Читать книгу Das Ende ist immer nahe 1 - Urs Herzog - Страница 7

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Es beginnt

Schlagzeilen :

Wieder mehr Alkoholtote

Regionalbanken legen zu

Positiver Dopingtest nach Weltrekord

Im vergangenen Dezember war Moser pensioniert worden und nun hatte er endlich genügend Zeit für seine Hobbys. Lange genug hatte er darauf gewartet. Sein geliebter Garten, die Fussballspiele seines Lieblingsvereins, seine Sammlung alter Kaffeemühlen und das Kartenspielen mit seinen Freunden, einmal die Woche, im Gasthof Hirschen. Heute.

Wenn es allzu laut wurde am grossen, schweren Stammtisch, mahnte Georg, der Wirt, die vier Spieler ruhiger zu sein um die anderen Gäste nicht zu vertreiben. Das kam oft vor, denn die Vier konnten sich beim Spielen echt ereifern und manch anderer Gast schaute sich in der alten Gaststube um, wer da so laut beim Karten spielen sei. Die Wände mit dem profilierten Holztäfer das im Laufe der vergangenen Jahrzehnte dunkel geworden war, die schweren Vorhänge und die verzierte Stuckdecke brachen den Schall ein wenig, so dass die Gäste nicht gleich lärmgeplagt davonliefen. Der „Hirschen“ war ein gemütliches Restaurant und das Stammlokal vieler Vereine.

Die vier Pensionäre spielten nie um bare Münze, sondern darum, wer die nächste Runde zu zahlen hatte. So folgten dann Spiel um Spiel, Runde um Runde und die Stimmung stieg, wurde immer ausgelassener. Zwischendurch, in den seltenen Spielpausen, wenn sie warteten bis Georg die nächste Runde brachte, schwelgten sie in Erinnerungen. „Kannst du dich noch erinnern? Weißt du noch, damals...“

Die vier Musketiere, Georg nannte sie so, kannten sich seit ihrer Kindheit.

Sie besuchten dieselben Schulen, rauchten zusammen heimlich die ersten Zigaretten, erlebten gemeinsam den ersten Vollrausch und tauschten die ersten Erfahrungen über Mädchen aus. Sie hielten zusammen wie Pech und Schwefel.

Unfug mal vier, Kumpels, Freunde fürs Leben. Im Laufe der Zeit verloren sie sich dann doch aus den Augen, zerstreuten sich in alle Winde. Den Kontakt untereinander liessen sie nie ganz abreissen, trafen sich im Laufe der Jahre immer wieder und waren nun, nach ihrer Pensionierung nach Hause, nach Birrhausen, zurückgekehrt.

Georg brachte die nächste Flasche "Brouilly".

Er war die Seele des Restaurants. Wirt, Koch, Sommelier, wenn nötig auch Kellner, alles in Personalunion. Eine stattliche Erscheinung, ein Mann mit grauen Haaren, schwarzem Schnauzbart und fröhlichen, blauen Augen. Um den rundlichen Bauch hatte er wie immer eine weisse Schürze gebunden an der er ab und an seine Hände trockenrieb.

„Habt ihr das Schild draussen gesehen? Die nächste Woche bin ich in den Ferien, ich muss mich von euch erholen!“

„Was, schon wieder Ferien?“ Thomas Pfeiffer spielte den Entrüsteten.“

„Wirt müsste man sein, dann könnte man sich so viele Ferien leisten“, resümierte Johann Moser.

„Kein Kunststück bei den Preisen. Jetzt macht er wieder dicht und lässt seine besten Kunden verdursten, eine ungerechte Welt“, jammerte Pfeiffer und schaute wie ein weidwundes Reh umher.

Dann fuhr er fort: „Wenn ich einen Notvorrat hätte anlegen können, dann würde ich die Trockenzeit besser überstehen, aber so?“

„Die Beiden kannst du nicht erst nehmen, Georg, du kennst diese Krämerseelen. Komm, gib uns einen aus, dann ist die Welt wieder in Ordnung und du kannst ohne schlechtes Gewissen in die Ferien.“

„Deine Idee ist sehr gut, Paul, ich bin dabei und wenn die anderen Zwei lieber weiter schmollen, sollen sie doch. Lasst uns auf Georg’s Ferien trinken.

Möge er gesund und munter wiederkommen und uns während seiner Abwesenheit den Schlüssel für den Weinkeller überlassen. Wir werden bestimmt sehr gut auf die Flaschen aufpassen.“ Tobias Dreher lachte dem Wirt schelmisch zu. Die nächste Runde ging aufs Haus.

Die vier Musketiere hatten noch ein gemeinsames Hobby. Kürbisse. Da war eine Geschichte für sich und nicht wenige sagten:

„Die spinnen, die vier Alten.“

Denn sie versuchten auf Teufel komm aus, mit Geheimrezepten, speziellen Humusmischungen, biodynamischem Dünger, Pferdemist und allen möglichen und unmöglichen Mittelchen den grössten Kürbis zu ziehen. Kein anderes Gemüse erfreute sich solcher Hingabe und Zuwendung.

Im Herbst kürten sie dann den Kürbis-König und sein Name wurde in die ewige Bestenliste aufgenommen. Der Sieger hatte die Pflicht, die unterlegenen Gegner zu einem fürstlichen Abendschmaus in den Hirschen zu laden. An einem solchen Abend zog dann Georg alle Register seines Könnens. Seine Küche genoss einen ausgezeichneten Ruf und die Gäste kamen von weit her um seine Spezialitäten zu geniessen. Die absolut beliebteste Creation blieb das „Rindsmedallion Georg“.

Rundum kurz angebraten, dann im hauchdünnen Salz-Pfeffermantel bei niedriger Temperatur im Ofen gegart und mit frischem Gartengemüse und Kräuterreis serviert.

Er hätte dafür mit einem Stern bedacht werden können. Doch Restaurant-Tester hatten sich noch nie nach Birrhausen verirrt. Georg war das nur recht. Er kochte für seine Gäste weil sie ihn und seine Küche schätzten und nicht für Leute die kamen weil es im Moment besonders angesagt war im „Hirschen“ in Birrhausen zu speisen -, nur weil ein Fresspapst irgendwo sein Lokal erwähnt hatte.

***

Schlagzeilen :

Teuerung legt zu

Wetterfrösche sagen trockenen Frühling voraus

Neue Lohnrunde der Gewerkschaften

Schneider hatte nach dem Treffen in Basel die Aufgaben für seine Spezialisten mit jedem Einzelnen nochmals abgesprochen. An verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten.

Zu wichtig waren der genaue Einsatzplan, die Ausrüstung und die möglichen Risiken. Als Arbeitsbeginn war der kommende Mittwoch vorgesehen. Ein ganz normaler Tag. Und alles würde perfekt ablaufen. Schneider schaute in seinen Terminkalender. Die nächste Besprechung sollte in Brüssel stattfinden. Eine norwegische Ölfirma hatte ein Leck in einer ihrer unterseeischen Pipelines und nun brauchten sie dringend Taucher mit Schweisserausbildung. Das Leck sollte schnellst möglich geschlossen werden, so, dass die Öffentlichkeit davon nichts bemerkte. Ein normaler Job für Schneider Consulting. Er nahm aus dem grossen Tresor die Verträge der vier Spezialisten mit dem Job in der Schweiz und steckte sie in seinen Aktenkoffer.

Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, die Kontrakte nie in dem Land aufzubewahren, in dem die Spezialisten arbeiteten. Schneider verliess Zürich mit dem letzten Flug des Tages.

***

Es wartete viel Arbeit auf ihn und er freute sich darauf. Es war schon Anfang April und er musste sich sputen um seinen Garten rechtzeitig auf Vordermann zu bringen.

Das Wetter war schön und endlich konnte Moser wieder in sein Reich zurückkehren. Zuerst die alten Pflanzen ausreissen und auf den Kompost werfen, den Dünger verteilen und kräftig unterhacken.

Er hatte sich daran gewöhnt, dass dabei, warum auch immer, viele Steine hervorkamen und er sie mühsam zusammentragen musste. Dann konnte er damit beginnen die Beete abzustecken und die Wege anzulegen. Und erst danach begann der die Setzlinge zu pflanzen. Salat und Gemüse und speziell für seine Frau, Erbsen. Sie liebte Erbsen über alles und verabscheute die grünen Dinger aus der Dose, und für ihn wuchsen die Stangenbohnen. Stangenbohnen waren sein Lieblingsgemüse. Dazu Tomaten, Gurken, Kohl, Spinat, Endiviensalat, Kopfsalat und viele Gewürze. Eine reichhaltige Palette. Und nicht zuletzt Kürbisse. Kürbisse für den Wettbewerb.

Es war kurz vor sieben und Moser mühte sich schon eine knappe Stunde mit umgraben ab. Dies war der schwerste Teil der Arbeit und er fragte sich jedes Jahr ob es nicht besser wäre eine Maschine zu kaufen, oder im Gartencenter eine zu mieten.

Aber dann hatte er, wie immer, schon mit dem Umgraben begonnen und es lohnte nicht aufzuhören um eine Maschine zu besorgen. Vielleicht nächstes Jahr. Und wieder rammte er den Spaten in die schwarze, fruchtbare Erde. Der natürliche Torfanteil betrug fast dreissig Prozent. Ein guter Boden.

Der Schweiss rann in Bächen an ihm herunter und hinterliess nasse, dunkle Flecken auf seinem Unterhemd. Langsam wurde der Erfolg seiner Arbeit sichtbar. Er stützte sich auf den Spaten, wischte den Schweiss von der Stirn und schaute stolz auf sein bisheriges Werk. Wo sollte er dieses Jahr die Kürbisse ziehen? Beim Zaun? Beim Gartenhäuschen? Auf jeden Fall nicht in der Mitte des Gartens und auch nicht in der Nähe der Hecken.

Damit hatte er bisher kein Glück gehabt. Den Wettbewerb hatte er noch nie gewinnen können und letztes Mal fehlten ihm nur fünf Zentimeter zum Sieg.

Diesmal wollte er endlich Kürbis-König werden und beschloss deshalb, es beim Zaun und beim Gartenhäuschen zu versuchen. Es würde weniger Gemüse geben, aber seine Chancen auf den Sieg erheblich steigern.

Mit neuem Elan rammte er den Spaten wieder in den Boden, hob die schwarze Erde an, drehte den Spaten und liess sie zurückfallen. Immer wieder, ohne Unterlass.

***

Ein letzter Blick auf die alte Küchenuhr, ein letzter Schluck schwarzen Kaffees. „Zeit zu gehen, sonst wird er wieder ungeduldig.“ Sie packte Brot, Wurst und Käse, die Thermoskanne mit Kaffee und die Würfelzucker in den Weidenkorb und wollte schon den Deckel schliessen, als ihr Blick auf die Tasse und das Messer fiel. „Das hätte gerade noch gefehlt, den ganzen Weg nochmals zurücklaufen zu müssen.“

Nun klappte sie den Deckel zu. Johann wartete. Ihr Mann hatte sich in der letzten Zeit sehr verändert. Zum Guten verändert. Nach seiner Pensionierung hatte er wochenlang nur herum gesessen. Davor hatte sie sich im Voraus gefürchtet. Er hatte alles und jeden kritisiert und sie konnte ihm nichts recht machen. Johann wusste nichts mit sich und der Zeit anzufangen.

Es war die erste grosse Krise nach über dreissig Ehejahren. Deswegen floh sie tagelang aus der sonst so gemütlichen Wohnung, sie konnte es nicht mehr ertragen.

Doch allmählich fing sich Johann wieder auf. „Zum Glück hat er seine Freunde und seinen Garten. Wäre es weiter so gelaufen, ich hätte durchgedreht“, vertraute sie ihrer besten Freundin an.

Doch das Leben hatte wieder seine geordneten Bahnen eingeschlagen und Normalität war wieder angesagt.

Sie griff nach der Strickjacke, - morgens konnte es noch immer sehr kühl sein -, zog sie über, packte den Korb und verliess die kleine Wohnung an der Schmiedengasse Nummer Sieben.

Zielstrebig steuerte sie aus dem Städtchen hinaus auf die Schrebergärten zu. Es war wirklich noch kühl und sie zog die Jacke enger um sich. Die Sonne warf die ersten, warmen Strahlen auf ihr Gesicht und sie blinzelte ins Licht. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel, es würde wieder ein wunderschöner Tag werden. Am Nachmittag wollte sie spazieren gehen, die Sonne, die Wärme, den Frühling geniessen.

So früh waren noch nicht viele Menschen unterwegs. Den Einen oder Anderen grüsste sie in Vorübergehen. Man kannte sich in Birrhausen. Für einen Schwatz hatte sie keine Zeit, denn ihr Johann würde bestimmt schon nach ihr Ausschau halten.

***

Wenn es eine Person gab der man das Attribut seriös zugestehen musste, dann war dies zweifelsohne Thomas Meier. Er war seiner Frau ein liebender und treuer Ehemann und den beiden Kindern ein fürsorglicher Vater. Überall beliebt und respektiert, seit Jahren ein gewissenhafter und sehr geschätzter Mitarbeiter der örtlichen Sparkasse, Abteilung Kreditwesen. Sein Tenor machte ihn zur Stütze im Gesangsverein und im Sportverein spielte er in der Volleyball-Mannschaft. Gut aussehend und sportlich mit gutem Einkommen, ein Mann ohne Fehl und Tadel, der Traum aller Schwiegermütter. Morgens stand er immer als Erster auf, bereitete das Morgenessen für seine Familie und hatte noch genügend Zeit einen ersten Blick in die Tageszeitung zu werfen bevor er seine Familie weckte.

So wie jeden Tag, von Montag bis Freitag. Das Frühstück stand auf dem Tisch, helles und dunkles Brot, Butter und Konfitüre, herrlich duftender Kaffee. Er schaute auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde blieb ihm, dann musste er seine Frau und die Kinder wecken. Zeit für die Morgenlektüre.

Er trat aus dem Haus in der Schmiedengasse und blinzelte in die helle Sonne. Einen kurzen Moment war er geblendet. Dann wandte er sich dem Briefkasten zu, öffnete ihn, holte die Tageszeitung heraus und faltete sie auseinander. Er las die Schlagzeile welche die erste halbe Seite mit ihren dicken, schwarzen Lettern in Anspruch nahm: Sexorgien in der Armee.

***

Immer wieder rammte Moser den Spaten in den Boden, hob die schwarze Erde an, drehte den Spaten und liess die Erde zurückfallen. Immer wieder, ohne Unterlass.

Er vernahm ein leises Sirren und gleichzeitig traf ein heftiger Schlag seinen Rücken, liess ihn nach vorne stolpern. Was war das. Er fing sich auf und wollte sich umdrehen. Der Schmerz durchfuhr ihn wie glühendes Eisen, breitete sich in seinem Rücken und in seiner Brust aus, frass sich in seinen Kopf und liess seinen Atem stocken. Die Welt um ihn herum begann sich zu drehen und ein Schleier wie aus zartem, weissem Tüll legte sich vor seine Augen. Er verstand nicht was mit ihm geschah. Der Versuch sich irgendwo festzuhalten schlug fehl, da war nichts an das er sich hätte klammern können. Der Spaten glitt aus seinen Händen und die Beine gaben nach, als könnten sie sein Gewicht nicht mehr tragen. Und dann fiel er, fiel in ein grosses, schwarzes Loch. Hart prallte er auf der schwarzen Erde auf, doch das spürte er nicht mehr.

***

„Guten Morgen Anna, du bist aber früh auf den Beinen.“ Sie kannte die Stimme. Sie drehte sich nicht um, sondern ging ruhig weiter. Augenblicke später hatte er sie eingeholt. „Jetzt kennen wir uns schon über fünfzig Jahre und noch immer laufe ich dir hinterher.“ Sie drehte ihm ihr Gesicht zu und lächelte ihn an.

„Guten Morgen Albert, was machst du so früh hier? Hat dich Susanne rausgeschmissen?“

„Halb so schlimm, Susanne ist schon früh los um ihre Schwester zu besuchen. So habe ich Zeit mich um den Garten zu kümmern und die grössten Kürbisse zu ziehen.“ Er schaute auf den Korb und hob neugierig den Deckel an. „Was hast du da Feines drin?“

„Ja was wohl“, sie stiess seine Hand weg, „Johanns Frühstück natürlich, was denn sonst.“ Sie drehte den Korb leicht zur Seite, so dass er den Deckel nicht wieder anheben konnte.

„So möchte ich auch einmal verwöhnt werden“, seufzte Albert und liess theatralisch die Schultern sinken. Anna schaute ihn lächelnd an.

„Du änderst dich nie, komm in einer Viertelstunde vorbei, es ist genug da. Ich kann dich doch nicht verhungern lassen, Susanne würde mir das nie verzeihen.“

„Du bist ein wahrer Engel.“ Schmachtend schaute er sie an.

„Dann bis nachher, du armer Kerl“, lachte sie. Sie hatten die Gärten erreicht und Anna wandte sich nach links, Albert nach rechts. Ihre Gärten lagen nur wenige Schritte auseinander.

Anna schaute über den Zaun, konnte aber ihren Johann nicht entdecken. Sie wunderte sich. Wahrscheinlich ist er hinter dem Häuschen und gräbt dort den Garten um, dachte sie, öffnete das hölzerne Türchen und zog es hinter sich wieder zu. Sie ging auf das Häuschen zu.

„Das müssen wir dieses Jahr neu streichen und die Pergola kann auch etwas Farbe vertragen“, sprach sie vor sich hin. Dann ging sie am kleinen Häuschen vorbei und – blieb wie angewurzelt stehen.

Der Korb fiel zu Boden. Sie stand da und konnte sich nicht bewegen, -und nicht begreifen was sie sah.

Johann lag mit dem Gesicht nach unten auf der frischen, schwarzen Erde. Regungslos. In seinem Rücken steckte ein langer, schwarzer Pfeil.

Albert Dürrer öffnete sein Gartenhäuschen. In Gedanken war er schon eine Viertelstunde weiter, bei Annas Kaffee, dem frischen Brot, der feinen Wurst und dem würzigen Käse. Ein zweites Frühstück mit seinen Freunden, darauf freute er sich.

Er hörte die Schreie und es dauerte einen Augenblick bis er die Stimme erkannte, - Anna. „Mein Gott, das ist Anna“, rief er laut. Es musste etwas Schreckliches geschehen sein und er rannte los so schnell er konnte. Er spürte nicht wie ihm die Äste ins Gesicht schlugen, als er quer durch den Garten lief.

Er fand die beiden hinter dem Gartenhäuschen. Johann lag auf der Erde und Anna hatte sich über ihn geworfen.

Sie schrie und schüttelte immer wieder ihren Mann. „Johann, Johann“, immer wieder, „Johann.“ Tränen liefen über ihr Gesicht. Albert kniete sich neben die Beiden, nahm Johanns Arm und suchte den Puls zu fühlen. Nichts. Johann war tot.

Er fasste Anna behutsam an den Schultern und zog sie langsam von ihren Mann weg. „Er sagt nichts, warum sagt er denn nichts“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.

„Komm Anna.“ Albert zog sie langsam hoch und sie vergrub ihr nasses Gesicht in seiner Schulter. Dann führte er sie zum Gartenhäuschen und setzte sie auf die kleine Bank. Er zog seine Jacke aus und legte sie um ihre Schultern. Weitere Nachbarn kamen angelaufen und standen nun ratlos und unschlüssig herum.

„Kann jemand die Polizei rufen? Und einen Arzt?“ Dann wandte er sich wieder Anna zu, setzte sich neben sie und legte seinen Arm um ihre Schulter. Es schien als wäre mit einem mal aller Lebenswille aus ihr gewichen, klein und hilflos, zu einem Häufchen Elend zusammengesunken sass sie da.

"Warum sagt er nichts?" Ihre tränennassen Augen starrten ins Leere. Albert wusste keine Antwort, seine Kehle war wie zugeschnürt und auch seine Augen füllten sich mit Tränen.

***

Thomas Meier war gespannt, was es mit dem Sexskandal auf sich hatte und las weiter. Die Offiziersanwärter hatten sich einen fröhlichen Abend gemacht und dazu einige Tänzerinnen eingeladen. Um Mitternacht hätten diese dann nackt auf den Tischen getanzt. Er schmunzelte, es erinnerte ihn an seine Dienstzeit. Die Sache flog auf, als die Freundin eines Aspiranten im Lokal auftauchte.

Plötzlich hörte er eine Polizeisirene und als er aufschaute raste ein Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht an ihm vorbei. Er schaute ihm nach bis er um die Ecke verschwunden war.

Wahrscheinlich ein Verkehrsunfall, so früh am Morgen. Dann schaute er wieder in die Zeitung.

Die Freundin des Aspiranten war auf eine Tänzerin losgegangen die sich direkt vor ihrem Freund auf und ab bewegte und mit ihren Brüsten über sein Gesicht strich.

Weiter kam er nicht.

Ein schwarzer Pfeil bohrte sich durch seinen Rücken bis in sein Herz. Einen Augenblick stand er regungslos ohne zu begreifen was mit ihm geschah. Dann durchfuhr ihn ein glühender Schmerz, seine Beine gaben nach und er stützte zu Boden. Hart schlug er auf. Er versuchte sich gegen sein Schicksal zu wehren, nahm seine ganze Kraft zusammen und stemmte sich hoch, versuchte aufzustehen. Er kam bis auf die Knie, dann fiel er ein zweites, letztes Mal. Das Leben wich aus ihm und seine toten Augen starrten in die helle Sonne.

***

Das Polizeifahrzeug hielt mit laufendem Blaulicht vor dem Gartenareal. Zwei Uniformierte stiegen aus und wurden von einem Schrebergärtner zu Moser geführt. Ein kurzer Blick auf das Opfer, die kurze Suche nach einem Pulsschlag, dann stand der Beamte wieder auf und griff nach dem Funkgerät.

„Wagen eins für Zentrale.“

„Hier Zentrale“, quäkte es aus dem Gerät.

„Wir sind draussen bei den Familiengärten, hier liegt ein Toter mit einem Pfeil im Rücken. Schickt die Kollegen von der Kripo und die Spurensicherung. Der Arzt soll schon unterwegs sein, fragt aber besser nochmals nach. Wagen eins Ende.“

„Zentrale verstanden, schicken Kripo und Spurensicherung und fragen nach beim Arzt. Hast du gesagt ein Pfeil?“

„Habe ich gesagt.“

„Verrückt, Zentrale Ende.“

Immer wenn ein Unglück geschieht sind sie urplötzlich da. Wie aus dem Nichts tauchen sie auf als würden sie gerufen, als könnten sie das Unheil riechen, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt -, die Gaffer. Wie Aasgeier suchten sie sich die besten Plätze aus um sich auf die Sensation zu stürzen. Sie drängten sich dicht an dicht vor dem Zaun und die Beamten hatten Mühe sie am Betreten des Gartens zu hindern.

„Gehen sie zur Seite, lassen sie mich bitte durch. Verdammt noch mal, verschwinden sie endlich!“

Nur mühsam konnte sich der Arzt seinen Weg durch die Gaffer bahnen. Als er sich endlich durch das Gartentürchen gequetscht hatte, atmete er auf. „Jedes Mal die gleichen Idioten, man sollte sie Alle einsperren“, schimpfte er.

„Morgen Doktor, der Tote liegt hinter dem Gartenhäuschen, ich bringe sie hin.“ Als Notfallarzt war er sich vieles gewohnt.

Er stellte offiziell den Tod von Johann Moser fest und notierte Ort und Zeitpunkt. Als vorläufige Todesursache notierte er: Tod durch einen, von hinten in das Herz eingedrungenen Pfeil. Dann wischte er sich die schwarze Erde von den Hosen. Der Beamte wandte sich an ihn.

„Können sie bitte nach der Frau sehen? Sie hat den Toten gefunden und sitzt drüben auf der Bank. Der Tote ist -, der Tote war, ihr Ehemann.“

„Ich werde sofort nach ihr sehen.“ Dann ging der Arzt hinüber zu Anna.

***

Seit zehn Jahren war Herbert Von Au nun Chefarzt am örtlichen Krankenhaus. Nach dem Studium in Zürich, den folgenden Jahren in Berlin an der Charité, dem St. Mary´s Hospital in London und dem Universitätsspital Basel, war er hier in Birrhausen gelandet.

Das Angebot: freie Personalwahl, Organisation der Abteilungen nach seinen Ideen und Investitionen welche er Vorschlagen konnte und die vom Stiftungs- und Verwaltungsrat vollumfänglich getragen wurden. Hier hatte er endlich die Möglichkeit gefunden, eine zeitgemässe Gesundheitsversorgung einzuführen.

Neben dem normalen Dienst, den er, auch als Chef, wie alle Anderen versah, machte er in akuten Fällen auch Hausbesuche und übernahm auch den Dienst als Unfallarzt. Nur Klinikbetrieb, das sei ihm zu langweilig, behauptete er. Fast jede Art von Krankheiten, alle Arten von Operationen, Unfallopfer die nur mühsam zusammengeflickt werden konnten, Tote jeden Alters, das alles war ihm nicht fremd.

Doch dies hier war für ihn etwas Neues. Ein Mord. Und der Mann war mit einem Pfeil erschossen worden.

***

„Guten Morgen Herr Hartmann, auch schon aufgestanden?“

„Morgen Medizinmann. Anstatt mich anzumachen sag mir besser was hier los ist“, brummte er.

„Viel kann ich noch nicht sagen.“ Von Au zückte seinen Notizblock. „Das Opfer heisst Moser Johann, Pensionär, wohnt Schneidergasse 7, starb heute Morgen zwischen sechs und sieben Uhr, vermutete Todesursache, Pfeil in den Rücken, wahrscheinlich drang die Pfeilspitze direkt in sein Herz. Näheres wird die Obduktion ergeben.“

„Hast du Pfeil gesagt?“

„Ich weiss es klingt verrückt, aber schau es dir selbst an.“

Von Au ging voraus und Hartmann folgte ihm hinter das Häuschen, wo die Spurensicherung schon an der Arbeit war.

„Das habe ich heute Morgen schon mal gesehen.“

Von Au war überrascht. „Du willst mich auf den Arm nehmen?“

„Schön wär's. Es ist dein nächster Kunde. In der Schmiedengasse liegt ein Mann vor seiner Haustüre. Auch er hat einen Pfeil in seinem Rücken. Meine Kollegen sind dort und ich habe ihnen gesagt, dass ich dich vorbei schicken werde.“ Einen Moment standen sie schweigend da.

„Wie lange braucht ihr noch?“ fragte Hartmann die Spurensicherung.

„In einer halben Stunde sind wir hier fertig, dann kann der Tote weggebracht werden.“ Hartmann wandte sich an Von Au.

„Du hast es gehört, in einer halben Stunde gehört er dir. Wie lange braucht du für die Autopsie?“

„Das kann ich dir nicht sagen, wenn in der Schmiedengasse noch ein Toter liegt. Doch zuerst kommen die Lebenden an die Reihe. Kann jemand Frau Moser nach Hause bringen und bei ihr bleiben bis Familienangehörige oder Freunde sich um sie kümmern können?

Ich werde Abends bei ihr vorbeigehen und nachschauen wie ihr Zustand ist. Nach ihrem Schock wirst du sie vor morgen früh doch nicht befragen können.“

„Ich kümmere mich darum“, sagte Hartmann.

„Gut, dann findest du mich ab jetzt in der Schmiedengasse.“

Nachdem Von Au verschwunden war, liess Hartmann Anna Moser von einer Beamtin nach Hause bringen. Der Tote wurde bäuchlings in einen Zinksarg gelegt und bevor der Deckel geschlossen werden konnte, musste der Pfeil abgeschnitten werden. Der abgeschnittene Teil wurde neben dem Toten in den Sarg gelegt. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit erledigt und als es nichts aufregendes mehr zu sehen gab, verschwanden auch die Gaffer. Hartmann blieb allein zurück. Er stellte sich dahin, wo vor kurzem noch der Tote gelegen hatte und sah sich um.

War der Pfeil von ausserhalb des Gartens gekommen, da, wo die Gaffer gestanden und alles niedergetreten hatten?

Das Opfer lag aber hinter dem Häuschen und war vom Eingang her nicht zu sehen. Auf der anderen Seite war die Sicht durch Sträucher und niedrige Bäume versperrt. Hatte der Täter den Garten betreten? Dann müssten Spuren vorhanden sein und das konnte die Spurensicherung mit dem Vergleich der Schuhprofile schnell feststellen.

Und wenn sie nichts gefunden hatten, was dann? Von welchem Ort aus hatte der Täter geschossen? Und wie weit trägt so ein Pfeil? Augenzeuge gab es keine, und dass sich auf einen Aufruf hin doch noch jemand melden würde, diese Illusion hatte er längst nicht mehr. Wenn es keine verwertbaren Spuren gab, konnte er nur versuchen ein Motiv für diesen Mord zu finden.

„So gross ist Birrhausen nicht, da werde ich wohl nicht lange suchen müssen“, sagte er laut zu sich selbst. Etwas aber bereitete ihm Unbehagen. Die aussergewöhnliche Mordwaffe.

Noch nie hatte er gehört, dass in der heutigen Zeit jemand mit einem Pfeil ermordet wurde. Und nun gleich zweimal. Sehr aussergewöhnlich.

Er verliess den Garten und klebte ein Polizeisiegel an das Gartentürchen. Reine Gewohnheit, denn jeder hätte über das Türchen hinweg steigen können. Auch er machte sich auf den Weg in die Schmiedengasse.

***

Eltern-Besuchstag. Sie hasste diesen, er war ihr ein Gräuel. Doch einmal pro Semester musste sie den Tag durchstehen. So verlangten es Schulbehörde und Rektorat. Jedes Mal war sie froh, wenn der Tag vorüber war. An einem Besuchstag war alles anders, waren die Kinder anders. Natürlichkeit, Spontanität, Eigeninitiative, Eigenverantwortung, alles was sie immer förderte und forderte, war wie weggeblasen. Die Kinder waren brav, ruhig, angepasst und bemüht keine Fehler zu machen.

Auch wenn sie versuchte die Stunden interessant zu gestalten, der Funke sprang nie über und die Schüler liessen sich durch nichts aus der Reserve locken. Doch bei all dem hatte sie Verständnis für die Jungen. Der Erwartungsdruck durch die Eltern war deutlich spürbar.

Aus unserem Kind soll mal was werden, es soll es mal besser haben, warum nicht studieren, Arzt oder Anwalt, oder so, unser Kind kann das, es muss nur richtig gefördert werden. Der Druck lag nicht nur auf den Kindern.

So glich das Ganze einem Schauspiel. Das Klassenzimmer war die Bühne, die Kinder die Darsteller, die Eltern die Kritiker und sie versuchte, in dieser Posse, mehr schlecht als recht, Regie zu führen. Und damit hatte sie echt Mühe. Mit dem Ganzen. Vielleicht lag es an ihrem Alter.

Mit 28 Jahren war sie jünger als die meisten Eltern und wahrscheinlich noch zu wenig abgebrüht. Trotzdem, sie liebte ihren Beruf und hätte mit niemandem tauschen wollen.

Die Schüler der fünften Klasse hatten sie in ihr Herz geschlossen und sie wurde von ihnen respektiert, geachtet, ja sogar geliebt und verehrt.

Doch heute war es nochmals anders. Die Eltern waren unruhig und redeten untereinander. Als Lehrerin hatte sie auch von den Toten gehört. Die Kollegen sprachen darüber und die Schüler erzählten sich die verrücktesten Geschichten. Sie hatte die Eltern gebeten über dieses Thema nach der Schule zu sprechen, doch es hatte nur einen Augenblick Ruhe gebracht. Das Getuschel im Hintergrund ging weiter. So hatte sie alle Mühe damit, dass die Kinder sich auf den Unterricht konzentrierten. Dann endlich war der Besuchstag zu Ende. Kinder und Eltern verabschiedeten sich und sie genoss einen Moment der Stille in ihrem Klassenzimmer. Am kommenden Montag ging der normale Schulbetrieb wieder weiter. Dann war auch ihre Welt wieder im Lot.

Sie begann aufzuräumen und nach einer halben Stunde war alles wieder an seinem Platz. Prüfend sah sich sich im Zimmer um und war mit ihrer Arbeit zufrieden.

Lisa, so riefen sie ihre Familie und ihre Freunde, stellte sich kurz vor den Spiegel, zupfte ihr blaues Kleid zurecht, versuchte ihre wuschelige Haarpracht zu bändigen und überprüfte kurz ihr Make-up. Dann strich sie ihr Kleid glatt und betrachtete ihr Spiegelbild. Was sie sah gefiel ihr.

Rotbraunes Haare und dunkle Augen. Die Brauen mit dunkelbraun und die Lippen mit einem Dunkelrot nachgezogen. Sie wusste dass sie hübsch war. Auf jeden Fall viel hübscher als der Rest des Lehrkörpers. Gut gelaunt verliess sie das Schulhaus und nahm den Nachhauseweg unter die Füsse.

Sie schätzte die kurze Distanz zwischen Schule und Wohnung. Dies war auch mit einer der Gründe weshalb sie die Stelle in Birrhausen angenommen hatte.

Jahrelang musste sie täglich zwischen dem Gymnasium, später zwischen der Uni und ihren Wohnort pendeln. Sie wohnte auf dem Land in einem kleinen Bauerndorf und das einzige öffentliche Verkehrsmittel war ein Postbus der jede Stunde vorbeifuhr. Meist zu den unpassendsten Zeiten. Als Studentin konnte sie sich keine Wohnung in der Stadt leisten und in eine WG wollte sie nicht. Also weiter Pendeln, Tag für Tag.

Ab ihrem achtzehnten Geburtstag bezahlten ihr die Eltern die Lernfahrstunden und als sie Stolz den Führerschein präsentierte, kauften sie ihr einen Kleinwagen. Mit diesem war sie die folgenden Jahre unterwegs. Immer noch als Pendlerin, aber viel, viel schneller. Diese Mobilität hatte auch ihre Schattenseiten. Die Zeitersparnis ging oft bei der Parkplatzsuche wieder verloren und die laufenden Kosten frassen ein grosses Loch in ihr Budget. Wäre der Bus zu vernünftigeren Zeiten gefahren, sie wäre wieder umgestiegen. Aber so blieb alles beim Alten. Sie musste nur den Gürtel enger schnallen. Wenn das immer so einfach gewesen wäre.

Zehn Minuten brauchte sie für den Nachhauseweg. Etwas länger, wenn sie noch einkaufte. Die Metzgerei, der Bäcker und der kleine Tante-Emma-Laden, mit frischem Obst und Gemüse, sie alle lagen an ihrem Weg. Idealer konnte es nicht sein. Ihr Auto brauchte sie nur noch um ihre Eltern zu besuchen, an Wochenenden, wenn sie mit Freunden unterwegs war, oder abends, für die Verabredungen ausserhalb. Ansonsten stand der Wagen die ganze Woche vor dem Haus.

In der einen Hand die Einkäufe, in der Anderen die Aktenmappe, so stand sie vor der Haustüre. Die Wohnung unter dem Dach war eher klein, doch die grosse Dachterrasse mit der einzigartigen Aussicht über die Dächer der Stadt entschädigte sie für die engen Platzverhältnisse. Sie stellte die Einkäufe neben sich und kramte nach ihrem Hausschlüssel. Endlich. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss.

Der wuchtige Schlag in ihren Rücken warf sie nach vorne und sie prallte heftig gegen die Tür.

Dann rutschte sie langsam daran nach unten, kippte zur Seite und blieb reglos liegen. Sie verstand nicht, woher die Wärme kam welche ihren Körper durchflutete. Schmerz? Nein. Und mit einem Mal fühlte sie sich leicht, federleicht. Langsam, ganz langsam schwebte sie nach oben.

„Bin ich das, da unten?“ Alles um sie herum war in sanftes, warmes Licht getaucht. Sie fühlte sich frei, zufrieden, glücklich.

Elisabeth Jansen starb mit einem sanften, unwirklichen Lächeln auf ihrem Gesicht.

***

„Ich gehe hinüber zu Anna, ich muss kurz nach ihr sehen, vielleicht kann ich etwas für sie tun. Schliesslich muss sich doch jemand um sie kümmern und wofür hat man sonst seine Freunde. Schau du nur weiter Fußball, uns Frauen interessieren andere Dinge. Wenn du Hunger hast, das Abendessen steht im Kühlschrank, du musst es nur aufwärmen.“

Käthi Dürrer griff nach Ihrer Strickjacke, legte sie um ihre Schultern und war zur Wohnung hinaus, noch bevor er Gelegenheit zu einer Antwort hatte. Sie stieg die Treppen hinunter und wollte aus dem Haus. Plötzlich donnerte etwas von aussen gegen die Tür, dann kratzte es daran und dann war wieder Stille. Sie war stehen geblieben. Was mochte das sein? Entschlossen öffnete sie die Tür und meinte im selben Augenblick, ihr Herz müsse stehen bleiben. Sie konnte sich nicht rühren. Sie starrte auf die junge Lehrerin die vor ihren Füssen lag. In ihrem Rücken steckte ein schwarzer Pfeil. Unvermittelte begann Käthi Dürrer zu schreien, laut und schrill. Rundum flogen Türen und Fenster auf, von allen Seiten stürzten die Leute herbei.

Schockiert, aber auch fasziniert, starrten sie Alle wie gebannt auf das Opfer. Niemand versuchte Hilfe zu leisten. Niemand schaute nach, ob die junge Frau noch lebte. Sie standen nur da, gafften.

Auch Albert Dürrer hörte die Schreie und stürzte die Treppen hinunter. Er hatte grosse Angst seiner Frau könnte Schlimmes zugestoßen sein. So hatte er seine Käthi noch nie schreien gehört. Er rannte zu seiner Frau hin, die bleich und zitternd an der Hauswand lehnte und unverwandt auf den Boden starrte. Er packte sie bei den Schultern und zog sie schützend an sich.

Dann folgten seine Augen ihrem Blick, sahen die junge Frau auf dem Boden liegen, sahen den schwarzen Pfeil in ihrem Rücken stecken.

„Mein Gott, wie bei Johann – genau gleich wie bei Johann“, entfuhr es ihm. Dann drehte er seine zitternde Käthi herum und sie vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter.

***

Innert weniger Minuten hatte die Polizei die Schmiedengasse abgeriegelt, die Leute zurückgedrängt und den Tatort mit weissrotem Band abgesperrt. So wie sie es heute Morgen schon einmal getan hatte. Von den Umstehenden wurden die Personalien aufgenommen und eine erste Befragung fand noch vor Ort statt. Doch niemand konnte den Tathergang schildern, niemand hatte das Verbrechen gesehen, oder sie standen noch so sehr unter dem Eindruck des Geschehens, dass sie zu vernünftigen Antworten nicht fähig waren.

„Du bist spät daran, Medizinmann“, sagte Hartmann

„Ich kann meine Arbeit nicht einfach stehen und liegen lassen, da hätte ich innert kürzester Zeit keine Patienten mehr. Oder fändest du es toll, wenn ich dich mit heruntergelassener Hose stehen lassen würde?“ Hartmann brummte etwas. „Was hast du hier, Hans, schon wieder eine Leiche?“

Es war ihm anzusehen, dass er auf diese Frage eigentlich keine Antwort wollte, und wenn, dann am liebsten ein, nein, gehört hätte.

„Komm mit und sieh es dir an.“ Sie gingen über die Gasse zum Hauseingang. Von Au beugte sich über das Opfer, tastete nach dem nicht mehr vorhandenen Pulsschlag, schüttelte den Kopf und stand langsam auf. Er schaute auf die Tote hinunter und bemerkte das Lächeln in ihrem Gesicht, den glücklichen Ausdruck der langsam von ihrem Antlitz verschwand. „Es sieht fast so aus, als wäre sie friedlich gestorben.“ Wieder schüttelte er den Kopf.

„Was hast du gesagt, Herbert?“ Es schien als käme Von Au aus einer anderen Dimension zurück, sein Kopf ruckte herum.

„Wieder mit einem Pfeil, wie die beiden heute Morgen.“

„Ja, wie heute Morgen, und ich glaube, dass du das Gleiche denkst wie ich.“

„Das Gleiche wie du, Hans, genau das Gleiche.“ Von Au zückte sein kleines, schwarzes Notizbuch.

„Was hast du für Angaben über die Tote? Was schreibe ich auf den Totenschein?“

„Die Frau heisst Jansen Elisabeth, 28 Jahre. Lehrerin, wohnte hier im Haus, Schmiedengasse 15, oben in der Dachwohnung.“ Hartmann zeigte nach oben und Von Au blickte automatisch hoch unters Dach.

„Wann ist es geschehen?“

„Vor etwa einer halben Stunde, schreibe 18.15 Uhr, Todesursache: -, das machst du schon.“ Von Au machte sich Notizen.

„Hans, kannst du die Tote möglichst schnell in die Pathologie bringen lassen? Ich möchte sie noch heute untersuchen und mit den ersten Toten vergleichen. Morgen früh hast du dann den Bericht über die drei Opfer.“

„Wenn die Spurensicherung fertig ist bringen wir sie.“

„In Ordnung.“ Von Au ging ein Paar Schritt, hielt inne und drehte sich zu Hartmann um.

„Hans, für heute sind es genug.“ Dann drehte er sich wieder um und ging die Gasse hinunter.

Nachdenklich schaute ihm Hartmann nach. Dann wandte er sich an die Spurensucher. „Hast du schon etwas für mich, Georg?“

„Nein, nichts was dir weiterhelfen wird. Wir haben bisher keine Hinweise auf den möglichen Täter, wir wissen auch noch nicht von welchem Standort aus der Pfeil abgeschossen wurde und haben deshalb auch noch keine Spuren. Der einzige Anhaltspunkt ist der Pfeil. Der sieht aus wie die von heute Morgen und an denen haben wir bis jetzt noch nichts Spezielles gefunden, ausser dem Blut der Opfer. Noch eine Frage, Hans?“ Hartmann hob beschwichtigend seine Hände.

„Schon gut, ich verstehe, danke Georg.“ Dann liess er die Spurensucher weiter arbeiten und ging auf Anton Müller zu, Polizeiwachtmeister und Chef der uniformierten Polizei. „Anton, hast du etwas für mich?“

„Nein, nichts Konkretes. Niemand hat etwas gesehen, obwohl viele Leute unterwegs waren. Die Meisten haben erst auf das Schreien von Käthi Dürrer reagiert. Keiner hat etwas Aussergewöhnliches gesehen oder kann sich an etwas Ungewöhnliches erinnern. Nein, bis jetzt haben wir nichts Brauchbares.“

„Also auch hier keine Zeugen, wie heute Morgen.“ Nun war es an Hartmann, den Kopf zu schütteln.

„Vielleicht ergibt sich doch noch etwas, du musst Geduld haben“, versuchte es Müller. Hartmann schüttelte wieder den Kopf.

„Lass es gut sein, Anton, gib mir einfach was du hast.“

***

Hartmann hatte ein Problem. Drei Morde an einem Tag und alle Opfer waren mit einem Pfeil erschossen worden. Moser und Meier am frühen Morgen, Jansen am späten Nachmittag. Warum wurden sie getötet? Rache? Hass? Liebe? Geld?

Die Pfeile deuteten auf denselben Täter hin. Was hatten ein Rentner von 66 Jahren, ein Familienvater von 42 Jahren und eine 28 jährige Lehrerin gemeinsam? Wo lag da eine mögliche Verbindung?

Was konnte das Motiv sein? Zufall? Nein, an diese Art von Zufall glaubte er nicht. Noch blickte er nicht durch. Noch fehlten ihm die Fakten. Diese musste er erst zusammentragen, musste Leute befragen, das Umfeld der Opfer unter die Lupe nehmen, ihr Leben durchforsten. Das konnte mühsam werden. Eine schnelle Antwort würde es nicht geben, er würde Zeit brauchen. Und -, wer schoss mit Pfeilen? Nach einem Amateur sah das nicht aus. Gab es in der näheren Umgebung einen Bogenschützenverein, oder wie das auch immer hiess? Er wusste es nicht.

„Müller, ich muss Müller fragen, der wohnt schon seit Urzeiten in Birrhausen. Der kennt Alle und weiss über alles Bescheid.“

***

Es dauerte dann doch nicht so lange wie Hartmann befürchtet hatte. Noch am selben Abend hatte Müller die erste Verbindung gefunden. Das erste Opfer, Johann Moser, war während 25 Jahren Lehrer an der örtlichen Schule gewesen bevor er im letzten Jahr in Pension ging.

Das dritte Opfer, Elisabeth Jansen, unterrichtete seit zwei Jahren an der gleichen Schule. Die beiden hatten sich gekannt. Aber wie gut hatten sie sich gekannt? Gab es Gemeinsamkeiten zwischen ihnen? Gleiche Interessen? Oder etwas Privates, Persönliches? Abneigung? Ein intimes Verhältnis schien unwahrscheinlich, bei dem Altersunterschied. Und doch hatten sie eines gemeinsam, ihren Mörder. Da die Motive meist im unmittelbaren Umfeld der Opfer zu finden sind, würde es nicht allzu schwer sein die Hintergründe für die Verbrechen und den Täter zu finden. Alles nur eine Frage der Zeit.

Und auch dass das zweite Opfer da nicht hineinpasste, auch das würde sich auflösen. So dachte Hartmann. Zu Beginn.

***

„Soll ich dich nach Hause begleiten?“ Der Junge strahlte das dunkelhaarige, ausnehmend hübsche Mädchen an. Mitternacht war längst vorbei und im Osten zeigte sich ein erster heller Streifen am Horizont. Die Clique hatte eben das Oasis verlassen. Im Moment war es das angesagteste Lokal der Stadt mit der besten Musik und dem bekannten DJ Dummy. Die Jungen aus Birrhausen und Umgebung trafen sich dort. Auch hier waren die Toten das Gesprächsthema des Tages. Wer hatte die drei Menschen erschossen? Viele der Jungen hatten den alten Moser gekannt, waren bei ihm zur Schule gegangen. Doch nicht alle interessierte das Thema, es gab wichtigeres. Die junge Frau lächelte ihn an und ihr Augenaufschlag liess ihn schmelzen.

„Danke, lieb von dir, aber ich finde den Weg schon allein, es sind doch nur ein paar Schritte.“ Und in die Runde sagte sie: „Kommt gut nach Hause, wir sehen uns morgen.“ Der Junge stand da mit hängenden Armen, zu keiner Reaktion fähig. Er schaute ihr nach wie sie um die nächste Ecke verschwand. Den ganzen Abend hatte er versucht ihr näher zu kommen und sie schien nichts dagegen zu haben.

Doch irgendwie hatte er es sich anders vorgestellt, mit einem anderen Ende. „He, Chris, aufwachen.“ Sein Freund Peter stiess ihn in die Rippen. „Du gehst besser nach Hause und überschläfst das Ganze noch einmal.“ Die Clique grinste. Sie hatten längst gemerkt was los war, dass sich Chris in Susanne verknallt hatte.

„Okay, schon gut“, Chris hob beschwichtigend die Hände, „dann gehe ich eben schlafen. Tschüss, bis morgen.“ Mit hängenden Schultern trottete er davon.

Hätte sie ja sagen sollen? Er hätte sie nach Hause gebracht, bis vor die Haustüre. Chris ist ein sehr sympathischer Typ, dachte sie bei sich, und vielleicht kann noch etwas daraus werden. „Nur nichts überstürzen, Susanne, nur nichts überstürzen“, sagte sie laut zu sich selbst und lächelte. Sie freute sich den Jungen morgen wieder zu sehen und wusste, dass er sie vorher bestimmt anrufen würde.

Beschwingt schlenderte sie durch die Hauptstrasse und bog dann in die Schmiedengasse ein. Noch ein paar Schritte und sie war Zuhause.

Er wusste er würde nicht schlafen können. Zu aufgewühlt war sein Innerstes, waren seine Gefühle durcheinander geraten. Er wollte nicht nach Hause gehen und so lief er ziellos durch die Gassen der Stadt. Als er im Oasis Susanne begegnete, war ihm als würde ihn ein riesiger, schwerer Hammer treffen. Seit dem Kindergarten kannte er sie. Sie waren zusammen in die Schule gegangen, waren zusammen aufgewachsen. Doch sie war nicht mehr das Mädchen vergangener Tage, sie war zu einer wunderschönen Frau geworden. Vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan. Ihre helle, warme Stimme und ihr bezauberndes Lächeln gingen ihm unter die Haut.

Ihre schlanke, tolle Figur, die langen Beine, die kleinen wohlgeformten Brüste, ihr Gesicht einem Engel gleich, umrahmt von schwarzen Locken und dann die meerblauen Augen die so unschuldig, so liebevoll, so zärtlich zu ihm aufsahen. So sah er sie vor sich und glaubte den Verstand zu verlieren. Wie von einem anderen Stern, eine neue, unbekannte und faszinierende Susanne. Hinreissend. Noch nie hatte er ein Mädchen gefragt ob er sie nach Hause bringen soll. Doch heute hatte er es getan. Dafür musste er seinen ganzen Mut zusammennehmen. Und was war dann geschehen?

Er hatte da gestanden wie versteinert, hatte keinen Ton mehr herausgebracht, war wie paralysiert. Was war er doch für ein Hornochse, wohnten sie doch so nahe beieinander, nur wenige Häuser lagen dazwischen, in der gleichen Gasse.

„Chris, Chris, du bist ein Idiot, ein hirnverbrannter, verblödeter Idiot“, schimpfte er mit sich selbst und schüttelte den Kopf.

Dann drehte er sich abrupt um. Nun kannte er sein Ziel. Erst wenige Minuten waren vergangen seit sie sich getrennt hatten und schon sehnte er sich nach ihrer Nähe, wusste, dass er bis zum Wiedersehen keine ruhige Minute mehr haben würde. Alle seine Gedanken drehten sich nur noch um Susanne. Seine wunderbare Susanne. Er war hoffnungslos und unsterblich verliebt. Das beflügelte seinen Schritt und er rannte so schnell, dass er glaubte zu fliegen.

Als er in die Schmiedengasse einbog blieb sein Herz stehen. Sein Gehirn konnte nicht akzeptieren was seine Augen sahen. Er konnte sich nicht bewegen. Alles in ihm weigerte sich, blockierte ihn.

So traf es ihn und er stürzte neben Susanne auf das graue, harte Pflaster.

Der Tod vereinte die beiden jungen Menschen, noch bevor sie im Leben zueinander gefunden hatten.

***

Schon frühmorgens überspannte ein wolkenloser Himmel das Firmament. Die Sonne glich einer goldenen Scheibe die langsam gegen den Zenit wanderte. Die Schwalben segelten durch die Luft auf der Jagd nach Insekten und die Amseln auf den Dächern liessen ihren Gesang ertönen. Ein wunderschöner Tag kündigte sich an.

Hartmann drückte ein weiteres Mal auf den Knopf an seiner chromglänzenden, vollautomatischen Espressomaschine. So ein Automat war doch eine wunderbare Sache. Nach Gebrauch die Maschine kurz abwischen und gelegentlich frische Kaffeebohnen nachfüllen. Der Kaffeesatz fiel in eine Plastiktüte in einem speziellen Behälter, welchen er einmal die Woche entleeren musste. Wasser musste er auch nicht nachfüllen, denn er hatte einen festen Anschluss installieren lassen.

Seine Küche war nicht gross. Neben den normalen Einbaumöbeln mit gelber Oberfläche und der Abdeckung aus schwarzem Marmor, hatte noch ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen Platz. So klein die Küche auch war, er hatte sie mit den ausgeklügeltsten Apparaten und Maschinen ausstatten lassen.

Nebst dem Kaffeeautomaten gab es noch den Herd mit Sensorsteuerung und automatischen Kochprogrammen. So konnte nie etwas überkochen oder anbrennen. Der Heissluft-Backofen mit Grill und Fleischthermometer und der Dampfgarer, waren auf Augenhöhe eingebaut. Eine Brotschneidemaschine welche auch Fleisch und Wurst schneiden konnte, verschwand nach Gebrauch wie durch Zauberhand unter der Küchenabdeckung.

Daneben stand ein mächtiger, dunkelblauer Kühlschrank mir zwei Türen. In der einen Tür war eine Eiswürfelmaschine eingebaut.

Alles Apparate die ihm eine Menge Arbeit abnahmen, der Traum einer jeden Hausfrau.

Hätte es eine Maschine gegeben die alle Mahlzeiten seiner Wahl zubereitet, seinen Tisch gedeckt, alles wieder abgeräumt, gewaschen, geputzt und wieder eingeräumt hätte, in Hartmanns Küche wäre sie zu finden gewesen. Er legte die Zeitung beiseite und gönnte sich einen weiteren Espresso aus frisch gemahlenen, dunkel gerösteten Arabicabohnen.

Das Wichtigste hatte er gelesen. Die drei Morde standen auf der Titelseite als Schlagzeile, die weiteren Informationen waren dann aber auf den Lokalteil verbannt worden, weil ein Spionageskandal das Land erschütterte und hohe Politiker darin verwickelt waren. Hartmann war es recht so. Grosse Publicity behinderte nur die Ermittlungen. Ein pensionierter Lehrer, ein Familienvater und eine junge Lehrerin wurden gestern erschossen aufgefunden, las Hartmann.

Dann stand da noch, dass sich Zeugen bei der örtlichen Polizei oder dem nächsten Polizeiposten melden sollen. Er wollte sich einen weiteren Espresso aus der Maschine lassen, als das Telefon klingelte.

„Nicht mal beim Frühstück hat man Ruhe“, brummte er und griff zum Hörer. „Hartmann.“

„Morgen, Hans, hier ist Anton. Ich störe dich nur ungern so früh, aber wir brauchen dich in der Schmiedengasse. Vor der 19 liegen zwei Tote. Beide mit einem Pfeil im Rücken.“ Hartmann schluckte schwer.

„Ich bin in fünf Minuten da.“ Die Lust auf Frühstück war ihm vergangen. Der Tag fing ja gut an.

***

Auch bei diesen Morden gab es keine Zeugen, keine Spuren. Wie die anderen Opfer wurden auch die beiden jungen Menschen schliesslich in einen Zinksarg gelegt und in die Pathologie überführt. Arbeit für Von Au. Das Ganze erweckte schon den Anschein von Routine. Erschreckend. Hartmann sah schon die Schlagzeilen der Sonntagspresse vor sich. „Wieder Mord in Birrhausen. Fünf Tote in zwei Tagen“.

***

Das unscheinbare Haus lag an einer Seitengasse in der Berner Altstadt. Die Farbe war längst verblasst und an den Fenstern löste sich der Anstrich. Das Haus hatte schon bessere Jahre gesehen und eine Renovation wäre schon lange notwendig gewesen. Doch der Eigentümer schob diese immer wieder hinaus. Die Namensschilder an den Klingeln waren vergilbt und unleserlich geworden, alles wirkte heruntergekommen. Im zweiten Obergeschoss stand Hasler am Fenster und schaute auf die Gasse hinaus.

„Hat er den Auftrag angenommen?“

„Ja, hat er“, sagte Hasler, ohne sich umzudrehen. „Wie immer wird Schneider für uns die Drecksarbeit machen und wie immer wissen wir von nichts.“

„Gut, dann lassen wir es so laufen. Und wenn doch etwas nach draussen durchsickern sollte, dann wissen sie welcher Kopf rollen wird. Schauen sie, dass alles läuft wie geplant.“ Hasler hörte hinter sich die Tür ins Schloss fallen. Er war wieder allein.

„Scheiss Chef, Scheiss Job“, dachte er und wusste, dass er niemals wieder aus der Sache herauskommen würde.

Einmal Geheimdienst, immer Geheimdienst. Das ist auch in der kleinen Schweiz nicht anders. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück und liess sich auf den alten Bürostuhl sinken.

Die vergilbten Tapeten, die Decke vom Zigarettenrauch gelblich verfärbt, der dunkle Plastikboden und das Mobiliar das aussah wie aus dem Sperrmüll, diese triste Umgebung vermochte seine Stimmung auch nicht zu verbessern. Er griff nach der Tageszeitung und die Schlagzeile liess ihm das Blut in den Adern gefrieren. „Tote in Birrhausen“. Sein einziger Gedanke war „Schneider“.

Das Ende ist immer nahe 1

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