Читать книгу Stuttgarter Rätseltouren - Ute Friesen - Страница 9
ОглавлениеTOUR 2
VON DER URZEIT IN DIE GEGENWART
LÄNGE 4,62 KM | AUFSTIEG 57 M | ABSTIEG 28 M
Diese Tour lässt sich mit einem Besuch des Naturkundemuseums am Löwentor (Urweltmuseum) verbinden.
START: Stadtbahn-Haltestelle Löwentor
ZIEL: Hauptbahnhof
1. Löwentor
Das Löwentor heißt so wegen des großen Löwen, der darauf steht. Entworfen hat ihn ein Italiener: Antonio Aloysius Petrus Isopi. Der kam 1807 mit 35 Jahren nach Stuttgart an den Königshof, denn er galt als Spezialist für Tierdarstellungen. Der Löwe auf dem Tor steht identisch auch vor dem neuen Schloss. Ein so großes Tier aus Metall herzustellen, war vor etwa 200 Jahren eine Sensation. Allein die Herstellung der Gussform, in die man das heiße, flüssige Eisen gießen konnte, benötigte 958 Arbeitstage.
Hinter dem Löwentor liegt ein sehr großer Park. Hier leben etwa 100 Hasen, so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland auf ähnlich kleinem Gebiet. Oft kann man sie beobachten, besonders gut morgens und abends.
2. Hauerelefant
Das Skelett dieses komischen Elefanten wurde 1976 beim Bau einer Autobahn ausgebuddelt. 18 Millionen Jahre ist es alt. Es handelt sich um einen Hauerelefanten, diese Tierart ist inzwischen ausgestorben. Schuld sind nicht die Menschen. Die gab es nämlich noch nicht, als die letzten dieser Elefanten lebten. Die Tiere, die sich von weichen Früchten und Blättern ernährt haben, sind wohl verhungert, als sich das Klima in Europa während einer Eiszeit verändert hat. Das Tier war schlanker als die heutigen Elefanten, hat im Verhältnis höhere Beine und einen ziemlich langen Hals. Auffällig ist aber, dass zwei lange Zähne nach unten statt nach vorne zeigen.
3. Plateosaurus
Der Plateosaurus wird auch als Schwäbischer Lindwurm bezeichnet, weil er bei uns besonders oft gefunden wurde. In einem Steinbruch in Trossingen, zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, wurden Anfang des 20. Jahrhunderts von Kindern Knochen entdeckt und ihrem Lehrer übergeben. Der ahnte, dass diese etwas Besonderes sind, und verständigte den damaligen Chef des Naturkundemuseums in Stuttgart. Dieser fing vor Ort an, systematisch nach den Dinosaurierskeletten zu graben. Auch seine Nachfolger forschten weiter. Es wurden 35 vollständige Skelette gefunden. Man kann vermuten, dass die Dinosaurier also in Herden über die damals noch heiße und trockene schwäbische Wüste liefen.
Stadtbahn-Haltestelle Mittnachtstraße
4. Deportationsstelle
Hier befindet ihr euch an einer geschichtlich traurig-bedeutenden Stelle: Auf den Gleisen am Nordbahnhof begann im Dritten Reich für über 2000 Menschen eine Reise in den Tod. Es waren Menschen jüdischen Glaubens sowie Sinti und Roma, die man damals „Zigeuner“ nannte. Die Nazis haben sie aus verschiedenen Gegenden Badens und Württembergs nach Stuttgart gebracht. Nur zehn der von Stuttgart mit dem Zug in Konzentrationslager gebrachten Menschen haben das Ende des Zweiten Weltkrieges und ihre Befreiung erlebt. Eine davon ist Inge Auerbacher. Sie war sieben, als sie mit ihren gläubigen jüdischen Eltern 1942 ins Konzentrationslager kam. Die Familie lebte schon viele Generationen lang in Deutschland.
Inge Auerbachers Leben im Konzentrationslager war ein Albtraum: Hunger, Angst und Krankheiten waren alltäglich. Ihre beste Freundin, Ruth, wurde vergast. Inge selbst hat überlebt, wohnt in den USA und hat über ihr Leben ein Kinderbuch geschrieben. Du findest den Titel auf der Informationstafel.
5. Eichhörnchen
Auf dem Pragfriedhof leben viele sehr zutrauliche Eichhörnchen. Eichhörnchen gehören zu den Allesfressern: Sie verzehren Pflanzenteile wie Samen, Knospen, Beeren und Blüten von Bäumen, aber auch Insekten, Schnecken, junge Vögel und Vogeleier. Auf dem Friedhof können viele Eichhörnchen dicht beieinander leben, denn sie finden genug zu fressen. Viele Stuttgarter kommen regelmäßig auf den Friedhof und füttern die Tiere. Wenn ihr die Eichhörnchen füttern wollt, könnt ihr ihnen Haselnüsse, Walnüsse, Sonnenblumenkerne, Karottenstückchen, ungezuckerten Zwieback, Wassermelone, Apfelstücke, Weintrauben, Kastanien, Bucheckern oder Eicheln bringen. Beobachtet, wie die Eichhörnchen Nüsse knacken.
6. Zeppelingrab
Hier in diesem Grab wurde Graf von Zeppelin vor fast 100 Jahren begraben. Er war der Erfinder des Zeppelins. Heute kann man manchmal noch kleine Werbezeppeline am Himmel sehen. Ursprünglich dienten die Zeppeline aber zur Beförderung von Personen und Waren. Ihr Erfinder wurde zuerst für einen Spinner gehalten. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. hat ihn als „von all den Süddeutschen den Dümmsten“ bezeichnet; wenig später aber jubelten die Menschen dem Erfinder zu, wo immer er sich sehen ließ. Der Zeppelin galt als Riesensensation. Es wurden Tassen, Kaffeelöffel und unzählige andere Haushaltsgegenstände mit Zeppelinen oder dem schnurrbärtigen Gesicht ihres Erfinders verziert. Der Zeppelin galt als Zeichen des Fortschritts. Im November 1908 verlieh der erst skeptische Kaiser seinem Erfinder den „Schwarzen Adlerorden“, die höchste damals zu vergebende Auszeichnung, und nannte ihn „den größten Deutschen des Jahrhunderts“.
7. Russische Kapelle
Die Kapelle auf dem Pragfriedhof ist eine orthodoxe Kirche russischer Tradition. Die Gemeinde feiert in der Art, wie es in russischen Kirchen geschieht, aber im Allgemeinen wird dort Deutsch gesprochen und auch der Leiter der Gemeinde, Johannes Kassberger, ist Deutscher. Die Gottesdienste laufen aber ganz anders ab als in der evangelischen und katholischen Kirche. Keiner sitzt auf seinem Platz, schaut auf die Uhr und wartet, dass um 10 Uhr das Anfangslied gesungen wird, sondern die Besucher stehen. Sie kommen zu unterschiedlichen Zeiten, gehen auch nicht auf einmal – und gesungen wird fast ständig.
Stadtbahn-Haltestelle Pragfriedhof
8. Bocciabahnen
Auf den roten Bahnen im Schlossgarten kann man Boccia spielen – oder anderen beim Spielen zusehen. Beim Boccia wirft man zuerst ein Zielkügelchen. Dann versuchen alle, dieser kleinen Kugel mit ihrer größeren Kugel mit einem Wurf möglichst nah zu kommen. Man kann auch versuchen, schon liegende Kugeln wegzuschießen. Boccia spielen nicht nur Kinder. Das Spiel wurde in Deutschland populär, weil sogar der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, in seinem Urlaub gerne Boccia spielte und die Menschen das in den Nachrichten gesehen haben.
9. Bahnhofsturm
Der Bahnhofsturm ist nicht aus Steinen, wie man zuerst denkt. Der ganze Hauptbahnhof wurde aus Beton gebaut und dann verkleidet. Der Turm steht auf 288 Pfählen aus Stahlbeton. Am Turm befindet sich eine Uhr mit einem Zifferblatt-Durchmesser von fünfeinhalb Metern. Das ist mehr als die Länge eines üblichen Wohnwagens. Mit einem Aufzug kann man kostenlos auf den Bahnhofsturm fahren und hinuntersehen. In den Stockwerken des Turmes wird ein Bahnprojekt erklärt, das in Stuttgart gebaut wird.
10. Königsbalkon
Im Bahnhof in die Schalterhalle hinein ragt ein Balkon. Der wurde nicht gebaut, um sich zu sonnen, denn schließlich hat die Halle ein Dach. Der Balkon war für den König gedacht. Der sollte hier stehen und vom Volk geehrt werden. Das passierte allerdings nie, denn ehe der Bahnhof fertig wurde, musste der König von Württemberg, Wilhelm II., abdanken und Deutschland bekam eine neue Staatsform. Die Monarchie, in der Wilhelm II. herrschte, wurde abgeschafft. Politiker wurden nun gewählt und trafen Entscheidungen im Parlament, die Regierenden wurden vom Volk bestimmt. In dieser Regierungsform leben wir hier in Deutschland auch heute.