich hin und folgte dann seinen beiden Kollegen.
Beim Betreten des ziemlich dunkel gehaltenen, aber dennoch irgendwie gemütlich wirkenden Lokals, trat ihnen ein Ober in den Weg. „Guten Tag meine Herren“, begrüßte der seine Gäste und nach einem kurzen Blick auf die, „… Sie sind zu dritt?“
„Ja, wir möchten essen und …“
„Schon gut meine Herren“, unterbrach sie der Ober, „was halten Sie von der Sitzecke dort hinten?“
„Ja, ist okay“, gab Langhoff zurück. Damit gingen sie auf die angezeigte Sitzecke zu, legten ihre Garderobe ab und setzten sich.
„Erst mal ein Kännchen Kaffee für uns alle!“, bestellte Langhoff, als der Ober die Speisekarte brachte. Möchten Sie Ihre Garderobe nicht besser dort drüben aufhängen, ist doch besser als hier am Tisch?“
„Nein danke“, meinte Erhardt, „die behalten wir lieber selbst im Blick. Denke, dass Sie eh keine Haftung dafür übernehmen.“
„Wie Sie möchten“, antwortete der Ober und verließ Axel zuckend den Tisch. Als der Ober wieder fort war, fragte Horst den Hauptkommissar: „Warum bist du denn da draußen stehen geblieben?“
„Schön Horst, wenigstens dir ist es aufgefallen“, brummte der. „Habt ihr den nicht die drei Motorräder draußen stehen sehen?“
„Doch, aber du glaubst doch nicht im Ernst, dabei könnte es sich um unsere Gang handeln.“ Langhoff wäre beinahe laut geworden, doch er beherrschte sich und gab mit ruhiger Stimme zurück: „Hat Euch wirklich der Hunger so auf die Augen geschlagen, dass ihr nichts mehr seht? Ich wünschte mir, wir hätten das abgebrochene Stück vom Nummernschild, welches die Kollegen am Gorinsee gefunden haben. Ich würde auf der Stelle einen Vergleich machen.“
„Wieso“ fragte Peter erstaunt, „fehlte denn an den Motorrädern da draußen auch was?“
„Na was meinst du wohl, warum ich das sage. Ihr seid mir schöne Detektive“, und sich an Horst wendend fragte er: „Sag mal Horst, gehört zu deiner Ausrüstung der Kamera zufälligerweise auch ein gutes Objektiv und Blitzlicht?“
„Na logisch, ohne dem wäre ich arbeitslos und könnte zuhause bleiben!“, gab Horst lachend zurück.
„Dann tu mir bitte einen Gefallen …“, Erhardt unterbrach sich, da der Kellner mit dem Kaffee kam und die Bestellung aufnehmen wollte. Nachdem dieser gegangen war, fuhr Langhoff in seiner unterbrochenen Rede fort. „Hol bitte unauffällig deine Kamera aus dem Auto. Schieß dann ein Foto von dem Nummernschild, an dem das Teil mit dem B fehlt. Mich interessiert hauptsächlich die Bruchstelle, aber bitte unauffällig!“, betonte Erhardt nochmals leise.
„Kann ich nicht erst einmal einen Schluck Kaffee trinken?“, fragte der Mann der Spurensicherung enttäuscht.
„Willst du warten, bis die wieder mit ihren Krädern weg sind?“, gab Langhoff ärgerlich zurück. Schlüter stand auf und brummte: „Ist das nicht ein Scheiß Job? Da gönnt man einen fast erfrorenen und durchnässten Mann noch nicht mal sein Schälchen Heißes.“
„Ach du Armer, wenn ich Zeit habe werde ich dich bedauern! … Vorausgesetzt mein Steak ist noch nicht da!“, fuhr Erhardt nach einer kurzen Unterbrechung grinsend fort. Erhardt Langhoff setzte dem Allen damit noch die Krone auf, da er den Kellner mit dem Essen ankommen sah.
„Hm, guck mal was da so dampfend ankommt? Ich glaub, das ist mein Steak, deine Roulade kommt bestimmt auch bald. Hättest du dich beeilt, könntest du schon fast wieder hier sein!“
„Na schönen Dank auch für eure Freundlichkeit, ich werd es mir merken. Mit euch fahr ich nie wieder, versprochen!“, antwortete Horst, den Spaß seines Freundes wohl verstehend. Die Gastlichkeit verlassend, schlenderte Horst zur Tür. Doch Erhardt rief ihn noch einmal zurück und flüsterte ihm ins Ohr: „Wenn möglich, mach auch einen Schnappschuss von den Reifen. Du verstehst, wegen dem Profil! Ein Vergleich mit dem was wir morgen bekommen, könnte uns weiterbringen.“
„Hab schon verstanden, ist ja mein Beruf!“, erwiderte Horst und verschwand.
Als dann der Ober kam und seine Speise absetzen wollte, bat der Hauptkommissar den, die Speisen wieder mitzunehmen und warm zu halten, da man später gemeinsam essen wolle.
„Wo ist denn der Herr eben hingegangen? Er sah doch wie ich mit dem Essen kam?“, fragte der Kellner kopfschüttelnd.
„Ihm ist nicht wohl!“, entgegnete der Hauptkommissar, den Kellner misstrauisch aus den Augenwinkeln beobachtend. „Er wird gleich wieder hier sein. Möchte ihm nur nicht zumuten, so durchfroren der ist, auch noch kalt speisen zu müssen. Sie verstehen doch?“
„Ja bitte, wenn Sie es so wünschen“, beeilte sich der Kellner zu erwidern und verließ den Tisch mit den Speisen.
„Hast du schon so etwas erlebt, Peter?“
„Ich weiß jetzt nicht was du meinst Erhardt.“
„Na den Kellner eben, ich hab schon geglaubt, der würde mir an die Gurgel springen. Nur weil ich den fragte, ob er unser Essen einen Moment warmhalten kann.“
„Ach das meinst du. Willst du es ihm verübeln, er hat es doch gemacht. Das Lokal sollte man sich merken. Der hat doch gezeigt, dass der Mann eine gute Schule besucht hat.“ Zwar verstand Erhardt seinen neuen Partner, war aber dennoch anderer Meinung.
Der Hauptkommissar sah sich in der Gaststätte um und bemerkte auf der anderen Seite des Raumes, hinter einem Raumteiler drei Gestalten. Bestimmt gehörten die zu den draußen stehenden Krädern.
Dummerweise konnte er ihre Gesichter durch den Raumteiler nicht erkennen und sah nur etwas von der Lederbekleidung. Leider verstand er auch kein Wort von dem, was die sich unterhielten.
Nachdem beide Kommissare eine Weile gewartet hatten und einer der Männer mit Lederjacke ebenfalls nach draußen ging, wurden beide unruhig.
„Wo bleibt denn bloß Horst so lange“ fragte Peter besorgt. „Der ist doch schon mindestens zehn Minuten weg, sollten wir nicht nachsehen?“