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3.7Die Rechenschaftspflicht der Parteien

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161Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG müssen die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. Dieses Transparenzgebot ist Ausdruck des Demokratieprinzips. Wähler sollen etwaige finanzielle Interessen und Abhängigkeiten der Parteien erkennen können. Die alljährlich nach den Vorgaben der §§ 23 ff. PartG aufzustellende Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist von einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen und sodann dem Bundestagspräsidenten vorzulegen, der die Berichte als Bundestags-Drucksache veröffentlicht. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang die Publizitätspflichten: Spenden einer Person an eine Partei, die einen Betrag von 10.000 Euro im Jahr übersteigen, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht auszuweisen (§ 25 Abs. 3 PartG).

Der Pflicht zur Rechenschaftslegung verleiht das Gesetz dadurch Nachdruck, dass der Anspruch auf die unmittelbare Teilfinanzierung von der Vorlage eines Rechenschaftsberichts abhängt. Hierüber ist es im Zusammenhang mit dem Parteispendenskandal von 1999/2000 zum Rechtsstreit gekommen.105 Die Frage war, ob die Vorlage eines nicht der Wahrheit entsprechenden Rechenschaftsberichts den Bundestagspräsidenten berechtigt bzw. verpflichtet, die Auszahlung staatlicher Mittel bis zur Vorlage eines richtigen Rechenschaftsberichts in vollem Umfang zu verweigern. Aus dem verfassungsrechtlichen Zweck der Rechenschaftspflicht, Transparenz herzustellen, folgt ohne Weiteres, dass das Gesetz auf eine wahrheitsgemäße Rechnungslegung zielt. Damit ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, wie das Parteiengesetz diesen Zweck zu erreichen sucht. Da es für die Abgabe eines fehlerhaften Berichts in § 23a PartG 1994 eine Sanktionsnorm vorsah, wonach der Anspruch auf staatliche Mittel in Höhe des zweifachen rechtswidrig erlangten oder nicht im Rechenschaftsbericht deklarierten Spendenbetrags entfiel, stellte sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Sanktionsnorm zur Regelung über die Entstehung des Anspruchs in Abhängigkeit von der Vorlage eines Rechenschaftsberichts steht. Dies ist letztlich eine Frage einfachgesetzlicher Systematik und Abstimmung von Rechtsfolgen. So richtig die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts ist, dass nicht bereits „jede in eine hinreichende Form gebrachte Lüge in vollem Umfang zum Bezug staatlicher Mittel berechtigen“106 könne, so wenig ist damit darüber gesagt, ob eine Unwahrheit bei der Anspruchsentstehung oder als Wegfall von Ansprüchen und Sanktion Rechtsfolgen entfaltet. Der Gesetzgeber hat im Anschluss an das Urteil durch das 8. Parteienänderungsgesetz eine differenzierte Lösung gefunden, die aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist, s. §§ 19a, 23a PartG sowie §§ 31a–d PartG. Danach ist ein ohne wesentliche Fehler abgefasster Rechenschaftsbericht Voraussetzung dafür, überhaupt staatliche Mittel zu erhalten.107 Hält der Präsident des Bundestages wegen eines Verdachts der Unrichtigkeit ein Überprüfungsverfahren nach § 23a Abs. 2 PartG für erforderlich, so setzt er die staatlichen Mittel gemäß § 19a Abs. 1 Satz 3 PartG zunächst nur vorläufig und gegen Sicherheitsleistung fest. Erweist sich der Verdacht der Unrichtigkeit als falsch, so trifft er die endgültige Festsetzung, erweist er sich als richtig, so kommen die Sanktionsvorschriften der §§ 31a–d PartG zur Anwendung.

Rechtsprechung: BVerfGE 111, 54 – Rechnungslegung der Parteien; BVerwGE 145, 194 – Sanktionsbescheid wegen Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht.

Literatur: K. Schadtle, Die Sanktionierung spendenbezogener Pflichtverletzungen politischer Parteien und ihre zeitlichen Grenzen, DÖV 2011, 848.

Fallbearbeitungen: D. Lorenz/M. Burgi, Der Streit um die kommunalen Wählervereinigungen, JuS 1990, 822 (Übungsklausur für Anfänger; Rechenschaftspflicht für kommunale Wählervereinigungen?).

Staatsrecht I

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