Читать книгу Der Zirkel des Narzissten - Valerija Konstantinova Skripnicenko - Страница 10

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Kapitel 3

Die Situation Zuhause spitzte sich immer weiter zu. Gregors Launen wurden zunehmend wechselhafter und extremer, denn nun kam auch noch seine Ex Frau aus der Ukraine wieder zurück und drängte sich in regelmäßigen Abstanden auf.

Er lernte Ludmilla 10 Jahre zuvor auf einem Chatportal kennen und flog extra in die Ukraine, um sie live kennenzulernen. Sie hatte bereits zwei Töchter von zwei verschiedenen Männern und wollte in Deutschland ein besseres Leben. Laut Ludmilla kümmerten sich beide Väter nicht um ihre Kinder, waren Alkoholiker und überaus brutal. Gregor konnte nicht ahnen, dass diese Frau eine Heiratsschwindlerin war und sich das alles einfielen ließ, um ihn auszubeuten. Er war nicht nur geblendet von ihrer Schönheit, sondern auch von ihrer liebevollen Art und wollte ihr das Leben retten. Er holte sie zusammen mit den beiden Mädchen nach Deutschland. Direkt nach dem er sie geheiratet hatte in der Ukraine. Sie war seine große Liebe und ihre Töchter nannten ihn, schon nach kurzer Zeit, Papa.

Zu der Enttäuschung über Ludmillas berechnenden Absichten kam natürlich noch der Verlust der liebgewonnenen Stieftöchter, der Gregor das Herz brach, hinzu.

Ludmilla betrog ihn mit vier seiner Geschäftspartner während er auf Geschäftsreisereise war und plünderte sein Konto. Fast wäre er gezwungen gewesen, sein Haus zu verkaufen, um den Schaden zu regulieren. Nur dank seiner spendablen Mutter schaffte er es, das Schlimmste zu verhindern. Sie machte sich auf und davon und hinterließ nur verbrannte Erde. Sie brannte mit einem merkwürdigen Typen aus dem Internet durch, als er erneut auf einer Geschäftsreise war und hinterließ nur eine kurze Notiz mit den Worten: Adieu und Danke - auf dem Küchentisch.

Sie machte nicht mal vor dem alten Familienschmuck halt, der seit vielen Generationen im Familienbesitz und von unermesslichem Wert war. Vor allem für seine Mutter, die an den Schmuckstücken der Uroma besonders hing.

Doch all das war ihr nicht genug, denn sie stalkte ihn. Monatelang fing sie ihn überall ab. Sie griff ihn an wie eine Wilde und drohte ihm damit, seine Existenz zu zerstören, wenn er sie nicht zurücknähme. Sie war einfach geisteskrank und unberechenbar. Sie ließ sogar mir ausrichten, dass sie alles tun würde, damit ich aus ihrem Leben verschwände.

Einmal kam er sogar mit einem ganz zerkratzten Gesicht nach Hause und erzählte mir, wie sie ihn im Parkhaus überraschte und verführen wollte. Sie stand plötzlich an seinem Auto in Dessous unter einem Mantel und hohen Pumps. Sie wusste, wann er Feierabend machte und wartete nur darauf, über ihn her zu fallen. Doch er erzählte von mir, seiner großen Liebe und ließ sie abblitzen. Das brachte sie zum Ausrasten. Sie schrie ihn an, drohte und attackierte ihn zuerst mit einem Regenschirm und später krallte sie sich mit aller Kraft in ihm fest und biss zu. Er hat sich gerade noch zusammenreißen können, um nicht die Hand gegen eine Frau zu erheben, das würde schließlich gegen all seine Werte verstoßen.

Er wehrte sich verbal und versuchte, sie zu beruhigen, während er Tritte, Bisse und Kratzer einsteckte. Leider gab es zu dem Vorfall keine Zeugen, die die Polizei hätten rufen können, denn der Akku seines Handys war leer und er brauchte beide Arme, um sie sich vom Hals zu halten. Erst als Stimmen zu hören waren ließ sie von ihm ab, stieg in einen Lamborghini und fuhr fort.

Sie war eine wunderschöne Ukrainerin mit dunkelblonden langen Haaren, blauen Augen und langen schlanken Beinen. Sie sah aus wie ein Model aus einer Zeitschrift und konnte jeden Mann haben, den sie sich aussuchte. Deswegen verfiel auch er ihr auf Anhieb und legte ihr die Welt zu Füßen.

Er erzählte mir bei unserem Kennenlernen schon, dass er sie kaum losgeworden war, denn sie ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Sie merkte schnell, dass sie es bei ihm besser hatte als bei ihrem Stecher aus dem Internet und wollte zurück. Um jeden Preis.

Es ging ihr dabei nicht nur um Liebe, denn sie behandelte ihn wie einen Geldsklaven. Es ging ihr darum ihn zu besitzen, doch das hätte er psychisch nicht mehr lange ausgehalten und war froh über ihre Flucht. Auch wenn er es schwer hatte, die Gefühle zu verarbeiten und die Enttäuschung zu verkraften. Doch was ihn immer noch quälte, war die ungewisse Zukunft der beiden Mädchen. Das ließe ihn einfach nicht los. Bei so einer gestörten Mutter wären die Kinder verloren.

Je mehr Theater sie machte, desto schlimmer wurde es in unserer Beziehung. Unbewusst machte ich all die Dinge, die auch Ludmilla tat und provozierte ihn. Teilweise mit meinem Dasein. Doch wie konnte er mir bloß unterstellen, ich wäre wie sie? Ja, ich war nicht leicht zu händeln und machte Fehler, doch war ich keine geldgierige Bitch?

Phasenweise reizte er mich dermaßen aus, dass ich die Fassung verlor und blinde Aggressionen zeigte oder aber auch einfach nur noch unaufhörlich weinte.

Immer öfter widersprach ich ihm oder versuchte mich zu rechtfertigen. Ich stritt all die Vorwürfe immer wieder ab. Erklärte ihm meine Standpunkte und versuchte, in diesem Chaos nicht unterzugehen. Doch er erhöhte den Druck auf mich, wenn ich mich verteidigte. Manchmal sogar so, dass ich in Rage verfiel und dann erst konnte ich in seinen Augen seine Zufriedenheit sehen. Seine Augen glänzten, wenn es aussah, als wäre ich an einem Punkt der Verzweiflung und Machtlosigkeit. Dann lächelte er und schob es auf meine emotionale Instabilität. Es machte den Anschein, als freute er sich, wenn er mir weh tat oder es dachte und mit der Zeit überspannte er immer öfter, den Bogen. Ich zahlte Ludmillas Rechnung für all das, was sie ihm angetan hatte, mit meiner Seele. Ich wusste nur nicht warum.

Meine Geschichte kannte er nur allzu gut, denn ich vertraute sie ihm am Anfang unseres Kennenlernens an. Ich hielt ihn für einen perfekten Mann und sah ihn als Halt. Er wirkte so selbstsicher und war so wortgewandt und liebevoll. So loyal, authentisch und verständnisvoll.

Ich vertraute ihm an, dass ich über den Verlust meiner Mami nie hinweggekommen war. Dass unser Familiendrama schwere Traumata auf meiner Seele hinterließ und auch das gestörte Verhältnis zu meiner Mutter, die eigentlich meine Oma war.

Doch das nahm er nicht besonders ernst, denn einige seiner Lieblingssätze waren:

“Wundert mich nicht, dass dein Vater deine Mutter verscharrt hat, wenn die genauso war wie du…”

“Pass auf, dass dein Loch nicht noch tiefer wird als das deiner Mutter…”

“Du trittst sowieso bald in die Fußstapfen deiner Mutter, Liebling…”

“Wahrscheinlich war die genauso verhurt wie du, sonst wäre keine Gruppe Männer über sie hergefallen und hätte sie Tot gefickt.”

“War sie eigentlich schon tot, als man sie in das Loch warf?”

“Du bist noch billiger als meine Ex Frau.”

“Ihr Psychos seid doch alle gleich und kostet viel.”,

waren einige der Sätze, die ich hörte, wenn er in meinen Augen noch nicht den Schmerz gesehen hatte, nach dem er sich sehnte oder ich nicht die gewünschten Reaktionen zeigte, indem ich in Hysterie verfiel. Meine Schmerzgrenze dehnte sich im Laufe der Zeit zwar immer weiter aus, aber solche Sprüche verkraftete meine Seele nicht.

Meine darauffolgenden Nervenzusammenbrüche erklärte er dann mit Psychosen, die er mir zusammen mit seiner Mutter diagnostizierte. Seine Aussagen entschuldigte er nie. Er rechtfertigte sie damit, dass ich unzähmbar sei und er sonst keine Möglichkeit sähe, zu mir durchzudringen. Außerdem sei der Schaden durch seine Ex Frau so groß, dass er einfach ist, wie er ist.

Es war inzwischen an der Tagesordnung zu sticheln, Tatsachen zu verdrehen und Gegenstände zu verstecken, um mir das Gefühl zu geben, ich sei nicht gut genug, geistig verwirrt und debil.

Wenn er sich nicht gerade als Opfer darstellte, das von russischen Provinzblümchen in den finanziellen Ruin getrieben wurde, stellte er sich als den großzügigen - von Gott gesandten Samariter dar, der mich aus einem Loch geholt hatte und mir ein ordentliches Leben bot und Undank erntete. Er liebte aber auch die Harmonie, empfand das ganze Leben als wunderschön und konnte nicht nachvollziehen, wieso ich immer alles dramatisierte und ihm somit die Lust am Leben verdarb mit meinem deprimierten Gesichtsausdruck. Schließlich hätte alles so schön sein können.

Er erzählte seiner Familie und seinen Kollegen von meiner bipolaren Störung und wie schwer er es mit mir doch hätte und mich doch zu sehr lieben würde, um sich einfach von mir zu trennen. Denn er wüsste ja, wo ich enden würde. Deren Blicke sagten mehr als tausend Worte, bei jeder Begegnung. Ich hörte oft das Gerede und Getuschel hinter meinem Rücken, während er mir vor allen Leuten immer jeden Wunsch von den Augen ablas. Selbst, wenn ich keinen hatte, denn er meinte es mit mir immer nur gut. Oft sagte er mir, ich sollte die Labertaschen nicht allzu ernst nehmen, die wären doch alle - nur neidisch.

Einige Male versuchte ich mit seiner Mutter zu sprechen. Die mich einst mit offenen Armen empfing. Die sich keine andere Frau an der Seite ihres ach so großartigen und erfolgreichen Sohnes vorstellen konnte. Sie war so froh über die Scheidung von seiner geldgierigen und verlogenen Ex Frau und hoffte, dass diese sich nie wieder blicken lassen würde mit ihren dämlichen und verzogenen Gören. Die wüssten nicht einmal all die großzügigen Geschenke zu schätzen, geschweige denn so viel Fürsorge zu würdigen.

Margot und Gregor hatten eine innige Beziehung, denn sie hatte außer ihm niemanden mehr. Der Ehemann verließ sie einige Jahre zuvor für eine andere Frau und der älteste Sohn wandte sich wegen seiner furchtbaren Frau ebenfalls von ihr ab. Sie wirkte auf mich so liebevoll im Umgang mit Gregor. Mich lud sie oft auf einen Kaffee ein und kam auch liebend gern mit in die Stadt zum Shoppen. Auch sonst kam sie fast täglich, wenn auch nur für fünf Minuten, bei uns vorbei.

Als er sich schlagartig mir gegenüber veränderte, bat ich sie mit ihm zu sprechen. Ich bat sie um Rat. Aber auch sie war dann plötzlich der Meinung, ich sei nicht gut genug und undankbar, denn ihr Sohn wäre ein gutmütiger Mensch mit einem riesigen Freundeskreis. Von allen geachtet und geliebt. Selbst seine Ex Frau wäre nie über ihn hinweggekommen. Ich sollte an mir arbeiten und mehr Respekt und Liebe an den Tag legen, dann würde er auch anders mit mir umgehen. Ihm fehlte nur Mal eine Frau, die ihn nach den stressigen Tagen im Büro verwöhnte. Ich sollte mir nur den Druck vorstellen, unter dem er täglich stünde, unter anderem auch, um mir und meinem Sohn den Luxus zu finanzieren.

Ich erzählte ihr, dass ihm die Hand bis dahin einmal ausrutschte und dass ich mir das nicht gefallen ließe. Doch da waren die tauben Ohren und das hämische Lächeln.

“Ach erzähl doch keinen Quatsch, niemals würde er auch nur einer Fliege etwas zu Leide tun. Sowas hat die Hure auch behauptet und ist damit auf die Nase gefallen.”, war das Einzige, was sie dazu sagen hatte.

So sehr mich Gregors Wutausbrüche auch verletzten, so sehr redete ich mir immer wieder alles schön, denn ich liebte ihn abgöttisch. Mir war sein Geld egal, die Autos und auch all die Designer Klamotten, denn ich liebte seine braunen Augen und seine Stimme. Mir war klar, dass Ludmilla uns auseinanderbringen wollte und ihn deswegen des Öfteren versuchte zu verführen. Ich war so glücklich über seine Loyalität mir gegenüber, denn er hielt mit nichts hinterm Berg und stand selbst vor seiner Ex Frau zu mir.

Leider suchte ich Mal wieder zur falschen Zeit ein Gespräch mit ihm, denn ich wollte den Frieden. Ich wollte ihn nicht verlieren und ich hielt fest an der Vorstellung, es würde alles wieder werden wie am Anfang.

Ich war der festen Überzeugung, dass alles, was schief lief zwischen uns auf Missverständnissen beruhte.

Er konnte nicht der bösartige Tyrann sein, den ich manchmal in ihm sah, denn er kämpfte solange und so hart um mein Herz. Vielleicht sollte ich meine Ansprüche etwas runter schrauben, denn er konnte mich schließlich nicht immer mit Samthandschuhen anfassen. Außerdem, woher sollte er wissen, dass er mich so tief verletzte, wenn er nicht am Verlust seiner geliebten Mutter leiden musste? Das hat mir seine Mutter schließlich auch oft genug gesagt. Ich sollte ihn nicht immer ernst nehmen, er meinte es schließlich nicht böse und dürfte ihn nicht für meine Vergangenheit verantwortlich machen.

Er lag wie immer auf dem Sofa vor dem Fernseher und schaute Nachrichten als ich mich zu ihm setzte und meine Arme um ihn legte. Ich wollte ihm eigentlich nur mit Liebe und Nähe zeigen, wie sehr ich ihn liebte und sah, wie sich seine Mimik veränderte. Er griff in seine Hosentasche und zog ein Bündel Scheine heraus.

Er hielt mir 500 Euro hin und machte eine wegwinkende Handbewegung.

In diesem Moment fühlte ich mich wie seine Leibeigene. Ich verstand, dass ihm nicht danach war, mit mir zu reden, aber ich konnte nicht begreifen, wieso er mich keines Blickes würdigte.

Ich zog meine Arme zurück und starrte ihn an. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich schüttelte nur den Kopf. Wortlos stand er auf, griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus, als wäre ich gar nicht da verließ er das Wohnzimmer und ging ins Schlafzimmer.

Er packte seinen Reisekoffer, ging noch kurz ins Bad und verschwand zur Haustür. Nur wenige Minuten später vibrierte mein Handy in meiner Handtasche, im Flur.

Ich war gespannt auf die Botschaft, die er mir auch hätte sagen können und schaute drauf. Zumindest schrieb er mir eine SMS.

“Ich bin für ein paar Tage weg. Nicht einmal in Ruhe Fernsehen kann ich schauen, dabei habe ich morgen einen der wichtigsten Termine des Monats. Aber wie soll eine Hohlfrucht verstehen, dass Geld nicht auf Baumen wächst.”

Mein Sohn war ohnehin wieder für eine Woche bei meiner Mutter zu Besuch und ich entschied ihn nicht nur abzuholen, sondern ebenfalls ein Wochenende dort zu verbringen, da Gregor eh nicht Zuhause war.

Ich rief sie kurz an und kündigte mich für den darauffolgenden Tag an.

Das Wetter war Weltklasse und ich fuhr mit Hercules den weiten Weg über die Autobahn und schaltete während dessen ab.

Bei ihr angekommen fühlte es sich wie immer komisch an. Einerseits war sie meine Mutter andererseits aber war sie mir fremd. Mein Sohn hatte mich nur kurz an der Tür empfangen und verschwand dann wieder vor der Playstation.

Nach dem Abendessen machte sie ihn bettfertig und wir saßen bis spät in die Nacht in der Küche und ich plauderte etwas aus dem Nähkästchen und erzählte von der irren Ex Frau, die bis dahin auch schon mich in einem Supermarkt abgefangen hatte.

Ich erzählte, dass sie mich am Tchibo Regal mit meinem Namen ansprach und ich erstaunt war, da ich sie nur von Fotos kannte und noch nie live gesehen hatte. Ich erzählte, wie ich mich umdrehte und sah einer Frau ins Gesicht, die mit Tränen in den Augen vor mir stand und mich bezüglich Gregor ansprach. Sie meinte, ich wäre zu jung und zu hübsch für ihn und sollte mir lieber einen richtigen Mann suchen, bevor es für mich zu spät sei. Dann rannte sie weg bevor ich reagieren konnte. Ich war sehr wortgewandt, doch war ich in der Situation perplex.

Ich dachte, Ludmilla war eine aggressive Diva, die jedem das Gesicht zerkratzte, der ihrem Gregor zu nah kam, doch vor mir stand eine verletzte Frau, die mich warnte.

Meine Mutter meinte, dass Frauen, wenn sie einen Mann wollen, über Leichen gehen und die besten Theaterstücke inszenieren. Sie wahrscheinlich geweint hat, weil sie bemerkt hatte, was sie an ihm verloren hatte. Meine Mutter erzählte mir über die Mühen und Opfer, die sie für mich aufbrachte und erklärte mir, ich sollte dankbar sein, dass so ein Mann wie Gregor Interesse an mir fand. Denn ich sei schließlich auch kein Geschenk des Himmels. Ich sollte mich darüber freuen, dass so ein Mann wie Gregor so lange um mich kämpfte und mir die Welt zu Füßen legte. Die Nachbarn redeten so neidisch über die schönen Autos, mit denen ich immer zu Besuch kam und die Anziehsachen, die ich immer trug, da sollte ich mich wie eine richtige Frau benehmen und ihn festhalten, anstatt mir über verrückte Ex Frauen Gedanken zu machen.

Ich verdrängte wieder einmal alles Schlechte und stimmte dem zu, denn Gregor war eigentlich wirklich ein Traummann und liebte mich sehr.

Das Wochenende verging schnell und ich fuhr mit meinem Sohn wieder zurück nach Hause.

Ich war voller Pläne und Hoffnung und hatte wieder einmal das Gefühl, es würde sich nun alles ändern. Denn ich dachte, ich hätte es nun verstanden.

Gregor war bei unserer Ankunft nicht Zuhause, reagierte aber auch auf keine Nachricht.

Streit hatten wir doch nicht oder hatte ich wieder einmal alles falsch verstanden?

Ich versuchte ihn etliche Male von meinem Handy aus zu erreichen, allerdings war der Teilnehmer nicht erreichbar. Auch seine Mutter nahm ihr Telefon nicht ab. Seltsam war es, aber auch er rief mich nicht wie gewohnt mehrmals am Tag an.

Ich konzentrierte mich auf meinen Sohn, der wieder in sich gekehrt war und mich anschaute, als wäre ich ihm fremd. Wir mochten es immer gemütlich und ich machte alle Kerzen im Wohnzimmer an, die ich finden konnte. Vom Sofa aus dirigierte er mich und zeigte mit dem Zeigefinger auf jede die er fand.

Es wurde immer später und wir waren beide müde von der langen Fahrt aber sehr auch hungrig, doch der Kühlschrank war leer. Wir beschlossen, Pizza zu bestellen von dem Italiener nebenan. Der kannte uns und beeilte sich immer mit der Lieferung. Außerdem hatte ich immer das Gefühl, er machte sich für uns besonders viel Mühe. Wir aßen im Wohnzimmer vor dem Fernsehen, weil wir allein waren. Bei Kerzenlicht war alles war so friedlich und harmonisch. Doch achtete ich stets darauf, dass wir nicht kleckerten und krümelten. Das hat Gregor immer gehasst. Er meinte immer, nur Asoziale würden im Wohnzimmer vor der Glotze essen.

Vollgegessen schliefen wir auf der Couch ein, als Gregor mitten in der Nacht zurückkam. Er stank nach Whiskey und hatte überall roten Lippenstift im Gesicht. Er konnte kaum auf den Beinen stehen und hielt sich an den Wänden fest, doch kam er mit dem Auto. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Ich war gespannt darauf, was er zu sagen hatte, warum sein Handy den ganzen Tag aus war.

Als ich ihn auf den Hof fahren hörte, schreckte ich auf. Ich rannte los und brachte die Essensreste schnell in die Küche und das Kind ins Kinderzimmer und öffnete erst dann die Haustür. Er beachtete mich nicht. Eigentlich schaute er durch mich hindurch, schob mich mit dem rechten Arm zur Seite und taumelte an mir vorbei ins Schlafzimmer. Er knallte die Tür so laut, dass mein Sohn aus dem Kinderzimmer rauskam, weil er Angst bekam. Ich sah ihn auf mich zulaufen und zeigte ihm mit dem Zeigefinger vor dem Mund, er solle leise sein und ins Zimmer gehen. Ich würde gleich nachkommen, als ich aus dem Schlafzimmer ein dumpfes Geräusch hörte. Ich rannte, um nachzusehen ob er womöglich den Schlafzimmerschrank umgeworfen hatte, sah ihn dann aber neben dem Bett liegen und hörte ihn laut schnarchen. Wie erstarrt blieb ich an der Tür des Schlafzimmers stehen, denn ich wollte eine Erklärung für diesen glamourösen Auftritt. War der Lippenstift in seinem Gesicht von Ludmilla? Hatte sie es nun endlich geschafft und ihn verführt, um mir meine Beziehung zu zerstören?

Ich konnte nur den Kopf über diesen Anblick schütteln. So zog ich die Tür ran und ging zu meinem Sohn ins Kinderzimmer. Ich beruhigte ihn und sagte, dass Gregor 2 Bier getrunken hatte und ausversehen mit dem Zeh gegen den Schrank stieß und weil er sich den Schrei verkniff, um ihn nicht zu wecken, vor Wut gegen den Schrank geboxt hat.

Beruhigt legte er sich ins Bett und ich deckte ihn zu.

Natürlich wagte ich es, ihn am nächsten Tag, darauf anzusprechen. Ich wollte die Wahrheit und wissen, wo er überhaupt war. Was das sollte und warum er in dem Zustand noch Auto gefahren ist. Natürlich wollte ich auch sagen, dass ich anders behandelt werden wollte und er vor allen Dingen Rücksicht auf meinen Sohn nehmen sollte. Ich vertrat meinen Standpunkt, als er mir mehr als deutlich machte, dass ich wieder übertreibe. Er war auf Geschäftsreise, von der er mir schon lange im Voraus erzählte und war enttäuscht darüber, dass ich ihn überhaupt nicht wahrnehmen würde. Er musste den neuen Kunden von einem Objekt überzeugen und ist mit diesem dann in einem Club versackt, um ihm in der Scheidung Trost zu spenden.

Ich wollte ihm eigentlich vermitteln, dass ich bereit war, an mir zu arbeiten und diese Beziehung um jeden Preis erhalten wollte, bat ihn zwar, auch sein Verhalten mir gegenüber zu überdenken, sagte aber, dass ich solche nächtlichen Auftritte nicht hinnehmen werde, wenn mein Sohn da ist.

Meine Emotionen schaukelten sich allmählich hoch, denn er ignorierte meine Anliegen total. Doch diesmal war auch mein Sohn wieder da und ich wollte nicht, dass es wieder so eskalierte. Ich redete wieder mit Engelzünglein und hoffte insgeheim einfach nur auf eine angemessene Reaktion, damit ich mich nicht wieder fehl am Platz fühlte. Doch wartete ich vergeblich.

Er trank seinen Kaffee, stellte die Tasse auf die Arbeitsfläche der Küche und ging ins Badezimmer, als wären wir gar nicht da.

Ich unterdrückte meine Wut und meine Trauer mit aller Macht und wendete mich meinem Sohn zu. Ich bat ihn, sich anzuziehen, um zusammen auf den Spielplatz gehen zu können und unterwegs ein Eis zu essen. Ich musste raus. Ich wusste, wenn ich bliebe, würde es wieder in einem Nervenzusammenbruch enden und mein Sohn wäre auf sich allein gestellt gewesen. Er sollte nicht mitbekommen, wie Erwachsene sich streiten und vor allen Dingen nicht, wie seine Mama weint.

Den restlichen Tag verbrachten wir auf einem nahegelegenen Spielplatz an einem kleinen See mit einer Eisdiele. Ich versuchte, meine Emotionen nicht zu zeigen, doch stand ich neben mir. Es kostete mich unwahrscheinlich viel Kraft, mich zusammenzureißen und es machte mich mit den Jahren einfach lebensmüde. Während er sich auf dem Spielplatz mit anderen Kindern austobte, saß ich auf einer Bank und dachte wieder einmal über alles nach.

Ich wollte zwar nicht nur der Fußabtritt für Gregor sein, trotz allem Verständnis für seinen stressigen Alltag, doch wollte ich diese Beziehung retten. Ich wusste nur nicht wie. Ich wollte ihm um jeden Preis einfach deutlich sagen, dass seine Stichelleien oft unerträglich waren und grundlos. Ich mich oft fehl am Platz fühlte. Auch, dass sein Verhalten meiner Meinung nach einfach unangemessen war.

Warum konnte er denn nicht ein bisschen Verständnis dafür aufbringen, dass ich nicht stark genug war, meine Vergangenheit aufzuarbeiten.

Ich konnte einfach nicht verstehen, wieso er sich nicht einfach zusammenreißen konnte. Wieso er im Streit immer übertreiben musste. Ich suchte immer wieder das Gespräch, doch war es entweder die falsche Wortwahl oder die falsche Zeit. Ich zweifelte nicht nur an mir, ich verzweifelte zunehmend bei jedem Versuch, ihn wach zu rütteln.

Ich habe wirklich mein Bestes getan, um ihm Alles recht zu machen, doch gelang es mir immer weniger, denn irgendwie sprachen wir einfach zu oft aneinander vorbei. Ich wusste, er war Perfektionist und wollte immer alles ordentlich, sauber und strukturiert, aber er war so ein Chaot. Vom Schlafzimmerschrank bis hin zu seinen Akten war alles nur schwer in Ordnung zu halten, denn er schmiss und streute alles - in alle Richtungen.

Manchmal kam es mir aber auch so vor, als hinge er noch an seiner Irren und verkommenen Ex Frau und das verletzte mich, denn ich wollte ihn für mich allein haben und freute mich schon auf unsere geplante Hochzeit. Immer wieder fand ich Bilder von ihr und ihren Mädchen auf seinem Laptop oder zwischen seinen Klamotten, wenn ich aufräumte. Es hieß ja, dass das Chaos im Kopf sich auf das räumliche Umfeld ausbreitet. Ist er mit sich etwa nicht im Reinen?

Ich war der festen Überzeugung, dass sobald wir verheiratet wären, er die Sicherheit auch von mir gehabt hätte und vielleicht dann sein Kontrollwahn nachließe. Denn er hielt es nicht aus ohne mich. Bis zu 15 Mal am Tag rief er aus dem Büro an und fragte, was ich täte. Ihre Seitensprünge mussten in ihm all sein Vertrauen in die Menschen zerstört haben.

Ja, natürlich freute ich mich anfangs über so viel Aufmerksamkeit, doch rastete er immer wieder aus, wenn ich es Mal nicht schaffte, ans Telefon zu gehen. Wenn ich zum Beispiel im Badezimmer war oder mit dem Hund im Garten. Deswegen hatte ich mein Handy auch stets bei mir. Denn ich wollte ihm zeigen, dass ich ihn nicht betrügen würde. Oder habe ich durch die Aktion mit Joe alles endgültig zerstört?!

Mit der Zeit erklärte er mir immer öfter, dass mir nur ein Fachmann in einer Klinik helfen könne. Er unterstellte mir, dass ich ihn mit meinen Psychosen krank machte und ich schuld wäre, wenn er sich dann das Leben nehmen würde. Das wollte ich natürlich nicht und erwähnte, dass ich mit dem Gedanken spielte, wieder zurückzuziehen, auch wenn es mir das Herz brechen würde. Doch auch das war falsch, denn dann hätte er Unsummen in mich investiert und wäre der Spott der Nation, wenn die Beziehung scheiterte. Wir wären schließlich ein so hübsches Paar und ich würde von allen geliebt und geachtet werden. Trotzdem hielt er mir Reden, wie sehr er unter meinen Psychosen litt. Sein Blutdruck war zu hoch seitdem er mich kannte. Sein Appetit ließe nach und neulich erst hatte er nach einem Streit mit mir eine so heftige Migräne, dass er gleich zwei Tabletten gegen Kopfschmerzen nehmen musste. Wegen mir fiele es ihm schwer, sich auf das Geschäft zu konzentrieren und er machte immer häufiger größere Verluste.

Wenn ich ihm erklärte, dass ich nicht gestört war, sondern auf meine Art und Weise auf seinen Umgang mit meinem Sohn und mir reagierte, lächelte er nur und schüttelte den Kopf. Ob ich denn wollte, dass er so endete wie meine Oma, die mir ihr Leben schenkte? War auch einer seiner Lieblingssätze.

Er trieb mich in den Wahnsinn damit, wenn er so tat, als hätte ich mir alles eingebildet und nur langsam verging mir die Lust, mit ihm zu diskutieren. Ich stellte meine Gefühle dann auch immer in Frage, denn diese Berg und Tal Fahrt seiner Emotionen brachte mich völlig durcheinander.

Wenn er gute Laune hatte, machte er den Clown und brachte meinen Sohn und mich zum Lachen. Er gab mir ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, in dem er mir viel über seine Familie erzählte und auch über seine Kollegen. Manchmal bat er mich um Rat, selbst in Angelegenheiten, von denen ich keine Ahnung hatte.

Doch konnte er mich auch von einem Moment zum anderen zum Feind erklären.

Monate vergingen und ich wurde immer schwächer. Es fiel mir immer schwerer, mich hübsch zu machen und ich machte immer mehr Fehler in der Kindeserziehung, mit dem Hund, dem Haushalt und natürlich im Umgang mit ihm.

Der Zirkel des Narzissten

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