Читать книгу Die heimliche Gemahlin - Walter Brendel - Страница 6
Erste Ehe
Оглавление1652 ging Françoise zusammen mit Madame de Neuillant nach Paris, wo sie den 42jährigen brillanten und berühmten Komödien-Autor Paul Scarron (geboren 1610) kennenlernte.
Paul Scarron. Musée de Tessé
Mit seinen Komödien schwamm Scarron auf der Welle der zeitgenössischen Degen und Mantel-Stücke im spanischen Stil. Er litt unter fortschreitender Muskellähmung, saß im Rollstuhl und sah nach eigenen Worten „wie ein Z“ aus; Françoise soll bei seinem Anblick vor Mitleid in Tränen ausgebrochen sein.
1652 mehrte eine ganz andere Aktion den Bekanntheitsgrad Scarrons: Er heiratete, obwohl nicht eben reich, die 16jährige mittellose kleinadelige Waise, die ihm durch kluge und wohlgesetzte Briefe aufgefallen war: Françoise d'Aubigné.
Scarron fiel nicht nur die Schönheit, sondern auch die ungewöhnliche Intelligenz des schüchternen und zurückhaltenden Mädchens auf, und er machte ihr einen Heiratsantrag. Sie erkennt sie ihre Chance. Denn bei dem cholerischen, aber äußerst geistreichen Mann verkehren die klügsten Köpfe der Stadt. Chevalier de Méré, unangefochtene Autorität in Fragen der Eleganz, lässt verlauten:
„Françoise ist nicht nur sehr schön, und zwar von einer Schönheit, die nicht ermüdet. Sie ist auch sanft, dankbar, zurückhaltend, treu, bescheiden und intelligent, und als Krönung ihrer Anmut benutzt sie ihren Geist nur, um zu unterhalten oder um liebenswert zu sein.“
Scarron schulte ihre Wortgewandheit und ihren Esprit und lehrte sie Spanisch, Italienisch und etwas Latein. Als seine Frau fand sie über die vielen geistreichen Gäste, die in Scarrons Haus verkehrten, Zugang zu vornehmen Pariser Kreisen, wo man sie als interessante und angenehme Gesprächspartnerin wahrnahm. Man nannte sie wegen ihrer ungewöhnlichen und abenteuerlichen Vergangenheit in Westindien auch „Die schöne Inderin“. Dank dem Witz und Galgenhumor Scarrons, aber auch dank dem Charme und Esprit seiner jungen Frau wurde ihr Haus zum Treffpunkt von Literaten und geistig interessierten Aristokraten, was ihnen wiederum half, die Zuwendungen diverser Mäzene zu erhalten, in den 1640er Jahren insbesondere des Kardinals de Retz und in den 1650ern des Finanzministers Nicolas Fouquet.
Vielleicht zu Unrecht war Scarron 1651, während der „Fronde“, eine gegen den Minister Kardinal Mazarin gerichtete Polit-Satire zugeschrieben worden, La Mazarinade. Dies brachte ihn 1653, nach dem Sieg Mazarins, kurz in Schwierigkeiten und veranlasste ihn zu einer mehrmonatigen Entfernung aus Paris.
In dieser Zeit lernte die nunmehrige Frau Scarron unter anderem die berühmte geistreiche Kurtisane Ninon de Lenclos kennen.
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Anne „Ninon“ de Lenclos, war eine Salonnière. Sie gilt in Frankreich als eine der herausragendsten Frauen des 17. Jahrhunderts.
Ninon de Lenclos wurde als Tochter eines französischen Kleinadligen geboren. Ihre Mutter versuchte, sie religiös zu erziehen. Der Vater jedoch unterstützte die Tochter in ihrem Bildungsdrang und animierte sie, Montaigne zu lesen.
Trotz ihres Lebenswandels als Kurtisane brachte Ninon de Lenclos es durch ihre Bildung und ihre vielseitige musische Begabung, ihre Intelligenz und ihren Sprachwitz, aber auch durch ihre Schönheit bald zu großer gesellschaftlicher Anerkennung. Sie wurde zu einem der Sterne der Ära Ludwigs XIV., wurde allerdings nie bei Hofe empfangen. Sie galt als Meisterin des geistvollen Gesprächs und die Teilnahme an ihren Jours war eine große gesellschaftliche Ehre. Zu ihren Freunden und Freundinnen zählten Königin Christine von Schweden, Molière und Madame de Sévigné.
Ninon de Lenclos legte Wert auf ihre Unabhängigkeit: Sie heiratete nie und hatte unzählige Liebhaber. Noch als Achtzigjährige, so heißt es, sei sie von den Männern heiß begehrt gewesen. Sie selbst nahm ihre Caprices, wie sie ihre Liebschaften bezeichnete, nicht sehr ernst und ließ sich nie auf eine ernsthafte Beziehung zu einem Mann ein. Die aus ihren Liebschaften entstandenen Kinder überließ sie den jeweili-gen Vätern zur Erziehung, denn sie wollte sich nicht mit Kinderpflege belasten. Einer ihrer Söhne verliebte sich nichtsahnend in sie, als sie bereits 60 Jahre alt war. Sie offenbarte ihm, dass sie seine Mutter sei. Darauf erschoss er sich vor ihren Augen.
Trotz ihres unmoralisch wirkenden Lebens galt sie als gute, treue Freundin. Sie unterstützte in Not geratene Freunde mit Geld und Taten, achtete jedoch darauf, selbst finanziell unabhängig und niemandem etwas schuldig zu bleiben. Dabei brachte sie es nie zu großem Reichtum; sie lebte in einem für Adelsverhältnisse einfachen bürgerlichen Mietshaus. Ihre Liebschaften wählte sie vor allem ihren Gefühlen folgend und (entgegen damaligem Usus) unabhängig von finanziellen oder politischen Interessen aus.
Ninon de Lenclos, Kupferstich von Antoine-Jean-Baptiste Coupé (1784 – ca. 1852)
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Nach dem Tode Scarrons 1660 geriet seine Witwe in finanzielle Bedrängnis. Da sie viele adlige Freunde hatte, die sich ständig bei der Königinmutter Anna von Österreich und beim König für sie einsetzten, gewährte dieser ihr aus seiner Schatulle eine Pension von 2000 Livres, von der sie immer noch „beengt“, aber immerhin mit Magd leben konnte.
Madame Scarron übernahm in der Folgezeit manchmal bei ihren adligen Freundinnen Aufgaben als Zofe oder kümmerte sich beispielsweise um die Kinder der Marquise de Montchevreuil.