Читать книгу Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie - W. W. Shols - Страница 9
ОглавлениеVerschwundene Raumstationen
In der Nacht vom 3. zum 4. August verschwand die russische Raumstation Blaganrov, die auf 1682 Kilometer Höhe stand, als wäre sie nie vorhanden gewesen. Ihre letzte Routinemeldung kam fünfzehn Minuten nach zwei Uhr. Dann riss die Verbindung ab. Die Blaganrov mit ihren 216 Mann Besatzung antwortete nicht mehr. Die Baker-Nunn-Kameras konnten sie so wenig orten wie die Radargeräte. Über einen Absturz trafen keine Meldungen ein. Trümmer wurden nicht gefunden.
Die zuständigen östlichen Behörden schwankten bis zum Ministerpräsidenten hinauf. Sie schwankten, ob sie das Ereignis als feindlichen Akt, heimtückischen Angriff und Sabotage der kapitalistischen Welt, insbesondere Amerikas und der NATO, auswerten sollten, oder ob es ratsamer sei, ihn als weiteren Fortschritt zu proklamieren. Sie entschieden sich für den Fortschritt. So erfuhr denn die Weltöffentlichkeit, dass die Raumstation Blaganrov in aller Stille eine Raumfahrt zur Venus angetreten hatte, um an der Venus ihren Dienst als Raumstation aufzunehmen und Landung und Start von Raumschiffen zu gewährleisten.
Dieser Fortschritt erschütterte, wie stets, die Menschheit. Die Erschütterung drückte sich in zahlreichen bestellten Glückwunschtelegrammen aus. Die große Volkssternwarte Bochum gewann internationalen Ruhm, denn es gelang ihr, Funksignale und Sprechverkehr der Raumstation aufzufangen - wobei deutlich Frauenstimmen mit herausgehört werden konnten - und den Flug der Blaganrov zur Venus laufend zu verfolgen.
Vier Tage später, in der Nacht vom 7. zum 8. August, erlitt die amerikanische Raumstation Wernher von Braun ein rätselhaftes Schicksal. Ihre letzte Routinemeldung erfolgte pünktlich um ein Uhr amerikanischer Zeit. Drei Minuten später setzte der Sprechfunk mit einem schrillen Hilferuf ein, der nicht den Vorschriften entsprach, was sich jedoch teils mit der Verwirrung des Funkers und teils mit seiner Freundschaft mit dem Funker der Bodenstation entschuldigen ließ. Er lautete:
»SOS - SOS! Station Braun an alle Bodenstationen. Hallo, Steve, hier ist der Teufel los. Wir liegen auf der Schnauze, als hätte es eine Kollision gegeben. Keine Ahnung, was passiert ist, aber die ganze Station schmiert unter zehn Grad ab. Wir stürzen, und ob der Commodore ...?«
Das war noch nicht ganz das Ende, aber der Rest blieb unverständlich und konnte auch nicht aus dem mitlaufenden Tonband enträtselt werden. Zwanzig Minuten später nahm Hawaii ein Bruchstück auf, das so klar war, als käme es aus dem Fernschreiber.
»...keine dreihundert Kilometer Höhe mehr, aber nicht mit weiterer Annäherung zu rechnen. Wir schmieren immer noch ab, wahrscheinlich mit Fluchtgeschwindigkeit an der Erde vorbei und noch nicht feststellbar, ob eine Parabel oder eine Hyperbel dabei herauskommt. Die Außenhülle ist durch die Reibungshitze angegriffen, aber ...«
Von da an war auch die amerikanische Station Wernher von Braun spurlos verschwunden. Die zuständigen Behörden zweifelten, dass die Öffentlichkeit ihnen ebenfalls einen Flug zur Venus abnehmen würde, entschied sich also für einen technischen Unglücksfall. Das ehrte ihre Wahrheitsliebe, kostete sie jedoch ein Stück Prestige.
Die chinesische und kongolesische Raumstation blieben unangerührt und meldeten keine besonderen Ereignisse. Die europäische Raumstation Europa stürzte am 11. August bei hellem Tage ab und verschwand im Meer. Bevor sich die zuständigen Behörden und Sachverständigen über die Ursache der Katastrophe einigen konnten, geschahen weitere Dinge, die nicht einmal die Spiritisten erwartet hätten.
Oder wer hätte damit gerechnet, dass Hühner schräg laufen würden?