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Palaver um einen Planeten

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Mark Tolins erwachte in einem anderen Raum. Er besaß die Größe eines gewöhnlichen Zimmers. Die Wände ringsum schienen nur aus Schränken zu bestehen. Aus der glatten Decke drang diffuses Licht, das sonderbare, geisterhafte Farbwirkungen aus den Wandflächen herausholte, vor allem violette und grünstichige Töne, auf die das Auge so schlecht ansprach, dass sie durchsichtig wirkten.

Ein Stück vor ihm stand ein dünnbeiniger Metalltisch, auf dem sich verschiedene Apparate befanden, die ihm vorläufig nichts besagten. Hinter dem Tisch saß einer der fremden Männer aus dem Raumschiff in einem Eierschalensessel. Seitlich von ihm saß ein zweiter Mann ebenfalls in einem Sessel.

Den dritten Sessel hatte Mark Tolins inne. Man hatte ihn nicht gebunden oder sonst wie festgelegt. Er fühlte sich auch Herr seiner Glieder. Er erwachte, ohne nachträglich noch eine Spur des Schlafes zu merken, ohne Übergang, mit sofortigem vollem Bewusstsein und der Sicherheit, dass er seinen Körper in der Gewalt hatte.

Sein schweifender Blick ging zu den beiden Männern zurück. Der seitlich sitzende Mann glich den anderen, mit denen er sich herumgeschlagen hatte, wie ein Bruder Der Mann hinter dem Tisch war viel interessanter. Er gehörte dem gleichen, knochigen, hartgesichtigen Typ an, stammte jedoch aus einer älteren Generation. Der Schädel zeigte keine Spur von Haarwuchs mehr, das Gesicht war stark gefurcht und rissig, die Haut am Hals schlug leere Falten. Das Fleischige an ihm hatte eine violette Tönung. Zugleich ging aber von diesem Mann eine persönliche Gewalt aus, die alles andere übersehen ließ. Es war eine starke, geistige Kraft, die sich mit einem unverkennbaren Selbstbewusstsein und dem Anspruch auf Autorität verband.

Mark Tolins begegnete den Augen dieses Mannes, fahlen, farblosen Augen, die sich in ihn hineinbohren wollten. Er wich ihnen nicht aus. Er fixierte sie gelassen, bis sie auswichen. Das wirkte wie ein Signal.

»Sie heißen Mark Tolins«, sagte der Mann an der Seite in einem steifen, schulmäßigen Englisch, das aber unverkennbar den Akzent der Südstaaten hatte. »Ich bin Kermic, ein wissenschaftlicher Assistent, wie man auf der Erde sagen würde. Ich wurde zurückgeholt, um zu dolmetschen. Das ist Aplic, der Leiter unserer Expedition. Er möchte mit Ihnen sprechen.«

»Wo ist mein Begleiter?«

»Wieder im Käfig«, gab Kermic sachlich Auskunft. »Es ist ihm nichts geschehen. Es war unser Fehler, dass Sie ausbrechen konnten.«

Mark Tolins überlegte kurz. Er hätte Biggy gern an seiner Seite gehabt, aber vermutlich war es nicht ratsam, das schon jetzt zu fordern. Dieser alte Mann hinter dem Tisch wollte möglicherweise etwas von ihm. Es war besser, nicht mit einer Niederlage zu beginnen.

Er antwortete nicht. Dafür hatte Aplic etwas zu sagen, und damit begann ein Gespräch, das zwar über den Dolmetscher hinweg geführt wurde, aber doch eine gewisse Direktheit behielt.

»Ich möchte Ihnen einige Fragen stellen«, sagte Aplic, »Wir haben Ihre Gehirntätigkeit gemessen, und sie scheint auszureichen. Wenn Sie etwas nicht verstehen, sagen Sie es. Wir werden Sie nicht dafür bestrafen.«

Er sprach ungefähr wie eine altmodische Kaffeemühle, der man Eissplitter zu mahlen gegeben hat. Die Stimme knarrte und war dabei so gefühllos wie Eis. Das bedeutete keine Feindseligkeit, denn selbst sie wäre noch ein Gefühl gewesen, sondern nur reine Sachlichkeit. Er war offenbar gefühlsmäßig überhaupt nicht interessiert.

Mark Tolins stieß sich stärker an dem, was er sagte. Aplic fühlte sich offenbar geistig weit überlegen. Seine Nachsicht war eine blanke Unverschämtheit.

»Ich möchte Ihnen auch einige Fragen stellen«, parierte Tolins kühl. »Wenn Sie etwas nicht verstehen, sagen Sie es auch. Ich werde Sie auch nicht dafür bestrafen.«

Es hob Aplic fast aus seinem Sessel heraus, als er die Übersetzung ins Ohr bekam. So ganz schien er denn doch nicht auf Gefühle zu verzichten.

»Sie sind unser Gefangener«, antwortete er. »Sie haben nichts zu bestrafen oder zu belohnen. Sie sollen jedoch auch keine Angst um Ihr Leben haben. Wir haben beschlossen, Sie und die anderen mit in unsere Heimat zu nehmen, wenn wir unsere Versuche hier abgeschlossen haben.«

Mark Tolins schwieg dazu, als hätte er es nicht gehört. Aplic fuhr denn auch gleich fort:

»Sie haben das verstanden, nicht wahr? Ich möchte nun wissen, warum alle krank werden, die wir mitnehmen wollen? Sie erhalten die beste Nahrung, die es überhaupt gibt.«

Mark Tolins spitzte die Ohren. Wenn der alte Spitzbauch das im Ernst glaubte, war sein Horizont beschränkter, als er bisher angenommen hatte. »Sie sind sicher?«

»Gewiss. Woran liegt es also?«

»An Ihrer besten Nahrung«, erwiderte Mark Tolins mit einer gewissen Belustigung. »Haben Sie schon einmal Rhizinusöl getrunken?«

»Was ist das?«

»Schon gut, ein hochwertiges Öl mit ausgezeichneten Eigenschaften, aber auf uns wirkt es als Abführmittel. Es ist zu gut für uns. Ihre Musternahrung vermutlich auch.«

»Zu gut«, interessierte sich Aplic.

»Ah, das kann sein. Die Erdbewohner befinden sich nun einmal noch auf einer frühen Entwicklungsstufe, und das bezieht sich wohl auf alle Organe. Wir hätten das bedenken sollen. Damit kommen wir zu unserem zweiten Problem. Ich möchte von Ihnen erfahren, auf welcher kosmischen Entwicklungsstufe sich die Erde und ihre Bewohner befinden. Mir liegen eine Reihe von Berichten meiner Mitarbeiter vor, die sich jedoch widersprechen und kein klares Bild geben. Wir werden noch viele Untersuchungen mit Ihnen und den anderen anstellen, um eine klare Übersicht zu gewinnen, aber vielleicht können Sie uns schon jetzt Auskunft geben.«

Er meinte es ernst. Wenn ein Mann so sprach, so litt er nicht nur an einem unzulänglichen Horizont, sondern dann besaß er vermutlich überhaupt nicht die Voraussetzungen, die Verhältnisse auf der Erde zu verstehen. Es war leicht möglich, dass man ihm ein ganzes Jahr lang Vorlesungen halten konnte, ohne dass er dadurch klüger wurde.

Die kosmische Entwicklungsstufe der Erde und ihrer Bewohner. Du lieber Himmel! Seine Mitarbeiter, die sich unten herumtummelten, brauchten nur das eine Mal von einem Kernphysiker zu berichten und das andere Mal von einem Baumwollpflücker, das eine Mal von einer Hausfrau und das andere Mal von einem Filmstar, um ihn zu verwirren.

»Ich will es versuchen«, erklärte sich Mark Tolins nach einer Pause bereit. »Es wird jedoch nützlich sein, zunächst eine gemeinsame Basis zu finden.«

»Eine vernünftige Überlegung«, anerkannte Aplic. »Sie verrät bereits eine gewisse Anlage zu wissenschaftlichem Denken. Fahren Sie fort.«

»Ich schlage vor, dass zunächst Sie mir einige Frage beantworten, damit ich sehe, was Ihnen unverständlich ist.«

»Fragen Sie.«

»Ich nehme an, dass wir uns in einem Raumschiff befinden, und dass Sie von einem fernen Stern kommen. Was wollen Sie hier an der Erde?«

»Wir führen einige Experimente mit den Kraftlinien der Gravitation durch, falls Sie wissen, was das ist.«

»Ich weiß es. Warum gerade an der Erde?«

»Sie ist für uns einer der nächsten belebten Weltenkörper. Sie ist auch mit ihren atmosphärischen Verhältnissen für uns günstig, so dass unsere Beobachter unmittelbar an ihrer Oberfläche existieren können.«

»Ihre Experimente sind abgeschlossen?«

»Noch lange nicht. Wir haben bisher nur verschiedene Richtungsänderungen vorgenommen. Später wollen wir versuchen, die Kraftlinien ganzer Bezirke zu bündeln und damit zu stärkeren Wirkungen zu bringen. Vielleicht gelingt es uns sogar außerdem, das ganze Feld zu verlagern oder abzuziehen.«

Mark Tolins spürte Kälte auf seiner Haut, obgleich sich die Temperatur nicht verändert hatte. Aplic ließ seine Katze aus dem Sack, ohne sich dabei viel zu denken. Die Erde stand nicht am Ende, sondern erst am Anfang ihres Leidens. Es war unvorstellbar, was mit ihr und einigen Milliarden Menschen geschah, wenn diese Leute ihre Experimente fortsetzen konnten.

Das durfte nicht geschehen: Die Frage war nur, wie man sie von ihrem Vorhaben abbringen konnte. Wahrscheinlich gab es nicht einmal unter vier Augen eine Chance, dem Mann an die Kehle zu gehen. Er hatte sich bestimmt geschützt.

»Ich verstehe«, sagte Mark Tolins beherrscht. »Für die Menschen wird es nicht leicht werden. Ihre Experimente haben schon Zehntausende von ihnen getötet. Sie haben das bedacht?«

»Wie meinen Sie das?«, fragte Aplic mit einer Spur von Verwunderung zurück. »Wir führen wissenschaftliche Experimente durch und können dabei keine Rücksicht nehmen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind wichtiger. Das ist bei Ihnen genauso, wie ich erfahren habe. Oder nicht?«

»Nicht in solchem Ausmaße«, erwiderte Mark Tolins nicht ohne Unbehagen, denn unversehens fielen ihm einige wissenschaftliche Experimente auf der Erde ein, die auch vielen Menschen das Leben oder wenigstens die Gesundheit gekostet hatten.

»Selbstverständlich nicht«, griff Aplic nach. »Sie befinden sich ja auch auf einer niedrigen wissenschaftlichen Stufe, sofern man überhaupt schon von Wissenschaft sprechen darf. Das bedeutet freilich zugleich, dass der Tod dieser Lebewesen kein nennenswerter Verlust ist. Das primitive Leben besitzt überhaupt keine Bedeutung. Soweit ich unterrichtet wurde, töten die Menschen selbst unablässig zahllose andere Lebewesen, um sie zu essen. Und diese Lebewesen lieben es sicher auch nicht, getötet zu werden.«

»Wir ernähren uns von ihnen.«

»Wie barbarisch! Aber die Menschen bringen sich auch gegenseitig um, manchmal zu Millionen. Oder nicht?«

»Doch«, gab Mark Tolins zu.

»Was wollen Sie also?«, drückte Aplic interessiert nach. »Sie sind es gewöhnt, dass die Menschen und noch untergeordnetere Lebewesen umkommen oder umgebracht werden, aber ich sehe, dass Ihnen nicht gefällt, wenn unsere Experimente Opfer fordern. Das ist eine wissenschaftlich unverständliche Einstellung. Ich will Ihnen jedoch keinen Vorwurf daraus machen. Unsere Vorfahren waren vor einigen Jahrtausenden auch noch nicht in der Lage, sich von solchen Unsachlichkeiten freizuhalten. Ah, Sie werden ein bemerkenswertes Studienobjekt sein!«

»Das freut mich«, quittierte Mark Tolins mit geheimem Ingrimm. »Sie nehmen es den Primitiven hoffentlich nicht übel, wenn sie sich wehren?«

»Selbstverständlich nicht. Jedes Lebewesen wehrt sich gegen seine Vernichtung. Das ist sein natürliches Recht. Sie sehen, dass wir Ihnen nicht einmal den Angriff auf unser Raumschiff übel genommen haben. Wir verstehen Ihre Reaktionen vollkommen. Andererseits können Sie freilich nicht erwarten, dass wir auf Sie Rücksicht nehmen, zumal es die Erdbewohner unter sich ja auch nicht tun.«

»Sie halten uns für primitive Geschöpfe, die Sie nicht zu respektieren brauchen, nicht wahr?«

»Ihre Gedankengänge sind sonderbar«, wunderte sich Aplic schon wieder.

»Soweit ich unterrichtet wurde, respektieren sich die Erd-Menschen gegenseitig nicht, wenn sie glauben, auf verschiedenen Intelligenzstufen zu stehen. Die Menschen ordnen sogar ihre ganze Existenz danach. Der eine bekommt Ansehen und ein angenehmes Leben, während der andere nichts gilt und kümmerlich leben muss, ganz zu schweigen von anderen, die als Wilde gelten, weil sie kein Diplom besitzen. Wie könnten wir euch Menschen respektieren, obgleich wir euch in unserer geistigen Entwicklung um Jahrtausende voraus sind?«

Mark Tolins hatte nichts dagegenzusetzen. Diese falsch verdauten Vorstellungen waren nicht so schnell richtig zu stellen. Die Situation war mehr als klar. Diese Männer hielten sich für turmhoch überlegen und kannten keine Gefühle. Für sie war die Erde mit ihren Bewohnern, nicht mehr als ein Ameisenhaufen, in dem sie herumrührten, ohne dass sie sich um die Nöte der Ameisen kümmerten. Es gab keine Möglichkeit, sie zu rühren und sie zu bewegen, aus Rücksicht auf die Menschen ihr Unternehmen abzubrechen.

Man musste sie außer Gefecht setzen.

Falls man konnte!

Der greise Knochenmann hinter dem Tisch schien einiges zu erraten, denn er sagte:

»Bleiben Sie sitzen. Wir wissen, dass Sie sich manchmal wie ein wildes Tier benehmen. Wir sind dagegen geschützt.«

Mark Tolins schwieg auch dazu.

»Ich sehe, dass Sie nichts mehr zu fragen haben«, folgerte Aplic. »Wir können also jetzt zu dem kommen, was mich interessiert. Wie ich schon sagte, haben wir festgestellt, dass Sie über eine gewisse Intelligenz verfügen. Vielleicht gelingt es Ihnen, mir einige Widersprüche in der kosmischen Entwicklung der Erde und der Menschen zu erklären, die ...«

»Nein!«, fiel Mark Tolins wütend ein.

»Sie weigern sich?«

Mark Tolins beugte sich vor und fixierte den Greis. Er hatte plötzlich eine blasse Idee, aus der vielleicht ein Strohhalm werden konnte. Er besaß jedoch nicht die Zeit, erst darüber nachzudenken.

»Ich weigere mich nicht. Es wäre aber zwecklos, weil Sie mich nicht kapieren. Und es ist außerdem überflüssig, denn Sie werden allenfalls noch einige Stunden zu leben haben.«

Er hätte ebenso gut einen Christbaum auf den Tisch zaubern können. Aplic schluckte so nachdrücklich, dass man seinen knochigen Adamsapfel auf und nieder rutschen sah.

»Wir haben nur noch - wollen Sie uns etwa drohen?«, fragte er bestürzt.

»Ich bin Ihr Gefangener«, antwortete Mark Tolins finster und stand auf. »Ich drohe nicht, sondern teile Ihnen eine Tatsache mit. Mir bleibt genau nicht mehr Zeit als Ihnen. Ich halte es jedoch für sinnlos, sie mit Belehrungen zu verbringen, die Sie doch nicht annehmen wollen.«

»Kommen Sie nicht näher! Wir haben Ihnen gesagt ...«

»Haben Sie Angst vor einem Toten?«, fragte Mark Tolins und trat näher an den Tisch heran. »Es lohnt nicht. Sie sind selbst schon praktisch tot, und mir macht es nichts aus, ob ich einige Stunden früher oder später sterben muss.«

Vier farblose Gespensteraugen starrten ihn an. Die zugehörigen Gesichter verrieten Misstrauen und Abneigung, aber auch Neugier und Unruhe.

Mark Tolins trat noch einen Schritt an den Tisch heran. Sie ließen es sich gefallen. Der Bluff hatte gewirkt. Wahrscheinlich hatten sie den Finger am Drücker, aber sie wollten erst erfahren, was er meinte. So ganz gleichgültig war ihnen also doch nicht, ob sie zu leben oder zu sterben hatten.

»Wovon sprechen Sie?«, dolmetschte Kermic. »Wollen Sie uns erschrecken? Warum behaupten Sie, dass wir nur noch einige Stunden zu leben haben?«

»Nun, vielleicht sind es auch hur einige Minuten«, sagte Tolins brutal.

»Was meinen Sie?«

Mark Tolins hob die Schultern. Er bemühte sich, so gleichgültig wie möglich zu erscheinen. Er war jetzt so dicht an den Tisch mit seinen Schaltknöpfen herangekommen, dass er notfalls eingreifen konnte. Davon konnte viel abhängen. Hinter diesem Raum befand sich zwar ein unbekanntes Raumschiff mit einer unbekannten Besatzung, aber es konnte schon viel bedeuten, einen führenden Mann in der Gewalt zu haben.

Und vielleicht ließen sich die beiden noch mehr bluffen?

»Ich will Ihnen mal was sagen. Ich kenne Ihre Position. Sie haben keine Chancen. Ich nehme an, dass dieses Raumschiff für große Fahrt gebaut und entsprechend geschützt wurde. Sie befinden sich jetzt jedoch nicht im freien Raum, sondern in einem System mit ungewöhnlichen Bedingungen und ungewöhnlichen Beanspruchungen. Ich glaube nicht, dass Ihr Raumschiff dafür konstruiert wurde. Welche Strahlenbelastung fängt es ab?«

»Wir sind gegen alle Raumstrahlungen geschützt«, antwortete Aplic misstrauisch und vorsichtig. »Wir selbst, dass die Erde von einem Strahlengürtel umgeben wird, in dem wir uns jetzt befinden. Er kann uns nichts anhaben. Wir könnten selbst noch eine zehnfach stärkere Strahlung ertragen.«

Mark Tolins nickte bedächtig.

»Das ist eine erstaunliche Leistung. Nach unseren irdischen Begriffen kann also die Außenhaut Ihres Raumschiffs notfalls Strahlung bis zu 30 Röntgen-Einheiten abfangen. Leider haben wir in Kürze eine Beanspruchung durch ungefähr 300 Röntgen-Einheiten zu erwarten, und das bedeutet das Ende des Raumschiffs und seiner Insassen.«

»Geschwätz!«, reagierte Kermic heftig und übersetzte dann erst.

»Unsinn!«, zensierte Aplic feindselig.

Mark Tolins lächelte kühl. Sein Fisch wehrte sich, aber er zappelte jedenfalls am Haken.

»Wenn Sie es besser wissen ...?«

»Erklären Sie uns, was Sie meinen.«

»Ich habe Sie schon darauf hingewiesen, dass Sie sich nicht im freien Raum befinden, sondern in einem planetarischen System, das seine Eigenheiten hat. Eine dieser Eigenheiten ist, dass unser Zentralgestirn noch recht temperamentvoll ist und gelegentlich gewaltige Ausbrüche vollbringt, deren Spuren wir als Sonnenflecken wahrnehmen. Bei solchen Ausbrüchen werden ungeheure Strahlungsmengen freigesetzt, von denen ein Teil auch die Erde trifft. Dabei sind 300 Röntgen-Einheiten kein Sonderfall. Der letzte Ausbruch erfolgte kurz vor meinem Start. Da diese Strahlung im Durchschnitt vierundzwanzig Stunden benötigt, um bis zur Erde zu kommen, müssen wir uns allmählich auf sie gefasst machen.«

Die beiden Fremden versuchten, ihn mit ihren Augen zu sezieren. Als ihnen das nicht gelang, unterhielten sie sich eine Weile in ihrer Sprache. Schließlich wandte sich Kermic wieder an Mark Tolins. Freundlicher war er nicht geworden.

»Wir wollen eine solche Möglichkeit nicht ausschließen, aber wir glauben nicht daran. Und wenn wirklich Gefahr entstehen sollte, können wir immer noch ausweichen.«

»Wohin? So schnell ist selbst Ihr Raumschiff nicht, um einer derartigen Strahlung entfliehen zu können. Sie haben nur eine einzige Chance.«

»Welche?«

»Auf die Erde herunter. Der Strahlungsgürtel fängt die Einstrahlung von außen ab und löscht sie. Auf der Erdoberfläche sind Sie in Sicherheit.«

Damit hatte er seine Karte auf den Tisch gelegt. Sie machte sich gut. Wenn er die Leute dazu brachte, mit ihrem Raumschiff zu landen, entstanden verschiedene Möglichkeiten, ihnen beizukommen.

Leider war Aplic nicht begeistert. Er verzog die Lippen zu einer bösartigen Grimasse, nachdem er die Übersetzung gehört hatte. Und seine Antwort zeigte, dass er wenig vertrauensselig war.

»Wir sind dann vielleicht sicher vor diesen Strahlungen, die Sie sich ausgedacht haben, aber weniger sicher vor den Menschen. Sie versuchen, uns zum Narren zu halten.«

Er hatte es erraten, und nun blieb nur der letzte Versuch. Es stand nicht viel dafür, dass er etwas einbrachte, aber es war immerhin noch ein Strohhalm.

Mark Tolins schnellte mit einem Panthersprung über den Tisch hinweg, riss Aplic aus seinem Sessel heraus, warf sich gegen Kermic und schmetterte ihm die Faust ans Kinn. Kermic fiel ebenfalls aus dem Sessel. Damit waren die beiden erst einmal vom Tisch weg.

Aplic ächzte am Boden und sah nicht so aus, als würde er sich schnell zurechtfinden. Die Gefahr lag bei Kermic. Er griff denn auch bereits in seine Tasche. Mark Tolins schlug so hart zu, dass der Kopf Kermics gegen den Boden knallte. Kermic vergaß, was er beabsichtigt hatte. Dafür leerte ihm Mark Tolins schnell die Taschen aus. Sie enthielten einige Gegenstände, die verdächtig aussahen, aber er besaß keine Zeit zu näherer Untersuchung. Er steckte alles in seine eigenen Taschen und sprang rechtzeitig zu Aplic hinüber, als sich dieser hochrappelte. Der Greis hatte einiges zu sagen. Er knatterte wie eine giftige Kaffeemühle und versuchte, an den Tisch heranzukommen. Mark Tolins legte die Finger um seinen Arm und holte sich mit der anderen Hand Kermic herauf.

Wenn es nach den Gesichtern und den Augen der beiden ging, war er bereits ein toter Mann. In den qualligen Augen lag der blanke Hass.

»Sie - Sie haben es gewagt?«, brachte Kermic heraus. »Dafür werden Sie sterben.«

»Nach Ihnen«, erwiderte. Mark Tolins eisern. »Frühestens eine Sekunde nach Ihnen.«

Sie starrten ihn weiter an, aber sie fanden in den hellgrauen Augen, in denen jetzt eine blaue Kälte schimmerte, auch nicht gerade Wohlwollen. Mark Tolins wusste, worum es ging.

»Was - was wollen Sie von uns?«, bemühte sich Kermic weiter.

Glücklicherweise blieb Tolins die Antwort erspart.

Ein Heulton klang auf, füllte den Raum und verebbte. Dann setzte er wieder an. Es klang wie eine Sirene, die auf Töne in der Nähe der Hörgrenze getrimmt worden war, und ging wie ein scharfes Messer bis auf die Knochen.


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