Читать книгу Examens-Repetitorium Handels- und Gesellschaftsrecht - Walter Bayer - Страница 22

2. Tatbestandsvoraussetzungen

Оглавление

38

In der Sache gelten die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze[73]:

39

a) Zunächst muss der Nichtkaufmann den Rechtsscheintatbestand in zurechenbarer Weise gesetzt haben, wie zB durch Verwendung von „e.K.“ auf dem Briefbogen oder durch Erteilung einer Prokura, wozu nach § 48 I HGB nur ein Kaufmann berechtigt ist.[74] Demgegenüber ist ein rein tatsächliches, kaufmannstypisches Verhalten, wie zB im Rahmen von Vertragsverhandlungen, in Ermangelung rechtlicher Qualität nicht ausreichend.[75] Der Rechtsscheintatbestand ist dem Nichtkaufmann zurechenbar, wenn er ihn selbst veranlasst hat oder er zumindest für die Veranlassung durch einen Dritten verantwortlich ist. Das setzt kein Verschulden aufseiten des Nichtkaufmanns voraus.[76] Eine Zurechnung kommt auch durch Unterlassen in Betracht, und zwar wenn der Betroffene nachträglich vom nicht veranlassten Rechtsschein Kenntnis erlangt oder zumindest hätte erlangen müssen, aber gleichwohl nicht für die Beseitigung sorgt.[77] Umgekehrt scheidet eine Zurechnung des Rechtsscheins bei Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen nach den allgemeinen Grundätzen der Vertrauenshaftung und des Minderjährigenschutzes aus.[78] Anders als etwa bei § 15 I HGB (unten Rn. 59 ff.) geht hier Minderjährigenschutz stets vor Verkehrsschutz.

40

b) Der zurechenbar gesetzte Rechtsschein muss weiterhin für den Abschluss des Rechtsgeschäfts kausal gewesen sein.[79] Nach allgemeinen Grundsätzen wird die Kausalität vermutet; der Nichtkaufmann muss also darlegen und notfalls beweisen, dass der Dritte im Zeitpunkt seiner Vertrauensdisposition – regelmäßig beim Vertragsschluss – nicht auf den Rechtsschein vertraut hat.[80]

41

c) Schließlich muss der Dritte in Bezug auf die vermeintliche Kaufmannseigenschaft auch gutgläubig gewesen sein. In Anlehnung an § 932 II BGB schadet in diesem Zusammenhang positive Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis.[81] Zwar sprechen die Wertungen der §§ 173, 405 BGB außerdem für die Einbeziehung bereits einfacher Fahrlässigkeit. Allerdings würde das Schutzanliegen der Rechtsscheinhaftung weitgehend sinnentleert, wäre der andere Teil stets verpflichtet, die Richtigkeit der von einem Vertragspartner getroffenen Angaben zu überprüfen. Schadete also bereits leichte Fahrlässigkeit, mangelte es der Rechtsscheinhaftung an der notwendigen Effektivität, als wirksames Schutzinstrument der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs zu dienen.[82] Der Dritte braucht daher normalerweise keine Nachforschungen über die Kaufmannseigenschaft seines Gegenübers anzustellen. Eine entsprechende Nachforschungsobliegenheit trifft den Dritten nur bei Vorliegen besonderer Verdachtsmomente.[83]

Examens-Repetitorium Handels- und Gesellschaftsrecht

Подняться наверх