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Homo oeconomicus, der rationale Mensch
ОглавлениеMenschen sind bekanntlich vernunftbegabt. Sie denken, können Fakten sammeln, gegeneinander abwägen und dadurch zu durchdachten Entscheidungen kommen. Sie berücksichtigen immer und überall das Kosten-Nutzen-Verhältnis und legen bei ihren Entscheidungen objektive Kriterien an. Dinge, die ihnen nutzen, suchen sie auf, und Dinge, die ihnen schaden, meiden sie.
Am Fließband von Henry Ford kam dieses Denkmodell zum Einsatz:
»Gib den Menschen einen Job, bei dem sie eine fest umrissene Aufgabe zu erfüllen haben, zahle sie überdurchschnittlich gut und entlasse sie, sobald sie nicht mehr funktionieren.«
Wenn Sie von dieser Sichtweise ausgehen, kommen Sie zu einem relativ einfachen Funktionsprinzip des Menschen:
Geld ist ein universaler Motivator. Mit Geld kann ich eigentlich jeden dazu bewegen, sich für mich einzusetzen.
Menschen sind vor allem bequem. Wenn sie nicht ständig kontrolliert werden, tun sie von sich aus nichts.
Menschen sind auf ihren persönlichen Vorteil aus.
Das Bild des rationalen Menschen ist ziemlich simpel. Es spiegelt sich auch in den psychologischen Mechanismen des klassischen und operanten Konditionierens. Eine Erläuterung dazu erhalten Sie in Kapitel 5. Allerdings können viele Dinge, die wir in der Realität erleben, durch Konditionierung nicht erklärt werden:
Warum nimmt Frau Meier den neuen Job nicht an, obwohl ihr doch eine saftige Gehaltserhöhung angeboten wurde?
Warum verzichtet Herr Müller auf eine Beförderung und nimmt stattdessen ein Jahr Elternzeit?
Gefühle, systematische Urteilsverzerrungen und übergeordnete Motive wie Ethik und Altruismus finden in der Sichtweise keinen Platz. Dennoch ist dieses Bild auch heute noch in den Köpfen vieler Gestalter in der Wirtschaft verankert. Es passt besonders gut bei einfachen, immer wiederkehrenden Aufgaben, die keine spezielle Ausbildung erfordern, sowie bei einer hohen Verfügbarkeit von Arbeitskräften.
Bei Aufgaben oder Tätigkeiten, die eine hohe Qualifikation erfordern, sowie bei gut ausgebildeten Mitarbeitern, die einen hohen Anspruch an ihre Tätigkeit stellen und Freiheitsgrade sowie Verantwortung erwarten, ist das Menschenbild hingegen unpassend. Weil einfache und wiederkehrende Aufgaben heutzutage von Maschinen übernommen oder in Niedriglohnländer transferiert werden, nimmt der Wunsch nach anspruchsvollen Tätigkeiten in unserer Gesellschaft immer stärker zu. Und auch in Zeiten, in denen sich Mitarbeiter ihre Unternehmen aussuchen können, ist der rein rationale Ansatz nicht sinnvoll.