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3. Formkaufmann
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Der Vorschrift des § 6 HGB kommt nur eine klarstellende Funktion zu. Sie bestimmt, dass Handelsgesellschaften kraft ihrer Rechtsform Kaufleute sind – daher auch die Bezeichnung Formkaufmann.[6] Abs. 1 bestimmt, dass die Kaufmannsvorschriften auch auf Handelsgesellschaften Anwendung finden. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, denn die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG und EWIV) hat zur Voraussetzung, dass entweder ein Handelsgewerbe iSv § 1 HGB betrieben wird (§ 105 I HGB) oder die Eintragung im Handelsregister gem. § 2 HGB erfolgt ist (§ 105 II HGB).[7] Die Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, KGaA und SE) sind bereits nach ihren eigenen spezialgesetzlichen Regelungen stets Kaufleute.[8] Dies gilt auch dann – und das wird von Abs. 2 nochmals ausdrücklich hervorgehoben –, wenn ihr Unternehmensgegenstand nicht der Betrieb eines (Handels-)Gewerbes ist (§§ 3 I, 278 III AktG, § 13 III GmbHG). So ist insbesondere auch auf Unternehmen der öffentlichen Hand, die in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft organisiert sind, aber kein (Handels-)Gewerbe betreiben, Kaufmannsrecht anwendbar; zweifelhaft ist allein die Anwendung handelsrechtlicher Vorschriften auf öffentliche Unternehmen mit anderer Rechtsform (dazu unten Rn. 28 ff., 393).
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Hinweis für die Klausur:
Handelt also ein Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, so ergibt sich die Kaufmannseigenschaft unmittelbar aus § 6 II HGB; die Voraussetzungen der §§ 1–3 HGB sind nicht zu prüfen. Dies gilt allerdings nur, wenn bereits die Eintragung im Handelsregister erfolgt ist; auf sog. Vorgesellschaften (zum Begriff unten Rn. 507) findet § 6 II HGB dagegen keine Anwendung.[9] Handelsgesellschaft ist die Vorgesellschaft nur (aber auch stets), wenn sie ein Handelsgewerbe iSv § 1 HGB betreibt.[10]
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Problematisch ist, ob auch auf die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft die Vorschriften über Kaufleute Anwendung finden:
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Fall 1:[11]
Der persönlich haftende Gesellschafter G der X-OHG sowie der Alleingesellschafter-Geschäftsführer A der Y-GmbH haben sich gegenüber dem Lieferanten L für eine Schuld des Unternehmers U per Telefax verbürgt.
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Die Übersendung einer Bürgschaftsurkunde durch Telefax wahrt nicht die gem. § 766 BGB geforderte Schriftform (vgl. § 126 BGB).[12] Die Bürgschaft wäre somit nach allgemeinen Regeln aufgrund des Formmangels gem. § 125 S. 1 BGB nichtig.[13] Formlos sind Bürgschaften nach § 350 HGB nur wirksam, wenn sie für G und A Handelsgeschäfte sind. Dies setzt voraus, dass G und A Kaufleute sind (§§ 343, 344 HGB).[14] Kaufmann ist jedoch stets nur der Unternehmensträger selbst, also die Kapitalgesellschaft als juristische Person, aber auch die Personenhandelsgesellschaft (Trennungsprinzip). Daher sind bei streng dogmatischer Betrachtung die Gesellschafter generell nicht Kaufleute. Dies ist für Anlagegesellschafter (Aktionäre oder Kommanditisten[15]) auch allgemein anerkannt. Die Kaufmannseigenschaft wird vom BGH jedoch auch für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH verneint;[16] für den persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG oder KG in Übereinstimmung mit der ganz hL[17] dagegen bejaht.[18]
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Dieser Auffassung ist nur im Ergebnis zu folgen. Dogmatisch stimmig wird die hM allein durch eine Veränderung der Blickrichtung: Es kommt nicht darauf an, ob der Gesellschafter einer Handelsgesellschaft Kaufmann ist – dies ist generell zu verneinen –, sondern ob die betreffende Norm (hier: § 350 HGB) nach ihrem Zweck auch auf bestimmte Nichtkaufleute entsprechend anwendbar ist.[19] Diese Frage kann – unabhängig vom Recht zur Geschäftsführung[20] – im Hinblick auf einen persönlich haftenden Gesellschafter (wie hier G) in Übereinstimmung mit der hM bejaht werden.[21] Dagegen erscheint es nicht angebracht, den Schutz des § 766 BGB dem geschäftsführenden (Allein-)Gesellschafter einer GmbH – hier A – zu verweigern.[22]