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Interview mit Nina Lehmann, Career Coach bei von Rundstedt & Partner GmbH zum Thema Outplacementberatung. Das Interview wurde von Ute Reuter geführt.

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Wer beauftragt normalerweise die Outplacementberatung? Das Unternehmen oder der Mitarbeiter selbst?

Nina Lehmann: »Meistens wird die Beratung vom Unternehmen beauftragt. Wie z. B. bei Restrukturierungen, größeren Personalabbaumaßnahmen oder aber auch bei Kündigungen einzelner Mitarbeiter. Den Mitarbeitern wird dann im Rahmen eines Aufhebungsvertrags eine Outplacementberatung angeboten. In den letzten Jahren haben wir jedoch den Trend beobachtet, dass sich Mitarbeiter oder Führungskräfte auch vermehrt als sog. Privatzahler an uns wenden, entweder aufgrund einer Aufhebung des Arbeitsvertrages oder um die eigene Karriere weiterzuentwickeln. Mitarbeiter und Führungskräfte beschäftigen sich immer mehr mit ihrer eigenen Karriere und möchten diese aktiv mitgestalten. Sie fragen sich: Was sind meine Stärken und Kompetenzen, was bewegt mich, welche Werte sind mir wichtig, in welchen Bereichen kann ich meine Kompetenzen einbringen und stifte einen Mehrwert, welches berufliche Ziel ist der nächste Schritt in meiner Karriere.«

Wie läuft eine Outplacementberatung normalerweise ab? Bitte gib uns ein praktisches Beispiel aus Deiner Beratungserfahrung.

Nina Lehmann: »Die Beratung beginnt normalerweise mit der sog. Standortbestimmung. Dabei arbeiten wir mit unserem Klienten an den folgenden drei Fragestellungen: Was kann ich? Was will ich? Was braucht der Arbeitsmarkt? Daraus lässt sich dann die berufliche Zielsetzung ableiten. Die Standortbestimmung ist vor allem dann sehr wichtig, wenn sich der Klient andere Tätigkeitsinhalte oder einen Branchenwechsel wünscht. Ein Beispiel: In der Standortbestimmung habe ich mit einem Versuchsingenieur herausgearbeitet, dass es sein Wunsch war, eine Tätigkeit im Bereich Wissensvermittlung auszuüben. Hierfür brachte er die entsprechenden Kompetenzen mit, weshalb sich daraus die berufliche Zielsetzung des Berufsschullehrers ergab. Steht die Zielsetzung, erstellen wir im nächsten Schritt gemeinsam die schriftlichen Bewerbungsunterlagen. Danach wird an der mündlichen Kommunikation gearbeitet. Hierbei kommen auch Trainings, wie z. B. ein Interviewtraining zum Einsatz. Parallel dazu entwickeln wir mit dem Klienten eine Strategie, wie er die passende Position findet. Die Zugangswege zum Arbeitsmarkt sind abhängig von dem Berufsbild, dem Karrierelevel und der Branche und können sehr unterschiedlich sein. Von einer klassischen E-Mail-Bewerbung auf eine Stellenanzeige, über Bewerbungen an spezialisierte Personalberater, über eigene Netzwerke oder Social-Media-Netzwerke bis hin zur Initiativbewerbung gibt es heutzutage einen bunten Strauß an Möglichkeiten, eine neue Position zu finden. Dabei unterstützen wir unsere Klienten als Marktexperten und bereiten sie gezielt auf die Vorstellungsgespräche vor. Sobald der Klient dann einen Arbeitsvertrag vorliegen hat, beraten wir ihn bei der Entscheidungsfindung. Je nach Beratungsprogramm sogar darüber hinaus, während der Phase des sog. Onboardings in der Probezeit der neuen Position. Jeder Erfolg unserer Klienten ist ein ganz besonderer Erfolg und wird in unseren Niederlassungen mit dem Läuten der Jobglocke gefeiert.«

Wie lange dauert es, bis ein Mitarbeiter mit Hilfe von Outplacementberatung einen neuen Job findet?

Nina Lehmann: »Die Suchdauer bis zum Erfolg lag im Jahr 2018 im Durchschnitt bei 4,7 Monaten. Diese ist jedoch abhängig von der Branche, Funktion und Alter des Klienten. So liegt die durchschnittliche Suchdauer bei einem Klienten im Alter von 36-40 Jahren bei 3,8 Monaten, bei einem Klienten über 56 Jahren jedoch bereits bei 5 Monaten. In der Regel finden unsere Klienten mit unserer Hilfe doppelt so schnell einen neuen Job als ohne Beratung.«

Wovon hängt die Dauer des Beratungsprozesses in erster Linie ab?

Nina Lehmann: »Die Dauer des Beratungsprozesses ist, wie soeben beschrieben, abhängig von Faktoren wie der Funktion, der Branche, der Hierarchieebene, sowie regionalen Besonderheiten, der Mobilität und Umzugsbereitschaft. Darüber hinaus ist die Dauer durch das gewählte Beratungsprogramm bedingt: Zeitlich limitierte Programme starten bei einem 4-Monats-Paket und andere gehen über 6-12 Monaten. Andere Klienten beraten wir zeitlich unlimitiert, d. h. so lange bis sie einen neuen Job gefunden haben und auch noch während ihrer Probezeit beim neuen Arbeitgeber.«

Je länger der Beratungsprozess dauert, desto höher sind natürlich die Beratungskosten. Warum bzw. wann lohnt es sich für Unternehmen trotzdem, gekündigten Mitarbeitern eine Outplacementberatung zu bezahlen?

Nina Lehmann: »Mit einer Outplacementberatung investiert ein Unternehmen in der Regel in sein Betriebsklima und in die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter. Wenn die verbleibenden Mitarbeiter sehen, dass der Arbeitgeber versucht, Mitarbeiter auch im Fall einer Trennung fair und wertschätzend zu behandeln und sie bei der beruflichen Neuorientierung unterstützt, kann dies die Bindung der verbleibenden Mitarbeiter sogar stärken. Hinzu kommt, dass das Unternehmen sein Image und die Attraktivität als Arbeitgeber nicht nur nach innen festigt, sondern auch nach außen gegenüber Kunden, Lieferanten und Gewerkschaften. Der frühzeitige Start einer Outplacementberatung bringt Unternehmen auch eine Kostenersparnis. Denn findet der Mitarbeiter schnell eine neue Aufgabe kann die Restlaufzeit seines Arbeitsvertrags verkürzt werden und mögliche langwierige Rechtsstreitigkeiten werden ebenfalls vermieden.«

Liebe Nina, vielen Dank für den Einblick in die Berufspraxis einer Outplacementberaterin.

Neben der positiven Imagewirkung, die der Einsatz von Outplacementberatung nach sich zieht (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 503), gibt es noch einen weiteren, ganz handfest kostenbezogenen Mehrwert für das Unternehmen, das die Kündigung eines Mitarbeiters plant: Nach der Kündigung hat der Arbeitsvertrag des Mitarbeiters in den meisten Fällen noch eine teilweise ganz erhebliche Restlaufzeit (vgl. Boenig, 2015: 16). Das Unternehmen bietet dem Mitarbeiter nun einen Aufhebungsvertrag an, der eine Freistellung, eine Abfindung und die Outplacementberatung umfasst. Sobald der Aufhebungsvertrag unterschrieben ist, tritt der Mitarbeiter in die Outplacementberatung ein. Die Freistellung beginnt zeitgleich und dauert bis zum im Aufhebungsvertrag vereinbarten Termin. Es steht schon vor Beginn der Beratung fest, dass der Mitarbeiter das Unternehmen auf jeden Fall verlassen wird.

Outplacementberatung wird entweder nach tatsächlich erbrachten Stunden mit einem Stundensatz zwischen 250 € und 500 € (zzgl. MwSt) abgerechnet oder es werden Pauschalkostensätze vereinbart. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass die Kosten zwischen 6.000 € und 10.000 € für die Beratung liegen. (vgl. Boenig, 2015: 7) In der Praxis ist die Bandbreite nach Erfahrung von Outplacementberaterin Nina Lehmann sogar noch wesentlich größer und bewegt sich je nach Programm und abhängig vom bisherigen Jahresgehalt zwischen 4.500 € und 25.000 € für die Beratung.

Zunächst mag sich das nach hohen Kosten anhören (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 503), wird aber das monatliche Gehalt des Mitarbeiters mit den Kosten gegengerechnet, die für die Outplacementberatung anfallen, so ist gerade bei hochdotierten Arbeitsverträgen schnell ersichtlich, dass das Unternehmen auch monetär vom Outplacement profitiert, wenn der Mitarbeiter schnell einen neuen Arbeitsplatz findet (vgl. Boenig, 2015: 7).

Das klassische Outplacement kann auch durch ePlacement ergänzt bzw. ersetzt werden. Dabei wird die persönliche Beratung durch eine kostengünstigere, zeitsparendere und teilindividuelle Online-Beratung ergänzt oder sogar ganz ersetzt. Zusätzlich wird die Bestandsaufnahme, die in persönlichen Outplacementberatungen im Gespräch erfolgt, durch eine Fragebogenerhebung ersetzt. (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 505)

Für den Fall, dass eine große Anzahl an Mitarbeitern freigesetzt wird, kann die Einsetzung einer Transfergesellschaft in Erwägung gezogen werden. Diese Form der Unterstützung für gekündigte Mitarbeiter ist nicht zu verwechseln mit der Gruppenoutplacementberatung. (vgl. Boenig, 2015: 21) Es handelt sich dabei um keine Personalentwicklungsmaßnahme, sondern um die Gründung einer eigenständigen Gesellschaft, in die die gekündigten Arbeitsverhältnisse überführt werden (vgl. Stock, 2010: 12 ff). Der breiten Öffentlichkeit ist der Begriff der Transfergesellschaft seit der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker im Jahr 2012 bekannt. Problematisch war im Fall Schlecker die sehr große Anzahl der Kündigungen (mehr als 11.200 Mitarbeiter) und die Finanzierung der Transfergesellschaft, weshalb letztlich keine Einsetzung einer solchen erfolgte. (vgl. Preuß u. a., 2012)

Personal, Team- und Konfliktmanagement

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