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Gran Fury und General Idea:
Zwei Beispiele für die künstlerische Auseinandersetzung mit Aids

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Bereits seit den Anfangsjahren der Aidskrise setzten sich Künstlergruppen kritisch mit Aids, der Aidspolitik und den Auswirkungen von Aids auf Kunst, Kulturbetrieb und Communities auseinander. Zwei der am weitesten reichenden und gerade auch im Kontext des Aidsaktivismus bedeutendsten Beiträge stammten von den Künstlergruppen Gran Fury und General Idea.


General Idea, ein 1969 von den kanadischen Künstlern Felix Partz, Jorge Zontal und AA Bronson gegründetes Kollektiv, wandelte 1987 das 1964 von Robert Indiana geschaffene Buchstaben-Emblem „LOVE“ (das ursprünglich für eine Weihnachtskarte des Museum of Modern Art entwickelt worden war), für eine Fundraising-Aktion der American Foundation for AIDS Research zu „AIDS“ um. Da die Künstler selbst dies als „geschmacklos“ empfanden, wandelten sie das Emblem in einer Reihe von Gemälden ab, die unter anderem in Posterreihen in New York, San Francisco und später auch Berlin zu sehen waren – Auftakt für eine Kampagne namens IMAGEVIRUS, die unter anderem Skulpturen, Videos, Poster und Ausstellungen in verschiedenen, auch europäischen Städten umfasste. Das Emblem wurde vielfach aufgegriffen, etwa auf Postkarten und Briefmarken, und ist bis heute Bestandteil des Logos der Deutschen AIDS-Stiftung.

Allerdings war das „AIDS“-Emblem unter Aids-Aktivist_innen sehr umstritten. Die aus der Arbeit an der Installation „Let the record show“ (siehe oben) entstandene und ACT UP auch weiterhin nahestehende Gruppe Gran Fury sah hierin eine rein deskriptive, unpolitische Auseinandersetzung mit Aids und wandelte es daher zu „RIOT“ um, „Aufstand“. „RIOT“ war ein starker Appell, aktiv zu werden und den denunzierten Lebensstil gegen konservative und konformistische Politiken zu verteidigen. Der große Schritt, den „RIOT“ bedeutete, lag in diesem Ausbrechen aus Lethargie und Untätigkeit, im Aufzeigen einer Möglichkeit zum Handeln – „Handeln = Leben!“

Gran Fury umfasste anfangs etwa zwölf Mitglieder und verstand sich als offene Gruppe. Alle Mitglieder des Kollektivs waren auch Mitglieder von ACT UP New York – und verstanden sich primär als Aidsaktivist_innen in Zeiten einer drohenden Katastrophe:

„AIDS was turning into a huge catastrophe, and there was no adequate public response. So there was a space for some kind of voice to raise questions. None of us had any doubts that we had to be there.“

(Loring McAlpin, Mitglied von Gran Fury, 2003, zitiert nach Crimp 2013; auf Deutsch etwa „Aids entwickelte sich zu einer riesigen Katastrophe, und es gab keine angemessene öffentliche Antwort. Das öffnete den Raum dafür, dass irgendjemand Fragen stellte. Niemand von uns hatte den geringsten Zweifel daran, dass wir dies tun mussten“; U. W.)

„[W]e came together with such a sense of urgency, with goals that had nothing to do with wanting to make art or to change the way people look at art.“

(Marlene McCarty, Mitglied Gran Fury, 2003, zitiert nach Crimp 2013; auf Deutsch etwa „Wir kamen in dem Gefühl höchster Dringlichkeit zusammen, und unser Ziel war nicht, Kunst zu machen oder die Art und Weise zu verändern, wie die Leute Kunst wahrnahmen; U. W.)

Gran Fury prägte die optische Identität von ACT UP ganz wesentlich, auch wenn zahlreiche weitere Künstlerinnen und Künstler, die nie Mitglied waren, ebenfalls für ACT UP arbeiteten. Die Gruppe setzte sich zudem kritisch mit anderen Künstlergruppen auseinander, die ebenfalls Aids thematisierten, insbesondere mit General Idea.

Später beschloss Gran Fury, sich von ACT UP zu trennen und sich als geschlossene Künstlergruppe zu betrachten. 1994 löste sich Gran Fury auf; Mark Simpson, einer der Initiatoren, starb am 10. November 1996 an den Folgen von Aids. Die Gruppe erklärte ihre Werke bei Auflösung als gemeinfrei; die „Gran Fury Collection“ wird heute in der New York Public Library verwahrt und ist dort einsehbar.

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