Читать книгу Mountain Darkness – befreit mich aus der Dunkelheit - Vanessa Vale - Страница 8
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Jeder in Cutthroat hatte von Erin gehört. Mit zwanzigtausend Einwohnern war die Stadt groß genug, dass ich nicht jeden kannte, aber jeder kannte Erin Mills oder zumindest die Mills Familie. Die Neuigkeiten verbreiteten sich wie ein Waldbrand während einer Sommerdürre. Alle versuchten, an Insider-Infos, Klatsch und Tratsch zu kommen. Bei mir. Ihnen war egal, dass es grausam war, dass Erin meine Freundin war, dass ihr der Kopf eingeschlagen worden war.
Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen und zu meinem Auto gebracht worden war – mit der strengen Anweisung, die Stadt nicht zu verlassen, bis ein Detective meine offizielle Aussage aufnehmen konnte – war ich zum Büro gefahren.
Ich hatte sonst keinen Ort, an den ich hätte gehen können. Bei Erin zu wohnen, war nur eine vorübergehende Lösung gewesen. Ich hatte etwas Geld ansparen wollen, da fast jeder Penny, den ich hatte, für die Anzahlung und die erste Monatsmiete draufgehen würde. Ich besaß nicht viel, denn der Sammelzwang meiner Mutter hatte mich gelehrt, mich genau gegenteilig zu verhalten und wirklich nur das Allernötigste zu behalten. Ich besaß einen Fernseher und ein Sofa, sogar ein Bett, aber sie wurden momentan eingelagert, bis ich meine eigene Wohnung fand. Jetzt kam das nicht mehr infrage, zumindest keine halbwegs vernünftige oder sichere Wohnung.
„Es ist in allen Nachrichten.“ Mom war verängstigt und das war nicht gut. Ihre Stimme, normalerweise schon angespannt, hatte jetzt einen schrillen Klang, den ich durchs Telefon hören konnte.
„Ja, ich weiß“, antwortete ich und tigerte durch den Raum, während ich sie reden ließ. Ich hatte sie angerufen, um ihr mitzuteilen, dass es mir gut ging, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Oh, sie machte sich Sorgen, aber nicht um mich.
„Du glaubst aber nicht, dass sie hierherkommen werden, oder?“
Ich runzelte die Stirn. „Wer? Der Mörder?“
Sie keuchte. Scheiße, das war genau das Falsche gewesen. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Ich bin allein.“
Ich rollte mit den Augen. Sie war absichtlich allein. Ihre psychische Krankheit ließ nichts anderes zu. Ihre Medikamente waren richtig eingestellt, aber wie bei einer Wippe reichte eine winzige Bewegung in die falsche Richtung, dass ihr Leben in Schieflage geriet. Ihr Sammelzwang hatte derartige Ausmaße angenommen, dass niemand auch nur versuchen würde, ihr Schaden zuzufügen, weil es kaum eine Möglichkeit für jemanden gab, zu ihr zu gelangen. Ich machte mir keine Sorgen, dass irgendein verrückter Psycho darauf aus war, ihr den Schädel einzuschlagen. Ich machte mir Sorgen wegen eines Feuers.
„Du bist in Sicherheit. Wirklich. Es muss jemand gewesen sein, der Erin kannte und sie hatten einen Streit.“
Das war zumindest das, worauf ich hoffte.
„Die Polizei wird nicht hierherkommen, oder?“
„Sie haben keinen Grund dazu.“
„Aber du hast doch gesagt, dass du dort warst.“
„Ja, das war ich.“ Ich ließ mich auf das Sofa fallen, darum bemüht, das Bild von Erin, die tot auf dem Boden lag, nicht in meinen Gedanken aufflackern zu lassen. „Mom, für dich hat sich nichts geändert und es wird sich auch nichts ändern.“
„Hast du meinen Lottoschein gekauft? Was ist mit der Stromrechnung?“
Ich pustete so leise wie möglich Luft aus. „Ja zu beidem. Ich muss jetzt Schluss machen. Ich werde mich morgen wieder bei dir melden.“ Ich beendete den Anruf und ließ mein Handy auf das Kissen neben mir fallen. Grübelte, wie ich ohne einen Job die Stromrechnung meiner Mom bezahlen sollte.
Ich konnte eindeutig nicht bei meiner Mom unterkommen. Das war seit kurz nach der Highschool schon keine Option mehr. Ihre Angstzustände waren zu groß, als dass sie mich in ihrem Haus ertragen hätte, und ihr Sammelzwang hatte mein Schlafzimmer in eine Müllhalde verwandelt. Ich konnte es nicht riskieren, ihre Probleme noch zu verschlimmern. Wenn ein Mord ihre mütterlichen Instinkte nicht weckte, damit sie mich in ihrem Haus wohnen ließ, dann würde das auch sonst nichts schaffen.
Mit einem Griff in den Schreibtisch förderte ich einen Haargummi zu Tage und band meine Haare in einem Pferdeschwanz nach hinten, seufzte. Zum Kuckuck, würde mir überhaupt jemand etwas vermieten? Ich war bisher nicht länger als die paar Minuten im Haus von Nix befragt worden, aber das stand mir noch bevor. Ich hatte mich gerade am Ende des Flurs befunden, als sie umgebracht worden war. Warum hatte ich nichts gehört?
In der Notaufnahme hatten sie mir DNA-Proben entnommen. Fotos von mir gemacht. Ich war untersucht worden, um sicherzugehen, dass sich unter all dem Blut nicht doch Verletzungen verbargen. Dann hatte mich eine freundliche Krankenschwester zu einer Dusche geführt und mir sauber Kleider gegeben. Ich hatte auf das schlichte weiße T-Shirt, Jogginghosen und Flipflops geblickt. Es war nicht stylisch, aber ohne Blut.
Das Bürotelefon hatte den ganzen Tag geklingelt. Zuerst war ich besorgt gewesen, dass es Probleme mit einem unserer Events gab, doch ich hatte ziemlich schnell herausgefunden, dass jeder, angefangen von Erins Friseur bis hin zur Kriminalitätsabteilung der Stadtzeitung, nur versucht hatte, die blutrünstigen Details zu erhalten.
Danach hatte ich das Telefon neben die Gabel gelegt und mich einer langen Heulattacke hingegeben. Ich war daran gewöhnt, allein zu sein, aber das hier… Gott, das war ein völlig neues Level von allein.
Heute Nacht würde ich hier übernachten, das Ledersofa war bequem genug dafür – Erin hätte nichts gekauft, das nicht bequem war – und über den Rest würde ich mir morgen klar werden. Ich würde die Events, die noch in unserem Terminplaner standen, durchziehen müssen. Falls die Leute überhaupt noch mit uns arbeiten wollten.
Nicht uns. Mir.
Fuck. Erin war tot. Es war ihre Firma.
Ich machte einen riesigen Satz in die Luft, als es an der Tür klopfte.
„Kit, hier ist Nix.“
Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich kletterte von der Couch, drehte das Schloss um und ließ ihn rein. Er sah genauso aus wie heute Morgen, sein Blick war immer noch durchdringend und abschätzend. Er war immer noch gut aussehend auf diese groß, breit und umwerfende Art und Weise. Jetzt hatte er Stoppeln an seinem kantigen Kiefer und ich fragte mich, ob sie weich oder rau wären. Gott, wie würden sie sich wohl anfühlen, wenn sie über meine Schenkel strichen?
„Alles okay bei dir?“, erkundigte er sich, während er die Tür hinter sich schloss. Er ließ seinen Blick über mich schweifen und sah vermutlich, dass ich absolut beschissen aussah, dass ich geweint hatte. Wenigstens war ich nicht mehr voller Blut.
Ich lachte, teilweise, weil ich darüber nachdachte, dass er mich leckte, und teilweise, weil ich nach dem Tag, den ich hatte, alles andere als okay war. Ich seufzte. „Meine Freundin ist tot. Ich habe keinen Platz zum Wohnen. Mein Gehaltscheck ist vor der Testamentseröffnung vermutlich auf Eis gelegt und ich bin jetzt definitiv arbeitslos. Das Ganze könnte nur noch schlimmer werden, wenn du hier bist, um mich zu verhaften.“
Sein dunkler Blick hielt meinen, aber er sagte nichts.
„Gott, du bist hier, um mich zu verhaften.“ Ich leckte über meine Lippen. Geriet in Panik. Während ich darüber nachgedacht hatte, dass er mich oral befriedigte, hatte er beabsichtigt –
„Ich verhafte dich nicht. Aber ich werde nicht lügen. Du bist momentan eine Verdächtige.“
Ich wollte erneut weinen, aber ich schluckte die Tränen runter. Nein. „Du bist hier, um mich zu einer Befragung abzuholen?“ Meine Stimme war leise, nervös. Ich hatte kein Geld für einen Anwalt.
Er schüttelte den Kopf. „Morgen.“
„Also keine Spuren? Keine qualmende Knarre?“
„Nope. Hier. Ich hab dir einige deiner Kleider mitgebracht.“ Ich erkannte meine kleine Reisetasche, die er mir entgegenhielt. „Ich hab das am Boden deines Schranks gefunden. Ich war mir nicht ganz sicher, was du brauchst. Das sollte dir reichen, bis das Haus freigegeben wird und du alles holen kannst.“
Der Gedanke, dass er in meinem Schrank, in meiner Unterwäscheschublade herumgewühlt hatte, ließ mich erröten. Diese großen Hände, die meine Seide und Spitze durchgegangen waren. Nichts davon war edel und ich hatte immer nur vom Sale-Ständer gekauft, aber ich mochte hübsche Unterwäsche.
„Danke dir.“
„Ich bin auch hier, um dich mit nach Hause zu nehmen.“
„Ich kann einfach hierbleiben. Ich habe zuvor schon auf der Couch geschlafen. Sie ist bequem.“
Sein durchdringender Blick erfasste den Raum. „Es ist kein Tatort, aber wir werden morgen hier sein und an dem Fall arbeiten.“
Ich sah mich um. „Oh.“ Richtig. Natürlich. Sie mussten jeden Aspekt von Erins Leben durchleuchten. Ihr Computer war hier. Papierkram. Es war wahrscheinlich nicht gut, wenn ich hier übernachtete. Das könnte die Lage für mich nur noch verschlimmern. Was sollte ich jetzt tun?
Meine Hände vor mich haltend, verkündete ich: „Ich gehe nicht zu meiner Mutter. Ich habe schon mit ihr geredet und sie beruhigt. Sie war besorgt, dass Leute anrufen oder vorbeikommen werden, wenn ich bei ihr einziehe. Sie kommt damit nicht klar. Du weißt ja, wie sie ist.“ Ich spielte das Ganze ein wenig herunter, weil ich nicht noch mehr Mitleid brauchte, wenn es um meine Mom ging.
Er nickte, aber sagte nichts.
„Ihr geht es jetzt schlimmer. Ihre Welt ist ein Kartenhaus oder eher ein Haus voll alter Zeitungen, Onlinekäufen und Zimmern, die bis zum Bersten mit… Zeug vollgestopft sind. Eine winzige Veränderung in ihrer Routine und sie bricht zusammen. Ich habe sie ein paar Mal besucht, seit ich wieder hier bin, aber nicht länger als einige Minuten, weil es ihre Angstzustände hervorruft. Unsere einzigen Interaktionen bestehen mittlerweile darin, dass ich online ihre Rechnungen begleiche und mit ihr telefoniere.“
Ich sah mehr Verstehen als Mitleid in seinen Augen. Die Schulzeit war schlimm für mich gewesen, weil sich die Kinder über mich lustig gemacht hatten, da ich eine verrückte Mom, ein verrücktes Haus gehabt hatte. Nix hatte nie über mich hergezogen, kein einziges Mal. „Nicht zum Haus deiner Mom. Du kommst mit mir nach Hause.“
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich wäre weniger überrascht gewesen, hätte er gesagt, dass er mich verhaften wollte. „Nach Hause… mit dir?“
Er nickte.
Ich runzelte die Stirn, dann wandte ich mich ab, lief zum Fenster und sah hinab auf die Main Street. Die Welt drehte sich weiter, dort gab es keine Probleme, die Leute genossen den Sommerabend, die Restaurants und schnuckeligen Läden. Die Vorstellung, mit ihm nach Hause zu gehen… Gott, das war jahrelang eine meiner Fantasien gewesen. Aber nein. Nein. Ich musste aufhören, über dumme Dinge wie das oder darüber, dass er mich leckte, nachzudenken. Er wollte so etwas nicht tun, nicht mit mir oder irgendeiner Frau. Es musste eine bessere Erklärung geben, eine, die Sinn ergab.
„Machst du dir Sorgen, dass ich fliehen werde, ist es das?“
Ich hörte ihn seufzen. „Der Mörder ist noch dort draußen. Ich will nicht, dass du ganz allein hier bist.“
Ich wirbelte so schnell herum, dass sich die Welt einen Moment drehte. Begegnete Nix‘ dunklem Blick. „Du denkst… du denkst, die Person war hinter mir her?“ Ich legte eine Hand auf meine Brust. Heilige Scheiße.
Er zuckte mit seinen breiten Schultern. „Wir haben keinen Grund zu dieser Annahme, aber du warst dort. Zum Teufel, vielleicht ist er ins falsche Haus gegangen. Bis wir mehr wissen, möchte ich dich in Sicherheit wissen.“
Er trat näher zu mir, zu nahe, und zupfte an einer verirrten Haarsträhne, die mir entwischt war, als ich meine Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Eine einfache Geste, aber keine, die ein Detective bei einer Verdächtigen macht.
Die Vorstellung, dass mich Nix beschützen würde, war so verlockend, dass ich praktisch vor Sehnsucht schmerzte. Ich wollte das nicht allein tun. Ich würde es tun, hatte es immer getan. Ich hatte für meine Mom gesorgt, anstatt dass es andersherum gewesen wäre. Das tat ich nach wie vor. Aber mir von Nix helfen zu lassen? Mich von ihm halten zu lassen? Gott, mich von ihm beschützen und ihn all meine Probleme wegnehmen lassen?
„Sicherheit“, wiederholte ich hölzern.
Nein. Das kam nicht infrage. Nix war ein Reparierer. Er löste Probleme. Lenkte Dinge in die richtige Bahn. Das war sein Job. Als Detective war ich sein Job. Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht nur das. Ich wollte mehr von ihm. So viel mehr. Ich hatte schon in der Highschool für ihn geschwärmt, hatte praktisch gesabbert, wann immer er vom College nach Hause gekommen war. Wir waren ein paar Mal ausgegangen, um über den Polizeiball zu sprechen. Dinner. Kaffee. Er hatte mich nie mit zu seinem Haus genommen, hatte nicht einmal in einem Auto mit mir rumgemacht. Ein Kuss auf meine Wange vor meiner Apartmenttür, weiter waren wir nie gegangen, aber ich hatte ihm mein Herz geschenkt – auch wenn er das nie erfahren hatte. Unerwiderte Liebe, zumindest von meiner Seite.
Aber ich hatte die Wahrheit erfahren, hatte erfahren, dass er mich niemals wollen würde. Ich war nicht sein Typ und das hatte wehgetan. Das hatte mich schwer getroffen. Hatte mich dazu getrieben, die Stadt zu verlassen.
Auch wenn ich seine Sorge zu schätzen wusste – ich bezweifelte, dass er jeden Verdächtigen einlud, in seinem Haus zu übernachten – konnte ich sein Angebot nicht annehmen. Mein Herz käme damit nicht zurecht. Ein Jahr entfernt von ihm hätte meine Gefühle verringern sollen, doch nein. Fuck nein. Ich wollte diese großen Hände immer noch auf mir spüren. Ich wollte das Spiel seiner kräftigen Muskeln unter meinen Fingern fühlen. Fragte mich, wie sich diese Lippen auf meinen anfühlen würden und an anderen Stellen.
Reine Fantasie und ich hätte inzwischen darüber hinweg sein sollen. Er wollte mich nicht. Er wollte mich – oder irgendeine andere Frau – überhaupt nicht. Ich hatte gehofft, dass das Jahr entfernt von ihm, meine Emotionen in Ordnung bringen würde, aber nein.
Meine Gedanken von der schmutzigen Richtung weglenkend, die sie eingeschlagen hatten, sagte ich: „Mir geht’s hier prima.“ Ich streckte meinen Arm aus, um auf die Couch zu deuten. Erins Reichtum zeigte sich in der Dekoration ihres Büros. Shabby Chic in Cremetönen und hellrosa. Modernes Glas vermischt mit alten Backsteinmauern und blanken Holzbalken. Sie hatte sogar einen Getränkewagen in der Ecke platziert. High-end, genau wie Erin.
„Kit“, sagte er mit einem Seufzen und versuchte erneut, nach mir zu greifen, aber er musste etwas in meinem Gesicht gesehen haben, denn er ließ seine Hand fallen. „Das ist nicht der einzige Grund, warum ich dich in meinem Haus haben möchte. Ich –“
„Wie geht’s Donovan?“, fragte ich, machte einen Schritt zurück und schnitt ihm das Wort ab.
Er runzelte die Stirn, eindeutig überrascht von der Frage. „Ihm geht’s gut.“
Donovan Nash war der andere Mann, der eine Hauptrolle in meinen Fantasien innehatte. Das Gegenteil von Nix. Blond, gebaut wie ein Tanker. Genauso heiß. Und nett. Und witzig. Und… eine Menge Unds. Er hatte sich uns bei einigen Gelegenheiten angeschlossen, als wir den Ball geplant hatten, aber es hatte sich nichts daraus ergeben, ganz gleich, wie sehr ich es mir gewünscht hatte. Es war verrückt von mir gewesen, mich nach zwei Männern zu sehnen. Hinterher ist man immer klüger und es war offenkundig warum. Ich war mir wirklich dumm vorgekommen. Dumm, weil ich gedacht hatte, dass nicht nur ein heißer Typ, sondern zwei an mir interessiert wären.
„Ich kann dich nicht hier übernachten lassen.“ Ich hatte noch nie gesehen, dass er mich so anschaute. Irgendwie düster und raubtierhaft. Besitzergreifend.
Dennoch war es fehlgeleitet und das war wie ein Messer mitten in mein Herz.
„Ich weiß, du beschützt gerne Leute –“
„Ich will dich beschützen“, sagte er, womit er mich mitten im Satz unterbrach. „Ich dachte… ich dachte, es gäbe da etwas zwischen uns. Vorher.“
„Bevor ich die Stadt verließ?“, fragte ich, während ich zunehmend wütend wurde. Er verarschte mich.
„Warum bist du gegangen Kit?“, wollte er wissen.
Als ob er das nicht wüsste.
Meine Augen weiteten sich und mein Mund klappte auf. „Meinst du das etwa ernst? Das fragst du mich jetzt?“
„Du bist seit fünf Wochen wieder hier und das erste Mal, dass ich davon erfahre… das erste Mal, dass ich dich sehe, ist heute Morgen bedeckt mit dem Blut deiner Freundin.“
„Wie ich bereits sagte, jetzt?“ Ich war müde, verängstigt, in Panik und all das ging in Frust und Wut über.
„Ich dachte, wir wären Freunde.“ Er rieb sich mit einer Hand über den Nacken. „Ich dachte, wir wären mehr als das.“
Die Bürotür öffnete sich und ich machte einen Satz. Jepp, verängstigt. Nix drehte sich um und streckte seinen Arm aus, als wolle er mich vor demjenigen schützen, wer auch immer gerade reinkam.
Donovan steckte seinen Kopf in das Büro und grinste. Mein Herz machte einen Hüpfer. Dieses Höschen-schmelzende Lächeln hatte sich kein Stück verändert, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte. Es war eine schlagartige Erinnerung daran, warum ich die Stadt verlassen hatte und auch über ihn noch nicht hinweg war.
Ich war an diesen beiden Männern interessiert. Immer noch. Verrückt. Wahnsinnig! Das war eines der Dinge, über die ich während des Jahrs, in dem ich weggewesen war, nachgedacht hatte. Warum wollte ich zwei Männer? Warum wollte ich zwei Männer, die mich nicht wollten? Die einander wollten?
„Kitty Kat“, sagte er, trat in den Raum und zog mich in eine Umarmung. Er fühlte sich hart an… überall. Warm. Tröstlich. Gott, sein Duft. Ich dachte, ich hätte das vergessen, aber nein. Er war mir ins Gedächtnis gebrannt. Und der Spitzname, den er für mich hatte. Nichts davon war verschwunden. „Nix sagte, dass du zurück bist, aber meine Güte, Frau, wenn du zurückkommst, machst du das nicht gerade subtil.“
Er lächelte nicht, als er das sagte. Natürlich, er wusste, was geschehen war. Seine Arbeit in der Staatsanwaltschaft verschaffte ihm direkten Zugang zu was auch immer Nix und sein Team aufgedeckt hatten.
„Es tut mir leid, was Erin zugestoßen ist“, murmelte er, während er mich von Kopf bis Fuß betrachtete.
Er konnte zweifellos erkennen, dass ich geweint hatte. Ich trug Kleider, die mir das Krankenhaus überlassen hatte, und gab ein jämmerliches Bild ab. Nach der Krankenhausdusche hatte ich nicht mehr tun können, als meine Haare mit den Fingern zu kämmen.
„Fuck, es ist schrecklich.“
Er machte einen Schritt zurück und stellte sich neben Nix. Die zwei – keuch! – zusammen. Einer dunkel, der andere hell. Einer ernst, der andere… verspielt. Nix war fünf Zentimeter größer als Donovan, aber Donovan hatte das Gewicht und die Masse eines Collegefootballspielers. Beiden gehörte mein Herz und sie würden aus der Tür laufen, zu dem Haus gehen, das sie sich teilten, und mich im Regen stehen lassen. Sie wollten mich dort nicht, brauchten mich nicht. Sie hatten einander.
Er deutete mit seinem Kopf zu Nix. „Er wird rausfinden, was passiert ist.“
„Ich weiß.“ Das tat ich. Nix würde die Wahrheit aufdecken, würde den Mörder finden. „Was machst du hier?“ Es war eine Sache, dass der Detective eines Falls auftauchte und einen Verdächtigen befragte, aber der Staatsanwalt? Oh. „Gott, brauche ich einen Anwalt?“
Ich schaute zu Nix.
„Was?“, fragte Donovan, auf dessen Stirn sich eine steile Falte bildete. „Zum Henker, nein. Ich bin mit Nix hier, um dich mit nach Hause zu nehmen. Lass uns gehen.“
„Gehen?“
„Du kommst mit uns nach Hause!“, fügte Donovan hinzu, womit er genau das wiederholte, was Nix gesagt hatte, bevor er gekommen war. Also wohnten sie jetzt zusammen. Einfach klasse.
Ja, das würde niemals passieren. Ich konnte nicht unter dem gleichen Dach wie die beiden schlafen. Mein Herz könnte das nicht ertragen.
„Sie hat nicht zugestimmt“, informierte Nix ihn.
„Warum zum Henker nicht? Dort draußen läuft ein Mörder rum. Fuck, allein der Gedanke, dass du gerade am Ende des Flurs geschlafen hast, während er –“ Donovans Hände ballten sich zu Fäusten, aber er beendete seinen Satz nicht. Er mochte ein Staatsanwalt sein, aber er war nicht weich.
Nirgendwo.
„Ich habe sie gerade gefragt, warum sie die Stadt verlassen hat“, sagte Nix.
„Das hier ist keine Befragung“, konterte ich.
„Ich denke, wir verdienen eine Antwort.“
„Ja, Kitty Kat, warum bist du gegangen?“ Gott, wenn Donovan mich so nannte…
Ich konnte sie nicht ansehen. Sie waren zu perfekt. Zu viel zu ertragen für mein Herz. Dieser Tag war fürchterlich gewesen. Mein Leben war ein Alptraum. Es konnte nicht schlimmer werden, indem ich den beiden die Wahrheit verriet. Sie gehörten nicht zu mir. Sie waren nicht die Meinen und würden es niemals sein. Es laut auszusprechen, würde nichts verändern. Sie würden gehen und ich würde mich für die Nacht auf dem Sofa einrichten. Sie vielleicht endlich ziehen lassen.
„Na, schön.“ Ich drehte mich um, stützte meine Hände auf meinen Schreibtisch und starrte hinab auf die glänzende Oberfläche. „Ich bin wegen euch zweien gegangen.“
„Uns?“, fragte Nix, dessen dunkle Brauen in die Höhe flogen. „Du hättest wegen uns bleiben sollen.“
Tränen füllten meine Augen, während ich den Kopf schüttelte. „Ich konnte nicht in der Stadt bleiben. Ich war so töricht.“
„Weil du uns wolltest?“, erkundigte sich Nix.
„Uns beide?“, ergänzte Donovan, der dabei merkwürdig hoffnungsvoll klang.
Ich nickte und wandte mich zu ihnen um. Ich reckte mein Kinn und begegnete ihren Blicken. „Ich wollte euch beide, aber ihr Männer wolltet mich nicht. Ihr braucht mich nicht. Ihr habt einander.“
Sie sahen einander an, dann wieder zu mir. „Wovon zum Teufel sprichst du?“, wollte Nix wissen.
„Wollt ihr, dass ich es euch buchstabiere?“
Donovan stemmte die Hände in die Hüften. Obwohl er im Büro der Staatsanwaltschaft arbeitete, trug er keinen Anzug, sondern eine dunkelblaue Hose und ein Button-Down-Hemd. Nicht ganz ein Cowboy, aber definitiv keine Großstadtpflanze. „Ja.“
„Ihr seid ineinander verliebt, nicht in mich“, schrie ich.