Читать книгу Das Baustellenhandbuch Abnahme - Uwe Morchutt - Страница 11
Оглавление5. Welche Fristen sind bei der Abnahme zu beachten?
Autoren: Dr. Christian Voit, Martin Loderer
Die Abnahme ist der wichtigste formelle Akt bei der Abwicklung eines Bauvertrags. Deshalb spielen bei der Abnahme diverse Fristen eine zentrale Rolle. Voraussetzung jeder Abnahme ist, dass die Arbeiten des Auftragnehmers fertiggestellt sind. Unwesentliche Mängel und geringfügige fehlende Restarbeiten hindern die Abnahmereife nicht. Gleiches gilt für die Teilabnahme hinsichtlich des abzunehmenden Teilgewerks.
5.1 Fristen im BGB-Bauvertrag (alter und neuer Fassung)
{Fristen (BGB)}
Beim BGB-Bauvertrag hat die Abnahme sofort nach der Fertigstellung zu erfolgen. Für den BGB-Bauvertrag enthält § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. die wichtigste gesetzliche Regelung zur Abnahme durch Fristablauf:
Setzt der Unternehmer dem Bauherrn eine angemessene Abnahmefrist und reagiert der Bauherr darauf
• | nicht (§ 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F.) bzw. |
• | nicht oder nicht mit einer Abnahmeverweigerung unter Angabe mindestens eines Mangels (§ 640 Abs. 2 BGB n. F. vgl. Kapitel 2.3), |
gelten die Arbeiten des Unternehmers mit Fristablauf als abgenommen. Eine „angemessene“ Abnahmefrist sollte sich an den 12 Werktagen des § 12 Nr. 1 VOB/B orientieren.
Für Vorbehalte des Auftraggebers innerhalb der Abnahmefrist {Abnahmefrist} gilt: Der Vorbehalt für bekannte Mängel muss nicht zwingend innerhalb der Frist für alle Mängel vollständig erklärt werden. Anders der Vertragsstrafenvorbehalt. Erklärt der Auftraggeber während der Abnahmefrist keinen Vertragsstrafenvorbehalt, verliert er seinen Vertragsstrafenanspruch.
Zur konkludenten Abnahme des Bauherrn durch Bezug des Bauvorhabens geht man beim BGB-Bauvertrag von einer sechswöchigen Prüfungsfrist für den Bauherrn aus. Danach treten die Abnahmewirkungen ein, wenn der Bauherr nicht vorher die Abnahme verweigert. Um seine Rechte nicht zu verlieren, muss der Bauherr innerhalb der Prüfungsfrist zumindest den Vorbehalt für ihm bekannte Mängel und den Vertragsstrafenvorbehalt erklären.
Durch eine bloße technische Abnahme entsteht keine rechtsgeschäftliche Abnahmewirkung. Werden allerdings bei der technischen Abnahme keine wesentlichen Mängel und auch keine erheblichen fehlenden Leistungen festgestellt, sind die Bauleistungen abnahmereif. Schweigt der Auftraggeber auf eine technische Abnahme hin, tritt eine stillschweigende rechtsgeschäftliche Abnahme spätestens nach einem Monat ein. Auch muss der Auftraggeber innerhalb dieser Frist seine Vorbehalte wegen Mängeln und wegen einer Vertragsstrafe erklären.
{Fristen (VOB)}
Die VOB/B enthält über die Regelungen im BGB hinaus weitere Fristen, die für die Abnahme wichtig sind. Ziel der VOB/B ist es, möglichst rasch eine Abnahme herbeizuführen und diese noch dazu gut zu dokumentieren.
5.2.1 Abnahmeverlangen, Fristberechnung und Abnahmeverzug
Die wichtigste Abnahmefrist der VOB/B ist in § 12 Abs. 1 enthalten. Auf das Abnahmeverlangen {Abnahmeverlangen} des Auftragnehmers muss der Auftraggeber die Abnahme innerhalb von 12 Werktagen durchführen, sofern der Bauvertrag keine andere Frist vorsieht. Die Rechtsprechung hat in einem Bauvertrag die Verlängerung der Abnahmefrist von 12 Werktagen auf 24 Werktage für zulässig erklärt.
Wie der Auftraggeber nach dem Abnahmeverlangen die Abnahme durchzuführen hat, darüber sagt § 12 Abs. 1 VOB/B nichts aus. Es kommen alle Abnahmeformen (ausdrücklich, förmlich oder konkludent) in Betracht, außer den fiktiven Abnahmen des § 12 Abs. 5 VOB/B; die fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B setzt nämlich voraus, dass gerade keine Abnahme vorher verlangt wurde. Versäumt der Auftraggeber die Abnahmefrist, dann treten über § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F., die auch im VOB-Bauvertrag gelten, die Abnahmewirkungen ein.
Für die Fristberechnung {Fristberechnung} nach Werktagen gilt, dass Samstage innerhalb der Frist mitzählen (§ 11 Abs. 3 VOB/B). Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist erst am darauffolgenden Werktag (§ 193 BGB).
Kommt der Bauherr dem Abnahmeverlangen des Unternehmers nicht nach, liegt Abnahmeverzug {Abnahmeverzug} (auch Annahmeverzug oder Gläubigerverzug genannt) vor. Die Wirkungen des Abnahmeverzugs haben praktisch nur noch geringe Bedeutung: Hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Abnahmefrist gesetzt, wird der Abnahmeverzug lediglich für den Zeitraum vom Zugang der Abnahmeaufforderung beim Auftraggeber bis zum Fristablauf relevant. Danach treten die Abnahmewirkungen aus § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. ein. Der Anwendungsbereich des Abnahmeverzugs verengt sich damit auf den BGB-Bauvertrag, bei dem der Auftragnehmer zwar die Abnahme verlangt, aber – aus welchen Gründen auch immer – hierfür keine Frist setzt. In diesen Fällen gerät der Auftraggeber (auch ohne sein Verschulden) in Gläubigerverzug (§§ 293 ff. BGB). Der Gläubigerverzug führt dazu, dass
• | die Gefahr der zufälligen Beschädigung oder Zerstörung der Bauleistungen auf den Auftraggeber übergeht (§ 644 Abs. 1 Satz 2 BGB), |
• | der Auftragnehmer nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet (§ 300 Abs. 1 BGB), |
• | der Auftragnehmer, der ein Grundstück zu bearbeiten hatte (z. B. Errichtung eines Gebäudes), nach vorheriger Androhung evtl. den Besitz daran aufgeben kann (§ 303 BGB, problematisch und fraglich insbesondere wegen der Verkehrssicherungspflicht), |
• | Mehrkosten für die Lagerung und Sicherung der Bauleistungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 VOB/B) sowie für die vergebliche Aufforderung zur Abnahme vom Auftraggeber zu tragen sind (§ 304 BGB). |
Parallel zum Abnahmeverzug tritt mit Ablauf einer vom Auftragnehmer gesetzten Abnahmefrist der Schuldnerverzug des Auftraggebers ein. Dessen Wirkungen haben nur für die unberechtigte Abnahmeverweigerung noch praktische Relevanz und werden deshalb in Kapitel 6 besprochen.
{Abnahme, förmliche}
Der Auftraggeber muss bei der förmlichen Abnahme seine Mangel- und Vertragsstrafenvorbehalte erklären und im Abnahmeprotokoll dokumentieren, um seine Rechte nicht zu verlieren. Erscheint der Auftragnehmer nicht zum förmlichen Abnahmetermin, kann der Auftraggeber die Abnahme ohne ihn durchführen (§ 12 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B). Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer das Abnahmeergebnis dann „alsbald“ mitteilen, d. h. in der Regel spätestens nach 12 Werktagen.
Wird eine förmliche Abnahme im Bauvertrag vereinbart und später von beiden Parteien vergessen, so tritt nach der Fertigstellung der Bauleistungen in einem Zeitraum von „mehreren Wochen“ bis „mehreren Monaten“ ein stillschweigender Verzicht auf die förmliche Abnahme und gleichzeitig die Abnahmewirkungen durch eine konkludente Abnahme ein. Eine exaktere Fristangabe existiert zur Thematik „vergessene förmliche Abnahme“ nicht, da die Rechtsprechung hier stark einzelfallbezogen urteilt.
5.2.3 Fertigstellungsmitteilung
{Fertigstellungsmitteilung}
Die fiktive Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B) tritt ein, wenn der Auftraggeber auf eine Mitteilung des Auftragnehmers über die Fertigstellung seiner Arbeiten 12 Werktage nicht reagiert.
Der Auftraggeber muss also innerhalb der 12-werktägigen Frist die Abnahme verweigern, wenn er hierzu berechtigt ist. Zumindest muss er seine Mangel- und Vertragsstrafenvorbehalte erklären (§ 12 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B), um seiner Rechte nicht verlustig zu gehen.
5.2.4 Benutzung der Bauleistungen
Ebenso wichtig ist die fiktive Abnahme durch Benutzung {Benutzung} (§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B). Benutzt der Auftraggeber die Bauleistungen des Auftragnehmers rügelos 6 Werktage, dann gilt die Abnahme als erfolgt. Diese fiktive Abnahme tritt jedoch regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass Nachfolgegewerke auf den Bauleistungen des Auftragnehmers aufbauen. Auch bei der Abnahme durch Benutzung muss der Auftraggeber innerhalb der 6-werktägigen Frist seine Mangel- und Vertragsstrafenvorbehalte erklären, um die Ansprüche daraus nicht zu verlieren.
{Abnahmeverweigerung}
Ein Sonderproblem stellen Fristigkeiten bei der Abnahmeverweigerung dar. Hat der Auftraggeber grundlos bereits vor der Abnahmeaufforderung gegenüber dem Auftragnehmer die Abnahme verweigert, muss der Auftragnehmer nicht auch noch eine Abnahmefrist setzen. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Abnahme ist dann der Zeitpunkt der grundlosen Abnahmeverweigerung (= treuwidrige Vereitelung der Abnahmewirkungen, § 162 Abs. 1 BGB).
Die Rechtsprechung stellt der verweigerten Abnahme die endgültige und ernsthafte Ablehnung der Werkleistung durch den Auftraggeber gleich. Es bedarf also dann keiner Abnahme mehr, wenn der Bauherr zwar behauptet, die Leistungen des Auftragnehmers seien noch nicht vollständig erbracht und deshalb noch nicht abnahmereif, er aber gleichzeitig weder die Fertigstellung noch die Mängelbeseitigung, sondern Schadensersatz oder Minderung verlangt (siehe Kapitel 4.4). Diese Ablehnung der Werkleistung kann auch durch schlüssiges Verhalten des Bauherrn erfolgen.