Читать книгу Ferien mit Greta, Jupp und den Geistern - Verena Prym - Страница 8

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Postkarte

Urrrmph schielt besorgt zu seiner Freundin. „Was ist mit dir? Du siehst zerdrückt aus.“

Greta schmunzelt. „Du meinst wohl bedrückt, Urrrmph.“ Sanft streicht sie über seinen löffellangen Arm.

Urrrmph neigt den Kopf. „Was ist los mit dir, Greta?“

Greta stockt. „Ich … muss euch allen etwas sagen und es fällt mir nicht leicht. Also … übermorgen fahre ich in den Urlaub.“

Die Geister raunen und werfen sich ratlose Blicke zu. Patta Gorpa, der Geisterchef, fragt: „Was ist das – Urlaub?“

Greta überlegt. Klar, wer keine Ferien hat, kennt auch keinen Urlaub. Sie erklärt es so: „Im Urlaub fährt man an einen anderen Ort und übernachtet dort. In einem Hotel oder im Zelt zum Beispiel.“

Patta Gorpa zieht die Stirn in Falten. „Du willst weg? Aber warum denn? Es ist doch schön hier auf dem Hof!“

Greta senkt den Blick. „Ich fahre nur acht Tage weg, Patta. Die Tage gehen schnell vorbei, versprochen!“

„Und wohin fährst du?“, möchte Urrrmph wissen. Seine Stimme klingt, als komme er aus einem Regenschauer.

Greta streicht behutsam über seinen Kopf. „Ich fahre an die Nordsee. Oma und Opa kommen mich abholen, dann fahren wir mit dem Zug weiter.“

Babygeist Lollo taucht vor ihrer Nasenspitze auf. „Du Greta, könnten wir nicht mitkommen?“ Seine Augen blitzen abenteuerlustig. „Wir Geister könnten endlich mal Sandburgen bauen!“

Gretas Gedanken wirbeln durcheinander. Urlaub mit Oma, Opa und neun Geistern? Das würde niemals klappen! Oma und Opa können die Geister nicht sehen! Nur Menschen, die an Geister glauben, erkennen sie auch. Außerdem würde es eine Menge Schwierigkeiten geben. Allein die Reise in einem Zugabteil .... wo die Geister nicht mal fünf Minuten still sitzen können ...

Greta seufzt. „Wisst ihr, Oma und Opa sind ältere Menschen. Die haben gern ihre Ruhe - besonders nachts. Und an der Nordsee ist es windig und salzig. Das mögt ihr bestimmt nicht.“

Die Geister nicken verständnisvoll. Fast ein bisschen zu verständnisvoll. Denn mittlerweile weiß sie: Wenn Geister besonders artig nicken, führen sie meist etwas im Schilde …

Und richtig, schon schießen Schrabbo und Piupiu in die Höhe. Wie Feuerwerksraketen wirbeln sie durch die Luft. Alle anderen sausen hinterher, ihre Geisterschweife klatschen gegen Gretas Wangen. Schnell zieht sie den Kopf ein. Geister diskutieren stürmisch. Doch wie immer, so beruhigen sie sich auch heute nach einer Weile. Nacheinander sinken sie aufs Bett zurück und teilen Greta japsend ihre Wünsche mit:

Lollo, Urrrmph, Schrabbo und Piupiu wollen unbedingt mit an die Nordsee. Mimi und Josse können sich nicht entscheiden. Schlaubi, Kuttru und Patta Gorpa halten rein gar nichts von der Idee. „Niemals würden wir einfach irgendwohin schweben, ohne vorher das Dach genau unter die Lupe zu nehmen!“

Patta Gorpa wettert weiter: „Ein zu hartes Dach ist schnell erwischt, und dann?“ Seine Hand gleitet nach hinten. „Rückenschmerzen! Höllische Rückenschmerzen! Nee, nee, das haben wir alles schon erlebt! Wir bleiben schön hier auf dem Hof!“

„Ohh ni-ni!“, schimpfen Lollo, Urrrmh, Schrabbo und Piupiu und ziehen lange Gesichter.

Greta aber atmet auf. Ihre Sorge, dass die Geister wegfliegen würden, lässt nach. Fremde Dächer sind wohl doch nichts für sie. Eine Sache interessiert sie allerdings brennend: „Patta Gorpa, mein Dach war doch auch einmal fremd für euch. Habt ihr das vorher auch unter die Lupe genommen und vielleicht sogar zur Probe geschlafen?“ Wieder spürt sie Urrrmphs kleine warme Hand auf ihrem Handrücken.

Patta Gorpa nickt heftig. „Na und ob wir Probe geschlafen haben! Obwohl wir ziemliche Not hatten, denn wir brauchten dringend ein neues Zuhause. Ein Sturm hatte unser Scheunendach weggefegt. Tagelang mussten wir auf Bäumen schlafen. So oft bin ich im Schlaf vom Ast gekippt!“ Er wackelt mit seinem Geisterschweif. „Ganz blau war er!“

Urrrmph fängt an zu kichern. „Aber die ersten Nächte hier im Dorf waren lustig. Jede Nacht sind wir durch neue Regenrinnen gerutscht und haben auf fremden Dächern Probe geschlafen.“ Er deutet aus dem Fenster in Richtung Kirche. „Nur die Nacht drüben auf dem Kirchturm hätte mir fast den Verstand geraubt! Da liegt man ganz schräg und die Uhr ist viel zu laut. Die müssten sie leiser stellen!“

Schlaubi knufft Urrrmph in die Seite. „Die kann nicht leiser gestellt werden, das ist doch ’ne Glocke!“

Greta lenkt schnell ab, bevor ein Streit ausbricht. „Aber warum habt ihr euch dann mein Dach ausgesucht?“

Schlaubi hat die Antwort parat. „Also, wir haben alle Leute aus dem Dorf genau ausspioniert. Eine ganze Woche lang. Und wir haben gesehen, dass du mit Katzen, Enten, Kühen und manchmal sogar mit den Blumen redest. Und dein Dach war bequem. Da haben wir uns entschieden, dass hier unser Zuhause sein soll.“

Greta lächelt. „Was hat es damit zu tun, dass ich mit Tieren rede?“

„Und mit Blumen“, fügt Urrrmph hinzu und schenkt seiner Freundin ein stolzes Lächeln.

Schlaubi reckt seinen Zeigefinger. „Wer mit Tieren redet, redet auch mit Geistern.“

Patta Gorpa fügt hinzu: „Wir wollten ein bequemes Dach und ein gutes Menschikind haben, Greta.“

Schlaubi nickt. „Genau. Zwei ganz geistliche Bedürfnisse eben.“

Greta seufzt wieder. Wie kann sie den Geistern nur erklären, dass ihnen acht kandiszuckerfreie Tage bevorstanden? Denn das hatten sie in all der Aufregung offenbar noch nicht verstanden, sonst hätten sie schon protestiert! Sie konnte ihnen die Schatulle doch nicht allein überlassen. Das würde nur Streit um die Zuckerbrocken geben.

Bevor sie etwas sagen kann, kommt Mimi ihr zuvor: „Wer gibt uns eigentlich Kandiszucker, während du weg bist? Vielleicht der Jupp?“ Ihre Wangen färben sich rosig. Seit sie Jupp bewiesen hatte, dass sie Kandiszucker auf fünf Kilometer Entfernung riechen kann, verstanden sich die beiden besonders gut.

Greta verzieht nachdenklich den Mund. Jupp würde ins Fußballtrainingslager fahren. Davon redete er schon seit Ostern. Aber in welcher Ferienwoche nochmal …? Sie wendet sich Mimi zu. „Weiß du was, Mimi? Das ist gar keine schlechte Idee! Gleich morgen frage ich ihn in der Schule.“

Erleichtert lächelt sie die Geister an. Alles fügt sich zum Guten. Die Geister bleiben zu Hause und Jupp gibt ihnen Zucker. Ihr Herz hüpft erleichtert. „Wisst ihr was?“, jauchzt sie. „Ich schreibe jedem von euch eine Postkarte aus dem Urlaub!“

Die Geister fangen wieder an zu raunen und zucken die Schultern. Patta Gorpa, der Geisterchef, wendet sich an Greta. „Was ist das, diese Postkarte?“

Greta blickt rüber zur Pinnwand, die Papa für sie über dem Schreibtisch angebracht hat. Daran heftet sie wichtige Zettel und Postkarten. Sie steht auf, holt ihre Lieblingspostkarte und setzt sich wieder zwischen die Geister auf das Bett. „Seht ihr, das hier ist eine Postkarte. Tante Ruth hat sie mir aus Paris geschickt.“

Urrrmph tippt auf die Karte. „Ist das auch ein Kirchturm?“

Greta lacht: „Nein, das ist kein Kirchturm, sondern der Eiffelturm! Er steht in Frankreich und ist das Wahrzeichen von Paris! Ratet mal, wie hoch er ist!“

Lollo schiebt den Zeigefinger auf den Mund. „30 Meter?“

Patta Gorpas Augen blitzen. „Ich weiß es! Zweihundert Meter!?“

Greta freut sich, weil die echte Zahl um einiges höher liegt. „Er ist 324 Meter hoch! Tante Ruth sagt, er sei wunderschön.“

Josse, der die ganze Zeit über Gretas Schulter gelugt hat, sagt: „Ich sehe was!“

„Ja, den Eiffelturm!“, nickt Greta.

„Nein, ich seh noch etwas!“, beharrt er.

„Ja, was denn noch?“, fragt Greta neugierig.

Er tippt mit seinem Zeigefinger knapp unter die Turmspitze. „Ich sehe … einen Geist! Genau hier sitzt er!“

Greta kneift prüfend die Augen zusammen. „Das ist kein Geist, Josse. Das ist ein Krümel, sonst nichts!“

Josse blickt in die Geisterrunde. „Was meint ihr?“ Er nimmt die Postkarte aus Gretas Hand und reicht sie Mimi.

„Kullami“, nickt sie.

Kalle ergreift die Karte. „Lupiro“, meint er und reicht sie Schrabbo.

„Fruzzu!“, ruft der und schon ist die Karte in Piupius Hand.

„Fruzzu akke!“

Urrrmph ist der Nächste. Er lässt sich Zeit. „Ma hugarto?“ Er sieht mit großen Augen in die Runde.

Patta Gorpa ergreift die Karte. Er überlegt und überlegt. „Inisi, ke un lustio francello.“ Er übergibt sie Onkel Kuttru. „Oh! Dafferto! Un lustio francello!“

Lollo lugt über die Schulter seines Papas. „Perizzo o lovitu?“, fragt er.

Onkel Kuttru verzieht den Mund. „Ni-No!“

Als Letzter nimmt Schlaubi die Postkarte. „Hmm. Un liustio francello? Mi zwerto!“

Die Karte landet wieder in Gretas Händen. Sie blickt auf den Krümel und dann ratlos in die Geisterrunde. „Und? Was heißt das nun?“

„Dass es kein Krümel ist, Greta, sondern wirklich ein Geist!“, erklärt Urrrmph triumphierend.

„Ein Turmgeist, um genau zu sein“, ergänzt Schlaubi.

Greta reißt die Augen auf. „Ja, und was heißt das nun?“

Statt zu antworten, stecken die Geister die Köpfe zusammen. Sie flüstern, grummeln und kichern. Dann wird es wieder still. Patta Gorpa ergreift das Wort. „Greta, wir haben uns entschlossen.“

Greta versteht nicht recht. „Wozu habt ihr euch entschlossen?“

„Nun, du fährst in den Urlaub. Und wir, wir fahren auch in den Urlaub! Nach Paris!“ Er strahlt über beide Backen, als habe er die beste Neuigkeit des Jahrhunderts verkündet.

Gretas Herz pocht schneller und schneller. Ihre Sorge ist zurück, heftiger und größer als zuvor. „Aber, aber … das geht doch nicht“, stottert sie. Ihre Stimme bricht. „Ko…kommt ihr auch sicher wieder zurück?“ Sie senkt den Kopf, damit die Geister nicht sehen, dass ihre Augen voller Tränen sind.

Ferien mit Greta, Jupp und den Geistern

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