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b) Gewohnheitsrechtliche Rechtsscheinhaftung
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Vor Schaffung des § 15 III HGB war im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung jedoch bereits eine gewohnheitsrechtliche Rechtsscheinhaftung in Form von zwei Grundsätzen herausgearbeitet worden:[86]
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(1.) Wer eine unrichtige Eintragung in das Handelsregister veranlasst, muss sich gegenüber einem gutgläubigen Dritten daran festhalten lassen.
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(2.) Auch wer eine nicht veranlasste unrichtige Eintragung im Handelsregister schuldhaft nicht beseitigt, muss sich gegenüber einem gutgläubigen Dritten daran festhalten lassen.
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Diese Grundsätze der Rechtsscheinhaftung erfassen Tatsachen aller Art, d.h. nicht nur eintragungspflichtige, sondern auch nur eintragungsfähige Tatsachen.[87] Dem auf die Tatsache vertrauenden Dritten schadet nicht nur Kenntnis, sondern bereits leicht (!) fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit der Eintragung oder Bekanntmachung.[88] Außerdem muss zwischen dem zurechenbar veranlassten Rechtsschein und der Vertrauensdisposition des Dritten ein kausaler Zusammenhang bestehen. Anders als bei § 15 I HGB (Rn. 75) muss der Dritte daher das Register tatsächlich eingesehen oder die Bekanntmachung tatsächlich wahrgenommen haben.[89] Der Dritte muss im berechtigten Vertrauen auf die Eintragung und (oder) Bekanntmachung das Rechtsgeschäft abgeschlossen haben. Und schließlich beschränkt sich auch die Anwendung der allgemeinen Rechtsscheingrundsätze auf den rechtsgeschäftlichen Verkehr; im außervertraglichen Bereich kommt eine Vertrauenshaftung nicht in Betracht.[90]
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Dieser gewohnheitsrechtlichen Rechtsscheinhaftung kommt als Auffangregelung auch heute noch in den Fällen eine ergänzende Bedeutung zu, die von § 15 III HGB nicht erfasst werden. Zudem sind die hergebrachten Rechtsscheingrundsätze für die Auslegung des § 15 III HGB von Bedeutung.