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3.

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Der melodiöse Doppelgong hallte durch den mit cremeweißen Möbeln geschmackvoll eingerichteten Schlafraum. Das akustische Signal wiederholte sich dabei alle zehn Sekunden.

SPOT-Exekutivdirektorin Raffaela Maron wälzte sich unruhig in ihrem Bett herum, erwachte jedoch noch nicht. Deshalb griff die Künstliche Intelligenz der Wohnung zum nächsten Mittel in ihrem Repertoire und sprach die schlafende Frau zusätzlich zum Doppelgong direkt an.

“Padrona di Casa … SPOT-Center ruft Sie mit einer dringlichen Meldung”, erklang eine sinnlich-männliche Stimme mit sanftem Tonfall.

Endlich erfolgte eine Reaktion.

“Verdammt … ich habe Urlaub!”, klang es dumpf und undeutlich unter der seidig schimmernden Bettdecke hervor. “Sag denen, ich bin nicht zu Hause und lass mich ausschlafen!”

“Es handelt sich um eine Nachricht der Dringlichkeitsstufe ALPHA ROT, Exekutiv-Direktorin”, ließ die KI jedoch nicht locker.

Ein tiefer Seufzer ertönte und es kam Bewegung ins Bett, dessen Decke missmutig beiseite geschlagen wurde. Mit ziemlich verschlafenem Gesicht setzte sich Raffaela Maron auf, gähnte herzhaft und versuchte, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben.

“Heutzutage scheint es nur noch Dringlichkeitsmeldungen zu geben”, brabbelte sie ungnädig vor sich hin. “Gönnt mir denn niemand meinen wohlverdienten Urlaub? Was ist denn schon wieder los?”

Statt der Wohnungseigentümerin direkt zu antworten, spielte die KI die empfangene Botschaft im Original vor.

“SPOT-CENTER für Exekutiv-Direktorin Maron”, hörte die 45-jährige Italienerin eine aufgeregt klingende, weibliche Stimme, die sie als die von Nalea Bembe Akele identifizierte. Akele war eine der Mitarbeiterinnen des Exekutiv-Büros.

“Ich weiß, dass Sie Urlaub haben, Chefin. Doch vor wenigen Minuten haben wir alarmierende Nachrichten von einer unserer vorgeschobenen Außenbasen erhalten. HYPERION 200 meldet das Auftauchen einer fremden Invasionsflotte. Kontaktversuche verliefen bisher erfolglos. Wir erwarten dringen ihren Rückruf!”

Die Worte der schmächtigen Ghanaerin wirkten wie eine eiskalte Dusche auf die Genuesin.

“Das darf doch nicht wahr sein!”, entschlüpfte ihr ein fassungsloser Ausruf.

Sie hechtete förmlich aus ihrem Bett ins Badezimmer.

“Sprechverbindung mit SPOT-CENTER herstellen”, befahl sie ihrer KI, noch währen sie in aller Eile die morgendliche Toilette erledigte.

Nur fünf Sekunden später meldete ihr der Computer, dass die gewünschte Verbindung aufgebaut worden war.

“Was zum Teufel ist denn da draußen nun schon wieder los”, rief Raffaela Maron, die bereits unter der Dusche stand. Ihre KI würde die Wassergeräusche herausfiltern, deswegen machte sie sich über diesen Umstand keinerlei Gedanken. “Eine Invasionsflotte? Doch nicht schon wieder die Noraki, oder?”

Es war wieder die Stimme Akeles, die der Exekutiv-Direktorin antwortete.

“Nein, Chefin. Diesmal kommt es aus einer anderen Richtung, aus dem Sektor Nord +”, erhielt sie zur Auskunft.

“Haben die fremden Schiffe tatsächlich Kurs auf uns genommen? Und von wie vielen Einheiten sprechen wir überhaupt?”

“Unsere von mehreren Satelliten bestätigten Hochrechnungen zeigen mit mittlerweile Hundert Prozent Wahrscheinlichkeit an, dass der Kurs der fremden Flotte mitten durch unser Sonnensystem führen wird. Und bis jetzt zählen wir über 25.000 Einheiten.”

“25 … heilige Maria Mutter Gottes!”

Vor Schreck ließ die Leiterin SPOTS die Flasche mit dem Duschgel fallen und wäre fast selbst in der geräumigen Duschkabine ausgerutscht.

“Geben sie Anweisung, alles an Daten zusammenzutragen, was geht. Ich mache mich sofort auf den Weg und werde in etwa vier Stunden die Station erreicht haben. Dann sofort große Konferenz. Stellen Sie sicher, dass im Bedarfsfall schnellstens Kontakt zur Bundesregierung, dem USF-Kommando, zu TESECO, sowie zu den Einsatz- und Lagezentren von SYD und PLAD hergestellt werden kann. Bis auf weiteres ordne ich Kondition MAGENTA an!”

Damit stufte sie die Bedrohungslage einen Level höher als die bisherige Warnstufe ROT ein, was zeigte, wie ernst die Italienerin die Warnung von HYPERION 200 vor der einfliegenden Flotte nahm. Seit dem Zwischenfalls mit dem Angriff der Noraki präsentierten sich alle SPOT-Mitarbeiter äußerst sensibel für Gefährdungsmeldungen, hatte die Organisation doch viel Prügel für die Tatsache einstecken müssen, dass es ihr nicht gelungen war, die norakischen Raumkugeln zu orten. Erst später fand die PRINCESS-Crew heraus, dass deren Schiffe über einen hochentwickelten Ortungsschutz verfügten, und dass SPOT mit ihrer technischen Ausrüstung nicht in der Lage war, diesen Ortungsschutz aufzubrechen. Da war der Imageschaden jedoch schon angerichtet.

Die Exekutiv-Direktorin beendete ihre Morgentoilette in aller Eile und schlüpfte rasch in eine frische, königsblaue Dienstuniform. Anschließend nahm sie Kontakt mit der SPOT-Flugbereitschaft auf. Sie ordnete an, dass eine SILVERJET für ihren Flug zum SPOT-CENTER auf dem Raumhafen LUNAR STELLAR bereitgestellt wurde. Dann verließ sie ihre Wohnung, Apartment 3-33, Lunochod Drive 12, in Kuppel 22 der lunaren Hauptstadt Luneville.

Es war still in dem eleganten Apartmentblock, und auch, als sie auf die Straße davor trat, begegnete ihr keine Menschenseele. Kein Wunder, war es doch erst 4.30 Uhr in der Frühe, nach lunarer Standard-Zeit. Nicht einmal die tropfenförmigen Personenschweber, sonst allgegenwärtig, zeigten sich auf dem aus hellgrauen Regolith hergestellten Straßenpflaster.

Die Kunstsonnen der Wohnkuppel waren noch auf Nachtbetrieb geschaltet, und so herrschte graublaues Dämmerlicht. Leichter Nieselregen sank herab, was Raffaela Maron naserümpfend zur Kenntnis nahm. Sie wusste, dass dieser Regen, in verschiedenen, zeitlichen Abständen und Intensität vom MANN IM MOND, dem zentralen, lunaren Rechnerverbund, initiiert wurde. Einerseits, um die allgegenwärtigen Grünanlagen zu bewässern, andererseits, um Staub aus der Luft der Nullitrium-Kuppeln zu waschen.

Rasch schritt die 45-jährige Italienerin den kreisförmig angelegten Lunochod Drive entlang. Sie verzichtete bewusst darauf, einen der Schweber von TRANSLUNA herbeizurufen. Die nächste Haltestation des LTS, dem sublunar angelegten Lunar Travel System, lag nicht weit entfernt von hier, und das bisschen Bewegung tat ihr mit Sicherheit gut. Denn wenn sich die beunruhigenden Informationen, über die sie zu diesem Zeitpunkt verfügte, bewahrheiteten, würde sie in nächster Zeit kaum aus ihrem Schreibtischsessel herauskommen.

Nach ein paar hundert Metern erreichte Raffaela Maron eine Kreuzung, von der aus einer der Quer-Konnektoren abzweigte, die den kreisrunden Kuppelquerschnitt wie die Speichen eines Rades durchschnitten und so die kreisförmigen Straßen mit dem Zentrum und dem Rand des fast einen Kilometer durchmessenden Nullitrium-Kuppelbaus verbanden. Die Italienerin wandte sich dem Zentrum zu, denn dort befand sich, wie in jeder der anderen vierzig Kuppeln der Mondhauptstadt, ein LTS-Banhhof. In wenigen Minuten hatte sie diesen erreicht und eilte die sanft erleuchtete Spiralrampe zum Bahnsteig hinunter. Ein freundlich gestalteter Wartebereich nahm die Exekutiv-Direktorin auf.

“Ihr gewünschtes Reiseziel”, wisperte eine leise Stimme aus einem eigens für sie projizierten Schallfeld in ihr Ohr.

“Zentral-Terminus, individuelle Kabine”, antwortete die SPOT-Leiterin in normalem Tonfall. Sie wusste, dass winzige Richtmikrophone ihre Worte ohne Schwierigkeiten aufnehmen würden.

“Ach ja, einen großen Becher Kaffee, stark, mit Milch und Zucker hätte ich auch gerne noch”, fügte sie ihrem Zielwunsch noch eine Bestellung hinzu.

“Ihre Reisekabine steht in vier Minuten am Gate 5 bereit”, hörte sie sogleich eine Bestätigung ihres Fahrtwunsches, während bereits ein kugelförmiger Servo-Robot auf sie zugeschwebt kam. Dessen obere Hälfte klappte einfach nach hinten weg und gab eine Servierplatte frei, auf der ein Becher mit dem von Raffaela Maron bestellten Kaffee stand. Die Frau mit dem tizianroten Haar zog einen TEC-Payer aus ihrer Kombination und führte den dünnen Stift, der nur aktiv war, wenn sie ihn zwischen ihren Fingern hielt, in eine kleine Öffnung ein. Ein kleiner Bildschirm zeigte den abzubuchenden Betrag für Kaffee und Fahrt an, dem sogleich die Buchungsbestätigung folgte.

Die Exekutiv-Direktorin nahm den nun von seinem Fesselfeld freigegebenen Becher von der Servierplatte, welche sich danach sogleich wieder verschloss. Während der Kugel-Servo leise summend davon schwebte, strebte Raffaela Maron ihrem Gate entgegen. Exakt und pünktlich nach der angekündigten Zeitspanne öffnete sich das lindgrün gefärbte Druckschott vor ihr und sie konnte in die bequeme 1-Mann-Kabine des LTS treten und Platz nehmen. Automatisch schloss sich das Schott hinter ihr, und noch während es sich die Frau in dem bequeme Sessel der zylinderförmigen Fahrkabine gemütlich machte, setzte sich diese auch schon in Richtung des Zentral-Terminus, dem Hauptbahnhof Lunevilles, in Bewegung.

“Guten Morgen, Bürgerin”, wurde sie von einer neutralen, aber wohl modulierten Kunststimme begrüßt. “Wir erreichen ihr gewähltes Fahrtziel in sieben Minuten und zehn Sekunden.”

Die einsame Passagierin nahm diese Information kommentarlos zur Kenntnis. Während der Fahrt hing sie ihren Gedanken nach und nahm immer wieder kleine Schlucke des heißen, kräftigen Kaffees aus dem Thermobecher in ihrer Hand.

Sieben Minuten und zehn Sekunden später trat sie in eine der großen Verteilerhallen des Zentral-Terminus, dem Hauptbahnhof des Mondes, unterhalb der Kuppel 1. Hier herrschte trotz der frühen Morgenstunde wesentlich mehr Verkehr, als in den reinen Wohnbezirken. Viele Mondbewohner kehrten entweder von ihren nächtlichen Vergnügungen oder ihren Dienstschichten zurück, oder sie begaben sich gerade zu ihrem Arbeitsplatz. Raffaela Marons Blick suchte eines der allgegenwärtigen Anzeigedisplays der Fernverbindungszüge. Kurz darauf besaß sie bereits die gesuchte Information. Der TRANS-LUNAR-EXPRESS nach Newton Town würden den Zentral-Terminus in weniger als fünf Minuten verlassen.

“Perfektes timing”, murmelte die schlanke Frau vor sich hin und strebte dem angezeigten Gate entgegen, um kurz darauf im Abteil des Schnell-Express-Zuges zur zweitgrößten Mondstadt zu sitzen.

Newton Town befand sich etwa 1520 Kilometer südlich von Luneville entfernt, mitten im Mare Imbrium. Mit dem TRANS-LUNAR-EXPRESS, einer Magnetbahn, die in Hoch-Vakuum-Röhren eine Reisegeschwindigkeit von 3000 Stundenkilometern erreichte, bedeutete das eine Fahrtzeit von etwa 25 Minuten. Ein Katzensprung sozusagen. Die Chefin der terranischen Raumüberwachung leerte ihren Kaffeebecher und warf ihn in einen Abfallbehälter, von wo aus er in das perfekte Recycling-System des Mondes gelangen würde, um zu 100 Prozent wiederverwertet zu werden.

Anschließend machte sie es sich in ihrem Sitz bequem und versuchte, während der Fahrt nach Newton Town noch ein wenig zu dösen.

Fünfundvierzig Minute später bestieg sie bereits die für sie auf dem Raumhafen LUNAR STELLAR bereitgestellte SILVERJET der SPOT-Flugbereitschaft. Sie nickte dem Piloten der Jet freundlich zu und nahm dann im zweiten Sessel in der Kanzel des Raumbootes Platz. Wenige Minuten später bekam die ARGUS, wie der Eigenname der Jet lautete, bereits ihre Startfreigabe.

Der Pilot leitete den Start ein, indem er das ANGRAV-Triebwerk der ARGUS aktivierte. Sanft und ohne jeden Ruck hob die wie ein Rotationsellipsoid geformte Jet vom Grund des größten Passagierraumhafen des Sonnensystems ab und strebte dem pechschwarzen Himmel über dem Mond entgegen.

Das Ziel des Raumbootes lag rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, und zwar genau im Lagrange-Punkt L1 zwischen Sonne und Erde. Das brachte den Vorteil mit sich, dass SPOT-Center zum einen ohne die immensen, von der Erdoberfläche ausgehenden Störungen arbeiten konnte und zum anderen nur mit geringstem, technischen Aufwand an Ort und Stelle gehalten werden musste. In den Lagrange-Punkten hoben sich die Schwerkrafteinwirkungen, die Objekte aufeinander hatten, auf. Und diese Punkte wanderten mit dem System. SPOT-CENTER vollzog so die Erdbahn um die Sonne wie ein geostationärer Satellit mit, im immer gleichen Abstand und ohne Beeinträchtigung durch die Gravitation. Ein idealer Standort für die Zentrale der terranischen Raumüberwachung.

Die ARGUS beschleunigte nun stark, um das schwache Anziehungsfeld des Mondes hinter sich zu lassen. Hundert Kilometer über dessen Oberfläche übernahm der deGrell'sche Schwerefeldantrieb das weitere Vorankommen im Raum. Im Sog künstlich erzeugter Gravitationslinsen näherte sich das, wie aus flüssigem Silber gegossen wirkende Raumfahrzeug der halben Lichtgeschwindigkeit an. Als es diesen Punkt überschritt, kam das dritte Antriebssystem zur Anwendung: der MAWIB nahm seine Arbeit auf, schuf einen mikroskopischen Konstantaufriss zum Hyperraum und leitete daraus exotische Energie in die Wandlerkreise. Mit dieser exotischen Energie wurden sodann die SEHD-Projektoren geflutet, das supraenergetische Hyperdimfeld entstand, hüllte die ARGUS ein und ließ sie in den Hyperraum gleiten, wo sich ihre Geschwindigkeit durch energetische Wechselwirkung und vektorierbaren Abstoßungseffekt um ein vielfaches potenzierte. Der Flug durch den Hyperraum dauerte nur wenige Sekunden, mutete in seiner Kürze eher wie ein Sprung an. Zurück im Normalraum leitete der SILVERJET-Pilot das Bremsmanöver ein, in dem er die künstlichen Gravitationslinsen des deGrell entgegen ihrer Flugrichtung projizieren ließ. Rasch sank die Geschwindigkeit, und die Exekutiv-Direktorin konnte weit voraus schon die Positionslichter von SPOT-CENTER in der Dunkelheit des Alls leuchten sehen.

Bald darauf leuchtete die Struktur der Raumstation hell im Licht der Sonne auf. Sie ähnelte auf den ersten Blick einem großen, symmetrischen Kreisel. Mehrere jeweils zwanzig Meter dicke Scheiben, die sich um eine zylindrische, ebenfalls zwanzig Meter durchmessende Zentralachse gruppierten und zu den Enden des Zylinders hin immer weiter an Radius abnahmen. Die Scheibe im Zentrum durchmaß fünfhundert Meter, es folgten zu beiden Seiten Scheiben mit vierhundert, dreihundert, zweihundert und einhundert Metern Durchmesser. Bei einem Scheibenabstand von jeweils 25 Metern ergab sich so eine Gesamtlänge der Station von 380 Metern. Ein durchaus imposantes Gebilde, und wie immer umschwärmt von kleinen Raumbooten, Wartungsrobotern, Bojen und Sonden.

Die ARGUS steuerte nun die 'obere' Scheibe der Station an, wo sich eine Reihe von Beiboothangars befanden. Ab einer Entfernung von zehn Kilometern zur Station übernahm deren Hauptcomputer die weitere Steuerung. Das silberne Beiboot richtete sich aus und steuerte einen hell erleuchteten Punkt im leicht nach außen gewölbten Scheibenrand an, der sich beim Näherkommen als geöffnete Landebucht entpuppte. Kurze Zeit später setzte die SILVERJET dort auf ihren drei Teleskop-Landebeinen auf. Das Hangarschott schloss sich und die Landebucht wurde mit Atemluft geflutet. Wenige Minuten nach der Landung eilte Exekutiv-Direktorin Maron schon durch die Gänge und Lifts der Station, deren Zentrale in der mittleren Hauptscheibe entgegen.

Als sie aus dem zentralen Achslift in der Mitte der Scheibe stieg, merkte sie sogleich an der ungewöhnlichen Hektik und Aktivität, die im Rund der SPOT-Hauptleitstelle herrschte, dass etwas Ungewöhnliches in der Luft lag. Während die Direktorin nach links und rechts hin immer wieder grüßend nickte, strebte sie eilends dem Lagezentrum entgegen, einem an die Hauptleitstelle anschließenden, ebenfalls kreisrundem Raum von zehn Metern Durchmesser. Dort fand sie ihren persönlichen Stab und etliche Mitglieder des Exekutiv-Direktorats vor. An den geschwungenen Wänden leuchteten mannshohe und mehrere Meter breite Bildflächen, die Echtaufnahmen des Weltraums, Diagramme, Tabellen und Projektionen wiedergaben. In der Mitte des Lagezentrums, über dem runden Tisch, leuchtete die holografische Darstellung des Raumgebietes der Stellaren Union. Durch dünne, grüne Linien wurden darin die Hemisphären- und Vektorenunterteilung dargestellt, Sterne entsprechend des von ihnen ausgestrahlten, sichtbaren Lichts, Raumschiffe und Stationen als winzige, stecknadelkopfgroße, intensiv türkisfarbene Pünktchen. Doch nicht das war es, was einem beim Anblick des Hologramms sofort ins Auge stach. Es war ein riesiger Pulk in bösartig-rotem Licht leuchtender Punkte, die sich im oberen Nordvektor Richtung Zentrum durch die Projektion bewegten.

Raffaela Maron blieb am Tischrand stehen, presste ihre Fingerspitzen fest auf dessen Platte, und starrte aus zusammengekniffenen Augen die roten Lichtpunkte in der holografischen Darstellung an. Während sie das tat, kam ihr persönlicher Sekretär auf sie zugelaufen, der nur 1,56 Meter große, stämmige Mongole Tunga Shenji. Er stellte sich neben die gut zwei Kopf größere Exekutiv-Direktorin und schaute sie aus seinen mandelförmigen, braunen Augen abwartend an.

“Das sind Sie also?”

Seine Chefin hatte dieser Frage mit leiser, leicht rau klingender Stimme gestellt.

Shenji nickte mit seinem kugelrunden Kopf. Dazu zupfte er sich an den wenigen, knapp fingerlangen, schwarzen Haaren, die sich an seinem etwas fliehenden Kinn verloren, von ihm jedoch hartnäckig als 'Bart' verteidigt wurden.

“Ja, das dort ist der ins Unionsgebiet eindringende Flottenverband unserer neuen, ungebetenen Gäste”, bestätigte er.

“Wie viel Einheiten?”

“Nach letzter Zählung ist die … die Invasionsflotte auf knapp 30.000 Einheiten angewachsen. Und es scheint, dass sich minütlich weitere Schiffe zum großen Pulk gesellen, so dass es immer noch mehr werden.”

Die Exekutiv-Direktorin schloss angesichts dieser ungeheuren Zahl an Schiff für einen Moment erschüttert ihre Augen. Sie atmete mehrmals tief durch, um ihre aufgewühlten Nerven zu beruhigen.

“Das ist nicht gut, Tunga ...”, sagte sie dann leise und richteten den Blick ihrer Augen auf den kleinen Mongolen. “Liegen zwischenzeitlich gesicherte Kursdaten der Fremden vor?”

Shenji nickte bekümmert.

“Allerdings, Direktorin. Und ihre Flugroute tangiert immer noch die Wega und Sol. Die werden hier quer durch unser Sonnensystem brettern.”

“Etwas exakter, Tunga”, forderte die Direktorin ihren persönlichen Sekretär auf. “Welche Planeten sind besonders gefährdet, nach jetzigem Informationsstand?”

“Xorr im Wega-System, Jupiter, Erde und Mars”, lautete die knappe Antwort. “Die anderen solaren Planeten befinden sich im Moment weitab vom ermittelten Kurs. Dieser wird zwar noch vier weitere Sonnensysteme queren, aber dort gibt es keine bewohnte Planeten.”

“Haben wir schon Bildmaterial von den fremden Schiffen?”

“Leider nein, Direktorin”, sagte der stämmige Mongole bedauernd. “Es sind momentan keine Satelliten mit genügend optischer Leistung in der Nähe der Flugroute. Dazu müssen die Einheiten erst noch näher an das Kerngebiet heran kommen.”

“Mir sind sie jetzt schon entschieden zu nahe, Tunga”, warf Exekutiv-Direktorin Maron ein.

Sie löste sich von dem runden Tisch des Lagezentrums.

“Ich werde jetzt in mein Büro gehen und erwarte dort die Abteilungsleiter zu einem Krisengespräch. Außerdem möchte ich alle aktuellen Meldungen, Dossiers und Zusammenfassungen auf meiner Bildwand haben. Bis in zwei Stunden von jetzt ab muss eine Entscheidung über unser weiteres Vorgehen gefallen sein, also brauchen wir jedes noch so kleine Quant an Daten!”

Sie nickte ihrem Sekretär noch einmal kurz zu, dann wandte sie sich um und begab sich zurück in die Hauptleitstelle, um von dort aus ihr Büro aufzusuchen.

Dort ließ sie sich in ihren Sessel sinken. Tausende Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Eine ungeheure Gefahr zog für das heimatliche Sonnensystem herauf. Raffaela Maron merkte, dass ihre Hände zitterten. Sie faltete sie zusammen, und begann damit, leise ein Gebet zu sprechen. Denn Terra konnte nun jeden noch so kleinen Beistand brauchen.

TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz

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