Читать книгу Raumpiraten und Aliens auf Abwegen: 3 Science Fiction Abenteuer - W. K. Giesa - Страница 24

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Roxana erwartete ihn vor dem Ministerium. Ein freies Taxi rollte wie zufällig heran. Sie winkten dem Fahrer.

„Zum Quality Inn, bitte!“

Nach hundert Metern mussten sie gleich in die zweite Nebenstraße einbiegen. Das Taxi fuhr jedoch geradeaus. „Hallo! Sie brauchen keinen Umweg zu machen!“

„Umleitung!“, sagte der Fahrer. Damit hatte er seine Gäste drei Minuten lang beruhigt. Als er dann nach links statt nach rechts abbog, klopfte Spencer gegen die Panzerscheibe.

„Zum Teufel, Mann! Sie sollen uns zum Quality Inn fahren.“

Der Mann zuckte mit den Schultern, als sei die Sprechanlage defekt. Dann schnitt er bei einem Überholvorgang die Bahn eines anderen Wagens und stellte das eigene Fahrzeug auf die beiden linken Räder. Spencer Goodwyn legte seine Pistole auf die Knie. Ein harter Bremsvorgang warf ihn plötzlich nach vorn. Der Wagen stand.

„Verdammt! Das ist doch Polizei!“ Den Schlag öffnete Inspektor Hensley persönlich.

„Das ist zu viel der Ehre, Inspektor. In drei Stunden werden Sie ein Dienstaufsichtsverfahren am Hals haben, das garantiere ich Ihnen.“

„Ich verstehe Sie nicht, Doktor. Sie spielen mit der Pistole, und mir wollen Sie ein Verfahren anhängen?“ Spencer steckte die Waffe weg.

Hensley grinste. „Da Sie gerade vorbeikommen, Doc: Darf ich Sie für ein paar Minuten in mein Büro bitten?“

Roxana warf ihm einen aufmunternden Blick zu. Da gab er nach. Im Office bat sie der Inspektor, Platz zu nehmen.

„Ich habe ein paar Fragen, Doktor. Werfen Sie bitte einen Blick auf diesen Bildschirm!“

Auf dem Monitor waren drei Männer sichtbar. Zwei uniformierte Beamte und ein Zivilist.

„Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?“

„Nein, Inspektor.“

„Sehen Sie genau hin!“

„Das tat ich. Der Mann ist mir unbekannt.“

„Seltsam ... Sie waren doch dabei, als Dr. Walter starb. Dieser Mann ist der Mörder.“

„Das ist lächerlich.“

„Überlegen Sie es sich, Doktor! Wenn Sie mir nicht helfen, muss ich mich an die Öffentlichkeit wenden, um bessere Zeugen zu finden. Und es liegt Ihnen doch daran, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen bleibt.“

„Privat bin ich daran kaum interessiert. Aber Sie sollten sich klarmachen, dass Winslow Sie zurückgepfiffen hat, und das ist die offizielle Seite, mit der Sie sich auseinanderzusetzen haben.“

„Wie ich mit Winslow klarkomme, ist meine Angelegenheit, Doc. Außerdem habe ich mich aus Ihrem physikalischen Puzzlespiel weisungsgemäß zurückgezogen. Der Mord an Dr. Walter aber ist ein durchaus konventioneller Fall. Jemand hat ihn vor den Kopf geschlagen, und der Mann starb daran. Und dieser Jemand sitzt nebenan, und Sie haben ihn gerade auf dem Monitor gesehen. Der Mann heißt Fitzek. Sein halbes Geständnis haben wir schon.“

„Gibt es das, ein halbes Geständnis?“

„Offensichtlich. Sie werden sicherlich überrascht sein, wenn er bei seiner Aussage bleibt, dass sich das alles draußen in seinem Vorgarten abgespielt hat, statt in Ihrem Hotelzimmer.“

„Überrascht ist gar kein Ausdruck, Inspektor. Doch ich glaube, diese Nummer ist selbst für ein Kabarett stark überzogen. Wo liegt denn der Vorgarten von diesem Fitzek?“

„In Palmers Green draußen. Es ist eine Villenkolonie im Westen der Stadt. Fitzek behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben. Er parkte vor seinem Haus, stieg aus, um sein Gartentor zu öffnen, als aus der Dunkelheit ein Schatten auf ihn zusprang. Er wehrte sich mit einem Faustschlag – eine reine Reflexbewegung. Der Fremde fiel sofort zu Boden, raffte sich dann aber zu einem zweiten Angriff auf. Fitzek griff nach dem nächsten erreichbaren Gegenstand, es war eine von seinem Jägerzaun herabgefallene morsche Latte, und wehrte sich, so gut er konnte. Einer seiner Schläge war tödlich. Der Fremde stürzte, Fitzek ergriff Panik. Er rannte weg. Wie er angibt, hat es keine zwei Minuten gedauert, dass er wieder Herr seiner Sinne war, und er trat noch einmal in den Vorgarten. Vielleicht war der Fremde verletzt und brauchte Hilfe. Doch der Fremde war verschwunden.“

Hensley schwieg, starrte Spencer Goodwyn an, auf eine Reaktion wartend.

„Ich will an Fitzeks Bericht nicht zweifeln“, sagte Goodwyn. „Nur ist dieser Fremde, von dem Fitzek spricht, niemals Dr. Walter gewesen. Sie sagten ja selbst, der Unbekannte sei schon nach ein, zwei Minuten wieder verschwunden. Also war er gar nicht tot, wahrscheinlich kaum verletzt. Sie können Ihren Fitzek laufenlassen. Er hat keinen Mord und keinen Totschlag begangen.“

„Hm“, machte Hensley und zögerte. „Sie erinnern sich noch an den rostigen Nagel in Ihrem Zimmer, Doc? An den Nagel, dessen Herkunft nur absurd sein konnte? Der aber Blutspuren aufwies?“

„Ich erinnere mich.“

„Wissen Sie, wo sich dieser Nagel befindet?“

„Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat Winslow ihn sichergestellt.“

„Irrtum! Man hat mich damals in dieser Sache zurückgepfiffen, wie Sie es ausdrücken. Aber man hat sich nicht darum gekümmert, wo der Nagel blieb. In Ihren Kreisen pflegt man Kriminalistik offenbar auf der höheren Ebene der Naturphilosophie zu betreiben, und da sind rostige Nägel natürlich banal.“

Spencer Goodwyn sah ihn freundlich an. Freundlich und ehrlich.

„Das ist ein Punkt für Sie, Inspektor. Ich wette, der Nagel ist immer noch in Ihrem Besitz.“

„Ich wette nicht mit Ihnen. Denn die Wette hätten Sie gewonnen, Doc. Hier ist er!“

Hensley legte den Nagel auf den Tisch und fuhr fort: „Die Blutbestimrnung weist absolute Identität mit Doc Walter aus. Blutgruppe AB, Rhesus negativ. Und hier ist die Zaunlatte des angesehenen und seriösen Grundstückmaklers Henry Fitzek aus Palmers Green.“

Hensley genoss die Demonstration. Die Latte holte er aus dem Wandschrank. Der Nagel war krumm und rostig. Das Loch in der Latte passte dazu. Es gab keinen Zweifel daran, dass beide Dinge zusammengehörten. Zum ersten Mal blickte Spencer fragend zu Roxana hin.

Die lächelte vieldeutig, nickte kurz und schnell.

„Du sollst nicht nicken, du sollst etwas Konkretes sagen“, murrte Spencer. „Hier hätte der Inspektor also bewiesen, was wir nur immer wieder in unseren Theorien zaghaft angedeutet haben. Oder?“

„Wir müssen es zugeben. Wir haben darüber diskutiert. Es gibt Risse in unserem Kontinuum, Risse, in die die Energien anderer Dimensionen Eingang haben. Und dann gibt es ein Flackern in unserem bis dahin klar abgelaufenen Dasein. Wie in einem Film, der plötzlich von den Leitzähnen rutscht und zu flimmern beginnt. Frag mich jetzt nicht nach einer Definition, Spence! Ich weiß nicht, wann die Menschheit das alles wirklich erklären kann. Vielleicht erst in hundert Jahren. Aber wir müssen mit den Reaktionen fertig werden. Mit dem, was jetzt passiert. Wir müssen etwas tun.“

„Unter den gegebenen Umständen ist Fitzek für mich natürlich kein Mörder. Aber ich bin Polizist“, sagte Hensley. „Ich habe recherchiert und muss es melden. Ich werde es innerhalb meiner Kompetenzen tun. Doch vielleicht übersehe ich etwas. Ich habe in etwa einen Begriff von Ihren Aufgaben. Ich will diesen nicht im Wege stehen. Aber ich möchte darüber hinaus auch meine Pflichten nicht versäumen.“

Spencer sagte nachdenklich: „Inspektor, ich muss Ihnen einiges abbitten. Ihre Recherchen sind Gold wert. Bewahren Sie Ihre Indizien für die spätere Verhandlung. Sie haben uns sehr geholfen.“

Spencer Goodwyn nahm die Maschine nach San Francisco, die in Denver zwischenlandete. Pünktlich um 16.08 Uhr setzte der Jet auf.

Vor dem Flughafen nahm Spencer einen Mietwagen. Einen flüchtigen Gedanken verschwendete er an seine Mutter. Sein Ziel waren die Berge im Westen, und in diesen Bergen lag ein ganz bestimmter Talkessel mit einem einsamen Jagdhaus, das einem alten Onkel der Goodwyns gehörte, aber kaum noch benutzt wurde, da dieser Onkel seit Jahren gelähmt war.

Spencer fand den Weg ohne Schwierigkeiten. Die Zufahrt war verwachsen, die Hütte war von saftigem Unterholz überwuchert, aber sie stand noch.

Spencer verließ den Wagen und ging auf die rückwärtige Seite des Hauses zu. Unmittelbar dahinter erhob sich die senkrechte Wand des Talkessels. In einer Felsmulde fand er den in Ölpapier gewickelten Schlüssel. Zufrieden legte er ihn wieder zurück. Solange er hier allein war, wollte er die Hütte nicht betreten ... Er wollte vielmehr … Spencer fragte sich, ob sein Plan gut war, ob er mit seiner Spekulation auf Larrys Gefühle nicht völlig schieflag …

Mit der Jagdhütte verbanden sich für ihn und Larry intensive Jugenderinnerungen. Als Schüler hatten sie hier manches Wochenende verbracht und die Illusion des nicht gestorbenen wilden Westens genossen. Sie hatten sich blutsbrüderliche Treue bis in den Tod geschworen und vereinbart, zu dieser Hütte zu kommen, wenn es irgendwo in der Welt Schwierigkeiten für sie geben sollte.

Die Hütte war ihr Gral und ihr Paradies gewesen.

Spencer fuhr den Wagen rückwärts tief ins Unterholz hinein, bis er von der Hütte und dem Zufahrtsweg aus nicht mehr zu erkennen war. Dann stieg er aus und verwischte die entstandenen Spuren. Der steinige Boden machte die Arbeit leicht. Nur an einer Stelle musste er die Reifenspur über ein paar Meter hinweg mit Moos bedecken.

Als die Dämmerung eintrat, zog er sich wieder in den Wagen zurück und wartete.

Nein, zur Mutter würde Larry ebenso wenig gehen wie Spencer. Wenn Larry ein Ziel hatte, so musste es diese Hütte sein. Wenn es diese Hütte nicht war, dann hatte Larry auch kein Ziel, dann würde er sich völlig sinnlos treiben lassen.

Spencer hatte die Rückenlehne heruntergelassen, um etwas zu schlafen. Gegen 22 Uhr weckte ihn der Summer des Radios. Spencer war sofort hellwach und drückte den Sendeknopf.

„Hier Es-Good! Hier Es-Good! Kommen!“

„Winslow“, kam die Antwort. „Wo stecken Sie im Augenblick, Doc?“

„Am Ziel, Sir. Seit vier Stunden habe ich bereits Stellung bezogen. Das Warten wird langsam anstrengend.“

„Es erübrigt sich inzwischen, Doktor. Ihr Bruder wurde kurz nach Betreten des Staates Colorado bei Wray gefasst. Er wurde um neunzehn Uhr verhaftet. Er hat sich nicht gewehrt und keinerlei Schwierigkeiten gemacht.“

„Na, Gott sei Dank, Herr Staatssekretär. Dann kann ich also mein Lager hier abbrechen und zurückkehren. Oder soll ich nach Wray fahren? Es wäre vielleicht ganz gut, wenn ich in Larrys Nähe ...“

„Nein. Wir haben neue Absprachen mit Professor Goldstein getroffen. Mannings Mannschaft macht sich soeben reisefertig. Für Walter springt Dr. Porten ein. Wir haben uns entschlossen, dass die Sunflower noch in dieser Nacht startet.“

„Die Sunrise meinen Sie.“

„Nein, die Sunflower, mit direktem Kurs auf die Merkurbahn. Die Sunrise wird innerhalb von zwei Tagen einsatzbereit sein und mit einem Sonderkommando und dem wissenschaftlichen Team unter Professor Goldstein folgen. Auf Merkur steigen Sie dann später auf die Sunrise um, und Manning übernimmt dann das Kommando.“

„Und was ist der Zweck dieser Übung? Ohne das wissenschaftliche Team können wir draußen doch bestenfalls ein Militärmanöver veranstalten.“

„Der ganze Sinn besteht darin, dass Ihre alte Besatzung aus dem Bereich der Erde evakuiert wird. Weshalb, das brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären.“

„Und Larry?“

„Ihr Bruder wird noch heute nach Nebraska Fields gebracht und muss ebenfalls mit an Bord. Fahren Sie also sofort los und melden Sie sich unter Berufung auf mich beim Kommandanten des Raumhafens, General Schröder.“

„Okay, Sir! Sonst noch etwas?“

„Nein, im Augenblick nicht. Notfalls melde ich mich wieder. Also, Hals und Beinbruch! Ende!“

„Ende!“

Spencer hängte das Mikro in die Halterung und ließ den Motor an. Geräuschvoll brach er durch das Unterholz, um so schnell wie möglich die Straße zu erreichen. Doch als er auf die Hütte zusteuerte, fuhr ihm der Schreck in die Glieder. Licht fiel aus dem Fenster und aus der angelehnten Tür. Ein Schatten sprang heraus. Die Silhouette vor dem Lichtschein ließ eine langläufige Waffe erkennen. Ein Jagdgewehr des Onkels wahrscheinlich.

Spencer bremste, zog den Zündschlüssel, ließ den Schlag aufspringen und rollte hinaus. Im selben Moment peitschten mehrere Geschosse auf die Windschutzscheibe.

Im Grase liegend, tastete Spencer nach seiner Waffe und entsicherte sie. Der unbekannte Schütze war nicht zu erkennen. Wenn Larry nicht in Wray gefasst worden wäre, gäbe es keinen Zweifel an der Identität dieses Mannes. Doch …

Die Gestalt trat erneut voll in den Lichtschein, und diesmal gab es keinen Zweifel; es war Larry.

Spencer rief ihn an: „Steck die Knarre weg, Larry! Ich bin allein hier.“

„Ach, sieh an, der Herr Bruder.“

„Versprich mir, dass du nicht schießen wirst.“

„Komm her! Weshalb wollte ich ausgerechnet auf dich schießen?“

„Immerhin hast du es getan. Wie kommst du hierher?“ Spencer stand auf und trat auf die Lichtung.

„Wie ich hierherkomme? Dasselbe könnte ich dich fragen.“

„Wollen wir nicht hineingehen?“

„Bitte!“, sagte der Bruder und ging voraus. Spencer schloss die Tür hinter sich und dunkelte die Fenster mit den Jalousien ab. Auf dem Tisch stand eine halb geleerte Whiskyflasche.

„Du hast getrunken?“

„Stört es dich?“

„Natürlich nicht. Seit wann bist du hier?“

„Seit 21.15 Uhr. Exakt. Du brauchst nicht so zweifelnd dreinzuschauen. Es stimmt.“

„Möglich, dass es stimmt.“

„Du zweifelst noch? Auch du bist hierhergekommen, hast dich an unsere Schwüre und unser Eden erinnert. Also, was soll’s? Früher waren wir uns mal einig darüber, dass wir hier unseren Frieden finden würden.“

„Und hast du ihn gefunden?“, fragte Spencer und schenkte sich selbst ein Glas mit Whisky ein. Larry sah ihn zögernd an. Dann huschte ein böses Grinsen über sein Gesicht.

„Unsinn! Was sollen die alten Sentimentalitäten? Es war wohl ein Rest Neugierde, der mich hertrieb. Schließlich ist es gleichgültig, was ich tue. Die Hütte ist genauso prosaisch wie die übrige Welt. Auch Eden bringt keine Erlösung, Spence. Ihr alle müsst sterben. Ein harter Schlag für dich, hm?“

„Du bist hergekommen. Das ist immerhin schon viel. Etwas von dem alten Larry steckt noch in dir. Findest du nicht, dass man da noch hoffen könnte?“

„Blödsinn!“, stieß Larry hervor. „Uns stehen tausend Wege offen, aber alle führen in die Unterwelt.“

„Was ist mit deiner Stirn? Die Wunde scheint zu heilen.“

„Sie ist geheilt. Und jede andere wird es genauso tun.“

„Du bist also unsterblich?“

Larry lachte laut, doch es war kein echtes Lachen. „Manchmal komme ich mir so vor. Doch das ist nicht entscheidend. Ob ich lebe oder tot bin, ist mir völlig gleichgültig.“

„Und das Schicksal der Menschheit? Wie denkst du darüber?“

„Genau wie über mich. Es hat keinen Sinn mehr, Spence. Gebt euch keine Mühe! Für unser Rätsel ist auch Goldsteins Genie zu gering. Setz dich her! Trink noch einen Whisky und lache. Trinke drei und zehn Whisky. Trinke und lache, das lohnt sich noch ...“

Zur Bestätigung seiner neuen „Weltanschauung“ nahm Larry einen tiefen Schluck.

„Du resignierst also“, stellte Spencer nach einer Pause fest.

„Absolut nicht“, widersprach der Bruder. „Ich sehe ganz klar den Rest unserer Möglichkeiten. Gleichgültigkeit ist Souveränität über das Schicksal, aber keine Resignation. Ich kann noch lachen, begreifst du das? Wer lachen kann, ist Optimist.“

Spencer fühlte sich hilflos bei Larrys sinnlosem Reden. Er musste das Thema wechseln. „Wie bist du hergekommen? Erzähl es mir genau!“

„Mit dem Auto, mein Junge.“

„Winslow behauptete vor nicht ganz einer halben Stunde, man hätte dich bei Wray gefasst und eingesperrt.“

„Ach, weißt du das auch schon?“

„Wie du siehst. Wichtig ist nur, ob du es selbst weißt.“

„Da kannst du ganz beruhigt sein. Meine Identität ist in Ordnung. Sie hatten mich kaum hinter Schloss und Riegel gesetzt, als sich die Kulisse um mich herum veränderte. Ich befand mich plötzlich auf der Toilette eines Hotels in Wray. Dann nahm ich einen fremden Wagen ...“

„Hast du ihn gestohlen?“

„Keine Sorge. Gemietet und bezahlt. Aber unterwegs gab es wieder eine Karambolage. Mein Wagen schoss genau auf einen Überlandmast zu. Doch bevor das Unglück für mich eine Bedeutung erlangen konnte, befand ich mich schon wieder in meiner Haftzelle.“

„Moment! Es gab einen Unfall, und du hast ihn miterlebt. Bloß die Konsequenzen haben keine Bedeutung mehr für dich, oder?“

„So in etwa. Genauer war es so: Ich verschwand plötzlich aus dem Wagen. Dadurch war er seines Fahrers beraubt, prallte gegen den Mast und blieb liegen. Kaum war ich in der Zelle zurück, als sich die Tür öffnete und man mich zum Verhör holte. Frage nicht, was sie wissen wollten! Es war lächerlicher Routinekram, der mit deinen hochtrabenden physikalischen Problemen nicht mal die Sprache gemeinsam hat.“

„Und dann?“

„Der Wächter hatte gerade die Tür hinter mir geschlossen, als ich mich wieder neben meinem Wagen im Straßengraben befand. So, als wäre ich durch den Aufprall hinausgeschleudert worden.“

„Herrlich, Larry! Damit ist eine unserer wesentlichen Fragen beantwortet. Und zwar so positiv, wie ich das immer gehofft habe.“

„Langsam, Bruder, übernimm dich nicht! Ich weiß nicht, was du hier Positives siehst.“

„Ich sehe, dass das Naturgesetz auf unserer Seite ist. Es bemüht sich, Widersprüche zu eliminieren. Hier haben wir das erste Mal eine Spannung im Raum-Zeit-Gefüge, deren Grund wir kennen. Du bist geflohen, aber noch nicht weit genug. Man sucht dich in deiner Zelle auf. Es wäre ein Widerspruch eingetreten, wenn du nicht dort gewesen wärst. Also warf dich das Gesetz von der Unfallstelle in das Gefängnis zurück. Nach dem Verhör wurdest du in Wray nicht mehr so dringend gebraucht. Jedenfalls war deine Anwesenheit am Unfallort aus logischer Sicht dringlicher. Infolgedessen existiertest du sofort wieder bei dem havarierten Fahrzeug.“

„Hm, nicht dumm. Aber ...“

„Was, aber?“

„Ich bin gleich weggelaufen. Der Unfall war so oder so ein Malheur ohne Täter. Ich bin in eine Nebenstraße gerannt und habe Anhalter gespielt. So kam ich schnell nach Denver, wo ich ganz regulär einen neuen Mietwagen nahm. Er steht drüben im Wald.“

„Danke, Larry. Ich glaube, das hilft uns schon sehr viel weiter. Ich denke da an Doc Walters Tod. Du hast alles miterlebt. Aber du weißt nicht, wie man seinen Mörder gefunden hat ...“

„Nein, natürlich nicht.“ Larrys Stimme klang gleichgültig, aber in seinem Blick erkannte Spencer das geheime Interesse. Spencer erzählte ihm die Angelegenheit mit Mr. Fitzek im Villenviertel der Vorstadt.

Larry ließ sich viel Zeit mit seiner Reaktion. Er bediente sich erst noch mit einem weiteren Whisky. Dann sagte er langsam: „Natürlich, wenn man beides miteinander vergleicht, findest du Parallelen. Ich erinnere mich, dass wir als Kinder gerade hier an diesem Ort davon geträumt haben, aus uns selbst herausspringen zu können, dass wir Teleportation gespielt haben. Und heute soll das plötzlich Wirklichkeit sein?“

„Wir werden uns damit abfinden müssen, Junge. Unser Merkur-Abenteuer hat unser System in eine Krisis gestürzt, an der wir uns seit Wochen die Zähne ausbeißen. Doc Walters Tod ist praktisch auf teleportativer Basis erklärt. Was du heute Abend erlebt hast, ist nichts anderes als Teleportation, jedoch begründet auf divergierenden Existenzlinien.“

Larry nippte wieder an seinem Whisky und sah seinen Bruder ratlos an. „Spence, so schön kann für mich gar nichts mehr klingen, wie du es mir vorsingst. Du hast jetzt drei Prozent von dem großen Problem gelöst. Du und Professor Goldstein. Aber ihr wisst doch genau, dass ihr die Katastrophe damit nicht mehr aufhalten könnt.“

„Gut, Larry, du siehst es so. Ich nenne es negativ. Bei unserem Schwur an diesem Ort kann ich das nicht akzeptieren. Gestehst du mir das zu?“

„Ja, natürlich, das gestehe ich dir zu. Was wünschst du von mir?“

„Es ist möglich, dass dich eine neue Spannung ins Gefängnis zurück reißt. Wir müssen aber auch damit rechnen, dass dieses Wunder nicht geschieht. Fahre also zurück nach Wray und lass dich wieder einsperren.“

„Und was kommt dabei heraus?“

„Man wird dich noch diese Nacht nach Nebraska Fields bringen. Die gesamte Besatzung trifft sich dort. Die Sunflower soll noch vor Tagesanbruch starten.“

„Die Sunflower?“ \

„Ja, die.“

„Und warum fahren wir nicht gleich nach Nebraska Fields?“

„Weil wir die Logik nicht unbedingt strapazieren wollen.“

„Nun, wenn du meinst“, sagte Larry tonlos und schenkte den Rest aus der Whiskyflasche zu zwei gleichen Teilen in die Gläser. „Hast du Mutter aufgesucht?“

„Nein, genauso wenig wie du.“

„Sehr schön, Bruder. Dann auf unser Paradies! ... Wir starten noch in dieser Nacht?“

„Zunächst bis Merkur. Von dort geht es mit der Sunrise weiter. Jedenfalls machen wir den Rest der Sache im All aus. Ganz unter uns Raummännern, verstehst du?“

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