Читать книгу Final Game - Valuta Tomas - Страница 5
Round 2
Оглавление»Meine Güte, wann lernst du das endlich?« Verwundert blickt Neve zur Seite. Sie kann gar nicht so schnell reagieren wie Sam neben ihr an der Arbeitsplatte auftaucht, ihr das Messer aus der Hand nimmt und sie mit einem kräftigen Stoß der Hüfte vom Brettchen stößt.
Sam blickt zu der geschnittenen Banane hinunter und dann zu Neve zurück.
»Verrätst du mir wie Jean das essen soll? Kleine Stücke, Neve und keine Brocken die ein Neufundländer ohne zu kauen herunterschluckt.« Verdattert blickt die ältere Frau zu der geschnittenen Banane hinunter. Ok, die Stücke die sie geschnibbelt hat, sind tatsächlich etwas groß geraten. Vielleicht sind zwei Fingerbreite Scheiben wirklich unbezwingbar für so einen kleinen Kindermund.
»Du bist unmöglich«, lacht Sam und drückt ihrer Frau einen Kuss auf den Mund. Dann beginnt sie Neves Fehler auszubügeln.
»Mama, hilfst du mir mal?« Während sie zusammen mit Neve ihre Schwester in den Kindersitz am Esstisch verfrachtet, bereitet Sam das Frühstück vor. Neve blickt noch einmal flüchtig zu ihr zurück und schürzt die Lippen. Mit einem Mal wird ihr etwas bewusst, was eigentlich schon sehr lange offensichtlich war, sie aber nicht gesehen hat. Seit Sam angefangen hat, sich in Neves Gegenwart nicht mehr wie gewohnt freizügig zu zeigen, mied sie es auch, leichte Kleidung zu tragen wenn sie zur Arbeit ging. Auch heute trägt sie, wie mittlerweile gewohnt, ein dunkelgraues Kostüm mit weißer Bluse. Ihre Haare liegen offen auf ihren Schultern. Diese sind der letzte und einzige Zeuge davon, welch erotische und sexy Frau sie eigentlich ist. Aber irgendwie fing Sam an, den Rest ihrer Präsenz zu verstecken und wie ein graues Mäuschen herumzulaufen.
Neves Augen wandern nachdenklich an dem Hosenanzug entlang. Angestrengt denkt sie nach. Sie glaubt sich zu irren, aber eine Möglichkeit wäre es. Kann es tatsächlich sein, dass sich Sam diesen Anzug eine Nummer größer gekauft hat? Nur um ihre angeblich hässliche Figur zu verbergen? Neve ist sich sicher, dass die Hosen bisher immer stramm am Arsch ihrer Frau klebten und diesen so faszinierend präsentierten wie es nur irgendwie ging. Jetzt allerdings schlabbert diese Hose an Sam herum, als wenn sie nicht wüsste was sie mit dem Körper anstellen soll, der in ihr steckt. Ist Sam tatsächlich so verzweifelt und in ihren eigenen Gedanken gefangen, dass sie ihren Körper wahrhaftig verstecken will?
»Ich gehe eben ins Bad«, murmelt Neve nachdenklich. Auf dem Weg zur Treppe blickt sie noch einmal flüchtig zu Sam zurück. Sie denkt nach und hält die Idee fest, die ihr soeben in den Kopf geschossen ist.
Im Schlafzimmer angekommen, schnappt sie sich ihr Handy und schreibt Laura eine SMS: Ich brauche deine Hilfe, Schwesterherz. Heute Mittag im Cafe gegenüber von R&R? Weil sie weiß, dass Laura selbst im morgendlichen Familienstress ist, steigt sie unter die Dusche und liest sich erst später die empfangene Nachricht durch. Oh oh, was ist passiert? Ich werde da sein.
Zurück am Frühstückstisch, setzt sie sich neben Jean auf den Platz und blickt in die bereitgestellte Schüssel. Sam hat aus ihren Bananen-Bomben kaugerechte Häppchen für Jean geschnitten. Also schnappt sie sich die kleine Gabel und beginnt ihre Tochter zu füttern. Die ersten Happen gehen reibungslos, bis sich plötzlich Jeans Finger um Neves legen und ihr die Gabel aus der Hand nehmen. Zuerst schaut sie das kleine Ding mit der gelben Giraffe akribisch an, schaut dann in die Schüssel und sticht im nächsten Moment ein Stück Banane auf. Neve kann gar nicht so schnell denken wie ihre Glücksgefühle Purzelbäume schlagen. Als Jean die Gabel dann aber auch noch an ihren Mund führt und sich das erste Mal in ihrem Leben das Essen ganz alleine zuführt, drehen Neves Gefühle vollständig durch.
»Sam«, quiekt sie flüsternd, in der Angst Jean mit ihrer kreischenden Stimme so sehr zu erschrecken, dass sie die Gabel fallen lässt und nie wieder versucht selbstständig zu essen, weil sie glaubt einen Fehler gemacht zu haben.
»Ja?« Wirbelnd dreht sich Sam um und lässt fast die Kaffeetasse fallen. Das was Neve an Beherrschung mitgebracht hat, lässt Sam hingegen wie einen Ballon lautstark platzen. Sie quiekt ein freudiges »Jean« und stolpert an den Tisch heran.
Seit Dekaden versuchen die beiden Frauen ihrer Tochter das eigenständige essen beizubringen, aber Jean hat sich nie darauf eingelassen. Sie hat es noch nicht einmal versucht. Sobald sie gecheckt hat, dass Sam oder Neve ihr eine Gabel oder einen Löffel geben wollten, schob sie ihre Hände unter den Tisch und verweigerte jede weitere dieser Handlungen. Dass sie jetzt aber so plötzlich und unkompliziert regelrecht zielsicher die Gabel nimmt und sich wie ein alter Hase das Essen zuführt, ist wie ein Weltwunder.
»Jean mein Schatz, du isst ja«, kreischt Sam wie ein Kleinkind dem sie grade den Schnuller geklaut haben, greift ihrer Tochter unter die Arme und rupft sie aus dem Kinderstuhl. Als wenn sie Biene Maja und den dicken Willie spielen würde, wirbelt Sam ihre Tochter voller Freude in der Luft herum, so dass es Neve mit der Angst bekommt, die Maus könnte ihrer Mutter in der nächsten Sekunde die zermatschte Banane ins Gesicht spucken. Aber Jean bleibt wie eh und je vollkommen beherrscht. Sie grinst lediglich und freut sich an dem Spielchen.
Zufrieden und stolz blickt Neve zu Precious zurück, die ihre Schwester ebenso begeistert beobachtet, wie ihre Mutter. Mit großen Augen schaut sie Neve neugierig an.
»Habe ich das damals auch so gemacht? Einfach die Gabel genommen und gegessen?« Mit einem Schlag vernichtet Precious Neves Freude über Jeans neugewonnene Eigenständigkeit. Ihre Augen werden matt. Gedanklich zieht sie sich in sich zurück, dass sie nur noch soweit präsent ist, dass sie Precious antworten kann. Dennoch könnte sie alleine bei dieser Frage erneut anfangen zu heulen. Stattdessen räuspert sie sich. Sie ruft sich die Erzählungen von Laura und Jessica ins Gedächtnis zurück. Nach ihrer Rückkehr, erzählten die beiden Freundinnen ihr in unzähligen Gesprächen wie es war Precious zu erziehen und aufwachsen zu sehen. Welche Handlungen die kleine Maus zu welchen Zeiten durchgeführt hat.
Dass sie diese ganzen Fortschritte selbst nicht miterlebt hat, sondern nur aus Erzählungen her kennt, lässt Neve einen dicken Kloß im Hals bilden. Tapfer schluckt sie diesen herunter.
»Nein Schatz, du warst ganz anders. Du hast recht früh mit Gabel und Löffel angefangen. Allerdings nicht um damit zu essen, sondern, um das Essen durch die Küche zu schleudern«, beginnt Neve die Erzählung zu wiederholen. Precious kichert bei der Vorstellung daran.
»Alles Mögliche hast du mit dem Besteck angefangen und uns fast in den Wahnsinn getrieben. Du hast mit dem Löffel in der Kürbissuppe herumgeschlagen, Püree auf den Boden geschmissen und Spinat über den Tisch geschmissen, alles. Es hat dir wahnsinnigen Spaß gemacht unsere Küche zu versauen. Wir wissen bis heute nicht wie du das angestellt hast, aber du hast es tatsächlich geschafft dir eine ganze Scheibe Wurst vom Teller zu klauen und bis an die Zimmerdecke zu schleudern. Dort klebte sie ein paar Momente, was du so faszinierend fandest, dass du wie ein Beobachter der auf die Ankunft von Aliens wartet, mit dem Kopf im Nacken nach oben geschaut hast. Natürlich blieb die Wurst dort nicht lange kleben und landete irgendwann mitten in deinem Gesicht. Wir haben uns kringelig gelacht. Du fandest das hingegen nicht so witzig und hast fast den ganzen Tag geheult. Seitdem hast du kaum jemals wieder eine Scheibe Wurst angefasst.« Precious beginnt lauthals zu lachen.
Verzückt über den kleinen Fortschritt ihrer Tochter, blickt Sam strahlend vor Glück zu Precious. Neve schaut sie ebenfalls lächelnd an, bis ihr Blick über den Körper ihrer Frau gleitet. Den Körper den Sam neuerdings so sehr hasst und deswegen versteckt.
Sie beobachtet ihre Frau dabei, wie sie Jean in den Kinderstuhl zurücksetzt, ihr einen Kuss auf den bombastischen Haufen Haare drückt und dem morgendlichen Ablauf weiter nachgeht. Precious lacht hingegen noch ein wenig über ihre eigenen kindlichen Handlungen, bis sie beginnt ihr Frühstück zu essen.
Bevor sich Sam an den Tisch setzt, stellt sie ihren Frauen jeweils noch ein Glas mit Acerolapulver und drei Tropfen D3 hin, daneben zwei Kapseln B12. Sie hat Wochen damit verbracht zu recherchieren welche Vitamine wo und in welcher Form angeboten werden. Medikamente wurden nach und nach aus dem Haushalt verbannt, bis auf Neves Herztabletten. Für die konnte Sam bis heute keinen natürlichen Ersatz finden. Es passt ihr zwar nicht, dass Neve alle Nase lang diese, eigentlich ungesunden Chemiebomben schlucken muss, weiß aber auch, dass es ein notwendiges Übel ist.
Also umgeht sie weiterhin die Lebensmittel- und Pharmaindustrie indem sie aus dem Ausland Vitamine in reiner Substanz bestellt und ihrer Familie täglich verabreicht.
Ihre Gemüsebeete im Garten wachsen und gedeihen prächtig. Sie hat sogar noch ein zweites angelegt, kurz nachdem der Anbau am Haus beendet war. Das Nachbargrundstück wurde von den Frauen aufgekauft, das Haus abgerissen, ein Pool gebaut, Beete angelegt und das eigene Haus mit drei Zimmern erweitert. Jetzt hat deren Haus schon fast dieselbe Größe wie Matts ehemalige Villa. Denn diese verließ er kurz nach der Sache mit Niklas. Er wollte dort nicht mehr leben, wo dieser Verräter sich so heimisch gefühlt hat und Sam regelrecht gefangen hielt. Er wollte einen Neuanfang und fand ihn zusammen mit Jill in der Nähe seiner Kids. Jeder der Hunde braucht nur dreimal umfallen und schon stehen sie vor der Haustür des anderen. Jeder hat sein eigenes Leben, dennoch brauchen sie nur einen erstklassigen Pitch werfen und sind sich somit unfassbar nah.
Nach dem Frühstück verteilt Sam das Mittagessen an ihre Frauen. Precious bekommt wie immer selbstgemachtes Brot und ebenfalls selbstgemachte Müsliriegel mit. Eine Banane rundet das ganze Essen ab. Natürlich darf eine Flasche mit frischen Smoothie nicht fehlen.
Neve erhält ebenfalls diesen Smoothie, bekommt allerdings nur eine Dose mit, in der Walnussstücke, Cashewkerne, getrocknete Aprikosen und Datteln in einem Soja-Joghurt schwimmen. Auch wenn sie dieses Essen wie ein Junkie inhaliert, verrät sie Sam nichts davon, dass sie sich hin und wieder einen saftigen Hot Dog gönnt, oder einen schmierigen Burger vom Schnellrestaurant. Jill hat sie zum Stillschweigen verdonnert, ansonsten würde Neve ihrer Frau ganz hinterhältig erzählen, dass Jill erneut versucht hätte sie zu küssen. Und was Sam dann mit ihr anstellen würde, wissen beide.
Mit Precious im Schlepptau verabschiedet sich Neve von ihrer Frau, die Jean wie jeden Tag mit ins Büro nimmt. Beide Frauen haben ihre jeweiligen Jobs etwas reduziert. Neve nimmt nicht mehr jeden Auftrag beim FBI an und sitzt zum größten Teil nur noch hinter dem Schreibtisch, während Sam fast ausschließlich in der Immobilienfirma arbeitet. In ihrem Büro hat sie eine kleine Ecke für Jean fertiggemacht, weil sie ihren Zwerg noch nicht in einer Krippe abgeben wollte. Es würde ihr dann so vorgekommen, als wenn sie sie abschieben würde. Das konnte und wollte Sam einfach nicht. Und wie es sich bis zum heutigen Tag herausstellte, war es auch kein Fehler. Jean spielt für sich alleine in ihrer Ecke, schläft auf ihren Spielsachen ein und fordert nur selten die Aufmerksamkeit ihrer Mutter ein.
Als Sam eines Tages allerdinge einen Haufen Haare vor ihrem Schreibtisch erblickte, glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen. An der vorderen Kante des Tisches sah Sam ein paar Haare, die definitiv zu ihrer Tochter gehörten. Aber wie kamen die dorthin?
Langsam erhob sich Sam aus dem Stuhl und spähte über den Rand. Als sie dann ihre Tochter vor dem Tisch stehen sah, fielen ihr die Augen aus dem Kopf. Bis zu diesem Tag versuchte Jean nie zu laufen. Sie robbte nur auf ihrem Arsch von A nach B. Sie schien zu faul zu sein, um ihre Beine zu bewegen. Dass sie damals aber auf ihren eigenen Beinen den Weg von ihrer Spielecke bis zu Sams Schreibtisch ganz alleine und ohne jegliche stützende Hilfe auf sich nahm, ließ Sam an ihrem Verstand verzweifeln. Auf der einen Seite war sie sauer auf sich, dass sie so in ihre Arbeit vertieft war, dass sie Jeans ersten Schritte nicht sah, war auf der anderen aber unfassbar stolz auf den kleinen Hosenscheißer. Sie rief damals ihre Frau an und erzählte ihr quiekend, heulend und lachend was passiert ist. Seitdem nutzt Jean ihre Füße nur hin und wieder. Dann wenn sie Lust hat. Sie kommt ganz nach ihrer Mutter. Sie macht auch nur dann etwas wenn sie es will, oder für richtig hält. Niemand kann sie zu etwas zwingen was sie nicht will. Jean ahmt ihrer Mutter also fleißig nach.
***
Im verabredeten Cafe gegenüber von R&R Immobilien begrüßt Neve am Nachmittag Laura mit dem gewohnten Kuss, setzt sich und erzählt ihr gleich was mit ihrer Frau los ist. Laura prustet ihr fast den Milchkaffee ins Gesicht, weil sie Neve kaum glauben kann.
»Hässlich? Sam findet sich hässlich? Tickt die nicht mehr ganz richtig? Selbst ich habe hin und wieder noch feuchte Träume von ihr«, grinst sie bis zu den Ohren. Sie gackert flüchtig, als Neve sie scharf anschaut. Wenn sie nicht wüsste, dass Laura nur Spaß macht, würde sie das Gesicht ihrer Freundin in den Milchkaffee tunken.
»Ok und wie kann ich dir dabei helfen? Ich meine, klar, ich schiebe gerne eine Nummer mit ihr, um sie für dich weich zu klopfen, aber das muss ich erst mit Jessica klären«, lacht Laura frech. Neve schnaubt wie ein Stier. Wie alt ist Laura nochmal? Achtzehn oder über vierzig? Ist sie etwa nicht zweifache Mutter?
Manchmal kommt es Neve vor, als wenn ihre Freundin in irgendeiner Zeit stehengeblieben ist und das erwachsen werden verpasst hat.
Die Freundinnen reden noch einige Zeit über das aktuelle Problem, bis sich Laura ins Büro zurückzieht und mit der vereinbarten Idee beginnt. Kurz vor Feierabend schickt sie Neve eine E-Mail und verabschiedet sich für den heutigen Tag. Sie wird morgen erfahren ob es geholfen hat, oder nicht.
***
Kaum dass Sam die Kids am Abend ins Bett gebracht hat, gesellt sie sich zu Neve auf die Couch. Keine von ihnen hat bis jetzt ein Wort darüber verloren was am Morgen passiert ist. Es scheint fast so, als wenn es gar nicht geschehen wäre.
»Schatz?«
»Hm?«, murmelt Sam schläfrig und in Neves Armen versunken.
»Kann ich für ein paar Minuten deine Aufmerksamkeit und Konzentration haben? Nur ein paar Minuten, mehr nicht. Ich bräuchte nämlich deine Meinung.« Neves Stimme klingt leise und verhalten. Sie scheint sich mit ihrer eigenen Aussage nicht ganz sicher zu sein.
»Natürlich.« Sam setzt sich aufrecht hin, gähnt, reibt sich die Augen und grinst Neve dann gestärkt an.
»Bin voll und ganz bei dir.« Neve beißt sich flüchtig auf die Unterlippe, nimmt die Fernbedienung des Fernsehers und ruft das Mailprogramm auf. Damit Sam es nicht lesen kann, öffnet sie blitzschnell den Anhang.
»Ich ähm, ich würde ganz gerne deine Meinung zu diesen Frauen wissen. Ich muss eine von ihnen für einen Undercover-Einsatz aussuchen, kann mich aber nicht entscheiden.« Weil sie diese Lüge selbst nicht glaubt, setzt sich Neve aufrechter hin und rutscht von einer Pobacke zur anderen. Sie hofft, dass Sam ihr nicht auf die Schliche kommt und die Lüge schluckt.
»Klar helfe ich dir. Muss ich auf irgendetwas achten? Irgendwelche besonderen Merkmale oder so?« Sam scheint die Lüge tatsächlich zu glauben. Wahrscheinlich aber auch nur, weil sie eigentlich völlig übermüdet ist und schon längst im Bett liegen sollte.
»Ähm nein, nichts Besonderes. Sie soll einfach nur sexy sein. Ein guter Körper, mehr nicht«, spinnt Neve die Lüge weiter. Bestätigend nickt Sam und blickt wissbegierig auf den Fernseher auf dem die erste Frau erscheint. Überrascht blickt Sam zu Neve hinüber.
»Sexy? Ok, wie soll ich das einschätzen können, wenn der Kopf fehlt?« Sam schaut wieder zum Fernseher. Bei dem Bild der Frau, die dort auf der Mattscheibe flimmert, wurde der Kopf herausgeschnitten. Das Bild zeigt nur den Körper. Vom Hals bis zu den Füßen. Angekleidet mit einem Bikini.
Ohne auf Sams Frage einzugehen, schaltet Neve weiter. Insgesamt zwanzig halbnackte Frauenkörper flimmern über den Bildschirm. Hin und wieder blickt Neve verunsichert zu ihrer Frau hinüber. Sie sucht nach irgendwelchen Anzeichen oder Andeutungen, aber da ist nichts. Ihre Frau betrachtet jedes Bild eingehend, bis das nächste auf dem Fernseher auftaucht.
»Und?«, fragt sie nach ein paar Minuten. Sam lehnt sich in die Couch zurück und zieht die Schultern hoch.
»Tja, keine Ahnung. Es ist schwer, denn ich finde sie alle sexy. Ich weiß ja nicht, um was es bei diesem Auftrag geht.«
»Ähm, um einen Stripclub. Ich muss eine Kollegin dort einschleusen und dementsprechend muss sie natürlich auch einen vorzeigbaren Körper haben.« Interessiert hört Sam zu, bis sie zum Fernseher zurückschaut.
»Das waren also alles deine Kolleginnen?«, fragt sie erstaunt. Die gezeigten Frauen wurden in den unterschiedlichsten Lebenslagen fotografiert. Egal ob es laufend oder liegend am Strand war, oder bei irgendwelchen freizügigen Handlungen die auf den Fotos nicht ersichtlich waren.
Als Neve Sams Frage nickend beantwortet, kneift sie die Augen etwas zusammen.
»Hm, ich glaube, ich muss öfters bei dir im Quartier auftauchen, wenn du solch sexy Kolleginnen hast.« Frech grinsend blickt sie zu Neve zurück, die diesen Wink nicht verstanden hat. Denn sie schaut noch immer so nüchtern und konzentriert wie vor ein paar Minuten. Ok, also wird auch Sam sich weiter auf die Aufgabe konzentrieren.
»Ganz ehrlich, Schatz. Ich könnte dir keine spezielle empfehlen. Jede von ihnen würde für diesen Job in Frage kommen. Alle haben einen Körper der perfekt in dieses Milieu passen würde.«
»Ehrlich?«, fragt Neve erstaunt.
»Ja, definitiv. Alle sind sehr sexy. Alles passt und sitzt dort wo es für so eine Lokalität sein sollte. Kein überflüssiges Fett und gut proportioniert.« Neve lehnt sich in die Couch zurück und schaut ihre Frau schon fast fassungslos an.
»Aha«, staunt sie. Dann beugt sie sich vor und richtet die Fernbedienung auf den Fernseher.
»Schauen wir uns die Damen nochmal an. Dieses Mal mit Kopf.« Bestätigend hierzu startet die Präsentation mit der ersten Frau, die ihren Kopf zurückerlangt hat.
»Du könntest mir diese Frau also empfehlen, weil sie sexy ist?«
»Ja.«
»Und diese?« Die nächste vollständige Frau erscheint auf der Bildfläche. Sam nickt.
»Die auch?« Sam bestätigt.
»Und die?« Sam bleibt bei ihrer Aussage.
»Die etwa auch?« Auch hier ändert Sam ihre Meinung nicht.
»Diese also auch?« Sam bleibt dabei.
»Diese Frau ist also auch sexy genug, damit sie in einem Striplokal den Männern den Kopf verdrehen könnte? Sie hat also kein überflüssiges Fett? Auch bei ihr ist alles gut proportioniert?« Kaum erscheint die nächste Frau auf dem Bildschirm schreckt Sam zusammen. Erschüttert starrt sie auf den Fernseher. Ihre Augen werden riesen groß, als sie sich selbst auf dem Bildschirm sieht. Zwischen all den anderen Frauen, hat Laura ein Bild ihrer Freundin eingefügt, welches ein paar Monate nach Jeans Geburt gemacht wurde. Also zu einer Zeit, in der Sam noch ein paar Kilo mehr auf den Rippen hatte wie jetzt.
Sam reißt ihren Kopf zur Seite. Fast geschockt, überrascht und auch irgendwie wütend über diese hinterhältige Aktion ihrer Frau, schaut sie Neve mit großen Augen an. Dann steht sie ruckartig von der Couch auf und trampelt Richtung Treppe.
»Sam.« Neve ruft ihr nach, aber ihre Frau stampft die Treppe hinauf, als wenn sie irgendwelche Termiten wecken will.
»Sam, du bist unglaublich sexy. Das hast du gerade selbst gesagt. Ich kann deine Zweifel verstehen, aber sie sind völlig unbegründet. Wie du selbst gesehen hast, bist du noch immer so erotisch wie … .« Das zuknallen der Schlafzimmertür unterbricht Neve in ihrer Erklärung. Erschöpft und auch irgendwie niedergeschlagen, schnauft sie enttäuscht aus. So hat sie sich das Ganze nicht vorgestellt. Sie dachte eher an einen vollen Erfolg und eine glückliche Frau. Dass sie damit eventuell alles schlimmer gemacht haben könnte, ist ihr bis jetzt nicht in den Sinn gekommen.
Enttäuscht blickt sie zu dem Fernseher zurück. Dass Sam sich selbst nicht auf dem Foto ohne Kopf erkannt hat, deutet eigentlich schon darauf hin, dass sie das Gefühl und den Blick für sich selbst völlig verloren hat und sich falsch einschätzt. Aber wie kann man das ändern? Was könnte Neve tun, um ihrer Frau zu verdeutlichen, dass sie noch immer so unfassbar sexy ist, wie Neve sie kennengelernt hat?
***
Am Morgen öffnet Neve die Augen nur ein ganz kleines Stück. Sie traut sich kaum.
Erst nach zwei Stunden schlich sie ins Schlafzimmer und kroch fast bewegungslos ins Bett. Sam lag dort in ihrem Schlafanzug eingewickelt, die Decke bis zur Nase hochgezogen und schlief. Die beiden tauschten am vergangenen Abend kein Wort mehr miteinander. Nichts. Sam verkroch sich im Schlafzimmer, während Neve unten blieb und sich vor Nervosität die Fingernägel fast bis zu den Knöcheln abknabberte. Wenn Sam das Gespräch mit ihr gesucht hätte, wäre Neve nicht in der Lage gewesen auch nur einen verständlichen Satz zu bewältigen. Sie war sich schon lange nicht mehr so unsicher bei einer Sache die ihre Frau anging. Hat sie mit den Fotos Sam den Kopf gewaschen, oder versteckt sie sich danach sogar noch mehr?
Auch wenn es völlig irrsinnig ist, atmet Neve erleichtert aus, als sie das leere Bett sieht. Die Tür des Badezimmers ist verschlossen. Ein paar Geräusche dringen heraus. Ok, Sam ist wach und im Bad. Dann kann Neve ganz heimlich abhauen. Eine Konfrontation wird zwar unumgänglich sein, aber die kann auch nach dem ersten Kaffee geschehen.
Auf Zehenspitzen schleicht die ältere Frau aus dem Schlafzimmer und dribbelt die Treppe hinunter.
Kaum hat sie nach einiger Zeit die erste Tasse Kaffee geleert, trottet sie die Treppe wieder hinauf. Sie ist gestärkt und bewaffnet. Sie kann Sam also gegenübertreten.
Oben angekommen hört sie ihre Frau allerdings bei Precious im Zimmer. Ok, gut für die Agentin. So kann sie sich wenigstens noch duschen, bevor Sam ihr den Kopf abreißt.
Am Frühstückstisch angekommen, schaut Neve erstaunt. Jean und Precious sitzen vor ihrem Frühstück am Tisch. Aber wo ist Sam?
Verwundert blickt sie um sich, nachdem sie ihre Kids begrüßt hat.
»Wo ist Mommy?«, fragt sie perplex und setzt sich an den Tisch. Mit dem Löffel im Mund, streckt Precious einen Arm aus und zeigt hinter Neve. Die will sich gerade umdrehen, als sie Sam auf sich zukommen hört. Ach so, sie war in der Garage. Deswegen hat Neve sie nicht gesehen.
»Guten Morgen, Schatz«, ertönt Sams Stimme. Erstaunt weiten sich Neves Augen. Schatz? Sam begrüßt sie mit Schatz und bestraft sie nicht mit Ignoranz?
Verdattert dreht sich Neve auf dem Stuhl um und wirft einen verwunderten Blick auf ihre Frau. Bevor sie etwas sagt, was ihre Kinder noch nicht hören sollen, beißt sie sich auf die Lippen, keucht aber hörbar laut. Ihre Augen treten fast aus den Höhlen, als sie ihre Frau erblickt. Langsam wandert ihr Blick von den schwarzen Pumps, über makellos schlanke Beine, über den engen schwarzen Rock, über die weiße Bluse die mit zwei geöffneten Knöpfen faszinierend einladend wirkt, bis zu Sams Haaren die wie immer offen auf ihren Schultern liegen.
Elegant, leichtfüßig und unfassbar erotisch geht Sam an Neve vorbei, der bei dem Anblick ihrer Frau das Kinn herunterklappt.
Bei der Kaffeemaschine angekommen, schenkt sich Sam einen Kaffee ein, dreht sich um und lehnt sich gegen die Arbeitsplatte.
Weil sie nicht glauben kann was sie sieht, starrt Neve sie mit offenem Mund an und kippt fast vom Stuhl.
Schelmisch grinsend schaut Sam ihre Frau spitzbübisch über den Tassenrand an. Ihre Augen sprühen vor Frechheit. Sie weiß ganz genau wie sie aussieht und welche Wirkung sie auf ihre Frau hat. Dass sie das jetzt aber nach der Nummer von gestern so ausnutzt, ist an Dreistigkeit und Unverfrorenheit kaum zu übertreffen.
Sam stellt den Kaffee ab und wandert mit quälend langsamen Schritten auf ihre Frau zu. Bei ihr angekommen, blickt sie überheblich zu ihr hinunter. Diese Frau weiß verdammt nochmal ganz genau wie sie sich zu bewegen und zu präsentieren hat.
Die junge Frau nimmt eine Hand von Neve und haucht ihr einen Kuss auf den Handrücken, wobei ihre Augen ununterbrochen auf ihrer Frau liegen. Sie beugt sich hinab und gleitet an Neves Ohr.
»Danke für den gestrigen Arschtritt. Der war tatsächlich nötig«, flüstert sie leise. Als Neve antworten will, bemerkt sie, dass Sam unauffällig zu Precious blinzelt. Weil die aber mit ihrem Frühstück beschäftigt ist, bekommt sie nicht mit, dass Sam Neves Hand über ihre Hüfte nach hinten schiebt und diese direkt auf ihren Arsch legt. Ehe Neve überhaupt nachdenkt was Sam damit bezwecken will, krallen sich ihre Finger auch schon in dieses straffe Stück Fleisch. Sam zuckt kurz, grinst aber siegessicher. Neve ist ihr also wieder einmal auf den Leim gegangen und tat genau das was Sam von ihr erwartet hat. Wie durchtrieben diese Frau doch in Wirklichkeit ist.
»Du verdammtes Biest«, zischt Neve flüsternd, weil sie diese erneute Niederlage kaum ertragen kann. Sam grinst bis zu den Ohren, blickt noch einmal flüchtig zu Precious und umgreift gleich darauf Neves Kinn.
»Ich habe mich lange genug versteckt. Du hast mir gestern bewiesen, dass ich mich trotz meines Alters und der Schwangerschaft noch immer zeigen kann. Du bist also die Erste die davon kosten darf.«
»Und die Einzige«, wispert die ältere Frau besitzergreifend.
»Natürlich«, lächelt Sam und nimmt sich Neves Lippen für einen Kuss, der zu leidenschaftlich für einen Guten-Morgen-Kuss ist. Er reißt Neve so sehr mit, dass es in ihrem Schoß schlagartig zu kribbeln beginnt. Meine Güte, es ist sieben Uhr morgens, sie sitzt mit ihren Kindern am Frühstückstisch und ihr Körper will Sex? Tickt der noch ganz richtig?
***
Als wenn sie es kaum erwarten könnte den Truthahn zu Thanksgiving anzuschneiden, sammelt sich Speichel in Neves Mundhöhle. Ihre großen Augen blinzeln durch den Türspalt in Sams Büro.
Die Empfangsdame wollte Neve bei Sam eigentlich anmelden, aber das lehnte die Agentin ab. Sie wollte Sam überraschen. Bei dem Anblick der ihr angeboten wird, ist sie allerdings diejenige die überrascht wird.
Sie hat sich für die Mittagspause von Jill losgeeist und steht nun bei R&R vor Sams Bürotür, die sie einen kleinen Spalt offen hält.
Manchmal gibt es tatsächlich Tage an denen sie die Arbeit im Büro vermisst. Die ganzen geschwollenen Verkaufsgespräche führen und die Kunden mit ihrem Charme und etwas Augenklimpern um den kleinen Finger zu wickeln, hatte schon etwas für sich. Aber wenn sie es sich richtig überlegt, ist es ihr schon lieber über irgendwelchen Leichen gebeugt zu stehen und deren Mörder zu finden. Die Immobilienfirma war ein interessanter Ausflug in eine andere Branche und sie hat dort sehr viele Erfahrungen gesammelt. Aber bis an ihr Lebensende könnte sie das nicht machen. Selbst als FBI Agentin sieht sie sich nicht bis ins Rentenalter. Sie hat sich in den letzten zwei Jahren schon weiter eingeschränkt, so dass Jill teilweise neben ihr im Auto einschläft, weil deren Observation über unzählige Stunden ging. Wenn sie dann aber wach war und einem Tatverdächtigen hinterher rennen konnte, war sie immer Feuer und Flamme. Jill rannte sich die Schuhsohlen bröckelig, während Neve mit dem Wagen einfach eine Querstraße weiterfuhr und den Blindgänger über die Motorhaube ihres Wagens stürzen ließ. Die Verbrecherjagd beim FBI ist auch nicht mehr das was es mal war - was es zur Zeit als Detective war. Allerdings weiß Neve auch, dass sie nicht mehr ins Department zurückkehren könnte und auch nicht will. Nicht weil es dann ein beruflicher Rückschritt wäre, sondern weil sie dann wieder zu wenig Zeit für ihre Familie hätte. Und genau das war der Grund, weshalb sie bei ihrem Vorgesetzten den Antrag stellte, einige Stunden kürzen zu dürfen. Neve wollte mehr bei ihrer Familie sein, aber dennoch Verbrecher jagen.
Angestrengt atmet sie durch die Nase. Ihre Augen verweilen auf ihrer Frau, die mit gesenktem Kopf an ihrem Schreibtisch sitzt und über irgendwelchen Papieren brütet. Mit der einen Hand hält sie einen Bleistift auf dem sie nachdenklich herum beißt, während die andere im gleichmäßigen Rhythmus auf der Maus des Computers herum klopft. Selbst wenn sie hochkonzentriert ist, ist diese Frau der absolute Wahnsinn. Wie kann man von Natur aus nur so schön und hinreißend sein? So wundervoll, so elegant und so überwältigend bezaubernd?
Neve neigt den Kopf etwas, als Sam nach ihren Haaren greift und diese von einer Seite zur anderen schiebt. Dass sie damit ihren Hals freilegt, in den Neve auf der Stelle beißen will, ist ihr nicht bewusst. Sie konzentriert sich weiter auf die Unterlagen die vor ihr liegen. Hin und wieder wechselt sie den Blick zwischen den Unterlagen und dem Computerbildschirm.
»Verflucht«, murmelt sie. Dann klemmt sie sich den Bleistift zwischen die Zähne, greift nach den Haaren und zwirbelt störrisch an ihnen herum. Als sie einen einigermaßen vernünftigen Dutt gebastelt hat, nimmt sie den Bleistift und sticht ihn in diesen Haufen Haare.
Neve grinst, als sich eine Strähne löst und an der Seite hinunterfällt. Sofort schiebt Sam diese hinter das Ohr, lehnt sich zum Bildschirm und drückt dort ihre Nase fast platt.
»Mist.« Hektisch zieht sie sich einen Taschenrechner heran, tippt wie eine Wilde darauf herum und blickt wieder zum Computer zurück.
»Verdammt.« Sams Stimmung wird von Sekunde zu Sekunde mieser. Bevor ihre Frau also ganz platzt, sollte Neve noch den letzten Funken gute Laune aufgreifen und ihren kleinen Plan in die Tat umsetzen.
Von daher klopft sie kurz gegen die Glasscheibe, öffnet aber im selben Atemzug die Tür. Überrascht schaut Sam hoch. Sie lächelt, als sie ihre Frau sieht.
»Hey, was machst du denn hier? Hast du keinen Dienst?«
»Doch, aber ich wollte … .« Abrupt bleibt sie stehen, als sie Jeans leere Spielecke sieht.
»Sie ist zu Laura gerobbt«, erklärt Sam unaufgefordert. Sie steht vom Platz auf, geht auf ihre Frau zu und klaut sich einen Kuss zur Begrüßung. Aber anstatt Sam danach an den Schreibtisch zurückzulassen, hält Neve sie fest und schlingt die Arme um sie. Der eigentlich harmlose Kuss wird schnell stürmischer, bis Sam sich grinsend von Neve wegdrückt.
»Hey, nicht so gierig«, lacht sie luftholend.
»Und warum nicht?« Neves Stimme verstummt fast unter den Küssen, die sie auf Sams Hals verteilt. Sie atmet ihr Parfüm ein und kann sich kaum halten. Bis heute hat sie nicht herausfinden können, welchen Duft ihre Frau auf der Haut trägt. Zwar stehen drei verschiedene Parfümflaschen auf Sams Seite der Badezimmer Armatur, aber keine dieser Flaschen riecht auch nur annähernd nach ihrer Frau.
»Was machst du hier?« Gekonnt lenkt die junge Frau von den verlockenden Küssen ihrer Frau ab.
»Ich wollte mit dir Mittagessen gehen.«
»Wird Jill da nicht eifersüchtig?«, gluckst Sam zurückhaltend. Neve lehnt sich zurück und schaut ihre Frau mit zusammengekniffenen Augen an. Die fängt im selben Augenblick zu lachen an.
»Dir wird das Lachen schon noch vergehen«, droht Neve grummelnd und schiebt Sam vor sich her, bis die Glasfront beide ausbremst. Zielsicher dirigiert sie beide Hände unter Sams Rock, schiebt diesen hoch und umgreift den String.
»Neve, lass das. Was ist wenn uns jemand erwischt?« Sam weiß natürlich sofort was Neve mit ihrer Aktion vorhat. Und eigentlich hätte sie nach Monaten der Abstinenz auch mal wieder Lust auf so einen kleinen Quickie der ihr einen schönen Mittagspausen-Orgasmus beschert. Dennoch bleibt sie professionell und versucht Neve von sich zu drücken.
»Schatz, du weißt dass hier viele Schlipsträger herumlaufen. Wenn die uns sehen, kann ich den Laden dicht machen.«
»Um die würde ich mir im Augenblick keine Gedanken machen. Sondern eher um die Passanten unten auf der Straße, die in diesem Augenblick deinen zuckersüßen und äußerst blanken Arsch betrachten können.«
»Was?« Sam kreischt vor Schreck laut auf. Hektisch blickt sie über ihre Schulter nach unten zur Straße. Sie wusste, dass es keine gute Idee war ein Gebäude mit einer vollständigen Glaskuppel zu skizzieren. Sie konnte damals ja nicht wissen, dass dieses Gebäude irgendwann tatsächlich gebaut wird.
Gekonnt windet sie sich aus Neves Armen und flüchtet hinter den Schreibtisch. Belustigt schaut Neve ihr dabei zu, bis sie ihr folgt. Das rote Gesicht ihrer Frau ist tatsächlich äußerst amüsant.
»Was ist los? Ist dir die Lust vergangen irgendwelchen Menschen deinen sexy Körper zu zeigen?«, gluckst sie hinterhältig. Sam schaut sie scharf an und will sich erklären, als Neve ihr den Atem nimmt und sie fast besinnungslos küsst.
Neve spürt in ihren Armen, wie Sam dort weicher und willenloser wird. Die Lippen ihrer Frau tasten jeden Millimeter ihrer eigenen ab. Sams Zunge spielt wild mit ihrer. Neves Hände gehen auf Wanderschaft und nehmen den ersten Stop an der Knopfleiste von Sams Bluse. Sams Atmung wird rasch schneller und schwerer. Etwas was Neve unter allen Umständen erreichen wollte. Und genau aus dem Grund packt sie Sam, dreht sie um, nimmt ihre Arme und streckt sie weit nach vorne aus, während sie ihre Frau mit ihrem ganzen Körper auf den Schreibtisch legt. Kaum lässt sie Sams Arme los, krallen sich deren Hände in die Tischkante. Neve hätte es fast nicht gewagt zu glauben, aber Sam gibt sich ihr tatsächlich hin. Hier und jetzt. Welch ein Erfolg, den sie unter allen Umständen auskosten muss.
Ihre Hände wandern zuerst durch Sams Haare. Danach über ihren Rücken, bis hinunter zum Arsch. Neve greift nach dem Rock, schiebt ihn hoch und betrachtet das gebotene Bild. Ein nackter Hintern mit einem Stückchen Stoff zwischen den Pobacken, der dort auf der Stelle herausgeholt werden will. Bevor das allerdings passiert, muss Neve ihre Frau noch ein klein wenig ärgern. Von daher umgreift sie den String und zieht ihn ein winziges Stück hoch. Sofort reagiert Sam mit einem Zucken und einem tiefen Stöhnen darauf. Gleich darauf umgreift Neve mit beiden Händen Sams Arsch und beugt sich über sie, um ein klein wenig an ihrem Ohr zu knabbern. Zuvor fällt ihr Blick allerdings zur Bürotür. Sie grinst, stützt sich auf dem Tisch ab und gleitet an Sams Ohr.
»Da ist die gute Frau Mitte vierzig, verhält sich aber noch immer wie eine junge Göre«, flüstert sie rauchig. Sam keucht hingegen nur ein kurzes »Wer?«. Neve blickt hoch und grinst.
»Laura«, lacht sie leise.
»Was? Wo?« Panisch schreckt Sam hoch und schlägt mit dem Hinterkopf gegen etwas Hartes. Ein Schmerzensschrei ertönt.
»Laura!«, kreischt Sam, als sie tatsächlich ihre Freundin grinsend in der halboffenen Tür stehen sieht. Dann registriert sie aber den Schlag auf den Hinterkopf und den darauffolgenden Schrei. Wild dreht sie sich um.
»Neve!« Ihre Stimme quiekt grell, als sie ihre Frau mit den Händen an der Nase einige Schritte rückwärts taumelnd sieht.
»Fuck«, stöhnt Neve und krümmt sich vor Schmerzen.
»Es tut mir leid!« Wimmernd eilt Sam zu ihrer Frau, wendet sich unterwegs nach hinten, zischt ein wütendes »Verdammt Laura« in Richtung Tür und dreht sich dann wieder zu ihrer Frau. Ihre Hände fuchteln besorgt vor Neves Gesicht herum.
»Verzeih mir, das wollte ich nicht«, jammert sie aufgelöst.
»Scheiße hast du einen harten Schädel«, stöhnt Neve in ihre Hände.
»Lass mich mal sehen.« Hektisch greift Sam nach Neves Gesicht und hebt es etwas an. Die ältere Frau legt den Kopf in den Nacken. Besorgt schaut sich Sam Neves Nase von allen Seiten an. Als sie aber kein Blut laufen sieht, wird sie etwas ruhiger. Vorsichtig tastet sie die Nase ab, aber bis auf einen kleinen Schmerz kann Neve sich nicht weiter beklagen.
»Meine Güte, mir wurde echt für einen kleinen Moment schwarz vor Augen«, schüttelt Neve den Kopf und schaut ihre Frau mit großen Augen verwirrt an.
»Entschuldige, das war wirklich keine Absicht.« Sam scheint kurz davor zu sein zu weinen. Zu wissen, dass sie ihrer Frau erneut körperliche Schmerzen bereitet hat, scheint ihr mehr wehzutun, als Neve.
»Also, eigentlich wollte ich dich nur zum Mittagessen abholen. Aber wie ich gesehen habe, hast du schon gegessen«, lacht Laura hinterhältig.
»Man Laura, werde endlich erwachsen«, schimpft Sam wie ein Rohrspatz und eilt mit wuchtigen Schritten auf ihre Freundin zu. Wie einen Sack rupft sie ihr Jean aus dem Arm und wirft ihr noch einen missmutigen Blick zu.
»Ach komm, du kannst ruhig zugeben, dass du genau diese Seite von mir abgöttisch liebst«, gluckst Laura frech. Anstatt zu antworten, schnaubt Sam bockig.