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Morgens an einem ganz normalen Tag

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Der automatische Bett-Rüttler beginnt wie jeden Morgen seine Arbeit und ich werde so lange hin und her geschüttelt, bis ich mich auf den Bauch drehe und die rote Taste am Display herunterdrücke. Ich bleibe so liegen, denn wie immer fordert mich der Weckassistent auf dem kleinen Bildschirm auf, den Weckvorgang zu bewerten. Gähnend tippe ich auf vier der fünf Sterne. Jetzt erlischt die Anzeige, ich drehe mich wieder um.

Wenn ich nicht in zwei Minuten aufgestanden bin, beginnt die Rüttelei erneut. Darum werfe ich die Bettdecke auf das Fußende und springe voller Elan aus dem Bett. Meine Pantoffeln sind vorgewärmt und ich schlurfe ins Bad. Während ich mich auf die Toilette niederlasse, denke ich an die Kaffeemaschine und setze sie kraft meiner Gedanken in Gang. Dann nehme ich den Haarreif ab, der mein Gehirn kontrolliert und sage der Dusche, dass sie mir mittelwarmes Wasser liefern soll. Nach dem Duschen und Abtrocknen stelle ich mich vor den Spiegel. Ich setze den Haarreif wieder auf.

„Guten Morgen, liebe Ute“, sagt eine freundliche Männerstimme. „Du siehst heute wieder sehr gut aus. Ich empfehle die Bürste mit den weichen Borsten für die Haarpflege.“

Ich nehme die empfohlene Bürste und frage mich, warum ich mich in einer Welt, die fast alles kann, noch selbst kämmen muss. In der ganzen Zeit streift mich ein warmer Luftstrom von oben und trocknet meine Haare. Was ich anziehen soll, sehe ich auf dem Display neben der Tür, ich nehme die Sachen aus dem Schrank, schlüpfe hinein und bestätige mit dem grün leuchtenden Button.

In der Küche angekommen, höre ich, wie meine Kaffeemaschine ihre Arbeit beendet, die Tasse dreht sich mir entgegen. Ich spreche ein „Danke“ in das kleine Mikrofon neben dem Filter. Es klingelt und der Bote vom automatischen Brötchenservice steht vor der Tür.

„Körner oder Weißmehl?“, fragt ein blonder junger Mann und lächelt.

„Heute mal zwei Körner, danke“, sage ich und lächle zurück.

Er hält mir den kleinen Bildschirm hin und ich bestätige die Lieferung, die gleichzeitig die Abbuchung von meinem Konto in Auftrag gibt. Gerne hätte ich den Boten geküsst, denn er ist wirklich süß, aber das war verboten. Es würde ihn den Job kosten, denn die Kamera auf seinem Helm beobachtete sein Verhalten während der gesamten Arbeitszeit. Ich hebe also nur meinen Daumen in Richtung der Linse und zeige an, dass ich in Zukunft weiter diesen Boten bevorzuge.

Nach dem Frühstück gehe ich in mein Arbeitszimmer und warte, dass mein Computer mir sagt, was ich heute tun muss. Ich habe ihn mit einer Frauenstimme programmiert, denn ich arbeite lieber mit Frauen zusammen.

„Pling!“, macht es und der Bildschirm öffnet sich.

„Guten Morgen, heute haben Sie zwei Stunden Deutsch, ein Elterngespräch und eine Klassenkonferenz. Danach unterrichten Sie eine Stunde Musik. Zum Abschluss findet eine Feedbackstunde zur Rechtschreibung für den letzten Aufsatz statt. Bitte bestätigen Sie den Code 755632 und beginnen Sie mit der Arbeit.“

Ich bestätige und schalte auf Großbild. Vor mir sitzen acht Schülerinnen, die in meiner Cyber-Klasse sind und begrüßen mich. Wir arbeiten genau im vorgegebenen Zeitrahmen, danach führe ich das Gespräch mit den Eltern einer Schülerin und logge mich anschließend für eine kleine Pause aus. Ich gehe ins Wohnzimmer, wo der Staubsauger-Roboter sofort aufhört zu saugen, damit ich meine Ruhe habe.

Im Garten sitzen die Vögel neben dem Futterautomaten und warten auf die schmackhaften Leckereien. Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass ich noch zehn Minuten habe, also beschließe ich, meine automatisch ausgewählte Freundin anzurufen.

„Hallo Anna, wie geht es dir?“, frage ich in das Bildtelefon.

„Mir geht es gut“, antwortet sie und ich bin froh, sie ausgewählt zu haben.

Anna ist so alt wie ich, ebenfalls ohne Mann oder Kind und Lehrerin von Beruf. Sie ist schlank, hat volle Haare, ist gesund und hat keinerlei Probleme. Das garantiert mir eine wunderbar unkomplizierte Freundschaft. Wir halten eine Weile Smalltalk und am Ende schickt sie mir das Rezept für das Essen, was ich heute kochen möchte. Weil ich aber so viel arbeiten muss, leite ich das Rezept direkt an den Kochservice weiter und laufe wieder nach oben. Die Bestätigung höre ich schon nicht mehr, denn ich muss weiterarbeiten. Ich lege mir den Massage-Schal um die Schultern, weil das alles so stressig ist und logge mich wieder ein.

„Sie sind eine Minute zu spät.“

„Steh auf! Wir müssen aufstehen! Mama!“

Ich schrecke hoch und finde mich im Bett wieder. Mein Hund springt zu mir hinauf und leckt mir über die Nase, während meine Tochter Luisa am Bett rüttelt und lacht. Ich schließe sie in die Arme und kitzle sie. Ich greife nach dem Handy, das auf dem Nachttisch liegt und lese die Nachricht, die meine Freundin hinterlassen hat: „Moin Süße, sorry, dass ich schon störe, aber meine Welt muss wieder gerade gerückt werden. Alles ist Scheiße!“

Ich tippe: „Okay, komm heute Abend vorbei, ich habe Schokolade, Chips und Wein.“

Dann nehme ich meine Kleine noch einmal in den Arm. Sie schmiegt sich an mich, der Hund rollt sich am Fußende zusammen, etwas drückt an meinem Kopf. Es ist der pinkfarbene Haarreif mit der goldenen Schleife, den Luisa mir im Schlaf aufgesetzt hatte.

„Mama, du bist jetzt am schönsten, ich habe dich ganz doll lieb.“

„Ich dich auch, mein Schatz“, sage ich voller Erleichterung.

Die Zukunft ist Gott sei Dank noch weit weg und langsam verblasst der Traum.

Menschen sind super

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