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Auszug aus einem Interview mit Patrick Vermeren, Berater, Coach und Buchautor, zum Thema Führungskräfte als Coach.

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Ein anderer Mythos, den Sie beschreiben, ist der Ansatz, dass Führungskräfte Coach für ihre Mitarbeiter sein sollen…

Patrick Vermeren: »Es ist sehr schwierig und zwar sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeiter, zwischen den beiden Rollen zu unterscheiden. Denn die meisten Vorgesetzten sind auch für die Leistungsbewertung zuständig und entscheiden daher über die Karriere eines Mitarbeiters. Gleichzeitig sollen sie ihn coachen. Das funktioniert nicht. Für die Mitarbeiter ist das ein Dilemma. Wenn sie ihrem Vorgesetzten vertrauen und über ihre Schwächen und Ängste sprechen, müssen sie befürchten, dass sich das auch auf ihre Bewertung und Karriere auswirkt. Denn diese Informationen sind nun mal im Kopf des Vorgesetzten und spielen daher unbewusst auch bei seiner Bewertung eine Rolle.

Nicht ohne Grund verpflichten sich Psychotherapeuten zur Diskretion und dazu, die Informationen nicht für andere Zwecke zu nutzen. Empirische Belege dafür, dass es positive Effekte hat, wenn der Vorgesetzte als Coach agiert, gibt es nicht. (…) Dazu kommt noch, dass Vorgesetzte nicht dafür ausgebildet sind, Coachinggespräche zu führen und daher viel Schaden anrichten können.« (Schwertfeger, 2020: 44 f).

Problematisch ist, dass in Unternehmen verschiedene Beratungsformen als Coaching bezeichnet werden, die aus der Perspektive der Personalentwicklung mit dem eigentlichen Coaching wenig oder nichts zu tun haben. Das liegt daran, dass Coaching kein geschützter Begriff ist und es dementsprechend auch keine allgemeingültige Definition des Begriffs gibt. Die Charakteristika von Coaching von Rauen, die in Tabelle A.3 dargestellt werden, verdeutlichen, welche charakteristischen Merkmale echtes Coaching aufweist.

Tab. A.3: Charakteristika von Coaching (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rauen, 2014: 2 ff).


MerkmalCharakteristische Ausprägung beim Coaching

Die in manchen Unternehmen gängige Praxis, aus Marketinggründen sämtliche Formen von Beratung, Training und Wissensvermittlung als Coaching zu titulieren, um so bei den vorhandenen und auch bei den potentiellen Mitarbeitern einen innovativen Eindruck zu machen, ist abzulehnen.

Eine weitere beratende Personalentwicklungsmaßnahme ist das Mentoring. Beim Mentoring betreut eine erfahrene Führungskraft als Mentor einen jüngeren Mitarbeiter, den sog. Mentee (vgl. Krämer, 2012: 58). In der klassischen Form von Mentoring besteht eine One-to-one-Beziehung zwischen dem Mentor und dem Mentee (vgl. Wilson, 2015). Die Mentoring-Beziehung kann formell zugewiesen werden (formelles Mentoring) oder aber informell von selbst entstehen (informelles Mentoring). Für die Karriereentwicklung des Mentee ist das informelle Mentoring deutlich effektiver. (vgl. Sonntag/Schaper, 1999: 231 und Czerny/Steinkellner, 2012: 397) Im Rahmen des Mentoring werden Fachwissen und Erfahrungen des Mentors an den Mentee weitergegeben (vgl. Krämer, 2012: 58). Neben der Wissensvermittlung ist auch die Beratung sowie der Aufbau einer persönlichen Beziehung Gegenstand des Mentoring (vgl. Lippmann, 2013: 35).

Zwei kritische Erfolgsfaktoren für das Gelingen von formellem Mentoring werden von Wilson genannt:

• Die Übereinstimmung von Werten zwischen dem Mentor und dem Mentee und

• ein effektives Mentoring-Training für Mentee und Mentor. In den ersten 12 Monaten der formellen Mentoring-Beziehung sollte z. B. beiden Parteien die Möglichkeit offenstehen, sich Unterstützung von Mentoring-Experten bei der Gestaltung der Mentoring-Beziehung zu holen. (vgl. Wilson, 2015: 29 f)

Wenn das Fachwissen und Erfahrungswissen zwischen Mentor und Mentee den gleichen Stand erreicht, ist die Beziehung des Mentoring beendet. Das heißt nicht, dass nicht eine neue, anders definierte Beziehung zustande kommt. Das Mentorenverhältnis hingegen löst sich, wenn der Mentor gut ist, nach einiger Zeit auf.

Ute Reuter hat im Rahmen einer quantitativ-empirischen Studie (n=202) die Bedeutung von Mentoring im Rahmen der Führungskräfteentwicklung von Frauen untersucht. Nur 26,7 Prozent der Studienteilnehmerinnen hatten während ihrer beruflichen Tätigkeit einen Mentor oder eine Mentorin, aber 53,1 Prozent der Studienteilnehmerinnen sind davon überzeugt, dass Mentoring einen positiven oder sehr positiven Beitrag zu ihrer beruflichen Entwicklung leistet bzw. leisten kann, wenn es denn zum Einsatz kommt. (vgl. Reuter, 2018: 5) Nicht einmal jede zweite der Studienteilnehmerinnen, die Mentoring für sinnvoll halten, kam tatsächlich in den Genuss von Mentoring im Berufsleben. Dieses Missverhältnis lässt darauf schließen, dass es in den Unternehmen, in denen die Studienteilnehmerinnen tätig sind, einen erheblichen Nachholbedarf in punkto Einsatz von Mentoring gibt.

Ein etwas anderes Verständnis von Mentoring wird im Konzept des Shopfloor Management vertreten. In diesem, dem formellen Mentoring zuzurechnenden Fall fungiert die eigene Führungskraft als Mentor. Die Funktion des Mentors wird dabei als eine von vier Rollen der Führungskraft verstanden. Ziel des Mentoring im Shopfloor Management ist die Weiterentwicklung des Mitarbeiters auf ein vereinbartes Entwicklungsziel hin. (vgl. Bayas-Linke/Beck, 2019: 22)

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