Читать книгу Das Baustellenhandbuch Abnahme - Uwe Morchutt - Страница 8
Оглавление2. Wie kann eine Bauabnahme erfolgen?
Autoren: Dr. Christian Voit, Martin Loderer
Der Auftraggeber billigt bei der Abnahme die Werkleistung des Auftragnehmers und erkennt damit dessen Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgemäß an. Die Abnahme ist (nach überwiegender Ansicht) von der rechtlichen Einordnung her eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung des Auftraggebers. Die Abnahme kann für den BGB-Bauvertrag durch drei unterschiedliche Abnahmearten erfolgen:
• | ausdrückliche Abnahme, siehe Kapitel 2.1 |
• | schlüssige (= konkludente bzw. stillschweigende) Abnahme, siehe Kapitel 2.2 |
• | Abnahme durch Fristablauf (= fiktive Abnahme), siehe Kapitel 2.3 |
Diese Abnahmeformen gelten auch für den VOB-Bauvertrag, werden dort aber durch spezielle Abnahmearten ergänzt (vgl. Kapitel 2.4).
Das BGB schreibt für die Abnahme weder ein bestimmtes Verfahren noch eine konkrete Form vor. Ist bauvertraglich nichts Besonderes vereinbart, kann die Abnahme also auch mündlich erfolgen. Schon zu Beweiszwecken ist für den Auftraggeber und den Auftragnehmer immer eine schriftliche Dokumentation der Abnahme in einem Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll} zu empfehlen.
Praxistipp |
Über jede Abnahme sollte ein Abnahmeprotokoll angefertigt werden. In das Abnahmeprotokoll sind zumindest der Abnahmezeitpunkt, die anwesenden Personen, Mängel, fehlende Restleistungen und Erläuterungen der Beteiligten sowie Vertragsstrafenvorbehalte und die Abnahmeerklärung bzw. die Abnahmeverweigerung aufzunehmen. Schließlich sollte das Abnahmeprotokoll von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Nur so lassen sich Mängelrügen, Vertragsstrafenvorbehalte, Abnahmeverweigerung und Beginn der Mängelgewährleistungsfrist ausreichend sicher und klar beweisen. Ein Mangelvorbehalt im Abnahmeprotokoll belässt die Beweislast für diesen Mangel – trotz der Abnahme der Gesamtleistung – beim Auftragnehmer. |
{Abnahme, ausdrückliche}
Bei der ausdrücklichen Abnahme erklärt der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer direkt die Abnahme der Werkleistungen. Bestes Beispiel hierfür ist die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch den Auftraggeber. Andere Formen der ausdrücklichen Abnahme sind Aussagen des Auftraggebers nach der Fertigstellung der Arbeiten des Auftragnehmers, er (Auftraggeber) sei mit dem Auftragnehmer zufrieden, die Arbeiten seien in Ordnung, der Auftragnehmer habe seine Aufgabe gut gemacht, er (Auftraggeber) könne jetzt in das Bauvorhaben einziehen usw. Derartige Aussagen sind z. B. in Gesprächen, Telefonaten, Anschreiben oder E-Mails möglich.
2.2 Schlüssige (= konkludente bzw. stillschweigende) Abnahme
{Abnahme, konkludente}
{Abnahme, stillschweigende}
Die ausdrückliche und schriftlich dokumentierte Abnahme ist trotz ihrer Vorteile für den Auftraggeber und den Auftragnehmer bei vielen Bauvorhaben in der Baupraxis die Ausnahme. Häufig wird die Abnahme vergessen oder gar vom Auftraggeber (bewusst oder unbewusst) vereitelt. Dies gilt umso mehr für diejenigen Bauvorhaben, bei denen später Streit entsteht – und sei es erst bei der Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaften. In diesem Fall muss untersucht werden, ob, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt der Auftraggeber durch sein Verhalten eine Abnahme zum Ausdruck gebracht hat. Dass dies nicht immer einfach ist und zumeist mit erheblichen Problemen für den Unternehmer einhergeht, wird jeder Baupraktiker bestätigen können. Welche sind nun diese Verhaltensweisen des Bauherrn, die auf eine Abnahme schließen lassen?
Eine stillschweigend vom Auftraggeber erklärte Abnahme setzt voraus, dass der Auftraggeber durch sein vom Willen getragenes Verhalten die Bauleistungen des Auftragnehmers diesem gegenüber anerkennt. Hieraus wird auch gleich der Unterschied zur fiktiven Abnahme deutlich: Die stillschweigende Abnahme setzt ein bestimmtes Verhalten des Auftraggebers und dessen Abnahmewillen voraus. Die fiktive Abnahme {Abnahme, fiktive} verlangt nur ein bestimmtes Verhalten (Tun oder Lassen) des Auftraggebers und gerade keinen Abnahmewillen.
Die Beispiele für eine schlüssige Abnahme sind zahlreich und sehr praxisrelevant:
• | Bezahlung der Vergütung {Vergütung, Bezahlung der} des Auftragnehmers: Allerdings bedeutet nicht jede Zahlung auch eine Abnahme; es müssen weitere Umstände zur Zahlung des Auftraggebers hinzukommen, die für den Auftragnehmer auf eine Abnahme schließen lassen (BGH, Urteile vom 11.01.2007 und 11.11.2008). Behält z. B. der Auftraggeber bei der Schlussrechnung von der Restvergütung des Auftragnehmers einen Teil für noch vorhandene leichte Mängel ein, so erklärt er damit schlüssig die Abnahme und gibt zu erkennen, dass er die Angelegenheit mit der Mängelbeseitigung als erledigt ansehen will. |
Praxistipp |
Abschlagszahlungen {Abschlagszahlungen} stellen keine Abnahme oder Teilabnahme dar – gleich, in welcher Höhe sie erfolgen. |
• | Freigabe der Erfüllungssicherheit des Auftragnehmers |
• | Bitte des Auftraggebers um Stundung der Vergütung |
• | Verkauf des Bauvorhabens durch den Auftraggeber |
• | Anwesenheit des Bauherrn während Mängelbeseitigungsarbeiten und gemeinsame Besichtigung nach Abschluss der Arbeiten ohne Vorbehalt des Bauherrn |
• | Schweigen des Bauherrn im Anschluss an eine technische Abnahme seines Architekten ohne wesentliche Mängel länger als einen Monat (siehe Kapitel 2.5) |
• | Benutzung {Benutzung} des Bauvorhabens (Ingebrauchnahme {Ingebrauchnahme}): Der Einzug in das Bauvorhaben und damit dessen Benutzung durch den Bauherrn stellt den in der Praxis häufigsten und streitträchtigsten Fall der konkludenten Abnahme dar. Bezieht der Bauherr das Bauvorhaben, so tritt die schlüssige Abnahme erst ein, nachdem eine angemessene Überprüfungsfrist für den Bauherrn abgelaufen ist. Für den BGB-Bauvertrag wird man von einer Prüfungsfrist von 6 Wochen ausgehen müssen (OLG Hamm, Urteil vom 23.08.1994). Die Sonderregelungen für den VOB-Bauvertrag in § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B (12 Werktage) oder in § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B (6 Werktage) kommen für den BGB-Bauvertrag nicht als Anhaltspunkt in Betracht. Führen mehrere Handwerker aufeinander aufbauende Arbeiten für den Bauherrn aus, kann der Bauherr die Leistungen des Auftragnehmers (zumindest bei einem BGB-Bauvertrag) dadurch in Gebrauch nehmen, dass er einen anderen Handwerker auf diesen Leistungen aufsetzen lässt. So kann der Bauherr z. B. den von einem Estrichleger erstellten Ausgleichsestrich schlüssig dadurch abnehmen, dass er einen Parkettleger den Fußboden auf dem Ausgleichsestrich verlegen lässt. Ob im bloßen Aufsetzen auf Leistungen des Auftragnehmers eine schlüssige Abnahme zu sehen ist, hängt beim BGB-Bauvertrag von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Benutzung des Bauvorhabens oder der Werkleistung durch den Bauherrn muss natürlich auch freiwillig erfolgen. Eine schlüssige Abnahme liegt deshalb nicht vor, wenn die Benutzung durch den Bauherrn unvermeidlich ist (z. B. Umbauarbeiten im bewohnten Haus), unter Druck erfolgt (z. B. bei Kündigung der bisherigen Wohnung), der Schadensminderung dient (z. B. Einzug von Mietern, um Mietausfälle zu vermeiden) oder vom Bauherrn vor dem Bezug wegen erheblicher Mängel die Abnahme verweigert wurde und diese Mängel bei Bezug noch nicht beseitigt sind. |
Praxistipp |
Der Auftraggeber kann eine schlüssige Abnahme dadurch vermeiden, dass er für jedes Verhalten, das auf eine solche Abnahme schließen lassen könnte, (schriftlich) gegenüber dem Unternehmer der Abnahmewirkung widerspricht. So kann der Bauherr z. B. die Vergütung des Unternehmers ungekürzt bezahlen wollen, um Prozessrisiken zu vermeiden. Will der Bauherr dadurch nicht schlüssig die Abnahme erklären, sollte er dies in jedem Fall bei der Zahlung schriftlich kundtun. |
Für die Baupraxis gibt es wichtige Ausnahmen von der konkludenten Abnahme:
• | Eine konkludente Abnahme liegt nicht vor, wenn sich das Verhalten des Auftraggebers nicht gegenüber dem Auftragnehmer abspielt, bei internen Vorgängen des Auftraggebers oder wenn der Auftraggeber schlicht schweigt. |
• | Schwerwiegende Mängel hindern eine stillschweigende Abnahme. Dies allein schon durch ihre Existenz. |
• | Selbst eine Ersatzvornahme des Bauherrn bei der Mängelbeseitigung ist keine Abnahme; Gleiches gilt für die Kündigung des Bauvertrags (Näheres zu den Rechtswirkungen siehe Kapitel 4.3 und Kapitel 4.4). |
• | Eine stillschweigende Abnahme kommt nie in Betracht, wenn die Arbeiten des Auftragnehmers (noch) nicht fertiggestellt sind (Ausnahme vom Erfordernis der Abnahme: Kapitel 4.4). |
• | Lässt der Auftraggeber (insbesondere unter Druck) andere Unternehmer mit ihren Gewerken auf dem Gewerk des Auftragnehmers weiterarbeiten, so bedeutet dies zumindest beim VOB-Bauvertrag keine Abnahme (vgl. § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B). |
• | Eine Abnahme des Bauherrn gegenüber dem Generalunternehmer bewirkt keine Abnahme zwischen dem Generalunternehmer und dessen Subunternehmern. Dies gilt auch und gerade für die konkludente Abnahme. |
• | Die Übernahmebestätigung des künftigen Mieters lässt nicht auf eine Abnahme des Auftraggebers schließen. |
• | Die Vereinnahmung von Miete durch den Wohnungseigentümer kann nicht als Abnahme gedeutet werden. |
• | Die Erteilung des behördlichen Gebrauchsabnahmescheins liefert allein noch keinen Anhaltspunkt für eine konkludente Abnahme. |
• | Ein gemeinsames Aufmaß oder der Prüfvermerk unter der Schlussrechnung des Auftragnehmers bewirken keine schlüssige Abnahme. |
Bei jeder fingierten Abnahme treten die Abnahmewirkungen durch ein tatsächliches Verhalten (Tun oder Lassen) des Auftraggebers ein; der Auftraggeber muss dabei keinen Willen zur Abnahme haben.
Der Unternehmer kann die fiktive Abnahme {Abnahme, fiktive} und damit die Abnahmewirkungen nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. selbst herbeiführen, wenn er dem Bauherrn eine Frist zur Abnahme setzt; ihr fruchtloser Ablauf ersetzt dann die Abnahme.
Die Abnahme durch Fristablauf {Abnahme durch Fristablauf} gilt sowohl im BGB-Bauvertrag als auch im VOB-Bauvertrag.
Abnahmefiktion nach BGB alter Fassung
Voraussetzungen der Abnahmefiktion sind für bis zum 31.12.2017 geschlossene Bauverträge:
• | Fertigstellung des Bauvorhabens/Gewerks; fehlen noch unwesentliche Restarbeiten, so ist dies unschädlich. |
• | Es dürfen keine wesentlichen Mängel vorliegen. |
• | Abnahmeaufforderung mit angemessener Fristsetzung; ist die Frist unangemessen kurz, wird eine angemessen lange Frist in Gang gesetzt; setzt der Unternehmer eine längere Frist, als es erforderlich wäre, so ist er an die längere Frist gebunden. |
Praxistipp |
Orientierungsmaßstab für eine angemessene Abnahmefrist sind die 12 Werktage des § 12 Abs. 1 VOB/B (regelmäßig 2 Wochen, da die VOB/B 6 Werktage pro Woche ansetzt). |
Liegen diese Voraussetzungen vor, treten mit Fristablauf die Abnahmewirkungen ein. Es ist dabei ohne Belang, aus welchem Grund der Bauherr die Abnahmefrist versäumt hat. Nach der bisherigen Regelung in § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. muss sich der Bauherr ihm bekannte Mängel nicht vorbehalten, wohl aber innerhalb der Abnahmefrist eine Vertragsstrafe.
Der Bauherr kann den Eintritt der fiktiven Abnahme nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. sehr einfach abwehren, indem er gegenüber dem Unternehmer die Abnahme ausdrücklich verweigert. Er muss dabei weder angeben, warum er die Abnahme verweigert, noch, welche wesentlichen Mängel ggf. einer Abnahme im Weg stehen. Dies änderte sich für seit dem 01.01.2018 geschlossene Werkverträge.
Abnahmefiktion nach BGB neuer Fassung
Nach § 640 Abs. 2 Satz 1 BGB n. F. kann der Bauherr den Eintritt der Abnahme durch Fristablauf nur noch dadurch umgehen, dass er die Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert. Ob es sich bei diesem mindestens einen anzugebenden Mangel um einen wesentlichen Mangel handeln muss, der die Abnahmeverweigerung rechtfertigt, oder ob die Benennung irgendeines Mangels genügt, geht aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervor und wird durch die Rechtsprechung zu klären sein.
Der Wortlaut der Regelung stellt nicht einmal eindeutig klar, ob der angegebene Mangel überhaupt vorliegen muss.
Praxistipp |
Schon aus rein praktischen Erwägungen heraus ist dem Bauherrn zu raten, bei der Abnahmeverweigerung alle ihm bekannten Mängel und insbesondere solche Mängel anzugeben, welche der Abnahme im Weg stehen. Nur so kann der Bauherr hoffen, dass der Unternehmer rasch alle Mängel beseitigt. |
Nach § 641 Abs. 2 Satz 2 BGB n. F. tritt eine fiktive Abnahme zulasten eines Verbrauchers jedoch nur noch dann ein, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer mit der Fristsetzung zur Abnahme zugleich (mindestens in Textform, z. B. per E-Mail) darüber aufklärt, welche Folgen mit einem Schweigen des Auftraggebers oder mit einer Abnahmeverweigerung ohne Angabe eines Mangels verbunden sind. In welcher Tiefe diese Aufklärung erfolgen muss, wird erst die künftige Rechtsprechung definieren.
Keine rechtliche Sicherheit
Für den Unternehmer bietet die Abnahme durch Fristablauf nicht die gleiche rechtliche Sicherheit wie eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme. Rügt nämlich der Auftraggeber zu Recht nach dem Fristablauf fehlende wesentliche Bauleistungen oder wesentliche Mängel, dann haben in Wirklichkeit die Abnahmevoraussetzungen {Abnahmevoraussetzungen} nicht bestanden. Die Abnahmefristsetzung des Unternehmers ist ins Leere gegangen. Eine Abnahme durch Fristablauf liegt dann nicht vor. Der fruchtlose Abnahmefristablauf kehrt nicht einmal die Beweislast vollständig zugunsten des Auftragnehmers um, da sie den Auftragnehmer „durch die Hintertür“ wieder trifft: Der Auftragnehmer muss nämlich beweisen, dass seine Bauleistungen bei Ablauf der Abnahmefrist fertiggestellt und im Wesentlichen mangelfrei waren.
Praxistipp |
Die Abnahme durch Fristablauf ist für den Auftragnehmer nur eine Notlösung. Eine ausdrückliche Abnahme ist stets vorzuziehen. |
2.4 Besondere Abnahmeformen der VOB/B
Die Grundsätze und gesetzlichen Regelungen zur Abnahme beim BGB-Bauvertrag gelten selbstverständlich auch für den VOB-Bauvertrag. Die Abnahmeformen des BGB-Bauvertrags finden im Bereich der VOB/B ebenfalls Anwendung. Darüber hinaus sieht die VOB/B besondere Abnahmearten vor, die beim BGB-Bauvertrag nicht vorgesehen sind. Es handelt sich um die förmliche Abnahme (§ 12 Abs. 4 VOB/B) und um besondere fiktive Abnahmen in § 12 Abs. 5 VOB/B.
Ob die Bedeutung von VOB-Bauverträgen künftig durch die Schaffung eines BGB-Bauvertragsrechts abnehmen wird, muss erst die Zukunft zeigen. Es ist allerdings zu erwarten, dass insbesondere viele Unternehmer auch künftig auf eine Vereinbarung der VOB/B Wert legen werden, sei es aus schlichter Gewohnheit oder aufgrund von bereits jetzt absehbaren Schwächen des neuen BGB-Bauvertragsrechts, welches zahlreiche rechtliche Probleme (wie z. B. die Mängelrechte vor der Abnahme) nach wie vor außer Acht lässt.
VOB/B als Allgemeine Geschäftsbedingungen {Allgemeine Geschäftsbedingungen}
Bei der Beurteilung eines Bauvertrags darf nicht vergessen werden, dass die VOB/B nicht automatisch für alle Bauverträge Anwendung findet. Die VOB/B stellt Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die in einen Bauvertrag wirksam einbezogen, d. h. ausdrücklich vereinbart werden müssen. Erst dann liegt ein VOB-Bauvertrag vor.
Die Baupraxis ist es gewohnt, die Wirksamkeit der VOB/B an Begriffen wie „Kernbereichsrechtsprechung“ und „Privilegierung der VOB/B im Ganzen“ zu messen. Diese Kategorien sind zumindest für den Verbrauchervertrag {Verbrauchervertrag} (§ 310 Abs. 3 BGB) durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24.07.2008) und die nachfolgende Änderung des BGB durch das Forderungssicherungsgesetz irrelevant. In der VOB/B ist deshalb ausdrücklich klargestellt, dass sie nicht zur Anwendung gegenüber Verbrauchern vorgesehen ist.
Hintergrund sind einfache Überlegungen zum Verbraucherschutz. Im Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA), der die VOB/B bearbeitet, sind keine Verbraucherschutzvertreter eingebunden. Damit können die Interessen der Verbraucher in die Bearbeitung der VOB/B nicht angemessen einfließen; die gesetzliche Privilegierung der VOB/B vor dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann deshalb nicht für Verbraucher gelten. Den rechtlichen Rahmen für die Vereinbarung der VOB/B in einem Bauvertrag gibt § 310 Abs. 1 BGB vor. Danach ist die VOB/B insgesamt wirksam, wenn
• | sie unverändert in den Bauvertrag einbezogen ist und |
• | der Vertragspartner des Bauunternehmers selbst ein Unternehmer (§ 14 BGB), eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist. |
Bei allen anderen Bauherren, also v. a. bei Verbrauchern {Verbraucher} (§ 13 BGB), entfällt die Privilegierung der VOB/B. Das heißt, alle Klauseln der VOB/B werden gesondert an den Maßstäben des BGB zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. BGB auf ihre Wirksamkeit überprüft. Verwendet also der Bauunternehmer gegenüber einem Verbraucher in seinem Bauvertrag die VOB/B, so sind alle Regelungen der VOB/B unwirksam, die den Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB) oder gegen die gesetzlichen Klauselverbote in §§ 308 und 309 BGB verstoßen. Allerdings bleiben diejenigen Regelungen der VOB/B wirksam, welche den Bauunternehmer benachteiligen (z. B. § 16 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 VOB/B). Häufig werden Bauvertragsmuster zur VOB/B von Bauunternehmern auch unbedacht gegenüber einem Verbraucher verwendet – z. B. bei der Ausführung von Sonderwünschen eines Wohnungskäufers, die nicht über den Bauträger, sondern direkt vom Käufer an den Bauunternehmer beauftragt werden.
Praxistipp |
Der Bauunternehmer sollte mit einem Verbraucher die VOB/B nicht vereinbaren. Es kann für den Bauunternehmer sinnvoll sein, wirksame Regelungen für seinen Musterbauvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen mit Verbrauchern erstellen zu lassen. Für Verbraucher als Bauherren gilt: Alle den Verbraucher unangemessen benachteiligenden Regelungen der VOB/B sind ihm gegenüber in einem Bauvertrag unwirksam. Die für den Bauunternehmer nachteiligen Bestimmungen der VOB/B bleiben zugunsten des Verbrauchers wirksam. Hieraus können sich große rechtliche Vorteile für den Verbraucher ergeben. |
Unwirksame Regelungen der VOB/B gegenüber Verbrauchern
Welche Regelungen der VOB/B sind nun konkret unwirksam, wenn sie außerhalb der Privilegierung der VOB/B als Ganzes (§ 310 Abs. 1 Satz 3 BGB) verwendet werden? Hierzu gibt es eine Vielzahl von Gerichtsurteilen und etliche Stimmen in der baurechtlichen Literatur; die Inhaltskontrolle der VOB/B ist einer ständigen Fortentwicklung unterworfen, sodass der nachfolgende Überblick nur eine Momentaufnahme mit Unschärfen bieten kann. Dabei ist stets zu überprüfen, wer von beiden Vertragsparteien die VOB/B der anderen Vertragspartei als Vertragsgrundlage gestellt hat, d. h. wer der Verwender der VOB/B in diesem Bauvertrag ist. Denn: Die Vertragspartei, welche die VOB/B der anderen Vertragspartei gestellt hat, darf sich nicht auf für sie nachteilige, eigentlich unwirksame Klauseln berufen.
Im Regelfall verlangt der Bauunternehmer die Vereinbarung der VOB/B, z. B. durch seinen Musterbauvertrag. Folgende Einzelvorschriften der VOB/B sind danach im Lichte der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam:
• | Für die Abnahme besonders bedeutsam ist die Unwirksamkeit des § 12 Abs. 5 VOB/B in allen drei Nummern; Nr. 1 regelt die fiktive Abnahme, Nr. 2 die Abnahme durch Benutzung der Werkleistungen und Nr. 3 den Mangel- und Vertragsstrafenvorbehalt spätestens bei der Abnahme. |
• | Nach überwiegend vertretener Ansicht sind aus der VOB/B unwirksam: § 2 Abs. 10, § 4 Abs. 7, § 5 Abs. 1, 2 und 4, § 6 Abs. 6, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 4 und 6, § 15 Abs. 3 Satz 5. |
• | Nach zum Teil vertretener Ansicht sind unwirksam: § 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1, 2, 7 und 8, § 4 Abs. 3, 5 und 8 Nr. 1 Satz 4, § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 7, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 3, § 13 Abs. 5 und 7, § 14 Abs. 2 Satz 1 VOB/B. |
Rechtsfolge einer in der AGB-Kontrolle unwirksamen Bestimmung der VOB/B ist, dass an ihrer Stelle das BGB-Werkvertragsrecht (ggf. einschließlich des neuen Bauvertragsrechts) gilt.
Für den VOB-Bauvertrag ist weiter besonders bedeutsam, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B, die nicht in der VOB/B selbst zugelassen ist (teils strittig, z. B. Vereinbarung über Gewährleistungsfristen in § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B oder über den Rückgabezeitpunkt von Gewährleistungssicherheiten in § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B), ebenfalls zur Überprüfung der gesamten VOB/B an den Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. BGB führt. Der BGH hat durch sein Urteil vom 22.01.2004 die frühere „Kernbereichsrechtsprechung“ abgeschafft. Bei Bauverträgen findet die Inhaltskontrolle der VOB/B-Vorschriften also immer dann statt, wenn die VOB/B nicht unverändert als Ganzes vereinbart wird – und dies ist in der Praxis der häufigste Fall. Rechtsfolge ist der vorstehende Katalog unwirksamer Regelungen – je nachdem, welche der beiden Vertragsparteien die VOB/B zur Verwendung im Bauvertrag gestellt hat.
Praxistipps |
• Wird die VOB/B einem Bauvertrag zugrunde gelegt, sollte der Bauvertrag keine Abweichungen von der VOB/B enthalten, die in der VOB/B nicht ausdrücklich erlaubt sind. Selbst Abweichungen, die in den Öffnungsklauseln der VOB/B zugelassen sind, können nach einer Ansicht in der baurechtlichen Literatur und Rechtsprechung (OLG Hamm, Urteil vom 17.07.2009) zu einer gerichtlichen Inhaltskontrolle aller Regelungen in der VOB/B führen. Nicht in der VOB/B zugelassene vertragliche Änderungen führen immer dazu, dass alle ansonsten für denjenigen Vertragspartner, der die Änderung gefordert hat, günstigen – auch unveränderten – Regelungen in der VOB/B an §§ 305 ff. BGB gemessen werden und (zumindest zum Teil) unwirksam sind (Inhaltskontrolle). • Haben Auftraggeber und Auftragnehmer einen Bauvertrag geschlossen, der die VOB/B modifiziert, so lohnt es sich bei Streitigkeiten stets, den gesamten Vertrag rechtlich zu überprüfen. Möglicherweise lassen sich dabei für die jeweilige Situation von Auftraggeber oder Auftragnehmer günstige Unwirksamkeiten aufdecken. |
{Abnahme, förmliche}
Die VOB/B enthält in § 12 Abs. 4 ein detailliert geregeltes Verfahren für eine förmliche Abnahme. Diese förmliche Abnahme ist für Auftraggeber und Auftragnehmer besonders geeignet, um den wichtigen Zeitpunkt der Abnahme und alle anlässlich der Abnahme gemachten Erklärungen, Mängelrügen und Vorbehalte beweiskräftig zu dokumentieren.
Die förmliche Abnahme findet statt, wenn der Auftraggeber oder der Auftragnehmer sie verlangen. Einer besonderen zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung über die VOB/B hinaus bedarf es hierzu nicht.
Der Abnahmetermin wird entweder gemeinsam festgelegt oder einseitig mit genügender Frist anberaumt. Die Einladungsfrist zur Abnahme ist an den 12 Werktagen des § 12 Abs. 1 VOB/B zu orientieren und sollte nicht kürzer sein. Beide Parteien dürfen zur Abnahme – auf eigene Kosten – Sachverständige hinzuziehen.
Praxistipp |
Der Unternehmer kann die Sachverständigenkosten dem Bauherrn nicht belasten. Anders der Bauherr: Werden bei der förmlichen Abnahme Mängel festgestellt und wird deshalb die Abnahme berechtigt verweigert, können für den Bauherrn Schadensersatzansprüche gegen den Unternehmer für die Sachverständigenkosten entstehen (§ 4 Abs. 7 Satz 2 bzw. § 13 Abs. 5 und 7 VOB/B). |
Abnahmeprotokoll {Abnahmeprotokoll}
Über die förmliche Abnahme ist gemeinsam ein Abnahmeprotokoll anzufertigen. Das Abnahmeprotokoll muss mindestens folgende Angaben enthalten:
• | Abnahmetag und Beteiligte an der Abnahme |
• | abzunehmende Arbeiten |
• | eindeutige Erklärung zur Abnahme oder Abnahmeverweigerung |
• | übereinstimmend festgestellte Mängel sowie strittige Mängel, einschließlich Einwendungen des Auftragnehmers zu den strittigen Mängeln und Stellungnahmen beigezogener Sachverständiger |
• | Vorbehalt von Gewährleistungsansprüchen, insbesondere für dem Auftraggeber bekannte Mängel |
• | Vertragsstrafenvorbehalt |
Zusätzlich sinnvoll ist es für den Auftraggeber, eine Mangelbeseitigungsfrist für bei der Abnahme gerügte (= vorbehaltene) Mängel zu setzen. Auch fehlende Restleistungen sollten im Abnahmeprotokoll erwähnt werden. Danach erhält jede Partei ein Abnahmeprotokoll. Das schriftliche Abnahmeprotokoll ist eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung der förmlichen Abnahme.
Lässt sich z. B. bei erheblichen Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer auf der Baustelle kein „gemeinsames“ Abnahmeprotokoll erstellen, sollte zumindest jede Partei ein eigenes Abnahmeprotokoll zu Dokumentationszwecken anfertigen. Eine förmliche Abnahme im Sinne des § 12 Abs. 4 VOB/B liegt dann allerdings nicht mehr vor.
Streit entsteht auch immer wieder über die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls. Die VOB/B verlangt in § 12 Abs. 4 Nr. 1 keine Unterschrift. Damit ist die Unterzeichnung auch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der förmlichen Abnahme. Für die Wirksamkeit des Mangelvorbehalts und des Vertragsstrafenvorbehalts genügt es, wenn der Auftraggeber zu Dokumentationszwecken das Abnahmeprotokoll unterzeichnet. Wichtig ist, dass die Unterschrift des Auftragnehmers kein Anerkenntnis der gerügten Mängel oder der Vertragsstrafe bedeutet! Unterzeichnet der Auftraggeber das Abnahmeprotokoll mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“ über seiner Unterschrift, so bedeutet dies keine (vorläufige) Abnahmeverweigerung und stellt nur dann einen Mängelvorbehalt dar, wenn im Abnahmeprotokoll Mängel aufgeführt sind – im Übrigen wird die förmliche Abnahme erteilt (OLG Hamm, Urteil vom 14.03.2008).
Praxistipp |
Formalfehler und vergessene Erklärungen/Vorbehalte bei der förmlichen Abnahme lassen sich im Interesse beider Parteien durch gute Musterabnahmeprotokolle vermeiden. Die Erklärungen von Auftraggeber und Auftragnehmer müssen klar und eindeutig formuliert sein. |
Einseitige förmliche Abnahme
§ 12 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B sieht die Möglichkeit vor, das Bauvorhaben durch den Auftraggeber alleine abzunehmen, wenn der Auftragnehmer trotz rechtzeitiger Einladung zum Abnahmetermin nicht erscheint.
Praxistipp |
Kann der Auftragnehmer aus wichtigem Grund (z. B. Erkrankung) nicht am Abnahmetermin teilnehmen, muss er dies dem Auftraggeber rechtzeitig, am besten mit einem neuen Abnahmeterminvorschlag, mitteilen. Der Abnahmetermin muss dann verlegt werden. |
Führt der Auftraggeber die Abnahme berechtigt in Abwesenheit des Auftragnehmers durch, so muss er kein ausführliches schriftliches Abnahmeprotokoll anfertigen. Es reicht vielmehr aus, dass er dem Auftragnehmer das Ergebnis der Abnahme mitteilt. Diese Mitteilung muss letztlich aber doch alle wesentlichen Informationen, Erklärungen und Vorbehalte wie beim förmlichen Abnahmeprotokoll beinhalten, damit der Auftraggeber alle seine Rechte wahrt. Das Abnahmeergebnis ist dem Auftragnehmer „alsbald“ mitzuteilen, wobei die Frist von 12 Werktagen aus § 12 Abs. 1 VOB/B als Obergrenze anzusehen ist.
Der Auftraggeber hat Anspruch auf eine gemeinsame Abnahme mit dem Auftragnehmer. Er ist somit nicht verpflichtet, die Abnahme in Abwesenheit des Auftragnehmers durchzuführen. Der Auftraggeber hat deshalb das Recht, die Abnahme so lange zu verweigern, bis der Auftragnehmer zur Teilnahme bereit ist.
Die Konstellation, dass der Auftraggeber zur Abnahme nicht erscheint, ist in der VOB/B nicht geregelt. Allerdings gerät der Auftraggeber dann in Verzug mit der Abnahme (zu den Folgen siehe Kapitel 5).
Die förmliche Abnahme kann natürlich nicht mehr verlangt werden, wenn vorher bereits eine anderweitige Abnahme (z. B. fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B) stattgefunden hat. Die jeweils erste Abnahme ist maßgeblich, außer, die Parteien legen gemeinsam, z. B. in einer förmlichen Abnahme, einen neuen Abnahmezeitpunkt fest.
„Vergessene“ förmliche Abnahme {Abnahme, vergessene förmliche}
Oftmals wird in Bauverträgen die förmliche Abnahme vereinbart. Die förmliche Abnahme wird dann fast ebenso häufig nach Abschluss der Arbeiten nicht durchgeführt. Erst bei späteren Streitigkeiten beruft sich eine Partei, meist der Bauherr, auf die fehlende förmliche Abnahme.
Die förmliche Abnahme soll in erster Linie Beweiszwecken dienen. Damit führt die Nichtbeachtung der Form nicht zur Unwirksamkeit einer anders erfolgten Abnahme. Beruft sich also für eine längere Zeit nach der Beendigung der Bauarbeiten keine Partei auf die vereinbarte förmliche Abnahme, so ist anzunehmen, dass stillschweigend auf die förmliche Abnahme verzichtet wurde. Mit diesem stillschweigenden Verzicht findet gleichzeitig eine konkludente Abnahme der Bauleistungen des Auftragnehmers statt. Anhaltspunkte für einen solchen Verzicht bieten die Erstellung der Schlussrechnung auf Anforderung des Bauherrn oder die vorbehaltlose und vollständige Bezahlung der Schlussrechnung.
Praxistipp |
Für den stillschweigenden Verzicht auf die förmliche Abnahme reicht ein kurzer Zeitraum von wenigen Tagen (z. B. 6 oder 12 Werktage nach § 12 Abs. 5 VOB/B) noch nicht aus. Vielmehr muss eine Frist von „mehreren Wochen“ bis „mehreren Monaten“ verstrichen sein, wie die Rechtsprechung, am Einzelfall ausgerichtet, besagt. Übersendet der Auftragnehmer dem Bauherrn die Schlussrechnung, ohne dass vorher eine vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme stattgefunden hat, gilt dies für den VOB-Bauvertrag als Fertigstellungsmitteilung, und es kommt nach Ablauf von 12 Werktagen zu einer fiktiven Abnahme. |
In § 12 Abs. 5 regelt die VOB/B zwei fiktive Abnahmearten, die im BGB nicht vorgesehen sind: die Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung (Nr. 1) und die Abnahme durch rügelose Benutzung der Bauleistungen (Nr. 2). Ziel der fiktiven Abnahme ist es, die Abnahmewirkungen möglichst rasch herbeizuführen und Verzögerungsmöglichkeiten des Auftraggebers auszuschalten.
Fertigstellungsmitteilung {Fertigstellungsmitteilung}
Die fiktive Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung setzt voraus:
• | schriftliche Fertigstellungsmitteilung an den Auftraggeber; der Zugang beim Architekten oder Bauleiter genügt nicht; eine mündliche Mitteilung reicht nicht aus |
• | Fertigstellung der Bauleistungen des Auftragnehmers; fehlende unwesentliche Restarbeiten schaden nicht |
• | keine wesentlichen Mängel an den Bauleistungen des Auftragnehmers |
• | keine ausdrückliche Abnahmeverweigerung durch den Auftraggeber, gleich, ob die Abnahmeverweigerung nach § 12 Abs. 3 VOB/B berechtigt oder unberechtigt ist |
• | keine Kündigung des Bauvertrags nach § 6 Abs. 7, § 8 oder § 9 VOB/B |
• | kein Abnahmeverlangen, weder ausdrücklich (§ 12 Abs. 1 VOB/B) noch förmlich (§ 12 Abs. 4 VOB/B), auch nicht im Bauvertrag; die ausdrückliche bzw. förmliche Abnahme und die fiktive Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung schließen sich gegenseitig aus |
Praxistipp |
Die Fertigstellungsmitteilung muss nicht immer genau so heißen. Ist keine ausdrücklich als solche bezeichnete Fertigstellungsmitteilung erfolgt, genügt auch eine andere Art der schriftlichen Mitteilung, welche die Fertigstellung der Bauleistungen dokumentiert (z. B. die Übersendung der Schlussrechnung oder die Mitteilung über die Räumung der Baustelle nach Abschluss der Arbeiten). |
Die Bauleistungen des Auftragnehmers gelten 12 Werktage nach dem Zugang der Fertigstellungsmitteilung beim Auftraggeber als abgenommen. Wird die Fertigstellungsmitteilung (oder die Schlussrechnung) dem Architekten oder Bauleiter zugeleitet, dann beginnt die Frist erst zu laufen, wenn der Auftraggeber die Mitteilung vom Architekten oder Bauleiter erhält. Leitet der Architekt oder Bauleiter die Fertigstellungsmitteilung nicht an den Auftraggeber weiter, so trägt dieses Übermittlungsrisiko der Auftragnehmer. In den allermeisten Fällen sind für den Unternehmer dann der Zugang und das Zugangsdatum beim Auftraggeber nicht mehr beweisbar.
Der Auftraggeber muss innerhalb der 12-werktägigen Frist entweder die Abnahme ausdrücklich gegenüber dem Auftragnehmer verweigern oder zumindest Vorbehalte wegen ihm bekannter Mängel bzw. den Vertragsstrafenvorbehalt erklären. Nur so entgeht er der ansonsten eintretenden Abnahmewirkung, d. h. einem Rechtsverlust (§ 12 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B).
Praxistipps |
• Um die 12-werktägige Frist einzuhalten, sollte der Auftraggeber unbedingt darauf achten, dass die Abnahmeverweigerung bzw. die Vorbehalte schriftlich erklärt werden und dieses Schriftstück dem Auftragnehmer innerhalb der Frist auch zugeht, d. h. dem Auftragnehmer übergeben wird. Dieser Zugang ist zu dokumentieren, damit spätere Nachweisprobleme beseitigt werden. • Vorbehalte des Auftraggebers wegen bekannter Mängel vor Beginn der Frist aus § 12 Abs. 5 VOB/B sind unzureichend und müssen innerhalb der Frist wiederholt werden. |
Ingebrauchnahme {Ingebrauchnahme}
§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B sieht eine Abnahme des Bauherrn durch Benutzung der Bauleistungen des Unternehmers vor. Die Voraussetzungen dieser zweiten fiktiven Abnahmeart der VOB/B entsprechen der fiktiven Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung.
Die Abnahmewirkung tritt also 6 Werktage nach rügeloser Benutzung durch den Bauherrn ein. Eine Erprobung der Bauleistungen des Auftragnehmers (z. B. Test der Heizung) ist keine Ingebrauchnahme im Sinne von § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B. Zur Abnahmeverweigerung sowie zu den Vorbehalten des Auftraggebers nach § 12 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B gelten die Darstellungen zur Abnahme durch Fertigstellungsmitteilung entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist für den Auftraggeber nur 6 Werktage beträgt.
Die Unterschiede zur schlüssigen Abnahme durch Benutzung beim BGB-Werkvertrag sind denkbar gering; die dortigen Ausführungen gelten auch hier (vgl. Kapitel 2.2). Die Abnahmefiktionswirkung des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B beschränkt sich darauf, die Prüfungsfrist für den Bauherrn nach der Benutzung auf starre 6 Werktage festzulegen. § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B stellt ausdrücklich klar, dass die Weiterarbeit von Nachfolgegewerken auf den Bauleistungen des Auftragnehmers (z. B. Weiterführung des Rohbaus durch den Innenausbau) keine fiktive Abnahme des Auftraggebers darstellt.
Praxistipp |
Im Verhältnis vom Generalunternehmer zum Subunternehmer erfolgt die Benutzung der Bauleistungen des Subunternehmers dadurch, dass der Generalunternehmer dem Bauherrn die Nutzung ermöglicht (z. B. Übergabe an den Bauherrn, Eröffnung einer Einkaufspassage). |
2.5 Abgrenzungen zu anderen Feststellungen
Die Zustandsfeststellung nach § 650g BGB n. F., die technische Abnahme (in der Praxis häufig ebenfalls Zustandsfeststellung genannt) und die behördliche Bauabnahme stellen allesamt keine Abnahme im Rechtssinn dar. Das heißt, die rechtlichen Abnahmewirkungen treten durch diese Abnahme nicht ein. Worum handelt es sich nun bei diesen Feststellungen/Abnahmen?
2.5.1 Technische Abnahme, Zustandsfeststellung nach VOB/B
Die technische Abnahme {Abnahme, technische} dient dazu, den bautechnischen Zustand der Bauleistungen des Auftragnehmers zu überprüfen und festzustellen. Eine technische Abnahme führt nicht zum Eintritt der Abnahmewirkungen und soll die rechtsgeschäftliche Abnahme lediglich aus technischer Sicht vorbereiten.
Die technische Abnahme wird häufig von Architekten (z. B. § 34 Abs. 3 Nr. 8 HOAI i. V. m. Anlage 10.1 Leistungsphase 8 Buchstabe k) bzw. Ingenieuren (z. B. § 43 Abs. 1 Nr. 8 HOAI i. V. m. Anlage 12.1 Leistungsphase 8 Buchstabe e) veranlasst. Bei der technischen Abnahme werden die Bauleistungen des Auftragnehmers auf Übereinstimmung mit dem Bauvertrag, der Baugenehmigung, dem Leistungsverzeichnis, den Planunterlagen, den anerkannten Regeln der Technik sowie sonstigen einschlägigen technischen Vorschriften überprüft; Abweichungen, fehlende Restleistungen und Mängel werden zur Vorbereitung der rechtsgeschäftlichen Abnahme dokumentiert. Dem Bereich der technischen Abnahme sind auch die in der Praxis häufig von den Parteien durchgeführten „Vorabnahmen“ zuzuordnen.
Praxistipp |
Hat eine technische Abnahme durch den Architekten des Bauherrn stattgefunden und wurden dabei keine wesentlichen Baumängel festgestellt, so kann diese technische Abnahme jedoch zu einer konkludenten rechtsgeschäftlichen Abnahme führen, wenn der Bauherr daraufhin längere Zeit schweigt oder nicht reagiert. Ein Zeitraum von einem Monat wird von der Rechtsprechung schon als zu lange für den Bauherrn angesehen, um noch Vorbehalte wegen Mängeln und Vertragsstrafenansprüchen zu erklären. |
Die VOB/B sieht in § 4 Abs. 10 eine Zustandsfeststellung {Zustandsfeststellung, nach VOB} (auch genannt „unechte Teilabnahme“ {Teilabnahme, unechte}) vor. Diese Zustandsfeststellung dient dazu, unselbstständige Teile der Bauleistungen des Auftragnehmers zu überprüfen, bevor diese durch nachfolgende Gewerke nicht mehr überprüfbar sind (z. B. Kanalrohrleitungen vor dem Wiederverfüllen, Armierungen vor dem Betonieren, Elektroleerrohre vor dem Verschließen der Schlitze etc.).
Die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B ist nur auf Verlangen einer Partei, dann jedoch gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer durchzuführen und in einem Ergebnisprotokoll zu dokumentieren. Die Zustandsfeststellung dient in erster Linie dem Auftragnehmer zur Beweissicherung, da er später die betroffenen Leistungsteile nicht mehr oder nur mit erheblichem Aufwand vom Auftraggeber auf ihre ordnungsgemäße Ausführung überprüfen lassen kann.
Praxistipp |
Das Ergebnisprotokoll {Ergebnisprotokoll} der technischen Abnahme sollte möglichst detailliert sein. Es sollte Angaben dazu enthalten, welche Bauleistungen in welchem Herstellungsstadium wann und von wem besichtigt wurden, welche Mängel festgestellt wurden und ob diese Mängel einvernehmlich akzeptiert oder strittig sind bzw. ob Mangelfreiheit vorliegt. Eine ausführliche Fotodokumentation ist ergänzend sehr hilfreich. |
Hinsichtlich der einvernehmlichen Ergebnisse der Zustandsfeststellung trifft den Auftraggeber (nach einer starken Meinung in der baurechtlichen Literatur) die Beweislast, wenn er hiervon später bei der rechtsgeschäftlichen Abnahme abrücken will. Das heißt, die Zustandsfeststellung führt zu einer Beweislastumkehr.
Praxistipp |
Verweigert der Auftraggeber seine Teilnahme an einer vom Auftragnehmer beantragten Zustandsfeststellung, dann trifft den Auftraggeber die Beweislast für später behauptete Mängel an diesen Bauleistungen. Zudem kann der Auftragnehmer durch die Weigerung des Auftraggebers in seiner Leistungsausführung behindert sein (§ 6 VOB/B). Der Auftragnehmer sollte trotz Weigerung des Auftraggebers eine aussagekräftige Dokumentation seiner später verdeckten Bauleistungen vornehmen. Mehrkosten einer späteren Überprüfung trägt der Auftraggeber. |
Klar ist schließlich, dass auch ein gemeinsames Aufmaß (§ 14 Abs. 2 VOB/B) und der Prüfvermerk unter der Schlussrechnung des Auftragnehmers keine rechtsgeschäftliche Abnahme bewirken.
2.5.2 Zustandsfeststellung nach § 650g BGB n. F.
{Zustandsfeststellung (BGB)}
Bei allen Bauverträgen (d. h. auch bei VOB-Bauverträgen), die seit dem 01.01.2018 geschlossen wurden, kann der Unternehmer im Fall einer Abnahmeverweigerung vom Bauherrn verlangen, dass der Zustand des Bauwerks gemeinsam und beweiskräftig festgestellt wird (§ 650g BGB n. F., vgl. Kapitel 6.4). Wird dem Auftraggeber die Bauleistung nach einer Zustandsfeststellung zur Nutzung überlassen und ist im Protokoll der Zustandsfeststellung kein offenkundiger Mangel vermerkt, so wird gesetzlich vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Auftraggeber zu vertreten ist. Mit dieser Zustandsfeststellung werden zwar Abnahmewirkungen (vgl. Kapitel 7) teilweise vorweggenommen, das Bauvertragsverhältnis bleibt aber im Stadium vor der Abnahme. Eine rechtsgeschäftliche Abnahme ist mit der Zustandsfeststellung nicht verbunden.
{Abnahme, behördliche}
Die behördliche Bauabnahme, auch öffentlich-rechtliche Bauabnahme genannt, ist keine Abnahme im Rechtssinn zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Die Behörde prüft selbstverständlich nicht, ob der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber seinen Bauvertrag erfüllt hat. Die behördliche Bauabnahme wird von der zuständigen Fachbehörde nach dem jeweiligen Recht der Bundesländer vorgenommen (z. B. Schnurgerüstabnahme, Rohbauabnahme, Schluss-/Gebrauchsabnahme, Kaminkehrerbescheinigung). Sie dient dazu, die öffentlich-rechtlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandards (z. B. Standsicherheit, Feuersicherheit, Wärme- und Schallschutz, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) zu kontrollieren und die Allgemeinheit vor möglichen Gefahren aus dem überprüften Bauwerk zu schützen.
2.6 Gestaltungsmöglichkeiten im Bauvertrag
In Bauverträgen wird häufig und zumeist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen versucht, die Abnahmeregelungen zugunsten der eigenen Position von Auftraggeber oder Auftragnehmer vertraglich zu verändern. Viele dieser vertraglichen Abnahmeklauseln sind unwirksam. Beim VOB-Bauvertrag bewirken sie zumindest einen Eingriff in die VOB/B und damit eine Inhaltskontrolle der VOB/B an den Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. BGB, auch wenn am Bauvertrag kein Verbraucher beteiligt ist (Näheres dazu in Kapitel 2.4). Nachfolgend soll kurz auf die in der Baupraxis am häufigsten anzutreffenden Vereinbarungen zur Abnahme in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingegangen werden. Am Ende dieses Kapitels werden Individualabreden im Bauvertrag besprochen.
2.6.1 Verschiebung des Abnahmezeitpunkts
{Abnahmezeitpunkt, Verschiebung des}
Der Abnahmezeitpunkt {Abnahmezeitpunkt} wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entweder vom Auftraggeber möglichst weit zeitlich hinausgeschoben oder vom Auftragnehmer auf einen möglichst frühen Zeitpunkt vorverlagert.
Grundsätzlich hat jeder Auftragnehmer gegenüber seinem Auftraggeber Anspruch auf eine Abnahme, wenn er sein Gewerk fertiggestellt hat. Der Auftraggeber darf deshalb den Abnahmezeitpunkt nicht beliebig lange und unabhängig von Einflussmöglichkeiten des Auftragnehmers verschieben. Nicht zuletzt erschwert eine zeitliche Verzögerung der Abnahme die Feststellungen zu den Bauleistungen des Auftragnehmers (z. B. durch Nachfolgegewerke) und führt zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfristen.
Unangemessen und unwirksam sind daher bei gewerkeweiser Vergabe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeberseite insbesondere folgende Regelungen:
• | Abnahme frühestens nach Bezugsfertigkeit der letzten Wohneinheit einer größeren Wohnanlage |
• | Abnahme erst bei der Gesamtabnahme aller Gewerke des Bauvorhabens |
• | Abnahme für alle Handwerker nach Abschluss aller Arbeiten in einem Termin |
• | Abnahme erst nach Fertigstellung aller Innenausbaugewerke |
• | Verjährungsbeginn erst nach mängelfreier Abnahme |
• | Abnahme erst mit förmlicher Abnahmeerklärung des Auftraggebers, auch wenn das Bauvorhaben bereits in Gebrauch genommen ist |
• | Recht zur Abnahmeverweigerung auch bei nur unwesentlichen Mängeln |
Der Generalunternehmer darf gegenüber seinen Subunternehmern die Abnahme und damit den Beginn der Gewährleistungsfrist in Maßen zeitlich hinausschieben. Damit will der Generalunternehmer erreichen, dass seine Gewährleistungsansprüche gegenüber den Subunternehmern mit der ihn treffenden Gesamtgewährleistung gegenüber dem Bauherrn parallel geschaltet werden. Allerdings darf die Verschiebung nicht auf längere Zeit erfolgen. Als unproblematisch gilt in der Rechtsprechung ein Zeitraum von 1 bis 2 Monaten, der jedoch dem Generalunternehmer für die im Bauablauf frühen Gewerke (z. B. Erdarbeiten, Rohbau) kaum hilfreich ist.
Praxistipp |
Der Generalunternehmer kann mit seinem Subunternehmer eine Gewährleistungsfrist vereinbaren, die länger ist als die Gewährleistungsfrist des Generalunternehmers gegenüber dem Bauherrn (z. B. 5 Jahre und 6 Monate, längere Gewährleistungsfristen unterliegen einem hohen Unwirksamkeitsrisiko). Durch diese längere Gewährleistungsfrist gegenüber dem Subunternehmer kann der Generalunternehmer faktisch verhindern, dass seine Gewährleistungsfrist gegenüber dem Bauherrn noch läuft, während seine Rückgriffsansprüche gegenüber den Subunternehmern bereits verjährt sind. |
Auch auf Auftragnehmerseite gibt es Klauseln, welche die Abnahme und deren Wirkungen unzulässig weit zeitlich nach vorne verlagern. Solche Klauseln sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam:
• | Die Schlussrechnung ist sofort ohne Abzug zu bezahlen. Der Auftraggeber müsste ansonsten selbst bei berechtigter Abnahmeverweigerung die Vergütung des Auftragnehmers bezahlen. |
• | Abnahmefiktion, wenn der Auftraggeber nicht zum Abnahmetermin erscheint |
• | Abnahmepflicht bei Einzug, auch wenn wesentliche Baumängel vorhanden sind, sonst Gewährleistungsausschluss |
• | isolierte Vereinbarung der fiktiven Abnahmearten des § 12 Abs. 5 VOB/B im BGB-Bauvertrag |
2.6.2 Verlagerung der Abnahme auf Dritte
{Abnahme, Verlagerung auf Dritte}
Der Auftraggeber kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Abnahme nicht von Erklärungen Dritter abhängig machen, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat. Derartige Klauseln sind unwirksam:
• | Abnahme durch den Endkunden des Auftraggebers |
• | Abnahme durch eine vom Auftragnehmer zu beschaffende Mangelfreiheitsbescheinigung Dritter, z. B. Endkunde des Auftraggebers, Käufer einer Eigentumswohnung, Mieter |
• | Abnahme nicht vor behördlicher Bauabnahme |
Der Auftraggeber kann allerdings wirksam einen Dritten zur Abnahme bevollmächtigen.
2.6.3 Ausschluss von Abnahmearten
{Abnahmearten, Ausschluss von}
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeberseite wird vielfach versucht, die Abnahmearten zu beschränken. Insbesondere sollen dabei nur die für den Auftraggeber beeinflussbare ausdrückliche oder die förmliche Abnahme zulässig sein. Auch diese Klauseln sind oft unwirksam:
• | Abnahme nur förmlich, nicht schlüssig |
• | Abnahme nur in schriftlicher Form |
• | Abnahme nur tatsächlich vor Ort auf der Baustelle |
• | Abnahme durch Ingebrauchnahme ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber sich einseitig die Möglichkeit vorbehält, einen Abnahmetermin dennoch anzusetzen |
Die fiktiven Abnahmearten des § 12 Abs. 5 VOB/B können in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ausgeschlossen werden. Allerdings liegt damit wieder ein Eingriff in die VOB/B mit den möglicherweise ungünstigen Rechtsfolgen vor (siehe Kapitel 2.4).
2.6.4 Vorbehaltserklärungen des Auftraggebers
Den Auftraggeber treffen vergessene Vorbehalte {Vorbehalte} für bekannte Mängel oder für Vertragsstrafenansprüche besonders hart. Es verwundert deshalb nicht, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen von Auftraggebern häufig die gesetzlichen Vorbehaltsregelungen zugunsten des Auftraggebers modifizieren.
Unwirksam ist eine Auftraggeberklausel, die eine vorbehaltlose Abnahme trotz bekannter Mängel als folgenlos für den Auftraggeber regelt.
Auch der Vertragsstrafenvorbehalt kann nicht komplett ausgeschlossen werden. Zulässig ist es aber, den Zeitpunkt des Vertragsstrafenvorbehalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bis zur Schlusszahlung – jedoch nicht länger – hinauszuschieben.
Der Auftragnehmer darf seine Position ebenso nicht schrankenlos vertraglich verbessern: Dem Auftragnehmer ist eine Klausel nicht erlaubt, die für alle bei der Abnahme erkennbaren (nicht: bekannten) Mängel die Gewährleistung ausschließt oder hierfür bloß eine zweiwöchige Rügefrist ab Abnahme vorsieht.
2.6.5 Zusätzliche Abnahmeunterlagen
{Abnahmeunterlagen}
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeberseite werden häufig als Abnahmevoraussetzung zusätzliche Unterlagen verlangt, z. B. Revisions- und Bestandspläne, behördliche Bescheinigungen und Abnahmen, ein ordnungsgemäß geführtes Bautagebuch, sämtliche Bedienungsunterlagen etc. Auch derartige Klauseln sind unwirksam, wenn nicht die beauftragte Bauleistung des Auftragnehmers gerade diese Unterlagen mit umfasst oder die Unterlagen zur Überprüfung der Bauleistungen des Auftragnehmers notwendig sind.
2.6.6 Individualvereinbarungen
{Individualvereinbarungen}
In Individualvereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sind vielfach vertragliche Regelungen noch zulässig, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits unzulässig wären. Zu beachten ist, dass es sich um echte, ausgehandelte Individualvereinbarungen handeln muss und nicht um „verschleierte“ Allgemeine Geschäftsbedingungen (z. B. die formularmäßige Erklärung, dass alle wesentlichen Vertragsbedingungen individuell ausgehandelt wurden, oder ein bloßes Ausfüllen von Vertragslücken in einem Musterbauvertrag ohne Einflussmöglichkeit der anderen Vertragspartei). Weitere Verschärfungen zulasten des Bauunternehmers ergeben sich aus dem Verbraucherschutz (vgl. § 310 Abs. 3 BGB und Kapitel 2.4).
Selbst durch Individualvereinbarung kann in wesentliche Abnahmeregelungen und Abnahmevoraussetzungen nicht wirksam eingegriffen werden. In Individualverträgen – auch zwischen Unternehmern – stoßen deshalb die Verschiebung des Abnahmezeitpunkts, die Verlagerung der Abnahme auf Dritte und der Ausschluss der stillschweigenden Abnahme auf rechtliche Bedenken.
Das Erfordernis eines Mangelvorbehalts und eines Vertragsstrafenvorbehalts kann dagegen individualvertraglich sogar komplett ausgeschlossen werden.