Читать книгу Smartoo - Ute Hoffmann - Страница 6
ОглавлениеIn einer anderen Welt
Als Ella die Augen öffnet, sitzt ihr Opa vor ihr. Er lächelt sie an: „Hallo Ella!“ Sie reibt sich die Augen: „Hallo, Opa! Was ist passiert? Was tust du hier? Wo sind wir? Wo sind die anderen? Wie komme ich hierher?“ – „Ach Ella, du bist neugierig wie immer und willst gleich alles auf einmal wissen. Die meisten Fragen kann ich dir noch nicht beantworten. Wo wir beide sind? In einer anderen Welt? Im Himmel? Auf einem Stern? Irgendwo im Weltall? Keine Ahnung! Jedenfalls saß ich vorhin gemütlich in meinem Drehsessel und wollte gerade etwas unternehmen, als plötzlich ein kleinerer Sessel vor mir stand. Das war seltsam und ich wurde neugierig. Und auf einmal warst du da! Aber warum und seit wann und wieso ausgerechnet ich hier bin und jetzt du, weiß ich nicht.“
Ella kann sehr schnell sprechen. Sie sieht sich um und legt los, so schnell, dass Opa immer nur mit „Stimmt!“ antworten kann: „Wir beide sitzen hier in gemütlichen Drehsesseln – nur wir beide. Keine Mama da, kein Papa, keine Klara, keine Oma, keine Freundin… – hier ist jetzt außer uns beiden niemand.
Und um uns herum sieht es langweilig aus.“
„Stimmt!“
„Hier ist keine Blume, kein Baum, kein Garten, kein einziges Tier, nicht einmal eine Fliege, kein Vogel oder kleiner Käfer.“
„Stimmt!“
„Keine Straße, kein Auto, kein Fahrrad, kein Kindergarten, keine Schule, überhaupt kein einziges Haus!“
„Stimmt!“
„Kein Himmel, keine Sonne, keine Wolke!“
„Stimmt!“
Ella wird ungeduldig – das ist bei ihr oft ganz plötzlich so: „Mann Opa, kannst du mal etwas anderes als immer nur „Stimmt!“ sagen? Wir zwei sitzen hier und sehen aus wie zwei Astronauten ohne Raumanzug. Das ist doch superlangweilig. Kannst du mir mal erklären, was hier sonst noch anders ist als zu Hause?“ Opa weiß auch ein paar Beispiele:
„O ja, kein Frühling, kein Sommer, kein Herbst und kein Winter. Also auch kein Regen, kein Schnee, kein Nebel, aber ich kann das ändern.“
Wenn Ella eine völlig andere Meinung hat, etwas ablehnt oder nicht glaubt, schüttelt sie ihren Lockenkopf ganz schnell hin und her und ruft: „Nee, nee, nee!“ Das hat sie sich irgendwann einmal angewöhnt. Opa schmunzelt dann immer oder er fängt an zu lachen. Jetzt ist es wieder einmal soweit. Er hört ihr lautes „Nee, nee, nee! Blödsinn, du schwindelst!“, und sieht Ellas Haare hin und her fliegen. Da dreht Opa sich in seinem Sessel einmal um sich selbst, flüstert ein paar Wörter und schon sitzen die beiden auf einer großen grünen Wiese am Ufer eines kleinen Sees, an dem ein einziger riesiger Apfelbaum steht. „Wow, und jetzt noch Sonnenschein und ein paar Tiere“, staunt das Mädchen.
Opa dreht sich ein zweites Mal um die eigene Achse, flüstert wieder und auf einmal flattern Schmetterlinge um sie herum, Vögel zwitschern, Käfer krabbeln durch das Gras, die Sonne scheint und es duftet wie im Sommer. Ein kleiner Marienkäfer setzt sich auf Ellas Handrücken, als wollte er sagen: „Schön, dass du da bist.“ Ella reibt sich schon wieder die Augen: „Das gibt es nicht. Träume ich oder bist du ein Zauberer geworden? Wie machst du das? Das will ich auch können!“ – „Typisch Ella!“, meint Opa. „Nun mal langsam, junge Dame, eins nach dem anderen. Ich bin sicher, dass es dir hier nie langweilig wird.“
Ella zuckt die Schultern und sieht ihren Opa erwartungsvoll an. Er fragt: „Du wolltest doch wissen, was hier noch anders ist.“ Sie nickt und Opa erklärt ihr: „Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt. Tag und Nacht gibt es auch nicht. Ich werde nie müde und muss nicht schlafen. Die Zeit spielt keine Rolle. Außerdem habe ich keinen Hunger und keinen Durst. Also muss ich auch nichts essen und nichts trinken.“ Entgeistert sieht Ella ihn an: „Waaas? Dann verhungerst und verdurstest du doch! Und wenn du nicht schläfst, wirst du irgendwann krank.“ – „Nein, Fräulein Neunmalklug, das glaube ich nicht. Jedenfalls bis jetzt nicht und mir geht es prima.“
„Aber Opa, denk doch mal an ein Eis oder eine Pizza oder an dein Lieblingsessen Goulasch mit Nudeln!“ Er sieht seine Enkelin an und lächelt: „Hunger habe ich wie gesagt nicht, Geschmack auf etwas schon. Ich kann mir etwas zu essen und zu trinken wünschen. Es schmeckt immer prima. Ich kann essen, so oft und so viel ich will. Es wird mir nie schlecht, das habe ich schon mehrmals ausprobiert. Möchtest du etwas essen?“ Dieses Angebot nimmt Ella sofort an und sagt: „Ich hätte gerne eine große Pizza Hawaii und eine Riesenportion Eis, am liebsten Schokolade und Zitrone.“ Also bestellt Opa laut für sich Goulasch, Nudeln, Erbsen und ein Glas Rotwein und für Ella eine Pizza Hawaii, Schokoladen- und Zitroneneis und eine Apfelsaftschorle. Schwupps – schon steht alles auf einem Tisch und die beiden lassen es sich schmecken. „Mmh, so ein gutes Schokoladeneis habe ich noch nie gegessen. Kann ich noch eins haben? Opa, kneif mich mal, denn ich glaube, dass ich das alles nur träume.“
Opa kneift Ella ganz fest in ihren Arm, aber es tut nicht weh. Er bestellt noch eine Portion Schokoladeneis. Sie schleckt und schleckt und meint: „Ich habe es mir schon immer gewünscht, mal ganz, ganz viel Eis essen zu können, ohne dass ich Bauchweh bekomme. Wird es dir wirklich nicht schlecht, wenn du zu viel isst? Aber dann musst du plötzlich schnell aufs Klo.“ Da fängt er an zu lachen: „„Nein, eben nicht. Hier gibt es gar kein Klo.“ Ella kann das gar nicht glauben: „Hoffentlich ist das bei mir genauso und mir wird auch nicht schlecht. Wenn nicht, haben wir ein Problem.“ Opa lacht noch lauter: „Dann muss ich eben ein Klo und Klopapier für dich bestellen. Sag mir rechtzeitig Bescheid!“ – „Keine Sorge, Opa, ich bin doch kein Baby mehr, das in die Hose macht. Weißt du noch, wie die Leute am Anfang von Corona jede Menge Klopapier eingekauft haben und die ganzen Regale leer waren?“ Sie stößt plötzlich einen kurzen Schrei aus. Opa sieht sie erschrocken an: „Was ist los? Hast du Schmerzen? Musst du aufs Klo?“
Ella ist ganz aufgeregt: „Nee, nee, nee, überhaupt nicht! Ich habe etwas an deinem linken Unterarm entdeckt. Ist das eine besondere Armbanduhr? Aber es ist größer und länglich und hat sieben Zacken. Und was mich so erschreckt hat: Das Ding ist nicht an deinem Arm, sondern in deinem Arm!“ – „Sehr gut beobachtet!“, lobt Opa sie, „das Ding ist in meinem linken Unterarm und ich kann es nicht abnehmen oder herausziehen, weil es eingewachsen ist. Das ist mein Smartoo. Es schafft alles, was ein normales Smartphone auch kann.“
„Wirklich?“ Ella zählt auf: „Telefonieren, fotografieren, Bilder anschauen, Musik anhören, Sportsendungen und Videos aufnehmen, ansehen und versenden, SMS schreiben, skypen, chatten, im Internet surfen, alles Mögliche runterladen!“ – „Und noch viel, viel mehr!“, wird sie von ihrem Opa unterbrochen. Ella sieht ihn ungläubig an: „Was denn zum Beispiel? Ich sehe ein Display und verstehe nicht, was daran so toll sein soll.“ Sie ist ein wenig verwundert und auch ein wenig enttäuscht.
„Das wirst du nach und nach erleben. Wir haben hier jede Menge Zeit, müssen nicht schlafen und können essen, wenn wir gerade Lust drauf haben. Soll ich dir erzählen, wie ich mein Smartoo bekommen habe? Das ist eine ganz spannende Geschichte.“ Ella ist sofort einverstanden und hört so gebannt zu, dass sie ihren Opa kein einziges Mal unterbricht.