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Mohammed, der Barmherzige

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Die Muslime haben in ihrer Dichtung das Leben oft mit einem Teppich verglichen, dessen endgültiges Muster nur der große Webmeister kennt. So ist der islamische „Fatalismus“ in Wahrheit ein festes Vertrauen auf den Gott, der im Koran „Der Barmherzige der Erbarmer“ genannt wird – und mit diesen Namen beginnt auch jedes Kapitel des Korans. Dieser eine und einzige Gott hat, wie der zweite Satz des Glaubensbekenntnisses versichert, seinen Willen durch die Propheten verkündet, deren letzter Mohammed ist. In seiner Offenbarung ist noch einmal die Fülle der früheren Offenbarungen zusammengefasst, die seit Adam immer aufs Neue der Welt gegeben worden sind.

Für die Muslime ist Mohammed nicht der sinnliche, grausame Politiker, den die Abendländer Jahrhunderte lang in ihm sahen und auch heute noch sehen; für sie ist Mohammed die vollkommenste Vereinigung aller positiven menschlichen Eigenschaften. Ein Fürbitter und liebender Führer seiner Gemeinde, ein Mann, gesandt als „Erbarmung für die Welten, ein Führer, den man verehren und dem man nachfolgen muss“. Der persische Mystiker Dschelaladdin Rumi nannte Mohammed das Gefäß, durch das Gott den Wein der Offenbarung und der göttlichen Liebe fließen ließ.

Es gibt viele Varianten im Islam, da sich die Religion in den vergangenen 1400 Jahren über alle Teile der Welt ausgebreitet hat. Jede Nation, jede der zahlreichen Sprachen, in denen sich die Muslime ausdrücken, hat neue kleine Nuancen hinzugefügt. Und doch bleibt die große Einheit bestehen - wie ein gewaltiger Baum mit Ästen, Zweigen, Blättern, Blüten, Früchten und Nestern für Vögel und andere Tiere. Diese Vielfalt reflektiert die große göttliche Einheit.

Als das Christentum vom Römischen Reich Besitz ergriff, konnte man davon ausgehen, dass nichts die universelle Ausbreitung der christlichen Botschaft würde aufhalten können. Doch im 7. Jahrhundert stoppte der Islam die Lehre Jesu. Es schien, als habe Gott einen schrecklichen Fehler begangen. Palästina und andere Länder des Nahen Ostens waren zusammen mit dem christlichen Ägypten von einem Ungeheuer verschlungen worden, das ohne Vorwarnung aus der arabischen Wüste gekommen war. Die Grundfesten der Welt waren erschüttert worden, und der Schatten der Finsternis hatte sich über das Herz der Christenheit, das Heilige Land, gelegt. So lag es nahe, den Glauben der wilden Eroberer, die aus der Wüste kamen, als satanisch abzuqualifizieren. Papst Innozenz III. hatte Mohammed als „Antichristen“ bezeichnet, fast 700 Jahre später beschrieb ihn der britische Forschungsreisende Doughty als „schmutzigen und perfiden“ Araber.

Die Schnelligkeit, mit der sich der Islam über die bekannte Welt des 7. bis 8. Jahrhunderts ausbreitete, war seltsam genug: Noch eigenartiger aber war die Tatsache, dass das alles ohne großes Blutvergießen abging, sehen wir einmal von den persischen Feldzügen des Chalid ab, den seine Zeitgenossen das „Schwert des Islam“ nannten. Es wurden keine Felder mit den Leichnamen von Besiegten gedüngt, es gab keine Massenvergewaltigungen, keine verbrannten Städte. Als Krieger mögen die Araber nicht besser als andere Soldaten gewesen sein, die in eroberten Landstrichen metzelten und Verheerungen anrichteten. Aber anders als jene wurden diese durch den Glauben an einer Leine gehalten. Diese Männer fürchteten Gott in einem heute kaum mehr vorstellbaren Maße. Sie hatten eine tiefe Scheu vor Gottes allsehender Gegenwart. Selbst in den eroberten fremden Ländern gab es keinen Platz, wo sie sich vor seiner Gegenwart hätten verstecken können. Niemals zuvor hatte es eine Eroberung wie diese gegeben.

Die Geschichte des Islam

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