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Methoden des Präsenzlernens

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Lehrende und Lernende halten sich beim Präsenzlernen am selben Ort auf. Es ist unkompliziert möglich, eine direkte Kommunikation zwischen den Lehrenden und den Lernenden aufzubauen, die sich nicht nur auf verbale Kommunikation beschränkt, sondern sämtliche Formen der nonverbalen Kommunikation beinhaltet. Auch die Lernenden selbst können sich untereinander ad hoc und ohne zeitliche Verzögerung austauschen. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 565) Als »traditionelle Methoden des Präsenzlernens« (Holtbrügge, 2013: 137) werden die folgenden Instrumente der Personalentwicklung bezeichnet: Fachvorträge, Fachseminare, Kongresse, Konferenzen, Fallstudien, Planspiele und Rollenspiele.

Fachvorträge stellen Informationen zu einem bestimmten fachlichen Thema in komprimierter, zumeist abstrakter Form dar. Die Vermittlung des Fachwissens erfolgt systematisch und in kurzer Zeit. Die angewandte Vorgehensweise der Wissensvermittlung ist theoretisch-deduktiv. (vgl. Holtbrügge, 2013: 137) Es wird ein theoretisches Modell vorgetragen, aus dem Schlüsse für praktische Verhaltensmuster abgeleitet werden können. Die Übertragung der theoretischen Inhalte auf die eigene Unternehmenspraxis wird dabei den Teilnehmern weitgehend selbst überlassen.

Fachseminare sind ein weiteres Beispiel für eine traditionelle Methode des Präsenzlernens (vgl. Schmeisser u. a., 2013: 78). In ihrer strikten Form sind Fachseminare eine Aneinanderreihung von Fachvorträgen zu einem Themenfeld (vgl. Berthel/Becker, 2017: 566). Sie dienen der Wissensvermittlung in einer möglichst lernförderlichen Umgebung und finden zumeist in eigens dafür angemieteten Räumlichkeiten außerhalb des Unternehmens statt. Das Seminarangebot richtet sich entweder an die Mitarbeiter eines einzelnen Unternehmens (firmenspezifische Fachseminare) oder an Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmen (offene Fachseminare). Das Wissens- und Verhaltensspektrum der Teilnehmer kann in einem Fachseminar stressfrei erweitert werden. Gerade der Abstand zum Alltagsgeschäft und zum Unternehmen (insbesondere in offenen Fachseminaren) ermöglicht es den Teilnehmern, sich unvoreingenommen auf neue Inhalte einzulassen. (vgl. Krämer, 2012: 61)

Eine Herausforderung ist bei Fachseminaren der Praxistransfer. War der Teilnehmer im Fachseminar selbst nur passiver Zuhörer, hat eine Rezipientenhaltung eingenommen und hat sich nicht selbst aktiv eingebracht, so wird ihm die Übertragung der Inhalte in sein Alltagsgeschäft sehr schwerfallen. (vgl. Krämer, 2012: 61) Bei der Gestaltung der Fachseminare sollte darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer aktiviert und dazu aufgefordert werden, eigene Praxisbeispiele einzubringen und insgesamt ein intensiver Einbezug der Teilnehmer in den Seminarablauf stattfindet. Der früher in Fachseminaren so beliebte Frontalunterricht sollte weitgehend vermieden und durch eine möglichst interaktive Gestaltung des Fachseminars ersetzt werden.

Kongresse und Konferenzen (vgl. Berthel/Becker, 2017: 545) beschäftigen sich auf wissenschaftlicher Ebene mit einem Thema. Die Teilnahme an einem Kongress oder einer Konferenz sollte deshalb in der Personalentwicklung nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Teilnehmer bereits vertiefte Kenntnisse auf dem in dem Kongress bzw. in der Konferenz besprochenen Themengebiet hat (vgl. Berthel/Becker, 2017: 567). Sinnvoll ist die Teilnahme an einem Kongress oder einer Konferenz insbesondere dann, wenn der Mitarbeiter selbst zum Thema etwas zu sagen hat. Für einen High Potential kann die Möglichkeit, auf einer Konferenz vorzutragen, einen positiven Motivationsschub auslösen und damit als Anreiz wirken, ein Thema noch intensiver für sich selbst zu erschließen. Für das Unternehmen stellt die aktive Beteiligung eines Mitarbeiters an einer Konferenz oder an einem Kongress eine gute Möglichkeit dar, die führende Stellung des Unternehmens im betreffenden Gebiet darzustellen und so Imagewerbung für das eigene Unternehmen zu betreiben.

Fallstudien dienen dazu, Entscheidungssituationen und Herausforderungen aus der betrieblichen Praxis zu simulieren (vgl. Berthel/Becker, 2017: 567). Die Vorgehensweise bei Fallstudien ist empirisch-induktiv (vgl. Holtbrügge, 2013: 138). Den Teilnehmern werden bestimmte Informationen zu einem fiktiven Fall zur Verfügung gestellt. Diese Informationen sind meist so allgemein gehalten, dass es keine optimale Lösung gibt. Das führt dazu, dass die Teilnehmer zusätzliche Annahmen treffen müssen und abschließend eine Lösung unter Unsicherheit erarbeiten. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 567)

Teilnehmer, die bereits ein grundlegendes theoretisches Wissen zum Thema haben, lernen im Rahmen der Fallstudie, dieses Wissen um die eigenen Erfahrungen zu ergänzen, auf einen praktischen Fall anzuwenden und eigene Entscheidungen zu treffen. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 567) Die Teilnahme an einer Fallstudie fördert unternehmerisches Denken und Handeln. Wenn die Fallstudie im Team bearbeitet wird, so wird darüber hinaus die Teamfähigkeit der Teilnehmer verbessert. (vgl. Krämer, 2012: 56)

Eine Variante der Fallstudien ist das Planspiel. Anders als beim Einsatz von Fallstudien werden bei Planspielen zusätzlich interaktive Problemlösungsaspekte mitberücksichtigt. Die Dynamik und Komplexität der betrachteten praktischen Herausforderungen ist bei einem Planspiel deutlich höher als bei einer Fallstudie. Planspiele eignen sich nicht zur Wissensvermittlung, sondern werden hauptsächlich eingesetzt, um interpersonale Qualifikationen zu schulen. Beispiele für interpersonale Qualifikationen, die in einem Planspiel erlernt, verändert bzw. verbessert werden können, sind:

• die Einstellung der Teilnehmer zu einem bestimmten Thema,

• die Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer,

• die Durchführung interaktiver Prozesse der Problemlösung und des Konfliktmanagements,

• die Umsetzung von theoretischem Wissen in der Praxis und

• das Beurteilungsvermögen der Teilnehmer. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 568)

In Rollenspielen werden nicht nur Lösungen entwickelt (wie in der Fallstudie und im Planspiel), sondern die Lösungen müssen gegenüber anderen Interessengruppen argumentativ vertreten werden (vgl. Holtbrügge, 2013: 138). Die Teilnehmer eines Rollenspiels müssen sich in die Standpunkte der anderen Rollenspieler hineindenken und auf sie eingehen können. Eine ungeschickte Argumentationslinie oder ein unangemessenes Verhalten provoziert im Rollenspiel sofort eine Gegenreaktion. Der Rollenspieler erhält damit ein unmittelbares Feedback. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 568 f) Es entsteht ein direkter Lerneffekt. Rollenspiele werden deshalb häufig dazu eingesetzt, um Konfliktsituationen zu simulieren und so die Teilnehmer auf schwierige Gehaltsverhandlungen, heikle Trennungsgespräche oder auch auf den Umgang mit Kundenbeschwerden vorzubereiten (vgl. Holtbrügge, 2013: 138). Auf die Durchführung von Rollenspielen wird in Kapitel B 4.4.5 im Rahmen der Methoden der Kollegialen Beratung näher eingegangen.

Des Weiteren gibt es innovative Formen der Kompetenzvermittlung, die ebenfalls unter die Kategorie Off-the-Job fallen (vgl. Schmeisser u. a., 2013: 78) und in Präsenzveranstaltungen angeboten werden. Ein Beispiel hierfür sind Outdoor-Trainings (vgl. Schmeisser u. a., 2013: 78), die draußen stattfinden und dabei die Natur als grundsätzliches Lernfeld verwenden (vgl. Schad, 2004: 23; Schmidt u. a., 2011: 213 und Spielberger, 2016: 21). Es werden im Outdoor-Training vier Dimensionen miteinander verknüpft:

• Bewegung: Der Schwerpunkt der Übungen im Outdoor-Training liegt auf dem physischen Erleben einer maximalen Handlungsorientierung.

• Abenteuer: Zu Beginn des Outdoor-Trainings sind die Konsequenzen des eigenen Verhaltens noch nicht bekannt. Dadurch werden die Bewegungserlebnisse verstärkt und tiefgehend emotional verankert.

• Natur: Die freie Natur wird von den Teilnehmern als potentiell gefährlich empfunden und wirkt deshalb als Verstärker für die emotionale Verankerung der Erlebnisse.

• Kommunikation: Die Erlebnisse werden sprachlich aufbereitet und so im Bewusstsein der Teilnehmer erneut verankert. (vgl. Schad, 2004: 24 f)

Ein großer Vorteil von Outdoor-Trainings ist das ganzheitliche Lernen. Die Lerninhalte werden über alle fünf Sinne des Menschen vermittelt: auditiv, visuell, physisch, taktil und mental. (vgl. Schad, 2004: 54) Darüber hinaus werden die Teilnehmer dazu gebracht, die eigene Komfortzone zu verlassen. Sie kommen oftmals physisch und auch psychisch an ihre Grenzen. Viele der Aufgaben im Outdoor-Training lassen sich zudem alleine gar nicht lösen. Die Teilnehmer werden quasi zu teamorientiertem Verhalten gezwungen. (vgl. Molan-Grinner, 2004: 80 ff) Erfolg oder Misserfolg in der Aufgabenbewältigung kann direkt nachvollzogen werden. Eine unmittelbare Verknüpfung mit den realen Teamprozessen ist möglich. (vgl. Spielberger, 2016: 23)

Personal, Team- und Konfliktmanagement

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