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Spießerleben

In Indien saß einst ein Einsiedler am Ufer eines Flusses, als er von einem jungen Mann in seiner Meditation gestört wurde. Der junge Mann kniete nieder und sagte:

“Meister, ich will euer Schüler werden.”

“Weshalb?” fragte der Meister.

“Weil ich Gott finden will.”

Der Meister sprang auf, packte den jungen Mann am Genick, zerrte ihn zum Fluß und stieß seinen Kopf unter Wasser. Nach einer Weile ließ er den jungen Mann los und zog ihn aus dem Fluß. Der junge Mann spie das Wasser aus, das er geschluckt hatte, und fing an zu husten. Ein wenig später hatte er sich beruhigt.

“Was wolltest du am meisten, als ich dich unter Wasser hielt?” fragte der Meister.

“Luft”, sagte der junge Mann.

“Gut”, sagte der Meister. ”Geh wieder dorthin, wo du hergekommen bist, und komm zu mir zurück, wenn du Gott genauso sehr willst, wie du eben Luft wolltest”.

Diese Zen-Geschichte habe ich von Janwillem Wetering, der in seinem Buch “Der leere Spiegel” über seine Erlebnisse in einem Zenkloster in Japan berichtet. Ich habe seine Bücher geliebt und verschlungen, wenigstens die über Zen-Buddhismus, denn er war auch ein sehr erfolgreicher Krimiautor.

Ich hatte die Geschichte etwas anders in Erinnerung. Dass der Zen-Schüler in spe nicht nach Gott, sondern nach Erleuchtung sucht. Vermutlich gibt es mehrere Versionen dieser Geschichte.

Es gibt einen Hunger nach Leben, den nicht alle Nahrungsmittel der Kochshows im Fernsehen zusammengenommen mit ihren Suppen, Desserts und noch so ausgefeilten Hauptgerichten stillen können. Es gibt einen Durst, den kein Hobbygärtner mit noch so vielen selbstgebauten Springbrunnen und Gartenteichen löschen kann. “Wenn du diesen Lebenshunger in dir verspürst, nehme ich dich als Schüler an.” So könnte der Zenmeister, würde er heute leben, seinem möglicherweise zukünftigen Schüler antworten.

Viele von uns suchen an den falschen Stellen und wissen gar nicht wonach sie suchen. Das lässt sich einfach und oberflächlich sagen: ich suche nach Gott, oder ich suche nach Erleuchtung. Du weisst nicht was du sagst. Sind “Gott” oder “Erleuchtung” nicht nur Begriffe für dich, so wie “Fernseher”, “Flatscreen”, “Ipad” oder “Flatrate”, die du auch suchst? Aber so wird das nichts. Nach Gott oder der Erleuchtung zu suchen ist so als wenn du am Ertrinken wärst und du Luft zum Überleben brauchst. Ja wirklich: um richtig zu leben, um Leben in Fülle zu haben, musst du existentielle Erfahrungen machen, um überhaupt zu verstehen, worum es geht.

Wach auf! Nicht alles Gold der Welt kann dein Leben mit Sinn füllen, kein Geld der Welt kann dir die Angst vor dem Tod nehmen. Keine Frau und kein Mann, keine Familie und kein geborgenes Vier-Wände-eigenes-Häuschen-mit-Garten-Spießerleben kann dir letzte Sicherheit geben, denn alles ist vom Tod bedroht. Alles Sichtbare ist vergänglich.

Die Bibel, besser gesagt: das Neue Testament, berichtet uns von einem Menschen, der in seiner Familie aufging, der einen hochdotierten Beruf hatte, der sein Leben ganz ausgefüllt hat, und der sich abends mit einem Fläschchen Bier in der Hand und einer Tüte Chips auf dem Bauch, die Beine auf dem Tisch, vor dem Fernseher von seinem harten Arbeitstag erholt hat. Klingt das nicht paradox, wenn ich ein solches Bild von Jesus male? Hätte sich Jesus mit so äußerlichen und oberflächlichen Glücksbringern begnügt, wir wüßten nichts mehr von ihm. Aber Jesus wusste eben, dass das Leben mehr zu bieten hat: Liebe, Sinn, Erfüllung, Friede und Freiheit. Kein Spießeridyll, das nach “Friede, Freude, Eierkuchen” klingt, sondern ein Leben in Einheit mit Gott. Jesus hat Gott im Herzen, nicht so, dass er die fromme jüdische Tradition einfach nachbetet, sondern durch seine enge Verbindung zu Gott ist etwas Besonderes, etwas Neues entstanden. Nicht nur eine neue Sichtweise der jüdischen Religion, sondern er ist so sehr eins mit Gott, dass man an dem Wesen Jesu erkennen kann, wer und wie Gott ist. Und an und durch Jesus können wir nicht nur erkennen wer und wie Gott ist, sondern wer und wie der Mensch ist. Wer und wie der Mensch ist, so wie Gott ihn gemeint hat. Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild. Und dieses Ebenbild Gottes ist Christus. Christus ist der Archetyp, das Urbild des Menschen. Deshalb ist die Geburt Christi nicht nur etwas was sich vor zweitausend Jahren in der fernen Vergangenheit abgespielt hat, sondern die Geburt des Einen Menschen, hat mit mir zu tun: heute - hier und jetzt.

Und so verstehe ich “Erleuchtung” oder “Erwachen” anders als der Buddhismus: Erleuchtung oder Erwachen bedeutet für mich, zu meinem eigentlichen Menschsein zu erwachen, das sich, wie bei Christus, nur in der Beziehung zu Gott voll entfalten kann. Diese Erfahrung habe ich in folgenden Versen zusammengefasst:

Ich glaube an Gott, Leere und Leben, der uns liebt. Eins mit dem Universum, geht er nicht in ihm auf. Der frei ist, denn sein Geist weht wo er will. Eins mit Christus, sehen wir seine Fülle.

Ich glaube an Christus, Gottes wirklicher Mensch, der uns befreit. Eins mit Gott, war er Licht in der Finsternis. Der getötet wurde, weil die Finsternis das Licht hasst. Eins mit Gott, lebt er in seinem Licht.

Ich glaube an Gott, der in uns ist. Eins mit Gott, werden wir zu wirklichen Menschen. Wir folgen Christus, darum sind wir Licht in der Finsternis. Täglich werden wir gekreuzigt, weil die Finsternis das Licht hasst. Eins mit Gott, leben wir in seinem Licht.

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Wir feiern Christus

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