Читать книгу Unerfreuliche Geheimnisse - Ute Dombrowski - Страница 4
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ОглавлениеPaolo hatte für Nelly eine Kette gekauft, dazu einen Strauß roter Rosen und er hatte einen Gutschein für ein Abendessen gebastelt. Er hatte außerdem mit Benjamin und Christian eine Überraschung vorbereitet. Paolo hatte sein Zimmer neu gestrichen. Es gab nun in der einen Ecke neben dem Fenster einen Schaukelstuhl. Das schmale Bett war verschwunden. In Nellys altem Kinderzimmer nebenan hatten die Männer ein Schlafzimmer eingerichtet. Ein neues, breites, weißes Bett und zwei weiße Kleiderschränke standen auf einem weichen Teppichboden, am Fenster gab es einen großen Spiegel. Bilder an den zartgrünen Wänden machten alles rundum gemütlich. Zu guter Letzt hatten Benjamin und Christian eine Verbindungstür, die immer zugestellt war, wieder ihrem Zweck zugeführt, nachdem sie sie abgeschliffen und gestrichen hatten.
Paolo und Benjamin saßen nun auf der Couch und betrachteten durch die offene Tür das Ergebnis ihrer Bemühungen. Sie waren zufrieden.
„Nelly war schon sauer, dass sie nicht zu mir durfte“, sagte Paolo. „Sie ist aber auch zu neugierig. Das hätte mir fast die Überraschung versaut.“
„Tja, so sind die Frauen. Und Nelly und Katja sind besonders. Besonders neugierig, besonders ungeduldig und besonders unvernünftig.“
Paolo und Benjamin lachten und erhoben sich. In der Küche aßen sie zu Abend und dann machte sich Paolo auf den Weg zu Nelly, die nach der Runde mit dem Hund nun ungeduldig auf ihren Freund wartete.
„Du kommst aber spät“, begrüßte Nelly ihn missmutig an der Tür. „Papa wirft dich bestimmt gleich wieder raus.“
„Süße, hör auf zu schmollen, ich habe dir doch gesagt, es hat mit deinem Geburtstag zu tun. Darf ich vielleicht mal reinkommen?“
Er schob Nelly zur Seite und lief an ihr vorbei in die Küche, um Katja und Christian zu begrüßen.
„Na endlich“, sagte Nellys Vater und hob die Hände, als würde er dem Himmel danken. „Meine Tochter nervt uns schon die ganze Woche, dass du so viel unterwegs bist und sie nicht zu dir darf. Jetzt sag mir bloß, dass du endlich fertig bist!“
Paolo lachte, nickte und legte den rechten Zeigefinger auf seine Lippen. Christian hatte den Schaukelstuhl besorgt und nichts verraten. Katja saß daneben und lächelte still vor sich hin. Wenn sie an die vielen spannenden Geburtstage dachte, an denen sie von ihren Mitmenschen überrascht worden war, überkam sie ein bisschen Wehmut. Nelly schien nicht in ihre Fußstapfen zu treten.
„Ich hasse Überraschungen. Ihr mit eurer Heimlichtuerei. Ich bin froh, wenn der Geburtstag endlich vorbei ist. Könnt ihr mir nicht einen kleinen Tipp geben? Einen ganz, ganz kleinen nur! Ich kann sonst nicht schlafen.“
Die drei anderen schauten sich an und grinsten.
„Nein, auf keinen Fall“, erklärte Paolo. „Hast du gefragt?“
„Was gefragt?“
„Unser Wochenende bei meinem Cousin.“
„Ich habe Mama gefragt.“
„Ach ja?“, mischte sich nun Christian ein. „Was ist denn mit dem Wochenende?“
Katja wollte Nelly einen Gefallen tun und sagte sachlich: „Die jungen Leute wollen nach Eltville verreisen und Paolos Cousin besuchen.“
„Verreisen?“, fragte Christian grinsend.
„Papa! Hör auf zu lachen. Mann, wir wollen einfach Freitag losfahren und Sonntag wiederkommen. Die Entfernung ist doch egal. Und ich bin dann schon ganz alt.“
Katja nickte Christian zu, dem es nicht leichtfiel, sein kleines Mädchen in die große Welt loszulassen. Ihm fielen dann immer wieder die Dummheiten ein, die Nelly mit ihrer Freundin vor eineinhalb Jahren angestellt hatte. Er hatte davon noch genug. Darum begann er eine Befragung mit Paolo.
„Wie heißt dein Cousin?“
„Leon. Er ist der Sohn meines Onkels, der die Pizzeria hat.“
„Wie alt?“
„Zweiundzwanzig.“
„Beruf?“
„Polizeischüler. Er macht ein Praktikum in Eltville.“
„Wo wohnt er?“
„In einer kleinen Wohnung in der Nähe der Polizeistation.“
„Papa! Das ist total unangenehm. Hör mit dem Verhör auf!“, rief Nelly jetzt erbost.
Paolo winkte ab. Er kannte Christian und fand es völlig in Ordnung, dass er sich um seine Tochter Sorgen machte. Und nachdem, was Nelly über das wilde Leben ihrer Mutter angedeutet hatte, war das wohl auch berechtigt. Nicht, dass Nelly noch genauso viel Quatsch machte. Er legte einen Arm um seine Freundin und küsste sie.
„Dann wünsche ich euch viel Spaß“, sagte Christian.
„Danke Papa, toll!“
Nelly fiel ihrem Vater um den Hals. Katja lächelte. Sie dachte: Eigentlich haben wir unsere pubertäre Tochter doch ganz gut hinbekommen, auch wenn wir schon so alt sind. Sie würde im Sommer dreiundsechzig Jahre alt werden, Christian neunundfünfzig. Es war ein langer Weg gewesen, bis sie hier so glücklich und zufrieden mit ihm und Nelly leben konnte. Sie hoffte, Nelly würde ihr Lebensglück früher finden und immer glücklich sein.
Paolo folgte Nelly in ihr Zimmer, wo er sie sanft auf das Bett schob und sich neben sie legte. Zärtlich küsste er sie und ließ eine Hand unter ihr T-Shirt wandern. Sie presste gierig ihren Körper an seinen.
„Ich freue ich auf morgen. Denk nicht, ich mag deine Überraschung nicht. Aber es macht mich verrückt, dass ich so gar keine Ahnung habe.“
„Das hältst du nun auch noch eine Nacht aus. Ich komme morgen früh gleich her, die richtigen Geschenke bekommst du dann am Mittag, wenn ich dich von der Schule abgeholt habe. Lade bitte deine Freundinnen zum Kaffee auf das Weingut ein. Wer wird denn kommen?“
„Simona, Ina, Norma, Becky, mehr nicht. Wir fahren alle zusammen mit dem Bus, also musst du nicht kommen. Vielleicht Simonas neuer Freund. Er ist Musiker. Noah heißt er und hat Simona noch nicht geküsst. Ich wünschte, er würde es endlich tun, damit sie nicht mehr die ganze Zeit davon redet.“
Lachend erwiderte Paolo: „Eure Probleme möchte ich haben! Wenn er morgen mitkommt, gebe ich ihm einen Tipp.“
„Bloß nicht! Dann bekomme ich Ärger, weil ich dir davon erzählt habe. Musst du schon weg?“
Paolo war aufgestanden und zog Nelly mit hoch. Er schloss sie in die Arme, nickte und küsste sie. Nelly begleitete ihren Freund, der Katja und Christian zugewinkt hatte, noch an die Tür.
„Geh schlafen, wenn du wieder aufwachst, hast du Geburtstag. Bis morgen, meine Süße. Gute Nacht.“
Nelly wartete an der Tür, bis er ins Auto eingestiegen war, und seufzte. Sie sagte ihren Eltern Gute Nacht und ging schlafen.