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Kapitel 6Die Made
ОглавлениеViele Äpfel hingen in diesem Jahr an dem Augustapfelbaum. Die meisten waren gesund und appetitlich. Nur wenige, die von Maden besetzt waren, lagen auf dem Boden. Eine Meise sah, wie es sich in einem Apfel bewegte, und flog heran, um der Sache nachzugehen.
Auch ein Spatz hatte Interesse an dem Apfel und gönnte der Meise den nicht. Sich neben der Meise auf den Boden setzend, versuchte er schimpfend den anderen Vogel zu vertreiben. Die Meise aber war nicht dumm, sie wusste gleich was der Spatz wollte. Laut stritten sich beide Vögel um den Apfel, so laut, dass es der Made in dem zu dumm wurde.
„Was soll das da draußen, kann man noch nicht einmal in Ruhe frühstücken?“, schrie die Made beide Vögel an. „Wartet bis ich fertig bin, dann könnt ihr den Apfel haben!“ Spatz und Meise sahen sich verblüfft an, war die Made nur frech, oder ahnte die nichts von ihrem Vorhaben?
Ein Star, der wenige Meter daneben auf einem Ast saß, verstand beide Vögel nicht. Den frechen Schrei aus dem Apfel hatte selbst er gehört, waren Meise und Spatz taub? Er wollte sich die fette Beute nicht entgehen lassen und vertrieb Spatz und Meise von seinem Leckerbissen, wie er glaubte. Nur wenige Meter zur Seite fliegend, gönnten die beiden dem Star seine Beute nicht. Sein Versuch den ganzen Apfel am Stiel davon zu tragen, belohnten sie mit Lachen, da dem Star der doch viel zu schwere Apfel aus dem Schnabel fiel.
Gerade wollte der Star sich wieder an den Apfel machen, brüllte ihn aus dessen Inneren jemand an: „Mach das nicht noch einmal, dann werde ich wütend! Hab gerade erst eine Gehirnerschütterung überstanden, als der Apfel vom Baum fiel!“ Während Spatz und Meise sich ein Lachen verkneifen mussten, flog der Star erschreckt zu einem Ast in seiner Nähe. Als könne er nicht glauben, was er da aus der Frucht hörte, stierte er die verblüfft von oben an.
Als die Made den Apfel verließ, verstand weder der Star noch Spatz und Meise die. Wollte die sich umbringen lassen? Sich fröhlich aus dem Apfel windend, schien die sich keiner Gefahr bewusst zu sein. Sofort waren alle drei Vögel zur Stelle, ein jeder wollte die Made für sich haben. Während die Drei sich stritten, verschwand die aber in einem anderen Apfel, der dicht daneben lag. Nur die Vögel waren so in ihrem Streit vertieft, dass sie das Verschwinden der Made nicht bemerkten.
Endlich war es dem Star gelungen seine Konkurrenten zu vertreiben, suchte er die Made, um die man sich gestritten hatte. Aber wo war die, etwa wieder in deren Apfel? Mit seinem spitzen Schnabel öffnete er die Frucht und sah verblüfft keine Made. Verwundert setzte sich der Star wieder auf den Ast, auf den er zu vor saß. Da Spatz und Meise immer noch in geringer Entfernung saßen und ihn auslachten, glaubte der Star von beiden betrogen worden zu sein. Laut schimpfte er die Zwei aus, worüber Spatz und Meise so sehr lachten, dass der Spatz fast von seinem Zweig gefallen wäre.
Plötzlich verging dem Star das Schimpfen und Spatz und Meise das Lachen. Ein Apfel rollte an ihnen vorbei und jemand schimpfte daraus: „Ihr Dummköpfe, anstatt den Apfel zu essen den ich euch gab, habt ihr den kaputt gemacht! Den hier bekommt ihr nicht, der gehört mir!“
Die Vögel glaubten nicht, was sie da hörten. Sollte tatsächlich die gesuchte Made aus dem Apfel, ihnen diese dummen Worte entgegen gerufen haben? Hatte die immer noch nicht begriffen, dass man sie und nicht den Apfel haben wollte? Schnell waren die Drei bei der vorbeirollenden Frucht und stoppten die. Obwohl alle drei das gleiche Ziel hatten, stritten die weiter, als der Apfel nicht weiter rollte. Weder die Meise noch der Spatz wollten dem Star den Apfel mit der Made überlassen.
Der Star glaubte, er sei der Stärkere und bat noch friedlich, ihm die Made in dem Apfel zu überlassen. Die Meise, ihrer künstlerischen Akrobatik bewusst, setzte sich auf den Apfel und versuchte mit dem davon zu rollen. Der freche Spatz wollte sich das nicht gefallen lassen und hüpfte vor dem davon rollenden Apfel her. Immer wieder versuchte der die Meise von dem mit der Made herunterzuziehen, ohne Erfolg. Als sich jetzt auch der Star einschaltete, um die Meise von deren rollende Frucht zu stoßen, meldete sich wieder die Made daraus.
„Jetzt hört endlich damit auf, mir wird ja schwindelig bei der ganzen Dreherei! Wollt ihr nicht den Apfel sonder mich haben, dann lasst mich in Ruhe etwas Speck anfressen. So dürr wie ich noch bin, habt ihr keine Freude an mir.“ Alle drei Vögel sahen verblüfft ein, dass die Made in dem Apfel recht hat. Je fetter die wird, umso größer auch ihr Leckerbissen, glaubten sie. Alle Drei blieben vor der Frucht sitzen und warteten darauf, dass die Made dick und vollgefressen, den Apfel verlässt.
Den Star störten die neben ihm wartenden Vögel und begann einen Streit mit denen. Den Spatz mit seinem Schnabel angreifend, meinte der Star: „Worauf wartest du, verschwinde, die Made gehört mir! Wenn ich mit der fertig bin, bleibt dir ja noch der Apfel, also verschwinde jetzt!“ Dass der Star auch die Meise gemeint hatte, verstand die, ließ sich aber so nicht beeindrucken.
„Den Spatz kannst du so in die Flucht schlagen, aber nicht mich! Siehst du wie viele Meisen darauf warten, dich zu vertreiben?“ Zwar sah der Star, dass sich ihm viele Meisen näherten, aber Furcht kannte der nicht. Selbst, als sich auch vermehrt Spatzen einfanden.
Der Star wusste wie gut er Stimmen nachmachen konnte. Sich dieser Fähigkeit bedienend, schreckte plötzlich das Miauen einer Katze die Vögel auf. Ohne eine zu sehen, flogen die davon und ließen den Star mit dem Apfel zurück. Lachend sah der denen nach und glaubte an seinen Sieg. Hielt man die Made bisher für dumm, musste der Star einsehen, die unterschätzt zu haben. Noch während die angebliche Katze miaute, fragte die Made: „Sind wir schon am Wasser? Fische mag ich auch!“
Der Star verstand jetzt die Made nicht, war der das Rollen nicht bekommen? Wie kommt die darauf am Wasser zu sein, wenn nach seinem Miauen eine Katze hier ist? „Wenn die Made plötzlich verrückt geworden ist, kann ich die dann noch fressen?“, fragte sich der Star besorgt. Aus Furcht wie die Made auch verrückt zu werden, beschloss er die besser nicht zu fressen und flog ebenfalls davon.
Die Made merkte nicht mehr bedroht zu werden und wollte gerade den für sie nutzlosen Apfel verlassen. Alles was es bei dem zu fressen gab, hatte sie schon vertilgt und wollte einen anderen suchen. Kaum das sie den hohlen Apfel verlassen hatte um einen anderen zu suchen, stand eine Meise vor ihr und drohte sie zu vernaschen. Instinktiv zog sich die Made in den eben verlassenen Apfel zurück. Die Meise, ohne einen Gegner zu sehen der ihr die Beute streitig machte, versuchte wie der Star den Apfel zu öffnen. Doch mit der Frechheit der kleinen Made hatte sie nicht gerechnet. Die hatte gesehen, dass kein weiterer Apfel hier lag und erst etwas weiter gerade einer vom Baum fiel. Frech rief die Made der Meise zu: „Willst du mich ohne Kampf haben, dann sorge dafür, dass es mir wieder schwindelig wird! Rolle mich etwas nach rechts und öffne erst dann mein Versteck! Wenn ich sage stopp, kannst du mich hier als fette Made rausholen.“
Kaum das die Made der Meise stopp zu rief, verschwand die Made in dem gerade herabgefallenen Apfel. Die Meise aber sah nicht, dass sich ihre Beute aus dem Apfel, den sie eben noch rollte, entfernt hatte. Enttäuscht schaute sie in dessen Inneres, als die Frucht auseinanderbrach. Ohne eine Made zu sehen, hatte auch sie die Nase voll und flog davon. Nur die Made lachte keck, ihre Gegner überlistet zu haben. Hatten sich Star, Spatz und Meise in ihr ein köstliches Mahl vorgestellt, hatte sie es als kleines unscheinbares Wesen geschafft, denen eine Lektion zu erteilen. Nicht jene, die sich in Gesellschaft mit dem Mund stark fühlen gehört die Welt. Jene, welche friedlich und überlegt das Leben bestreiten, sind die wahren Gewinner.