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6.2 Beanspruchbarkeit von Querschnitten 6.2.1 Allgemeines

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(1) P Der Bemessungswert der Beanspruchung darf in keinem Querschnitt den zugehörigen Bemessungswert der Beanspruchbarkeit überschreiten. Falls mehrere Beanspruchungsarten gleichzeitig auftreten, gilt diese Forderung auch für die Kombination dieser Beanspruchungen.

Zu 6.1(1) und NDP zu 6.1(1) Anmerkung 2B

Es werden zwei unterschiedliche Teilsicherheitsbeiwerte definiert: γM0 für die Querschnittsnachweise nach Abs. 6.2 für alle Querschnittsklassen (also auch für beulgefährdete Querschnitte der Klasse 4) und γM1 für Stabilitätsnachweise von Bauteilen nach Abs. 6.3. Diese Unterscheidung war für die ursprüngliche Empfehlung in EN 1993-1-1 unerheblich, weil beide Werte darin zu 1,0 empfohlen wurden. Der deutsche Nationale Anhang ist aber nicht der Empfehlung gefolgt, sondern hat für die beiden Teilsicherheitsbeiwerte unterschiedliche Werte, nämlich γM0 zu 1,0 und γM1 zu 1,1 gewählt, zu den Argumenten siehe [K44]. Wegen der oben erläuterten Differenzierung, die sich mit dem Begriff „Bauteilnachweis“ eigentlich nur auf die Nachweise nach Abs. 6.3 bezieht und theoretisch nicht auf die Querschnittsnachweise mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung, wird im Text des NDP klargestellt, dass auch Querschnittsnachweise mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung als Stabilitätsnachweise zu verstehen sind und hierfür der erhöhte Teilsicherheitsbeiwert γM1 gilt.

Ähnlich folgt der Nationale Anhang für EN 1993-2 Stahlbrücken auch nicht der Empfehlung bezüglich der Behandlung von beulgefährdeten Querschnitten der Klasse 4, sondern legt fest, dass bei Anwendung von γM0 in EN 1993-1-5 ein Wert von 1,1 anzusetzen ist. Entsprechend verschiedener Quellen, siehe [K44], ist hier dringend zu empfehlen, bei entsprechenden schlanken Klasse-4-Querschnitten anderer Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel bei Kranbahnen dem Brückenbau mit γM0 von 1,1 in allen Nachweisen nach EN 1993-1-5 zu folgen.

Zu 6.1(7)

Die Übersetzung „wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten in Abhängigkeit von der Querschnittsklasse unter möglicher Berücksichtigung mittragender Breiten sind, siehe 6.2.8.“ ist nicht korrekt. Gemeint ist nach dem englischen Normentext „wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten abhängig von der Querschnittsklasse und unter Berücksichtigung des Querkrafteinflusses nach 6.2.8 sind.“

(2) Dabei sind in der Regel die mittragende Breite und die mitwirkende Breite infolge lokalen Beulens nach EN 1993-1-5 zu berücksichtigen. Ferner sollte Schubbeulen nach EN 1993-1-5 betrachtet werden.

(3) Die Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit hängen von der Querschnittsklassifizierung ab.

(4) Ein Nachweis nach Elastizitätstheorie entsprechend der elastischen Beanspruchbarkeit ist für alle Querschnittsklassen möglich, sofern für Querschnitte der Klasse 4 die wirksamen Querschnittswerte angesetzt werden.

(5) Für den Nachweis nach Elastizitätstheorie darf das folgende Fließkriterium für den kritischen Punkt eines Querschnitts verwendet werden, wenn nicht andere Interaktionsformeln vorgezogen werden, siehe 6.2.8 bis 6.2.10.

(6.1)

Dabei ist

σ x,Ed der Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung in Längsrichtung am betrachteten Punkt;
σ z,Ed der Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung in Querrichtung am betrachteten Punkt;
τ Ed der Bemessungswert der einwirkenden Schubspannung am betrachteten Punkt.

Anmerkung: Die Nachweisführung nach (5) kann konservativ sein, da sie die teilweise plastischen Spannungsumlagerungen, welche in der elastischen Bemessung erlaubt sind, nicht berücksichtigt. Deshalb sollte sie nur angewendet werden, wenn die Interaktion auf der Grundlage der Beanspruchbarkeitswerte NRd, MRd, VRd nicht verwendbar ist.

(6) Die plastische Querschnittstragfähigkeit ist in der Regel durch eine zu den plastischen Verformungen passende Spannungsverteilung zu bestimmen, die mit den inneren Kräften im Gleichgewicht steht, ohne dass die Streckgrenze überschritten wird.

(7) Als konservative Näherung darf für alle Querschnittsklassen eine lineare Addition der Ausnutzungsgrade für alle Schnittgrößen angewendet werden. Für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3, die durch eine Kombination von NEd, My,Ed und Mz,Ed beansprucht werden, führt diese Regelung zu folgendem Kriterium:

(6.2)

wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten in Abhängigkeit von der Querschnittsklasse unter möglicher Berücksichtigung mittragender Breiten sind, siehe 6.2.8.

Anmerkung: Bei Querschnitten der Klasse 4, siehe 6.2.9.3(2).

(8) Gehören alle druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts zur Querschnittsklasse 1 oder 2, dann darf für den Querschnitt die volle plastische Momententragfähigkeit angesetzt werden.

(9) Sind alle druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts der Querschnittsklasse 3 zuzuordnen, so sollte die Beanspruchbarkeit auf der Grundlage einer elastischen Dehnungsverteilung über den Querschnitt ermittelt werden. Für die Klassifizierung, siehe Tabelle 5.2, sollten Druckspannungen durch Erreichen der Streckgrenze an den äußersten Querschnittsfasern begrenzt werden.

Zu 6.2.1(2)

„Mittragende Breite“ bezeichnet die Wirkung der ungleichförmigen Spannungsverteilung aus Schubverzerrung und „wirksame Breite“ die Wirkung von örtlichem Plattenbeulen.

Mittragende Breiten zur Berücksichtigung der Schubverzerrungen bei elastischem Werkstoffverhalten sind in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.2 gegeben. Wirksame Breiten zur Berücksichtigung der Wirkung des örtlichen Plattenbeulens oder „wirksame Querschnittswerte“ werden nach EN 1993-1-5, Kap. 4 ermittelt. Die gemeinsame Wirkung ist in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.3 geregelt. Im Grenzzustand der Tragfähigkeit kann unter Voraussetzung elastisch-plastischen Werkstoffverhaltens und gleichzeitiger Berücksichtigung von Schubverzerrung und Plattenbeulen die wirksame Fläche des Druckgurtes durch den Abminderungsfaktor gemäß Gleichung (3.5) in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.3 verringert werden.

Nachweise für Schubbeulen dünner Bleche sind in EN 1993-1-5, Kap. 5 gegeben, für die Nachweise zu Beulen unter lokaler Querbelastung enthält EN 1993-1-5, Kap. 6 Regeln, für die Interaktion dieser verschiedenen Beulphänomene gilt EN 1993-1-5, Kap.7.

Als Alternative zu den genannten Beulnachweisen enthält EN 1993-1-5 in Kap.10 auch Nachweise mit Bruttoquerschnittswerten und reduzierten Spannungen.

Weitere Erläuterungen zu den Beulnachweisen sind in [K13, K14, K15] zu finden.

Für kaltgeformte Bleche und Profile gelten die Regeln in EN 1993-1-3, siehe hierzu [K46].

Zu 6.2.1(4) und (5)

Während plastische Querschnittsausnutzung nur für Querschnitte der Klasse 1 und 2 möglich ist, vgl. Definition der Querschnittsklassen in Abschnitt 5.5, können elastische Spannungsnachweise für Querschnitte aller Klassen geführt werden. Während für gewisse Querschnittstypen wie I- oder H-Querschnitte in den folgenden Abschnitten zum Teil sehr vorteilhafte, vereinfachte Nachweise genannt sind, stellt das Fließkriterium nach Gleichung (6.1) einen immer gültigen konservativen Grenzspannungsnachweis dar.

Zu 6.2.1(7) und Gleichung (6.2)

In die konservative lineare Interaktionsbeziehung nach Gleichung (6.2) können für Querschnitte der Klassen 1 und 2 plastische Querschnittswerte oder Grenzschnittgrößen, für Querschnitte der Klasse 3 elastische Grenzschnittgrößen eingesetzt werden. Zusätzlich sind die Effekte aus Querkraft nach 6.2.6 und Torsion nach 6.2.7 zu berücksichtigen.

Anmerkung: Tragsicherheitsnachweise dürfen in der Mittelebene von Gurten geführt werden. Zu Ermüdungsnachweisen siehe EN 1993-1-9.

(10) Tritt Fließen als Erstes auf der Zugseite des Querschnitts auf, so dürfen bei der Ermittlung der Beanspruchbarkeit von Klasse-3-Querschnitten die plastischen Reserven auf der Zugseite der neutralen Achse durch den Ansatz einer Teilplastizierung ausgenutzt werden.

Stahlbau-Kalender 2022

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