Читать книгу Die Geschichte vom Heiligen Gral - Walter Brendel - Страница 6
Rennes-le-Château
ОглавлениеRennes-le-Château ist ein kleines Dorf in den südfranzösischen Pyrenäen. Es liegt gut 40 Kilometer südlich von Carcassonne entfernt, dass durch seine historische Altstadt „La Cité“ weltweit bekannt geworden ist. Rund hundert Einwohner zählt die kleine Gemeinde heutzutage noch. Trotzdem ist Rennes-le-Château ein Dorf mit großer Vergangenheit; ein Dorf, das eine Faszination ausstrahlt, deren Bann ungebrochen ist.
Wer die steil bergauf führende, enge Straße hinter sich gelassen hat und zum ersten Mal seinen Fuß in das kleine, auf einem Bergrücken liegende Dörfchen setzt, der fühlt sich unmittelbar in eine fremde Welt versetzt. Eine Welt fernab von Stress und Hektik; eine Welt, in der die Zeit scheinbar stehen geblieben ist und in der die Uhren anders gehen. Auf den ersten Blick ist Rennes-le-Château dabei ein eher unscheinbares Dörfchen, das eigentlich weiter nicht zu interessieren bräuchte. Eigentlich...
Dennoch sind mit Rennes-le-Château viele Rätsel, Mythen und Legenden verbunden. Einige sagen: In Rennes liegt der sagenumwobene „Heilige Gral“ verborgen. Manche meinen, man könne dort die gewaltigen Schätze der Templer oder Merowinger finden. Andere wiederum behaupten sogar, ein Zeittor oder eine UFO-Basis in der Umgebung ausgemacht zu haben. Sind das alles nur Gerüchte? Oder ist es doch die Wahrheit? Was ist wirklich dran an der ominösen Geschichte? Eines ist klar: Auch wenn es viele Rätsel in und um Rennes-le-Château gibt – definitiv gelöst hat sie bis heute wohl noch keiner.
Vieles ist bereits über Rennes-le-Château, über den Abbé Berenger Saunière und über den angeblich unermesslichen Goldschatz geschrieben worden, auf den er ausgangs des 19.Jahrhunderts gestoßen sein soll. Wenige Autoren ausgenommen, präsentieren fast alle die ultimative Lösung des Rennes-Geheimnisses. Die meisten übrigens sind davon überzeugt, dass sie das Mysterium als ausgeklügelte Schatzkarte identifiziert haben. Dem nicht genug: sie erzählen dem geneigten Leser, wo der Schatz genau liegt und warum er das dort tut. Bebilderte Beweise freilich blieben bislang alle schuldig. Eine Frage sei daher gestattet: Weshalb haben genau jene Autoren sich dann nicht damit begnügt, all die großen Schätze selbst zu heben, die sie angeblich todsicher gefunden haben?
Weshalb müssen Sie teils horrende Summen für ihre zweifelhaften literarischen Ergüsse von ihren Kunden verlangen, wenn sie doch angeblich den Zugang zu einem geheimen Schatzversteck kennen?
Sicherlich ist nicht ausgeschlossen, dass bei Rennes-le-Château ein Goldschatz – möglicherweise sogar ungeheuren Ausmaßes – liegt oder lag. Immerhin hielten sich die Merowinger, die Goten und die Tempelritter in dieser Gegend auf, um nur drei der großen Bewegungen zu nennen, die über immense Geldmittel verfügten, deren legendären Schätze aber bislang noch nicht entdeckt worden sind. Abgesehen davon ist dies als alleinige Erklärung angesichts der vorliegenden Fakten sicherlich ein bisschen zu wenig. Würde ein noch so großer Schatz tatsächlich ausreichen, um damit "große Umwälzungen" auszulösen, wie es heißt? Sicherlich nicht.
Dessen ungeachtet bleibt die Frage: wie soll man sich dem Mysterium von Rennes-le-Château: nähern? Normalerweise trennen wir in unserer heutigen Zeit. Das eine ist der Bereich "Wissenschaft und Forschung" - das andere ist der Bereich "Glaube und Mythologie". Die Geschichte des kleinen Dörfchens Rennes-le-Château lässt sich allerdings weder der einen, noch der anderen Kategorie zuordnen - sie liegt irgendwo dazwischen. Vieles lässt sich beweisen und belegen - vieles bleibt Spekulation.
Es sind oft nur Indizien, denen wir nachgehen können. Indizien auf einer Art Spurensuche in der Geschichte Europas. Manchmal liegen die Tatsachen beleg- und beweisbar auf dem Tisch - die Schlussfolgerungen sind mitunter aber nur schwer zu ziehen.
Jeder einzelne muss sich seine eigene Meinung selbst darüber bilden. In diesem Sinne ist auch die vorliegende Homepage gestaltet: wir sind nicht in Besitz des Schlüssels zu des Rätsels Lösung. Was wir tun können, ist, die Geschichte zu präsentieren, die Fakten darzustellen und Denkanstöße zu geben. Schließlich gilt: ob jener Schatz, der in der Umgebung von Rennes-le-Château vermutet wird, tatsächlich materieller - oder aber mythologischer Natur ist, kann vorerst wohl niemand mit letztendlicher Sicherheit sagen...
Man sagt: Wer einmal in die Faszination „Rennes-le-Château“ eingetaucht ist, den lässt das Phänomen so schnell nicht mehr los. So vieles gibt es dort zu entdecken. Eine Antwort wirft meist eine neue Frage auf. Und immer wieder dreht sich alles um einen Mann und seine Machenschaften: François-Bérenger Saunière – seines Zeichens Pfarrer von Rennes-le-Château in den Jahren 1885 bis 1917. Während seines Wirkens hat er ein Mysterium geschaffen, das bis in die Gegenwart hinein ungeklärt ist. Im Zentrum des Interesses steht dabei die Kirche. Am Eingang erwartet den Besucher ein Dämon (Asmodeus). Die Statuen in der Dorfkirche verbergen das Wörtchen „Gral“ in sich. Der Kreuzweg ist absolut untypisch. Außerdem finden sich neben dem Altar zwei Jesus-Kinder. Saunière hat nach seinem Tod zahlreiche Hinweise, unter anderem auf die reale Existenz des „Heiligen Gral“, hinterlassen.
Es soll versucht werden, Ihnen einige Einblicke in die vielen Facetten der Geschichte von Rennes-le-Château zu geben und dabei genauso die gängigsten Theorien um das Geheimnis des kleinen Dorfe darzulegen, als auch die Historie Rennes-le-Château näher zu beleuchten und einige Blicke auf die „göttliche“ Landschaft und die zentralen Orte um Rennes-le-Château zu werfen.
Außerdem werden die handelnden Personen in der geheimnisumwitterten Geschichte vorstellen. Eine Geschichte, die ihre Auswirkungen bis ins Dritte Reich hinein hatte.
Dan Browns Bestseller „Sakrileg“
„Französischer Forscher stößt auf das Vermächtnis des geheimnisvollen Priesters Abbé Saunière. Jesus Christus hat die Kreuzigung überlebt. Mit Maria Magdalena hatte er Kinder, aus denen das französische Königsgeschlecht hervorging.“
Was Dan Brown reißerisch in seinem Roman „Sakrileg“ behauptet, führte zu sehr kontroversen Debatten in der Welt der Wissenschaft. Im Fokus des Interesses stehen plötzlich die Geschichte um den legendären „Heiligen Gral“ und die mysteriösen Ereignisse in einem kleinen Pyrenäen-Dorf Ende des 19.Jahrhunderts: Rennes-le-Château. Der Dorfpfarrer soll dort auf ein immenses Geheimnis gestoßen sein. War es tatsächlich das verschollene Wissen um den Heiligen Gral, das er wieder entdeckt hat? Aufklärung kann womöglich ein kürzlich gemachter spektakulärer Fund des Forschers André Douzet in Südfrankreich geben. Ein Sarkophag in einem Grab, das Saunière dem Gralshüter Joseph von Arimathäa zugeschrieben hat. Und: Ein noch verschlossenes Grab, das der Priester auf einem Landschaftsmodell als „Grab des Christus“ bezeichnet hat.
Es war Dan Brown, der mit seinem Bestseller-Roman „Sakrileg“ (englischer Original-Titel: „The Da Vinci Code“) das Interesse am Mythos Heiliger Gral erneut entfacht hat. Die Verfilmung des Romans mit Tom Hanks in der Hauptrolle ist ein weltweiter Erfolg geworden. Durch alle Gesellschaftsschichten hindurch wird Browns fesselnde Schilderung um vermeintliche Geheimnisse der Amtskirche diskutiert. Die meisten seiner Leser sind überzeugt:
Was Dan Brown in Romanform verpackt, ist de facto die Realität, wie sie von diversen Geheimgesellschaften und nicht zuletzt auch vom Vatikan selbst zu verbergen versucht wird.
Dass die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmt, ist zweifelsohne ein Verdienst der geschickten Formulierungskünste des Autors. Mancher Wissenschaftler und Forscher schüttelt dieser Tage dennoch verwundert den Kopf, wie kritiklos der Inhalt von „Sakrileg“ als Tatsache hingenommen werden kann; wie leicht vergessen wird, dass es sich beim „Da Vinci Code“ lediglich um einen fiktiven Thriller handelt, der mit einzelnen realen Hintergründen spielt und diese zu einer Geschichte kombiniert, jedoch um keine sachliche Abhandlung mit wissenschaftlichem Wert.
Browns Geschichte basiert seinen Aussagen zufolge hauptsächlich auf Sachbüchern unter anderem des Trios Henry Lincoln, Michael Baigent und Richard Leigh. Das Autoren-Team beschrieb in „Der heilige Gral und seine Erben“, dass Jesus nicht am Kreuz gestorben sei, sondern Maria Magdalena heiratete. Ihre Nachkommen sollen in Frankreich gelebt haben und Vorgänger der französischen Königslinien sein. In der theologischen Fachwelt hat ihnen diese vermeintliche Erkenntnis den Ruf als „Scharlatane der allerschlimmsten Sorte“ eingebracht, erklärt Alexander Schick. Der Autor von „Faszination Qumran – Wissenschaftskrimi, Forscherstreit und wahre Bedeutung der Schriftrollen vom Toten Meer“ ist Fachmann für alte Handschriftenfunde und war Teilnehmer bei den Ausgrabungen in Qumran 2002.
Er kritisiert das Autoren-Team vor allem wegen falscher Angaben zu den Qumran-Rollen, die – entgegen der Darstellung von Baigent und Leigh – keine Geheiminformationen über Jesus enthielten.
„Dieselben falschen dümmlichen Behauptungen von Baigent/Leigh kann man hier fast wortgleich lesen. Hätte Brown nur ein einziges seriöses Fachbuch über die Qumranrollen gelesen, hätte er wissen müssen, dass die jüdischen Texte an keiner Stelle Jesus auch nur erwähnen, da sie überwiegend aus der Zeit vor Christus stammen“, moniert Schick.
Viele Aussagen stützte das Autorenteam in „Der heilige Gral und seine Erben“ vor allem auch auf Pierre Plantard, der sich selbst als legitimen Nachfolger der Blutlinie Christi verstand. Vor Gericht hatte er allerdings zugeben müssen: Die gesamte Geschichte ist frei erfunden. Entsprechendes hat auch der englische Autor Paul Smith recherchiert, der die angebliche Existenz einer Geheimloge namens „Priorei von Sion“, die Dan Brown in seinem Bestseller beschreibt, bis in unsere heutige Zeit als ausgemachten Blödsinn outet. Smith kann vielmehr beweisen, dass sie tatsächlich in Saint Julienen-Genevois gegründet worden ist: im Mai 1956. Das belegen die Gründungsurkunden, die Smith veröffentlicht hat. Einen Schimmer von Geheimnis kannte Plantards „Priorei von Sion“ damals freilich nicht.
Die meisten Forscher beschäftigen sich bei ihren Recherchen über Plantards Geschichte um die Blutlinie Christi vor allem mit Abbé Bérenger Saunière. Selbst Dan Brown erweist dem Priester eine Hommage, indem er den ermordeten Leiter des Louvre, den Kenner des Gralsgeheimnisses, Saunière nennt. Zwischen 1885 und 1917 war sein historisches Vorbild, Bérenger Saunière, Pfarrer von Rennes-le-Château, ein kleines Dorf in den südfranzösischen Pyrenäen.
Unumstritten ist, dass er auf bis heute unerklärliche Weise zu großem Reichtum gekommen ist und Kontakte zu esoterischen Zirkeln in Paris hatte.
Unter anderem kannte er den Komponisten Claude Debussy und die Opern-Diva Emma Calvé. Für einen Dorfpfarrer war das Ende des 19.Jahrhunderts mehr als ungewöhnlich. Jean-Francois L´Huilier, Bürgermeister von Rennes-le-Château: „Man muss sich das mal vorstellen. Saunière hatte Kontakt nach Paris. Das ist kaum zu glauben. Es gibt leider kein Archiv, das uns sagen kann, wie er das geschafft hat.”
Nun nimmt man an, dass Sauniére in Rennes-le-Château auf ein großes Geheimnis gestoßen ist. Der Mythos vom „Heiligen Gral“ macht die Runde. Tatsächlich scheint aber nicht Sauniere der eigentliche Entdecker jenes großen Geheimnisses gewesen zu sein, wie die meisten vermuten, wenn sie sich das erste Mal mit der mysteriösen Geschichte von Rennes-le-Château auseinandersetzen, sondern sein Amtskollege und väterlicher Freund: der Abbé Henri Boudet aus dem benachbarten Rennes-les-Bains. Boudet war es auch, der ein merkwürdiges Buch veröffentlicht hat, bevor Sauniére zu seinem Reichtum kam: „La vraie langue celtique“, die "wahre Sprache der Kelten“. Ein seltsames Werk, das auf den ersten Blick vollkommen konfus ist, zwischen den Zeilen aber eine geheime Botschaft enthalten soll, die nur Eingeweihten zugänglich und verständlich ist. Von einem Amtskollegen ist jedenfalls übermittelt, dass der Abbé Boudet ein Geheimnis kenne, „das zu größten Umwälzungen führen würde“.
Abbé Henri Boudet muss folglich als der eigentliche Wiederentdecker eines lange verschollen geglaubten Familiengeheimnisses gesehen werden, dass unter anderem auf das Haus Hautpoul zurückgeht.
Ende des 18.Jahrhunderts wurde es, wegen der sich anbahnenden französischen Revolution, in Rennes-le-Château von einem weiteren Priester, Abbé Bigou, in Stein gemeißelt hinterlassen.
Vermutlich war es Sauniéres Aufgabe, die von Bigou versteckten Hinweise in und außerhalb der Kirche von Rennes-le-Château zu suchen. Nur so lassen sich zumindest seine ungewöhnlichen Aktivitäten erklären. Der Pfarrer schreckte nicht davor zurück, selbst nachts auf dem Friedhof zu wüten und Grabsteine zu zerstören. Weshalb hat er das getan? In einem Vermerk in der Dorfchronik von Rennes-le-Château ist lediglich erwähnt, dass sich die Bürgerschaft beim Bürgermeister über die ungewöhnlichen Aktivitäten Saunières beschwert hat, sodass dieser dem Pfarrer schließlich Einhalt gebat.
Sauniéres Reichtum wird oft damit begründet, dass er schwarze Messen gelesen habe oder auf einen großen Schatzfund gestoßen ist. Erstere These ist weitestgehend belegt – wenngleich sich die Forscher einig sind, dass die Einnahmen aus der Zahl der Messen, die Sauniere unerlaubt und gegen zusätzliche Bezahlung gehalten hat, bei weitem nicht die Summe an Ausgaben erreichen, die er getätigt hat. Die Krönung seiner Aktivitäten sollte ein Turm werden, der mit 60 Metern Höhe gigantische Ausmaße angenommen hätte. Die Kosten für das Projekt, das Saunière zum Ende seines Lebens angehen wollte, waren enorm. Aus einem von Saunières Architekt Elias Both erstellten Kostenvoranschlag, der bis vor kurzem im Museum in Rennes-le-Château zu sehen war, geht hervor, dass für den Bau mehrere Millionen Franc kalkuliert waren. Zum Vergleich: die Kosten für den Eiffelturm, damals Frankreichs spektakulärstes Objekt, lagen bei 7,4 Millionen Franc.
Doch schon weit früher gab Sauniére für einen Dorfpfarrer unvorstellbare Summen aus. Der Priester ließ sich eine Villa und einen Bibliotheksturm, sowie große Gärten erbauen und kaufte sich zahlreiche Ländereien in der Umgebung.
Dass er sich bei seinen Bauten vornehmlich von Maria Magdalena inspirieren ließ, ist augenscheinlich. Daraus herzuleiten, dass das Geheimnis, auf das der Pfarrer angeblich gestoßen sein soll, zwangsläufig mit Maria Magdalena und der Blutlinie Christi zu tun habe, ist allerdings gewagt, war doch die Jungfrau Maria im Süden Frankreichs schon immer eine geschätzte und verehrte Heilige. Der Geschichtsforscher Sir Laurence Gardner sieht Rennes-le-Château gar als einen von drei Ursprungsorten der Marien-Verehrung. Konkrete Beweise bleibt er allerdings schuldig.
So ist das Rätsel um den Pfarrer von Rennes-le-Château trotz zahlreicher Erklärungsversuche heutzutage im Kern ungelöst. Weder lässt sich plausibel erklären, warum der Priester für Adelshäuser gearbeitet haben sollte, um jenen die Beweise zu erbringen, dass sie direkte Nachfahren Christi sind, noch lässt sich verifizieren, dass er einen Schatz entdeckt hat. Letzteres wäre selbst einem Priester nicht verboten gewesen. Durch sein Schweigen über den Ursprung seines Reichtums setzte Sauniere aber sein Priesteramt aufs Spiel und verlor es. Der Fund eines Schatzes hätte als Grund zur Amtsenthebung („suspens ad divinis“) nicht genutzt werden können. Was war es dann, was Saunière seinen Reichtum beschert hat?
Sauniére hat zu Lebzeiten viele Hinweise auf das Geheimnis hinterlassen. Vor allem seine Kirche, die er zu einem Freimaurer-Tempel umrenoviert hatte, ist heutzutage ein Magnet für Touristen.
Im Schnitt zieht es 30.000 Menschen pro Jahr in das abgelegene Bergnest. Saunière überschrieb seine Kirche mit „Terribilis est locus iste“: Dieser Ort ist schrecklich. An den Eingang setzte er einen Dämon. Es soll sich um den Asmodeus handeln, den Wächter der verborgenen Schätze, der schon König Salomo bei dessen Tempelbau unterstützte. Bis heute ungeklärt ist, warum Sauniére so viele offensichtliche Fehler hinterließ. Station eins des Kreuzwegs weist beispielsweise einen Vogel Greif auf. Ein Fabeltier. Was hat dies in der Passionsgeschichte verloren? Und warum hat die heilige Familie um Josef und Maria hier zwei Jesus-Kinder?
Die meisten der von Saunière hinterlassenen Hinweise, so vermuten es zumindest viele Forscher, gehen in Wahrheit auf Abbé Boudet zurück. Er soll Ende des 19.Jahrhunderts, gemeinsam mit dem ebenfalls in das Geheimnis eingeweihten Amtskollegen Abbé Gelis aus dem Nachbarort Coustaussa, Sauniere als Strohmann nach Rennes-le-Château gebracht haben. Gelis wurde brutal ermordet. Die Täter konnten nie ermittelt werden. Auch bei Boudet sprechen einige von einem unnatürlichen Tod. Boudets junger Nachfolger als Priester in Rennes-les-Bains starb überraschend nur ein Jahr nach Amtsantritt. Boudet sicherte dem Bischof von Carcassonne zu, Licht in das Dunkel dieser Sache bringen zu können. Als die Gesandten des Bischofs bei Boudet eintrafen, war dieser jedoch bereits tot.
Boudet und Gelis waren, genauso, wie hundert Jahre zuvor Abbé Bigou, Pfarrer in Durban. Zu dieser Pfarrei zählte auch Opoul. Verbindungen zu der erwähnten Familie Hautpoul, die aus diesem Raum stammte und Träger des großen Geheimnisses gewesen sein soll, liegen auf der Hand.
Der französische Autor mehrerer Bücher André Douzet erforscht das Mysterium seit 40 Jahren und greift dabei auf die langjährigen Recherchen seines Großvaters zurück. Er kann nicht nur beweisen, dass auch die Nazis von der Geschichte Rennes-le-Châteaus fasziniert waren, sondern stellt eindeutige und zweifelsfreie Verbindungen zu Durban her. Seine Vermutung: Hier ist der Ort, an dem das Mysterium seinen Ursprung hat. Liegt nahe Durban also tatsächlich der Schlüssel zu dem Rätsel verborgen?
Douzet ist davon überzeugt. Ihm ist es nämlich gelungen, eine “Maquette”, also ein Landschaftsmodell, ausfindig zu machen, das aus dem Nachlass Saunières stammt. Saunière hatte dieses kurz nach Boudets Tod anfertigen lassen. Es liegt nahe, dass der Priester erst damals erfahren hat, worum es bei dem Geheimnis wirklich geht. Doch auch Sauniére fühlte sein Ende kommen. Er hatte Herzprobleme. Seine „Maquette“ sah er als sein Vermächtnis an. Sie zeigt eine Landschaft. Eingezeichnet sind zwei Gräber: das „Grab von Josef von Arimathäa“, der gemeinhin als erster Hüter des Heiligen Grals gilt, und das „Grab von Christus“.
Merkwürdigerweise wird das auf der Maquette abgebildete Stück Land auch in einer notariellen Auflistung aus dem Jahr 1632 erwähnt. Es handelt sich hierbei um eine Zusammenstellung aller Besitztümer der Herren von Perillos, die der Notar Courtade angefertigt hat. Darin wird auch von einem „königlichen Grab“ gesprochen. Das Land selbst gehöre niemandem, also weder der französischen, noch der spanischen Krone.
Es war verboten, dort zu jagen oder etwas von diesem Stück Land mitzunehmen. Wem genau jenes „königliche Grab“ zugesprochen werden muss, wird aus der Aufstellung nicht ersichtlich. Die Rede ist nur von einer bedeutenden Persönlichkeit.
Ob man die Inschrift der Maquette, die auf das Grab von Jesus Christus deutet, wörtlich nehmen muss, sei dahin gestellt. Es gibt keine gesicherten Hinweise, dass Christus in Frankreich gestorben und begraben worden ist. Ebenso plausibel wäre es daher, dass der Pfarrer auf diesen Ort des vermeintlichen Jesus-Grabes besonders hinweisen wollte. Der Leichnam Christi hätte schließlich – wenn überhaupt – im Grab von Josef von Arimathäa liegen müssen. Die Existenz eines zusätzlichen „Grab von Christus“ in unmittelbarer Nähe steht in krassem Widerspruch zu der kirchlichen Lehre, die Saunière als Priester hätte vertreten müssen. Warum also wollte er die Blicke offensichtlich bewusst auf dieses „Tombeau du Christ“ lenken? Weil sich dort der entscheidende Hinweis zur Lösung eines der größten Rätsel der Menschheitsgeschichte verbirgt? Welches könnte das sein?
Es fällt auf, dass zwei direkt an dem Geheimnis beteiligten Pfarrer – Boudet und Gelis – von Durban in die Umgebung von Rennes-le-Château gezogen sind. Suchten sie dort den eigentlichen Ort des Mysteriums? Haben sie ihn hier mittels der Hinweise aus Opoul lokalisiert? Könnte es tatsächlich der vielzitierte unterirdische Isis-Tempel von Rhedae sein, dem das Interesse der eingeweihten Priester galt? Rhedae war der alte Name von Rennes-le-Château. Es war zu Zeiten der Goten eine riesige Stadt mit bis zu 30.000 Einwohnern. Erst im Mittelalter sorgten mehrere Raubzüge und Plünderungen dafür, dass die einst so stolze Stadt niederging.
Ein Hinweis von Prokopius, dem römischen Geschichtsschreiber, lässt möglicherweise Licht in das Dunkel des Geheimnisses bringen.
Er beschreibt, dass der Goten-König Alarich den „heiligen Schatz“, den Kaiser Titus in Jerusalem erobert hatte, aus Rom fortgebracht hat – nach Gallien, genauer gesagt: nach Carcassonne. Eine bis heute erhalten gebliebene gewaltige Festungsstadt unweit von Rennes-le-Château entfernt. Die belgische Autorin Martha Neijman geht davon aus, dass der Schatz später ins nahe gelegene Rhedae überführt wurde, um ihn vor Angriffen zu schützen. Genau dorthin könnten die Templer, die im Mittelalter ein mächtiger Ritterorden waren, später auch die Bundeslade gebracht haben, die sie in den Kellern des alten salomonischen Tempels in Jerusalem gesucht und gefunden haben sollen. Hinweise für diese Theorie findet Neijman unter anderem im erwähnten Buch von Henri Boudet. Schließt sich hier also der Kreis der Gralslegende?
Auch wenn viele behaupten, den wahren Schlüssel zu dem Geheimnis von Rennes-le-Château in ihren Händen zu halten. Ein nicht spekulatives, sichtbares Ergebnis konnte bislang keiner präsentieren. André Douzet ist es jedoch gelungen, die Landschaft auf Saunières „Maquette“ zu identifizieren und die beiden Gräber aufzuspüren. Den genauen Standort hat er bislang geheim gehalten, weswegen seine Theorien in manchen Kreisen umstritten sind. Uns allerdings liegen exklusiv Aufnahmen der Grabeshöhle vor. Zu sehen ist darin deutlich ein verzierter Sarkophag. Möglicherweise enthält er den eigentlichen Schlüssel zum Geheimnis.
Aufklärung über den Mythos von Rennes-le-Château und damit womöglich auch über den Mythos vom „Heiligen Gral“ wird letztlich wohl nur der Inhalt des Sarkophags geben können, der in dem vermeintlichen „Christus-Grab“ nahe Durban entdeckt wurde.
Er ist womöglich der Schlüssel zum Geheimnis: Das eigentliche Vermächtnis des Abbé Bérenger Saunière, das nun von den zuständigen Behörden und Archäologen untersucht werden muss.