Читать книгу Entfesselte Emotionen - Uschi Gassler - Страница 10
ОглавлениеStubentiger
Hütet Mauseloch
Lauernde Anspannung ermüdet
Konzentrationsmanko vs. pfeilschnelle Nagetiertaktik
Katzenjammer
MIZZI SCHLÄFT
Dort, auf der Bank vorm Haus, da liegt sie. Eingerollt auf Omas alter Kuscheldecke, die Hinterpfoten entspannt zur Seite gelegt, auf den vorderen ruht ihr Kopf. Das wuschelige Ende des buschigen grauen Schwanzes reicht bis vor das Näschen, der ausströmende Atem lässt die feinen Fellhaare tanzen.
Die Sommersonne hält ihre Kraft noch zurück, es ist ein klarer Sonntagmorgen. Die Glocken im nahen Kirchturm fordern energisch laut zum Kirchgang auf.
Oma berührt das gar nicht, sie lässt ihre warme Hand über das Katzenköpfchen gleiten, seufzt laut auf mit einem Lächeln im Gesicht und geht ins Haus, die Zubereitung des Mittagsbratens ruft.
Das sanfte Streicheln scheint auch der tief schlafenden Mizzi gefallen zu haben, eine Pfote fährt hoch, streicht über die Schnurrhaare, um dann wieder schlaff auf die Decke zu fallen und ruhig liegen zu bleiben.
Eine Biene nähert sich. Mit bedrohlich lautem Summen surrt sie um Mizzi herum, stellt wohl fest, dass es weder im sonnenheißen Fell noch auf der fusseligen Decke etwas Nahrhaftes für sie gibt, duckt sich weg, als ein Katzenohr zuckt, und nimmt rasch Kurs auf das Blumenmeer im Vorgarten. Lässt sich schwebend abwärtstreiben und verschwindet in einer lila Riesendolde.
Das Summen ist verstummt, die Glocken schweigen mittlerweile ebenfalls. Energisch zänkisches Vogelgezwitscher und Geträller drängt aus dem Geäst der Birken, die mitten auf dem Dorfplatz stehen, oder auch aus dem Buschwerk drum herum. Sonst ist es still, lediglich dezentes Geschirrklappern drängt aus dem offenen Küchenfenster und Omas fröhliches Pfeifen, das vielleicht eine Melodie aus dem Radio begleitet. Von Opa hört man nichts, er ist wohl versunken in seine »Bild am Sonntag«.
Mizzi stört das alles ohnehin nicht, so tief entrückt in ihrem Traum, der all ihre Sinne einfordert. Die Hinterpfoten zucken auf, als setzten sie zum Sprung an, dann gespannte Ruhe.
Unter den halbgeschlossenen Lidern bewegen sich nervös die Augäpfel hin und her, ein lauerndes Verfolgen eines Spielobjektes. Etwa eine Maus? Hat sich die zu weit herangewagt? Sitzt sie gar auf ihrem kleinen Popöchen, baut vor der Katzennase ein Männchen und lugt mit mutigem Knopfäugleinblick in Mizzis Pelzgesicht? Will sie prüfen, was die reglose Feindin da tut?
Du freche Maus, das geht doch nicht! Gleich kriegst du’s hinter deine Mauseohren.
Ein Beben jagt durch Mizzis Körper, der Kopf schreckt hoch, die Augen irren suchend umher. Wo ist das dreiste Nagetier, wie kann es so schnell verschwinden?
Schade, ach schade, die Oma hätt sich arg gefreut, wenn Mizzi ihr das Spielzeug in die Küche hätte bringen können.
Der Opa sicher nicht.
Mizzi streckt und reckt sich, gähnt und lässt ihren Blick lauernd umherschweifen. Nein, die Maus ist weg.
Na warte, du vorwitziges Ding, bis zum nächsten Mal!